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Amts-- und ÄnzeigMrrtt für den Bezirk Calw. 82. Jahrgang.
Prscheinung-tage: Dtenttar. Donnerstag, Sam«, tna, Sonntag. JnsertionSprei« 10 Psg. pro Zeile für Stadt nno »»lirklorte; außer »eztrl 1L Psg.
Dienstag, den 12. November 1997.
tlbonneuientrpr.ind. Stabt pr.Btertelj. Mt. l.lotncl.Dritgerl. Bierteljlthrl. Popb«Mg»prei» ohne Sestillg. s. d. Ort»- u. Nachbar, ortSo-rteh-1 Mt., s. d. sonst. »«Hehr MI. 1.1». «estellgelb ro Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
An die Gemeindebehörden.
Von der Kohlhammer'schen Buchdruckerei in Stuttgart find Formulare zur Gemeinderatsund Bürgerausschußwahl fertig gestellt worden; dieselben werden zur Anschaffung empfohlen, daselbst sind auch Umschläge zu Stimmzetteln zu haben.
Calw, 11. November 1907.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekanntmachung. Kunstgewerbliche Meisterknrse.
Von der K. Lehr- und Versuchswerlstatte der Kunstgewerbeschule i« Stuttgart, Senefelder- straße 45, werden in diesem Winter mit Genehmigung des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens kunstgewerbliche Meisterkurse für Dekorationsmaler und für Gold- und Silberschmiede veranstaltet.
Meisterkurse für Dekorationsmaler:
Der Unterricht umfaßt:
Uebungcn in der Farbengebung für Außen - und Jnnenanstrich und für Dekorationsmalerei, ferner Uebungcn in den Verfahren, die für Holz- und Marmorimitation einen Ersatz bieten.
Der Kurs beginnt am 9. Dezember 1907 und schließt am 29. Februar 1908.
Meisterkurs für Gold- und Silberschmiede:
Der Unterricht umfaßt:
Uebungen im Ctselieren und Emaillieren und beginnt am 7. Januar und schließt am 29 Februar 1908.
Den Teilnehmern an den Kursen ist Gelegenheit geboten, die Aktzeichenstunden, sowie die kunstgeschichtlichen und naturwissenschaftlichen Vorträge an der Anstalt zu besuchen.
Zu den Kursen werden Meister und Gehilfen, welche eine genügende kunstgewerbliche Vorbildung besitzen, soweit die Raumverhältniffe es gestatten, zugelassen. Meister und ältere Gehilfen werden vor jüngeren Gehilfen berücksichtigt
Anmeldungen zur Teilnahme an den Kursen sind spätestens bis 25. November dS. Js. bei der Lehr- und Versuchswerkstätte, Senefelderstraße 45, einzureichen. Den Anmeldungen sind, soweit es sich nicht um Teilnehmer früher abgehaltener Kurse handelt, einige Arbeiten beizugeben, auch ist die Angabe über etwaigen früheren Schulbesuch und über die seitherige praktische Tätigkeit erforderlich.
Das Unterrichtsgeld beträgt 10 Es kann minderbemittelten Teilnehmern auf Ansuchen nach fleißigem und erfolgreichem Besuch des Unterrichts zurückerstattet werden.
Zur
Ausbildung von Hafner»
ist die Anstalt bereit, im kommenden Winter Angehörige des Hafnergewerbes (Meister und Gehilfen) zu den üblichen Bedingungen als außerordentliche Schüler in die Werkstätte aufzunehmen. Der Unterricht wird insbesondere das Freidrehen und Verzieren einfacher Gefäßformen, sowie die Behandlung von Ofenkacheln mit Schmelzglasuren umfassen.
Das Schulgeld beträgt für das Halbjahr 30 ^., bei kürzerem Besuch des Unterrichts die entsprechende Rate.
Anmeldungen sind an die K. Lehr- und Versuchswerkstätte, Senefelderstraße 45, zu richten.
Stuttgart, den 25. Oktober 1907.
K. Lehr- und Versuchswerkstätte:
P a n k o k.
TagrsueVigtette«.
— Calw. Am Sonntag, den 10. Noo., fand die Generalversammlung, des im Juni d: I. gegründeten Spar- und Konsumvereins Calw und Umgegend in der Brauerei Dreiß statt. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß der Umsatz in den ersten 4 Monaten 13 746.40 betragen hat. Der Reingewinn belauft sich nach Abschreibung von ^ 95 66 an Inventar und Gründungsunkosten, sowie
^ 250.— für Mühewaltung des Vorstands, auf ^ 765.70, die erst mit dem neuen Geschäftsjahr verteilt werden sollen. Dieses Ergebnis würde einer Dividende von 5 V- °/o gleichkommen. Der Umsatz mit den Lieferanten von Brot betrug im gleichen Zeitraum ^ 5830.—, worauf den Mitgliedern 5°/o — ^ 291.50 gutgeschrieben werden. Die Mitgliederzahl wuchs von 219 auf 258.
(Amtliches aus dem StaatSanzeiger.j Am 8. November ist von der Evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Aichhalden, Bez. Calw, dem Unterlehrer Richard Buchfink in Höfen, Bez. Waiblingen, die Schulstelle inEmberg, Bez. Calw, dem Schullehrer Haasis in Baltmannsweiler, Bez. Aichelberg (Schorndorf), die Schulstelle in Martinsmoos, Bez. Calw, dem Unterlehrer Christian Jrion in Schwenningen übertragen worden.
)( Liebenzell 9. Nov. Am vergangenen Mittwoch versammelten sich die Octsvorsteher von Engelsbrand, Schwarzenberg, Schömberg und Oberreichenbach im „Oberen Bad" hier, um über den Anschluß an die Wasserversorgungsgruppe „Kälbermühle" zu beraten. Anwesend waren auch die Landtagrabgeordneten des Nagold- und Enztales. Im Falle der Unzulänglichkeit soll eine beim Lautenhof, 400—600 w unterhalb der Kälbermühle entspringende Quelle, beigezogen werden, die eine Mächtigkeit von 8 Sekundenliter hat. Damit wären dann, so nach und nach alle diesbezüglichen Wünsche im vorderen Schwarzwald befriedigt.
Hsrrenberg 9. Nov. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 130 Stück Milchschweine, Erlös pro Paar 20—34 72 Stück Läuferschweine, Erlös pro Paar 45 bis 90 Verkauf ordentlich.
Stuttgart 10. Nov. (Wochenbericht der Zentralvermittlungsstelle für Obstoerwertung in
Der verlorene Hohn.
Roman vonElSbeth Borchart.
(Fortsetzung.)
Seit Anfang Juli hatte die Familie Helmbrecht hier ihr Domizil ausgeschlagsn und die Schönheiten dieses Aufenthaltes genossen.
Solange es noch einsam und die Hochflut der Saison noch nicht hereingebrochen war, hatten Inge und ihre Mutter sehr oft den Strand am Pavillon und den in die See führenden Steg als Ziel ihres Spazierganges wählte. Jetzt, wo Strandkorb an Strandkorb sich aneinanderreihte und der Strand von Fremden, reich geputzten Modedamen und Herren wimmelte, blieben sie gern in der Nähe ihrer Villa. Ein ausgetretener, nicht steiler Pfad führte sie direkt durch den Wald hinunter an den Strand. Hier hatten sie, wie einige andere Villenbesttzer, ihre Strandkörbe aufge- stellt und freuten sich der köstlichen Ruhe, die sie weitab von dem Getriebe des Badelebens hier genießen durften.
Inge war von dem gewohnten Morgenbade zurückgekehrt, dar heißt zu ihrem Strandkorb auf dem weißen Dünensand. Frau Helmbrecht erwartete sie hier bereits mit dem gewohnten Frühstück, der mttgebrachten Flasche Kakao und den belegten Brötchen. Inge tat beiden alle Ehre an und die Mutter freute sich über den endlich wiedererwachten Appetit ihrer Kindes.
Anfangs hatte sie ihre liebe Not mit Inge gehabt; sie wollte weder essen noch trinken, und die Gesichtsfarbe blieb bleich, die Augen trübe. Doch die stärkende Seeluft wirkte Wunder, und als Inge erst den Anfang mit den kalten Seebädern machte, blühte sie zusehends auf.
Nur der seltsame Ernst wollte nicht weichen, und wenn sie auch zuweilen noch lachte, so war es das alte frohe Kinderlachen nicht mehr, da« jedem, der es hörte, wie ein Sonnenstrahl ins Herz flutete.
Nachdem Inge ihr Frühstück beendet hatte, legte sie sich in den Dünensand, damit die Sonne ihre gebadeten Glieder erwärme. Sie blickte träumend in die Fluten, die ein mäßiger Westwind in weißen Schaumkämmen an das Ufer trieb. Ein beständiger Kommen und Gehen, ein ewig wechselndes Bild in immer neuer Farbsnwirkung! Dar eintönig brausende Geräusch der brandenden Wogen wirkte wohltuend auf ihre Nerven und sie träumte dabei, ohne sich eines besonderen Gegenstandes dazu bewußt zu sein, ein halbwaches, selbstvergessenes Träumen.
Die Mutter saß unterdes im Strandkorb mit einer Handarbeit beschäftigt. Ihre Gedanken kehrten von Inge zu dem Gatten zurück, der jetzt am Arme eines liebenswürdigen Führers einen weiten Spaziergang machte.
Wie wunderbar dar Schicksal es doch manchmal fügt! Da brachte ein Zufall den einstigen Freund seiner Sohnes nach Misdroy und dieser Freund erkannte den Vater des Unglücklichen auf der Strandpromenade und näherte sich ihm, wohl kaum ahnend, wie wohltuend eine so lebendige Erinnerung an den Verlorenen den Vater berühren mußte.
Warum er sich so lange fern gehalten habe, warum er nicht einmal zu ihm gekommen sei und alte Erinnerungen mit ihm aurgetauscht habe, hatte Helmbrecht ihn gefragt.
Er habe angenommen, daß die Erinnerung ihm schmerzlich sein werde, und deshalb habe er jede Annäherung vermieden, hatte darauf der Freund, Rechtsanwalt Grunow au« Berlin geantwortet. Al« er ihn aber hier zufällig auf der Promenade erkannt habe, hätte er nicht widerstehen können, ihn anzusprechen.
„Das war recht von Ihnen, und ich hoffe, wir sehen uns jetzt öfter."
„Ich habe mir vorgenommen, längere Zeit hter zu bleiben, Herr Kommerzienrat."