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schicken!". »og der selbstbewußte Kleine ab, dessen größter Fehler kindliche Schüchternheit nicht zu sein scheint und der einmal sicher seinen Platz an der Sonne behaupten wird.

Nordheim 20. Nov. Gegenwärtig werden hier bei ca. 350Familien 83 versteuerbare Hunde gehalten und das, obgleich der Hund 12 ^ Steuer kostet. Da sage noch jemand, die Leute zahlen nicht gern Steuer. Jeder dritte Familienvater ist Hundebefitzer.

Beutelsbach OA. Schorndorf 21. Nov. Letzten Sonntag nachmittag haben hiesige und Schnaiter KnabenRäuberles" gespielt, wobei der t 3jährige Wilhelm Brugger von Schnait von einem gleichaltrigen Beutelsbacher Burschen mit einem Revolver in die rechte Hand geschossen wurde. Der Junge mußte in ein Stuttgarter Krankenhaus gebracht werden. Am gleichen Tag wurde nachts in Beutelsbach der Weingärtner Johannes Stumpp von Aichel­berg von 2 Burschen angefallen, wobei ihm drei Rippen eingedrückt wurden, auch wurde versucht, ihm sein Geld abzunehmen. In beiden Fällen ist Untersuchung eingcleitet.

Reutlingen 20. Nov. Zu den dies- jährigen Herbst »Meisterprüfungen der hie­sigen Handwerkskammer haben sich aus dem Kammerbezirk 39 Handwerker gemeldet. Die Prüfungen haben in dieser Woche ihren Anfang genommen.

Ulm 21. Nov. Die Maul- und Klauen­seuche hält sich hart» äckig im sogenannten Ulmer Winkel, zu dem die bayerischen Bezirksämter Neu- Ulm, Zllertiffen und Günzburg zählen. Während die Seuche in den letzten Wochen sichtlich im Ab­nehmer, begriffen war, hat sie in den letzten Tagen ganz auffallend um sich gegriffen. Im Bezirks­amt Neu-Ulm find wieder 6 Gemeinden mit gegen 20 Gehöften, im Bezirksamt Günzburg 4 Ge- meinden mit 19 Gehöften, verseucht. Die Sperr- und Schutzmaßregeln, die schon teilweise aufgehoben waren, find deshalb aufs ruue in Kraft gesetzt worden. Verwunderlich ist, daß die Seuche nie auf württembergisches Gebiet übergegriffen hat, trotzdem sie sich in der bayerischen Nachbarschaft schon über ein halbes Jahr hält.

Ueb erlin gen 20 Nov. Letzte Woche starb in Degenhausen eine noch junge Frau unter qualvollen Leiden an Blutvergiftung. Es war ihr eine Krampfader am Fuße gesprungen und zur Blutstillung band sie, wie es vielfach auf dem Lande empfohlen wird, ein Geldstück darauf. Dieses hat nun die Vergiftung hervorgerufen.

Von der oberen Tauber 21. Nov. Dem vorgestrigen Schafmarkt in Rothenburg waren gegen 2500 Stück zugeirieben. Es kosteten Hämmel 40 bis 65 Lämmer 34 bis 41 Bracken 26 bis 40

München 20. Nov. Der Batteriechef der 1. Batterie der bayerischen Feldartillerie- Regiments, Hauptmann Sonntag, hat Selbst­mord durch Erschießen verübt, weil er vor das Untersuchungsgericht geladen war, um sich wegen Vergehen gegen den 8 175 zu verantworten. Die Untersuchung verlief für den Hauptmann so un­günstig, daß er beschloß, freiwillig aus dem Leben zu scheiden.

Trier 20. Nov. Aus dem Hochofen des Oettinger Hüttenwerkes strömte infolge singe- tretener Risse die glühende Eisenmaffe heraus. Drei Arbeiter wurden gräßlich ver­brannt, drei andere erlitten tötliche Brand­wunden.

Berlin 21. Nov. Zu der Beschwerde von Paul Lindau über die bei ihm stattgehabte Haussuchung geht dem Lok.-Anz. von dem Rechtrbeistand des Fräulein Olga Molitor, Rechts­anwalt Dr. von Pannwitz in München, eine Er­klärung zu, in der der Ansicht Ausdruck gegeben wird, daß die Beschwerde von Lindau sachlich nicht begründet sei. Dr. v. Pannwitz habe bereits am 29. September in Gegenwart von Generalmajor Sachs Paul Lindau ins Gesicht gesagt, daß das Material aus Baden stamme und daß es Sache der Anwälte des Fräulein Olga Molitor sein werde, auch die Hintermänner Paul Lindaus zur Rechenschaft zu ziehen. Ebenso war damals

Lindau nicht darüber im Zweifel gelassen worden, daß, falls nicht sofort Abbitte oder Genugtuung mit der Waffe erfolgt, Strafantrag gestellt werden würde. Die Verbindung des Antrages auf Haus­suchung mit dem Strafantrage war selbstverständ­lich, da andernfalls Anstifter und Mithelfer nicht überführt werden konnten. Paul Lindau wäre demnach seit weniger als zwei Monaten über alle Eventualitäten orientiert gewesen.

Langendreer 21. Nov. Der Schnell- zug Berlin-Köln, der heute früh 705 Uhr fahrplanmäßig hier obgelossen wurde, fuhr noch auf dem hiesigen Bahnhof in einen leeren Pack­wagen. der mit einer Maschine verbunden vor dem Schnellzuge dis Geleise kreuzen wollte. Die Lokomotive und 6 Wagen entgleisten, 6 Personen erlitten Verletzungen, da­runter auch mehrere Passagiere. Ein Postschaffner wurde schwer verletzt ins Wittener Krankenhaus transportiert.

Paris 20. Nov. 17 Personen durch Erdrutsch getötet. Aus Grosse wird ge- meldet: Um acht Uhr morgens stürzten Erb­massen von einem Hügel oberhalb des Dorfes Courmes auf die Landstraße, wo gegenwärtig ein Tramgeleise errichtet wird. 17 von den 30 Arbeitern befanden sich in einer Erdböhlung, unter ihnen der Unternehmer Far- rault. Von diesen konnte keiner mehr lebend gerettet werden. Die zur Hilfe herbeigeeilten Genietruppen hatten große Mühe, bis zu den Leichen unter dem kotigen Erdreiche zu gelangen. Die Katastrophe ereignete sich ohne unmittelbare Vorzeichen, doch flüchteten schon vor vierzehn Tagen zahlreiche Einwohner jener Gegend wegen kleiner Erdrutschungen nach Cannes. Gegen­wärtig wird untersucht, warum die Tramarbeiten nicht eingestellt wurden und warum nicht Schutz­hügel am Fuße des Hügels errichtet wurden.

Appeldoorn 20. Nov. Nach dem Familien-Diner im Schloß Het Loo be­gleiteten die Königin Wilhelmine und der Prinzgemahl die deutsche Kaiserin zum Bahnhof, wo diese den Berliner Zug kurz nach 10 Uhr abends bestieg.

Haag 20. Nov. Die Blätter bringen aus Anlaß des Besuches der Kaiserin überaus herzliche Begrüßungsartikel. Man bedauert die Abänderung des ursprünglichen Programms, die der Reise der Kaiserin den Charakter eines Privatbesuches gebe, umsomehr, als sie einem Unwohlsein des Kaisers zuzuschreiben ist. Der Besuch sei um so höher einzuschätzen, als er ein deutliches Zeichen der unveränderten Freundschaft gebe und zugleich die tollen Gerüchte dementiere, daß die Verhandlungen der holländisch-belgischen Kommission, der bekanntlich jeder offizells Anstrich fehlt, auf den Katserbesuch eingewirkt hätten.

Brüssel 21. Nov. Eine große Feuers­brunst ist diese Nacht in der Vorstadt Molen­beck ausgebrochen. Ein ganzes Stadtviertel steht in Flammen.

London 21. Nov Kaiser Wilhelm lebt in Highcliffe ausschließlich seiner Gesund­heit. Kein Besuch wird empfangen und keine Einladung, wie sie aus der Nachbarschaft erfolgt sind, angenommen. Der Kaiser arbeitet zwei Stunden vor dem Frühstück, darauf aber wird ebenso wie nach dem Luncheon mit dem Automobil ausgefahren. Für diese Ausfahrten hat der Kaiser 5 Daimler zur Verfügung. Von diesem Programm wurde gestern eine Ausnahme gemacht, da Nachts ein Kurier mit Depeschen eingetroffen war, deren Durchsicht den Kaiser Vormittags in Anspruch nahm.

London 21. Nov. Eins Depesche aus Costarica berichtet, daß der englische Dampfer Hazelbranca, der bei Adelaide aus einen Felsen fließ, vollständig verloren ist.

Warschau 20. Nov- Ein Unbekannter schleuderte gegen einen Kleiderladen eine Bombe, die großen Schaden anrichtete. Eine Person wurde getötet. Es liegt ein Racheakt gegen den Ladenbefitzer vor.

Konstantinopel 20. Nov. Infolge orkanartiger Stürme im schwarzen Meere gingen an der Küste von den Kohlen­minen von Heikles vier Passagier- und eine größere Anzahl von Segelschiffen

zu Grunde. Dieser Sturm forderte zahlreiche Menschenopfer.

Vermischtes.

Erhöhung des Zwischendeckpreises. Der NorddeutscheLloyd erhöhte infolge des starken Andrangs von Zwischendeckprssagieren aus den Vereinigten Staaten wie alle anderen kon­tinentalen Linien die Zwtschendecksfahrpretse von Newyork um 42 ^ für Postdampfer und für Schnelldampfer um 30 Die Fahrpreise be­tragen jetzt für Postdampfer 31 Dollar, für Schnell­dampfer 40 Dollar.

Die Tragödie eines amerikanischen Gelehrten. Das tragische Ende eines ameri­kanischen Gelehrten, der Professors an der Co­lumbia-Universität in Nerv-Park, Luccan Marcus Underwood, der als der beste Kenner der Flora des amerikanischen Kontinents einen Welt­ruf genoß, hat in weiten Kreisen starke Erregung hervorgsrufen. Der Gelehrte» der seit einiger Zeit botanische Studien in Bronx-Park betrieb, hatte nach der regelmäßigen Absolvierung seiner Vorlesungen am Sonnabend abend mit dem Di­rektor des Botanischen Gartens von Brorx-Park noch soupiert und in keinerlei Weise ein irgend wie auffälliger Wesen gezeigt. Dann war er nach seiner in einem Vorort gelegenen Villa gefahren. Zu Hause aber kam plötzlich ein Wahnsinnsanfall zum Ausbruch. Seine Gattin sah, wie er plötz­lich mit irrem Blick ein langes Messer von der Tafel nahm, wortlos, die Klinge über seinem Kopfs schwingend, vom Stuhl aufsprang und sich auf sie stürzte. Sie schrie entsetzt auf, ab:r in plötzlicher Tobsucht schäumend, packte er sie am Arm und stieß mit dem Messer nach ihrem Hals. Sie stürzte zu Boden und der Wahnsinnige rannte nun auf sein vor Schrecken zitterndes Töchterchen zu und versuchte, ihr die Waffe ins Herz zu bohren. Unterdessen hatte sich die betäubte Mrs. Underwood wieder ein wenig erholt, sie fiel ihrem Mann in den Arm und wandte noch zur rechten Zeit den tödlichen Streich ab. Die Tochter machte sich in verzweifelter Anstrengung von dem Rasenden los und jetzt stieß sich der Professor, mit irrem Auge die blutüberströmte Frau betrachtend, das Messer zweimal in den eigenen Nacken. Dann fiel die Klinge klirrend auf den Boden und der Unglück­liche stürzte tot zusammen, neben seiner Gattin die ebenfalls wieder die Besinnung verloren hatte. Die Tochter schrie um Hilfe, Merzte eilten herbei und brachten Mr». Underwood ins Hoipltcl, wo sie jetzt in sehr gefährlichem Zustande liegt. Der Professor s-.lbst war tot. Ein eigentlicher Grund für den jähen Ausbruch der Krankheit und für die entsetzliche Tat läßt sich nicht angeben. Man nimmt an, daß die finanzielle Krisis in Amerika, von der auch Underwood sein Vermögen bedroht glaubte, ihn in nervöse Erregung versetzt hat. Seine gütig liebenswürdige Art, sein unbeirrbar klarer Verstand, die ihm die herzliche Neigung seiner Kollegen und Schüler erworben hatten, lassen den Kontrast seines furchtbaren Endes be­sonders schrecklich erscheinen.

Faudwirtschastlicher Stjirksvem« Calw.

Bei Herrn Oberamtsbaumwart Wtd- mann in Calw ist Raupenleim zu haben.

Calw, 20. November 1907.

Vereinssekretär: Fechter.

Gottesdienste.

Sk. Sonntag «och Hrinit., 24. Nov. Vom Turm: 634. Predigtlied 635: Der Herr bricht ein rc. 9'/» Uhr: Vormitt.-Predigt, Dekan Roos. 11 Uhrim Vereins­baus : Abendmahlsfeier für Gebrechliche und Leidende. 1 Uhr: Christenlehre für die T öchter. 5 Uhr- Bibelstunde im VereinshauS, Stadtpfarrer Schmid.

Sonnerstag, 28. Nov., 8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereinshaus, Dekan Roos.

2u traben bei Hermann ttSussler, Lonciitorel.