173» KmLs-- und ÄnzeigeblaLt für den Bezirk Calw. 82. Jahrgang.

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Srschtinunzltaze: Dienttar. Donner«tag, Sams­tag, Äaantaz. JnjertionSpreis 18 Pfg. pro Zeile für Stad t «vH Bezirk «orte; außer Bezirk iS Pfg.

AMtttche Bekanntmachrmgen

Donnerstag, den 31. Oktober 1907.

Adormementlpr.in d. Stadt pr. Lierrelj. Mt. i.ivincl.Trägerl.

.- - s.d. Orts-u. Nachbar-

id, Bestellgeld SV Ps,.

Si-rteljilhrl. Postbezugspreis ohne Bestrllg. f. d. Orts- u. Nachbar, ortsoertehr i Mk.,f. ü. sonst. Berlehr Mk. l. ' " "

Den Ortsschnlbehörden

gehen mit der nächsten Post die neu aufgestellten Formulare für die Gesuche um Verwilltgung von Staatsbeiträgea zu den Arbeitsschulen zu. Die OrtSschulbehörden derjenigen Schulgemeinden, welche, mit Rücksicht auf ihre Vermögenslage, um einen Staatsbeitrag für das Rechnungsjahr 1907 nach­suchen wollen, haben die Ortstabellen nach dem Stand des laufenden Rechnung?- bezw. Schuljahrs auszufüllen und diese samt den vorjährigen Berichten bis spätestens 1. Dezember d. I. an das gemein­schaftliche Oberamt in Schulsachen einzusenden.

Bemerkt wird, daß bet der starken Inanspruch­nahme der verfügbaren Staatsbeitragsmittel damit gerechnet werden muß, daß die bisher verwilligten Staatsbeiträge auch im laufenden Rechnungsjahr unter Umständen etwas ermäßigt werden und daß dort, wo die Arbeitsschulverhältnisse noch unbefrie­digend sind, ein Staatsbeitrag überhaupt nicht ge­währt werden kann.

Calw, 24. Oktober 1907.

Kgl. gem. Oberamt in Schulsachen.

Voelter. Schmid.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Ab­haltung eines Molkereilehrkurses in Gerabronn.

Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischule in Gerabronn demnächst wiederum ein vierwöchiger Unterrichts­kurs über Molkereiwesen abgehalten werden.

In diesem Kurs werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Molkerei ein­geleitet, sondern sie erhalten auch einen dem Zweck und der Dauer des Kurses entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht.

Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen sind die Teilnehmer verpflichtet, die vorkommenden Ar­beiten nach Anweisung des Leiters des Kurses zu verrichten, auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigen Bücher und Schreibmaterialien selbst

anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbeitrag in Aussicht gestellt werden.

Bedingungen derZulassung sind: zurückgelegtes sechzehntes Lebensjahr, Besitz der für das Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähigkeiten und Kennt­nisse und guter Leumund. Vorkenntniffe im Molkerei­wesen begründen eine vorzugsweise Berücksichtigung bei der Aufnahme.

Der Beginn des Kurses ist auf Montag, den 18. November ds. Js. festgesetzt. Da jedoch zu diesem Kurs nur eine beschränkte Zahl von Teilnehmern zugelassen werden kann, so behält sich die Zentralstelle vor, je nach Bedürfnis im Lauf der folgenden Monate noch weitere Kurse zu ver­anstalten und nach ihrem Ermessen die sich An­meldenden in die einzelnen Kurse einzuweisen.

Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind bis längstens 9. November d s. Is. an das Sekretariat der K. Zentralste lle für die Landwirtschaft in Stuttgart" ein­zusenden. Den Aufnahmegesuchen sind beizulegen:

1. ein Geburtsschein;

2. ein Schulzeugnis, sowie etwaige Zeugnisse über Vorkenntnisse im Molkereiwesen;

3. wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Ein­willigungserklärung des Vaters oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit . zur Tragung der durch den Besuch des Kurses er­wachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird;

4. ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für den Bewerber übernommen hat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzukommen;

5. wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, waS zu­treffendenfalls immer gleichzeitig mit der Vorlage des Aufnahme­gesuchs zu geschehen hat, ein gemeinde- rätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familienverhältnisse des Bewerbers und seiner .Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirtschaftliche Bezirksverein,

eine Molkereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürwortet und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Bei- . trag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aussicht gestellt haben.

Stuttgart, 24. Oktober 1907.

I. V-: Krais.

Tageöuemgkeiteu.

X Gechingen 29. Okt. Der 82jährige Michael Höp fer feierte am Feiertag Simon und Judä mit seiner 80jährigen Ehefrau, Philip­pine geh. Lohre, die goldene Hochzeit. Das Jubelpaar ist noch ziemlich rüstig. Heute wird die älteste Person der hiesigen Gemeinde beerdigt. Er ist dies die 87jährige Schäferswitwe Anna Maria Schaible. Vor 8 Jahren wurde dieselbe von einem Blitzstrahl getroffen, ohne bedeutenden Schaden zu nehmen, während die Tochter an ihrer Seite sofort gelötet wurde.

Neuenbürg 28. Okt. Ein Hunde- markt in Birkenfeld wurde durch einen heftigen Streit unter den Vierfüßlern unliebsam gestört. Ein biederer Bäckermeister, der mit gewaltigem Knüttel Ordnung schaffen wollte, hatte dar Mißgeschick beim Zuhauen mehreremals den Hundebesitzer zu treffen. Hieran schloffen sich wenig sachliche Auseinandersetzungen, und die ganze Hundskommödie verlies resultatlos.

Stuttgart 29. Okt. Der Polizeibericht schreibt: Gestern mittag sprang ein unterkommenr- loser, 20 Jahre alter Bursche von hier in den oberen Anlagensee, wurde aber vom Garten­personal alsbald wieder unbeschädigt herausgezogen. In letzter Nacht wurde im Feuerbacher Tunnel die Leiche einer jüngeren Mannes, der vom Zug überfahren war, aufgefunden. Nach Vorgefundenen Notizen soll der Aufgefundene der 24 Jahre alte Hausbursche Eugen Herrmann aus Feuerbach sein. Der Leichnam wurde ins Leichenhaus des Prag­friedhofes gebracht.

Der verlorene Sohn.

Roman vonElsbeth Borchart.

(Fortsetzung.)

Inge empfand nicht das leiseste Bedauern darüber. Froh singend und trällernd zog sie im Hause umher und freute sich auf den Abend, der ihr so reichlichen Ersatz für dar aufgegebene Fest bot.

Es waren traute Stunden, wo dis Familie Helmbrecht in dem ge­mütlich erwärmten und erleuchteten Wohnzimmer am Tisch saß, wo ernste, anregende Gsspräche gepflogen wurden, oder Scherz und Neckerei die Zeit vertrieb. Inges frohes, sonniges Lachen erfüllte nur zu oft den Raum, und ein tiefes Echo antwortete ihr.

Mr. Williams, der Direktor der Fabrik, wurde schon lange fast wie zur Familie gerechnet, und wenn er auch mit Arbeit überhäuft war, so fand er doch oft ein Stündchen, das er im Kreise der Familie, am ein­ladenden Teetisch verbringen konnte.

Inge hatte jegliche Feindschaft begraben und wenn sich ihr Trotz auch noch öfters gegen die überlegene, reife Art des Amerikaners auflehnte, so trug er meistens das Gepräge einer lustigen Neckerei, und der Streit wurde von keiner Seite ernst genommen.

So wenig Williams in der Familie Helmbrecht als ein fremder behandelt wurde, so wenig fühlte er sich selber als solcher. Er schien seine amerikanischen Gewohnheiten und Ansichten vollständig vergessen zu haben, und nur der leichte Akzent in der Sprache erinnerte zuweilen noch daran. Sonst sprach, dachte und handelte er echt deutsch. Das empfanden auch

seine Untergebenen und die Arbeiter der Fabrik. Der Haß, der einstdem Fremden" galt, verwandelte sich in Hochachtung und Zuneigung.

Der einzige, der ihn vielleicht trotz allem genährt und auch wohl in den anderen geschürt haben würde, weilte schon lange nicht mehr in Buchenau. Man erzählte sich, daß Franz Linden seine Mutter zu Weihnachten auf einen Tag besucht habe; er sollte in einer Fabrik in der Rheinprovinz be­schäftigt sein. Seitdem hatte man ihn nie wieder in Buchenau gesehen.

Inge hätte wohl gern einmal seine alte Mutter, die jetzt ein Stüb­chen bei der Familie Seifert innehatte, besucht, aber sie unterließ es aus verschiedenen Gründen. Es war doch möglich, daß sie Franz einmal dort antraf, und das hätte den Anschein gewonnen, als wenn sie gegen den ausdrücklichen Wunsch Mr. Williams handelte. Und das wollte sie jetzt nicht mehr. Doch wie sehr recht Mr. Williams hatte, sie vor dem jungen Menschen zu warnen, das wurde ihr erst später durch einen Zufall schreck­haft klar.

An einem sonnigen Februartage, der schon allerhand süße Frühlingr­ahnungen in der Brust erweckte, schlenderte sie durch den Garten nach dem Pavillon, der am äußersten Ende hart an die vorüberführende Straße stieß. Sie trat ein und öffnete die Fenster, um Luft in den Raum zu lassen.

Da hörte sie Stimmen und Schritte sich dem Pavillon nähern. Sie bog sich ein wenig vor und sah zwei Arbeiter auf der Straße daherkommen. Es waren Seiffert und Koch. Der letztere wohnte in der Stadt, und Seiffert mochte ihm wohl ein Stück auf dem Wege nach dem Bahnhofe das Geleit geben. Inge zog fick zurück; es war nicht nötig, daß die Ar­beiter sie bemerkten.

Dicht vor dem Pavillon machten die Arbeiter jedoch Halt, und Seiffert