.Hs 187» Amts- und Änzeigeblütt für den Sezirk Calw. 82. Jahrgang.

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Brsch-inunglta-e: Dienstag, Donnerstag. Lam«- raa, »onntag. Inserttontpreit 12 Psg. pro Zeile sür Stad t nnd SezirtSort«; außer Bezirk 1L Pfg.

Amtliche Bekairritmachttrigen.

Bekanntmachung der Kgl. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eines 14tägrgen Kurses über Weinbehandlnng, Hefereinzucht und Kellerpflege für Küfer an der Wein­bauversuchsaustatt zu Wsinsberg.

Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens wird in der Weinbau­versuchsanstalt in Weinsberg vom 13 bis 25. Januar 1908 ein Kurs über Weinbehandlung, Hefereinzucht und Kellerpflege der Weine abgehalten. Während dieses für Küfer (selbständige und ältere Gesellen) berechneten Kurses, zu dessen Besuch be­sondere Vorkenntnisse nicht erforderlich sind, werden durch tägliche theoretische Vorträge und sich daran anschließende Uebungen behandelt werden:

1. im theoretischen Teil: der normale Gär­verlauf des Obst- und Traubensaftes. Die nützlichen und schädlichen Organismen des Weines. Die An­wendung der Reinhefe für die verschiedenen Zwecke der Weinbereitung. Die Vermehrung der Reinhefe in Traubensaft und Wein. Die Krankheiten der Weinfässer. Die Krankheiten und Fehler der Weine (Esstgstich, Kahmigwcrden, Zähew erden, Braun-, Schwarz» und Vitterwerden, das Umschlagen der Weine, der Böckser, der Schimmelgeschmack, der Unschlittgeschmack und anderes). Theoretische Grund­lagen der Schönung. Die Filtration der Weine. Das Pasteurisieren derselben. Das Durch- und Umgären fehlerhafter und kranker Weine. Die Ver­wendung des Schwefels in der Kellerwirtschaft.

2. In den praktischen Uebungen: Anstellung von Gärversuchen. Mikroskopische Untersuchung der nützlichen und schädlichen Weinorganismen. Mikro­skopische Untersuchung fehlerhafter und kranker Weine. Die praktische Behandlung kranker Weine. Das Ansetzen der Schönungsmittel. Ausführung von Schönungsversuchen mit besonderer Berücksichtigung brauner oder sonst fehlerhafter Weine. Vorprüfung der Weine hinsichtlich ihrer Filtrierfähigkeit. Die Wiederherstellung kranker Fässer.

Für Württemberger ist der Kurs unentgeltlich, da die Zentralstelle für Gewerbe und Handel die auf diese entfallenden Kostenbeiträge zu übernehmen sich bereit erklärt hat. Nichtwürttemberger haben ein Honorar von 25 und außerdem 20 Er-

Sonntag, Zerr 24, November WV7

satzgeld für Materialverbrauch u. s. w. und 1 sür Bedienung zu bezahlen. Das Honorar und die sonstigen Gebühren sind vor der Eröffnung des Kurses an das Kassenamt der Kgl. Wetnbauschule Weinsberg zu entrichten.

Gesuche um Zulassung zu diesem Kurs sind spätestens bis zum 18. Dezember d. I. an das Vorsteheramt der Kgl. Weinbauversuchsanstalt zu richten, das sie mit seinen Anträgen der Kgl. Zentral­stelle für die Landwirtschaft zur Entscheidung vor­legen wird. Im Gesuch ist Beruf und Alter des Gesuchstellers anzugeben.

Stuttgart, 18. November 1907.

v. O w.

TageL»e«igkeiLeu.

X Calw. Am nächsten Dienstag veranstaltet der unlängst hier gegründeteVerein für natur­gemäße Lebens- und Heilweise" seinen ersten großen öffentlichen Vortrag imBadischen Hof". Als Referent fungiert der Gründer des obigen Vereins, der prakt. Vertreter der wissenschaftlichen Naturheilkunde, Herr Guido Pickart, aus Lud­wigsburg. Derselbe hat das Thema: Magen-, Darm-, Leber-, Hämorrhoidal- und Gallensteinleiden zur Tagesordnung empfohlen. Herr Pickart ist als gewandter Redner hier bereits bekannt und verfügt über reiche prakt. Erfahrung in 22jähriger Tätigkeit auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Naturheilkunde. Es hat jedermann (Damen und Herren) gegen 20 A Zutritt. Für Mitglieder obengen. Vereins und deren Angehörige ist der Eintritt frei.

Nagold 22. Nov. Die gestern vor­genommene Belastungsprobe der neuen Eisenbahnbrücke über die Nagold ergab das gute Resultat, daß auf 200 Zentner Belastung eine Senkung von nur einem halben bis zwei Milli­meter zu bemerken war.

Zuffenhausen 22. Nov. Gestern vor­mittag ist auf dem Bahnhof (Schwarzwaldseite) ein aurrangterter Güterwagen, der dem Bahn­personal während der Vesperpausen als Aufent­haltsort dient, in Brand geraten. Vermutlich haben dem brennenden Ofen zu nahe hängende Kleider Feuer gefangen, worauf dieses dar Gebälk ergriff. Durch Anbringung eines Schlauches an

BLonnemeutrpr.in d. Stabtpr. V'nlelj. Mk. 1.10 inel.Lrligerl. dierteltkhrl. Bsstre-ilgHpret« ohne Bestell-, f. i>. Ort«- u. NachLor» ort«--r«ehr l Mk., f. d. j-iist. Berlehr Mi. Bestellgeld 30 Mg.

den Wasserbehälter einer Maschine wurde der Brand bald gelöscht.

Stuttgart 22. Nov. Die Feier des 100jährigen Bestehens des Landjäger- corps am 30. November scheint ein großartiges Fest zu werden, zu dem eine vom verstorbenen Bezirkskommandeur Scheuerten begonnene und von dem Stuttgarter Bezirkskommandeur Wiest voll­endete Festschrift erscheint. Nachmittags 4 Uhr ist Parade bei der Gew erbehalle an der nicht nur die aktive Mannschaft, sondern auch die früher dem Corps angehöcenden Landjäger und Stations­kommandanten aus dem ganzen Lande teilnehmen werden und zu der der König erwartet wird. Nachher ist Festbankett im Liederhallesaal.

Stuttgart 22. Nov. Bei der Häute- und Fellversteigerung im hiesigen Schlacht­haus wurden folgende Preise per Pfund erzielt: für Stierhäute 44-44*/- -H, für Rindshäute 50-53*/- -H, für Kuhhäute 5052 -H, für Farrenhäute 44 für Kalbfelle 7 ^ 95 --Z bis 10 65 iZ per Stück.

Stuttgart 22. Nov. Schöffengericht. In der Privatbeleidigungsklage des Sekretärs des Bundes für Gewerbe und Handel, Landtagrabg. Hill er, gegen den Sekretär der württembergischen Konsumvereine, Landtagsabg. Feuerstein, wurde heute Nachmittag das Urteil verkündigt. Der Angeklagte Feue stein wurde wegen eines Ver­gehens der öffentlichen Beleidigung und eine» Vergehens der Beleidigung durch die Presse zu einer Geldstrafe von 100 ev. 10 Tagen Gefängnis verurteilt. Dem Privatkläger Hiller wird die Befugnis zuerkannt, das Urteil in den Württembergischen Genossenschaftsblättern öffent­lich bekannt zu geben. Das Gericht war der Ansicht, daß Feuerstein weit über die Grenzen berechtigter Kritik gegangen sei. Von der Wider­klage wird der Privatkläger freigesprochen, in zwei weiteren Fällen wird das Verfahren wegen Verjährung eingestellt.

Heilbronn 22. Nov. Der nächste Heilbronner Pferdemarkt wird am 24.

Der verlorene Sohn.

Roman vonElSbeth Borchart.

(Fortsetzung.)

Erklären Sie mir die Beweggründe zu Ihrem seltsamen Ansinnen an mich. Wenn ich nicht wüßte, daß Sie ganz fremd in Deutschland find und niemand kennen, würde ich denken müssen, daß Sie etwas persönlich gegen meinen Verlobten hätten."

Williams erschrak.

Ich erklärte sie Ihnen bereits," kam es kurz und dumpf von seinen Lippen.

Da lachte sie verächtlich auf.Ihr Interesse für meinen Vater und seine Fabrik trieb Sie, mir diesen Rat zu geben, so sagten Sie. Ein sonderbares Interesse allerdings! Haha! Woraus wollen Sie eigentlich schließen, daß ich nicht glücklich bin? Ich bin glücklich, sage ich Ihnen, wenn es Sie befriedigen kann."

Williams antwortete nicht; er hatte die Augen geschloffen.

Sie sah ihn an, und alles Weh stieg wieder in ihrer Seele auf, zugleich mit dem Bewußtsein de« gedemütigten Stolzes. Hoch richtete ste sich auf und ihre Augen flammten.

Wer gibt einem Fremden übrigens ein Recht, sich in Dinge zu mischen, die ihn nichts angehend"

Wie vom Blitz getroffen, fuhr Williams empor, und eine Sekunde trafen sich Beider Blicke. Dann senkteer ste:Vergeben Sie mir und

vergessen Sie meine Worte. Sie haben recht, einem Fremden stehen sie sonderbar an. Leben Sie wohl Fräulein Inge."

Er zog grüßend den Hut und ging fort.

Wie betäubt stand Inge.

Das also war das Ende? Vorbei! Ein stechender Schmerz nagte an ihrem Herzen, und Scham, Reue und Sehnsucht stritten darin.

Schwaches, leichtgläubige» MenschenherzI Was hatte sie vorhin nur geglaubt? Sie preßte die Hände vor ihr Gesicht und stöhnte laut auf. Ste, die Braut eines anderen, hatte eine Hoffnung in ihrem Herzen genährt, eine süße, berauschende Hoffnung.

Sie hätte jubelnd und mit Freuden ihre Verlobung aufgegeben, wenn er gesagt hätte:Komm an mein Herz, ich habe dich lieb! O, die Schmach, die Scham drückte ste zu Boden. Doch wozu war seine sie befremdende Warnung? Nur weil er zu sehen meinte, daß sie nicht glücklich war? Stand es ihr denn so auf der Stirne geschrieben? Und gerade ihm hatte sie zeigen und beweisen wollen:Ich frage nichts nach dir und deiner Liebe ein anderer war mir teuerer!"

Ich bin Ihnen zugetan wie ein Bruder." Damit hatte er genug gesagt. Aber sie wollte seine Bruderliebe nicht; sie wollte nicht hören, was diese Bruderliebe ihr riet:Rennen Sie nicht in Ihr Unglück, noch ist es Zeit." Eine unerklärliche Angst befiel sie plötzlich undbefolge seinen Rat, löse die Verlobung auf" raunte eine innere Stimme ihr zu.

Es gab kein Zurück mehr für ste. Neue Schmach und neue Demüttgung würde es für ste bedeuten.