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Franz Linden mar, so weit sie zurückdenken konnte, ihr Spielgefährte gewesen. Er war zwar vier Jahre älter als sie, aber das binderte ihn nicht, mit der Tochter des Fabrikherrn Freundschaft zu schließen. Seine Mutter war oft zu Hilfeleistungen in der Villa herangezogen worden, und da diese ihren Jungen nicht unbeaufsichtigt allein zu Hause lasten mochte, hatte Frau Helmbrecht gestattet, daß sie ihn mitbrachte. Dabei freundete er sich mit dem hübschen Kinde an, und beide schienen seitdem unzertrennlich.
Franz ging auf alle Spiele und Ideen Jnge's ein-später, als er
größer wurde, schnitzte er ihr allerhand Spielsachen, fuhr sie im Schlitten, jagte und tollte mit ihr herum und vergaß doch nicht, sie vor jeder Gefahr zu schützen.
Diese Kinder freundschaft hätte sich wahrscheinlich immer weiter erstreckt, wenn Franz nicht mit vierzehn Jahren, sofort nach seiner Ein- segnung, in die Fabrik, worin sein Vater bereits arbeitete, eingetreten wäre. Da- setzte den kindlichen Spielen ein Ziel, aber es hinderte nicht, daß Inge ihren Spielkameraden zu allerhand kleinen Dienstleistungen heranzog, die von diesem stets mit Freuden ausgeführt wurden.
Erst, als Inge vor einem Jahre in Pension nach Berlin gekommen war, brach der Verkehr ab und wurde auch nach ihrer Rückkunft nicht wieder fortgesetzt.
War sie heute von ihm gehört hatte, war ihr näher gegangen, als sie je geglaubt hätte: Franz, der ordentliche, geschickte Arbeiter der Anführer der Streikenden! Wie war es möglich, daß er sich so vergessen konnte? Oder betraf seine Auflehnung Mr. Williams?
Der Vater hatte erzählt, daß sie Mr. Williams Entlastung verlangten. Was mußte vorgefallen sein, das diesen Wunsch in den Herzen der Arbeiter aufkeimen ließ? War er zu strenge-zu hart gewesen?
Ein bischen neigte sich Inge in ihren Gefühlen ans die Seite der Streikenden. Auch sie empfand zuweilen ein solches auflehnendes Gefühl dem ruhigen, gemessenen Ernst, dem überlegenen Lächeln des Amerikaners gegenüber. Sein sicheres. Auftreten, seine Art, mit ihr zu sprechen, reizte stets jeden Nerv in ihr. Und dabei konnte sie nicht einmal sagen, daß er unbescheiden und unhöflich wäre. Im Gegenteil trugen seine Worte nur zu oft den Stempel brüderlichen Wohlwollens. Ob es vielleicht das war, war sie empörte?
Inge zerlegte ihre Gefühle nicht. Ueber die Vorgänge in ihrer Seele legte sie sich keine Rechenschaft ab. Sie folgte wie ein rechtes Kind ihren augenblicklichen Eingebungen.
Ihre Gedanken über den Streik fanden denn auch bald ein Ende, als sie im Garten inmitten der Frühlingspracht stand. Sie hatte ein Buch mitgenommen und wanderte ihrem Lieblingsplatze zu. Dieser lag am äußersten Ende, dicht am Zaun. Von hier aus hatte man einen weiten Blick über wogende Kornfelder, Wiesen und Wald, und so, fern von allem Arbeitslärm und allem Fabrikrauch, konnte man träumen.
Nur noch wenige Schritte durch den schmalen Heckengang und sie hatte ihr Ziel erreicht.
„Fräulein Inge!"
Mit einem leisen Schrei fuhr Inge aus ihren Träumen auf.
„Mein Gott, Franz, wo kommen Sie her? Es ist doch noch keine Mittagspause!" rief sie erschrocken aus. Franz Linden-Gesicht war bleich und wies die Spuren von leidenschaftlicher Erregung auf. Doch jetzt tat er sich Gewalt an, um ruhig zu erscheinen.
„Fräulein Inge-Verzeihung, wollte sagen, gnädiges Fräulein
-ich-ich komme nicht aus der Fabrik-ich war nicht
dort-"
„Nicht in der Fabrick? Ist der Streik denn nicht gütlich beigelegt worden, und sind nicht alle wieder bei der Arbeit?"
Ein verächtliche» Zucken lief um Franz Lindens Mund.
„Ja-alle — — außer mir. Sie wissen vermutlich noch
nicht, was sich heute zugetracen hat."
„Ich weiß von dem Ausstand der Arbeiter, und daß er von Mr. Williams niedergezwungen wurde."
„Niedergezwungen?" In des jungen Mannes Augen funkelte es; dann lachte er grell auf. „Sie haben das rechte Wort gefunden, Fräulein Inge, „Niedergezwungen!" — — Misten Sie auch, daß er mich, den Anführer der armen Unterdrückten, wie einen Hund hinausgeworfen, mich," seine Stimme bebte, „mich und meine arme Mutter ins Elend gestoßen, brotlos gemacht hat?"
„Franz, was sagen Sie da? Er hätte Sie — er konnte Sie entlasten? Und der Vater sagte mir doch, daß niemand entlasten werden sollte," rief Inge ganz erschrocken aus.
„Sehen Sie nun, wie man seine Wünsche befolgt? Aber ich gebe mich nicht damit zufrieden; ich beuge mich nicht. Er knechtet und schindet uns, behandelt uns nicht wie Menschen, sondern wie Maschinen. Liebkind will er sich bei Ihrem Herrn Vater machen. Haha — —" er lachte höhnisch auf, „zum Direktor hat er es ja schon gebracht, und wer weiß, was er sonsi noch vor hat."
„Franz!"
Inge war bleich geworden. Der heftige, leidenschaftliche Ausbruch ihres einstigen Spielgefährten hatte auf sie erschreckend gewirkt. Vor ihr tat sich ein Abgrund auf, in den sie kaum zu schauen wagte. Es war das erste Urteil über den Amerikaner, das sie aus anderem Munde vernahm. Ihre Eltern sprachen so ganz anders über ihn. War der Vater in seiner Blindheit zu vertrauend?
Wie als Antwort auf ihre eigene Frage fuhr Franz fort:
„Der Herr Kommerzienrat hat durch seine Krankheit jede Ueberficht verloren; er weiß nicht, wie es in Wahrheit bei uns zugeht. Nun und nimmer würde er sonsi dem Fremden so weitgehende Rechte, die von diesem nur gemißbraucht werden, einräumen." _ (Fortsetzung folgt.)
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