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lassen, in welchem sie erklärt, daß ihre Kampf- Missionen aufgelöst werden, weil sie zur Demo- ralistrung der Partei führten und in Bandentum aurarteten.
Aus Warschau meldet die „Voss. Ztg.": 83 Mitglieder der Proletarlatrpartei wurden verhaftet. Das Kriegsgericht fällte 4 Todesurteile. — In Riga wurde der vom Kriegsgericht zum Tode verurteilte deutsche Reichsangehörige Johannson, der am 7. Nov. im Gefängnis hirgerichtet werden sollte, in seiner Gefangenenzelle erhängt aufgefunden.
Petersburg 7. Nov. Vor dem höchsten Gerichtshof begann vorgestern der Prozeß gegen den früheren Gehilfen des Ministers des Innern Gurko. Der in die Angelegenheit mitverwickelte, als Zeuge geladene frühere Gouverneur von Nishnij>Norvgorod, Baron Fredericks, ist unentschuldigt ausgeblieben. Die Frage des Vorsitzenden, ob sich der Angeklagte der Ueberschreitung der Amtrbefugnisse und der Vernachlässigung der Dienstpflichten zum Nachteil der Staatsinterefsen schuldig bekenne, verneinte dieser, gab aber zu, daß er mit seiner im amtlichen Nachrichtenblatt gegebenen Erklärung, der mit den Getreidelieferungen für die Armee betraute Kaufmann Lidval Hobe seinen Vertrag in loyaler Weise erfüllt, vollständig im Irrtum gewesen sei. — Das heute gesprochene Urteil erklärt Gurko für schuldig, dem Staat einen Verlust von V- Million Rubel verursacht zu haben, und verurteilt ihn deshalb zur Amtsentsetzung und zum Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von 3 Jahren.
London 8. Nov. Wie der „Standard" ans Madrid meldet, fand gestern in Ober- Aragon ein Erdbeben statt. Zahlreiche Häuser sind eingestürzt und ihre Insassen unter den Trümmern begraben. Das Dorf Torrs Laribera wurde gänzlich vernichtet. Andere Dörfer in der Umgebung wurden teilweise zerstört. Die Bevölkerung der ganzen Gegend lebt unter freiem Himmel, da sie sich nicht in die Häuser zurückwagt. Durch Regen und Kälte leiden die Leute furchtbare Qualen.
Sydney 7. Nov. Wiederholte Flutwellen haben auf der Insel S awaii Schaden angerichtet. Die Bewohner von Matantu haben diesen Ort verlassen. Man vermutet, daß gegenüber dem Ostende von Sawaii eine neue Insel entsteht unter Bildung eines neuen Kraters. Der Lavaausfluß des Vulkans von Sawaii nimmt zu. Heute sind dicke Dawpfwolken sichtbar.
Verwischtes.
— Wie die Blätter berichten, hat sich auf eine Anfrage des Kolonialwirtschaftlichen Komitees der württ. Kommerzienrat Otto über seine Ankäufe von Baumwoll-Land in Deutsch-Ost- afrika wie folgt geäußert: „Da es in der Kolonie
genug Baumwoll-Land gibt, habe ich vorerst einmal 4000 bis 5000 da in Ktlossa belegt. Die Ebene, welche an den Fuß des mittelafrikanischen Gebirges heranreicht, ist sehr fruchtbar und besonders günstig für Baumwollkultur wegen der Möglichkeit der Bewässerung. Ich gebe den Gebieten mehr im Innern von Afrika den Vorzug vor dem Küstengebiet, weil sie abgegrenzte Regen- und Trockenzeiten haben und an Flüssen liegen, die nie versiegen. Und dann haben auch die von mir beschäftigten Europäer — fünf an der Zahl — Gelegenheit, ihre Wohnungen ins Gebirge hinein zu verlegen, wo es schon bedeutend gesünder ist als in der Ebene. Ich habe dies am eigenen Leibe erfahren. In Morogoro habe ich Baumwolle aufgekauft, welche in Kilofsa gewachsen ist und einen sehr schönen und seidigen Stapel auf- weist. Eine Entkernungsanlage, englische Walz-Enginr, amerikanische Presse, ist bestellt. Leider kommen meine Dampfpflüge vor der jetzt einsetzenden Regenzeit nicht mehr an Ort und Stelle, weil sie dis Strecke Morogoro-Kiloffa nur bei Trockenheit passieren können und drei Flüsse zu übersetzen sind, von denen zwei gar keine Brücke besitzen und einer nur eine sehr baufällige Brücke besitzt. Es ist höchste Zeit, daß mit dem Essen« bahnbau energisch vorgegangen wird."
Der Beruf des Handlungsgehilfen. Die Aussichten des Vorwärtskommens im kaufmännischen Berufe sind gegenwärtig wenig ver, lockend. Selbstständig werden ist bei der zeitgemäßen Entwickelung zum Großbetrieb fast immer ausgeschloffen, und als Angestellter durchs ganze Leben zu gehen, hat seine Schwierigkeiten. Krankheit» Stellenlosigkeit werfen gar leicht das um, was in Jahren" aufgebaut war. Dazu kommt die häufige Anwendung der Konkurrenzklausel durch die Geschäftsinhaber und die zunehmenden Vereinbarungen innerhalb ganzer Branchen, Angestellte aus Konkurrenzgeschäften nicht anzustellen, wodurch die besten Aussichten des Fortkommens in der Branche den Gehilfen abgeschnitten werden. Solchen Schwierigkeiten gegenüber sich zu behaupten, sind nur die tüchtigsten Kräfte fähig. Darum ist es ein arger Mißstand, daß so häufig Schüler mit geringer Begabung dem Kaufmannsstande zugeführt werden, oft aus keinem anderen Grunde, als weil sie nach dem Willen kurzsichtiger Eltern „was Besseres" werden sollen. .Nur sehr befähigte Köpfe und Persönlichkeiten haben Aussicht, eine Stufe leidlicher Bezahlung und Sicherheit zu erklimmen. Tüchtige Anlagen und Kenntnisse sind mitzubringen und dann gehörige Vorsicht anzuwenden beim Abschluß des Lehrvertrags. — Wer so vorbereitet in eine kaufmännische Lehre treten will, der verwende den vom Verbände Deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig (Harkord- straße) heraurgegebenen Lehrvertrag.
— Bemerkenswerte Aufstiege mit seiner Flugmaschine führte, wie dem Berl. Lokalanz. aus Paris gemeldet wird, Henri Farman auf dem Manöverfelde von Jssy aus. Farman
durchmaß nacheinander Entfernungen von 300, 400, 600, und 700 Meter; letztere in 6 Meter Höhe. Der Apparat beschrieb mehrmals leichte Bogen und landete sanft vor seinem Schuppen. Farman scheint auf dem besten Wege zu sein, die Schwierigkeiten des Kurvenflugs zu überwinden.
Ein Herzensroman Napoleons III. Vor den Londoner Gerichten wird gegenwärtig ein Prozeß verhandelt, der eine alte Herzens- geschichte Napoleons III wieder in die Erinnerung ruft. Die Heldin dieses Roman« war die schöne Miß Howard, eine reiche junge Engländerin, der Louis Napoleon während seiner Verbannung in London nahetrat. Sie unterstützte ihn mit Geldmitteln und begleitete ihn nach Frankreich, als er zum Präsidenten der Republik gewählt wurde. Sie bewohnte Gemächer in St. Cloud, fuhr mit dem Präsidenten aus und ihr Verhältnis zu ihm war allgemein bekannt. Als aber der Kaiser Mlle. de Montijo heiratete, mußte Miß Howard all ihre Hoffnungen aufgeben; Napoleon ernannte sie zum Trost zur Gräfin von Beauregard, schenkte ihr ein Palais in Versailles und eine Summe von 6000000 Frs. Ihr Sohn Martin Howard, dessen Vater wohl Napoleon war, wurde zum Grafen von Bechevet gemacht. Er heiratete eine ungarische Dame und hatte einen Sohn, Graf Richard von Bechcvet, der im August ds. Ir. gestorben ist und um dessen Nachlaß von 3V- Millionen nun ein heftiger Streit unter den Erben entbrannt ist.
Letzte Nachricht.
Potsdam 9. Nov. Heute vormittag 9V-- Uhr wurde dem Krouprinzenpaar ein Sohn geboren. Die hohe Wöchnerin befindet sich wohl.
Standesamt Calw.
^Geborene.
30. Okt. Paul, S. d. Paulus Hofacker, Fabrik
arbeiters hier.
31. „ Albert Friedrich, S. d. Georg Friedrich
Beck, Fuhrmanns hier.
2. Nov. Eugen, S. d. Gottlieb Hagenlocher, Hilfs
bremsers hier.
3. „ Karl Friedrich, S. d. Karl Gottlieb
Wagner, Taglöhners hier. Getraute.
2. Nov. Gottlob >Weiß, Bierführer hier und Ka
tharine Magd alene Wurster von Agerchach.
7. „ Wilhelm Ernst Bindtner, Expedient hier
und Emma Mathilde Gentner hier.
8. „ Franz Karl Schwendenmann, Reguleur
hier und Elise Katharine Weber hier. Gestorbene.
3. Nov. Karl Friedrich, S. d. Franz Wilhelm Steck,
Gärtners hier, 2 Monate alt.
Reklameteil.
WWSj
Amtliche md Privatanzrigeii.
K. Amtsgericht Kakw.
In das Handelsregister wurde heute eingetragen:
a) Abteilung für Gesellschaftsfirmen:
bei der Firma Krüger L Cie., Fabriken künstlicher Steine in Hirsau: die Teilhabern: Frau Marie Krüger Wwe. in Schwab. Hall ist aus der Firma ausgetreten, das Geschäft ist auf den Teilhaber Otto Krüger allein übergegangen.
b) Abteilung für Einzelstrmen:
die Firma:
Krüger L Cie., Fabrikation künstlicher Bimssteine und Wetzsteine Hirsau, Inhaber Otto Krüger, Fabrikant in Calw.
Den 31. Oktober 1907.
Amtsrichter Ehmann.
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