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^§ 159 .

Amts- und ÄnzeigeölaLt für den Se;Lrk Calw.

82. Jahrgang.

rrsch«tnung»taze: Dtenttaz, Donner»tag, SamS- >«z, Bonn tag. Jnserttontprii« III Pfg. pro Zeile für Stadt «lld Bqtrllorte; außer Bezirk IL Pf».

Sonntag, den 6. Oktober 1W7

Lbormementlpr.tnd. Stadt pr.Bierieij. Mt. t.ioincl.rrLzerl. BterteljLhrl. Postdezuzlprei» ohne Bestellg. f. d. Ort«, u. Nachbar, ortlverkehr t Mt., f. d. sonst. Bert ehr Wk. I.t», Bestellgeld R> Psg.

Amtliche Bekanntmachungen

Die Ortsbehörden

werden unter Bezugnahme auf den oberamtlichen Erlaß vom 8. Juli 1907 Wochenblatt Nr. 108 wiederholt angewiesen, auf tunlichst baldige Be­reinigung des AusstandswesenS pro 1906/07 und der früheren Jahre mit allen zu Gebote stehenden Mitteln hinzuwirken und den Gemeinde­pflegern wiederholt entsprechend Auflagen zu machen. Calw, 3. Oktober 1907.

K. Oberamt. Voelter.

Bekanntmachung.

Der nächste Viehmarlt in Pforzheim findet am Dienstag den 8. Oktober 1907 unter folgen­den Bedingungen statt:

1. Aus verseuchten Gemeinden darf kein Rind­vieh aufgetrieben werden.

2. Für das aus württembergischen Oberämtern aufzuführende Vieh müssen die Führer gemäß Z 64 der V.-O. vom 19. Dezember 1895 im Besitze fier­ärztlicher Zeugnisse über den Gesundheitszustand der Tiere sein, in welchen bezeugt ist, daß die betr. Tiere sich mindestens seit fünf Tagen in seuchen­freien Zustande in der Gemarkung befinden, in der die Untersuchung erfolgt ist.

3. Am Markttage dürfen Tiere bis zum Schluß des Marktes außerhalb des Viehmarktplatzes nur feilgehalten werden, wenn dieselben vorher tier­ärztlich besichtigt und für unbeanstandet erklärt worden find.

4. Rindviehstücke, welche ohne die vorgeschrie­benen Zeugnisse zu Markt gebracht werden, werden unnachstchtlich zurückgewiesen, auch haben Zuwider­handelnde strenge Bestrafung zu gewärtigen.

Die Schultheißenämter haben dies sofort in ihren Gemeinden bekannt zu machen und bekannte Interessenten besonders zu belehren.

Calw, 5. Oktober 1907.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesrreuirkeiteu.

Stuttgart 4. Okt. Gestern abend wollte in einem Anwesen der Wolframstraße ein Ar­beiter einen Korb mit Aepfel von einem Stockwerk

zum andern befördern; dabei übersah er» daß der Fahrstuhl» den er hiezu benützen wollte, nicht auf diesem Stock stand. Er stürzte 4 m tief herunter und erlitt eine Brustqiretschung. Gestern vor­mittag geriet in der Reinrburgstraße ein 5 Jahre altes Mädchen dadurch unter das Hinterrad eines Möbelwagens» daß es während der Fahrt die unter dem Wagen angebrachte Pritsche besteigen wollte. Dem Kind wurde der Kopf zerdrückt» so daß der Tod sofort eintrat.

Vorort Wangen 4. Okt. Dis hiesigen Metzger ließen von heute ab einen Fleischab- schlag eintreten. Es kostet das Pfund Rindfleisch hier nur noch 60 -H, was von der hiesigen Ein­wohnerschaft mit Freuden begrüßt wird. Den Anlaß hiezu gab ein hiesiger Metzger, der das Rindfleisch von 80 auf 70 herabsetzte.

Ludwigsburg 4. Okt. Die Angelegen­heit des von dem geisteskranken Hermann Krauß niedergeschossenen Portiers Dambach hat dieser Tage auch den Ausschuß der Amtsver­sammlung beschäftigt» der beschloß, gegen die Di­rektion der Staatsirrenanstalt Winnental wegen o. seinerzeit erfolgten Beurlaubung von Krauß aus der Anstalt beim Ministerium des Innern Vorstellung zu erheben. Da kann hinzugefügt werden, daß die Direktion im März dieses Jahres auf den bedenklicher werdenden Zustand de» Kranken aufmerksam machte, daß dieser aber sich nach wie vor in völliger Freiheit bewegen und insbesondere Wirtschaften ungehindert besuchen konnte.

Reutlingen 4. Okt. In der gestrigen, gemeinschaftlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde der Gehalt der Lehrerinnen an der hiesigen Frauenarbeitsschule erhöht. Anfangsgehalt einer ständigen Lehrerin ist 1300 ^ (1100 ^ bisher). Alle 3 Jahre steigert sich das Einkommen um 150 ^ (100 ^).

Tübingen 4. Okt. Gestern Abend wurde Lehrer Haspel von einem schweren Schicksals­schlag betroffen. Sein Sohn, ein junger, zu den besten Hoffnungen berechtigender Gymnafist stürzte vor dem Haus, von einem Herzschlag betroffen,

tot nieder. Vor Jahren schied die Mutter ebenso jäh aus dem Leben.

Ellwangen 4. Okt. Am letzten Montag abend */--9 Uhr explodierte mit gewaltigem Knall der Acetylen-Apparat in der Wirtschaft zum Adler, während der Wirt den Apparat in Stand setzte, wobei ihm eine Dienstmagd behilflich war. Beide erlitten sehr schwere Brandwunden.

Biber ach 4. Okt. Bei einer scharfen Kurve ank Marktplatze glitt am Mittwoch das Rad eines Motorfahrers auf dem vom Regen schlüpfrig gewordenen Boden aus und sauste in den Stand einer Obsthändlerin hinein. Zwetsch­gen-, Trauben- rc. Körbe und der Radfahrer mit seinem Motor bildeten einen wirren Knäuel. Der Verunglückte scheint sich seiner Schuld nicht ganz unbewußt gewesen zu sein, denn er war zur eiligen Bezahlung des Schadens gerne bereit.

Baden 4. Okt. Der Oberkommandierende der Südwestafrikantschen Schutztruppe, General­major v. Deimling, ist hier ein getroffen und hat im HotelDrei Könige" Wohnung genommen. Der General wird den Beisetzungsfeterlichkeiten in Karlsruhe anwohnen.

Aus dem Fränkischen 4. Okt. Mit Beginn dieser Woche hat die feste Haltung im Fruchtgeschäft, infolge der überaus großen Zufuhren, etwas nachgelassen. Es notieren heute per 50 üg Gerste 1010.20 Roggen 9.40 bis 9 60 Haber 99.20 Weizen 10.80 bis 11

München 3. Okt. Ein Haberfeld­treiben gegen den Pfarrer, den Lehrer und mehrere Honoratioren hat bei Ober-Warngau an der Bahnstrecke MünchenTölz stattgefunden. Die Haberer verstopften die Schlüssellöcher der Kirchentür, um den Pfarrer zu verhindern Sturm läuten zu lassen.

Berlin 4. Okt. Die Rücktransports aus Deutschsüdwestafrika haben nunmehr wieder begonnen. Mit dem am 1. Oktober von Swakopmund abgefahrenen Dampfer kehren 5

Der verlorene Sohn.

Roman vonElSbeth Borchart.

(Fortsetzung.)

Der Zustand und Ton, der in der Fabrik unter den Arbeitern herrschte, war ein geradezu beispielloser. Unglaubliche Trägheit, Unzufriedenheit und Disziplinlosigkeit, das waren die Eigenschaften, die da» gesamte Personal kennzeichneten.

Der neue Oberingenieur stieß denn auch auf aller Art Widerstand. Seine Anordnungen und Maßregeln wurden in den Wind geschlagen; seinen Befehlen hohnlachte man, wenn man gerade nicht in der Stimmung war, sie auszufahren.

Jeden anderen würde dieser Zustand zur Verzweiflung und Fahnen­flucht getrieben haben. Williams aber stand auf seinem Posten, wie ein starker Baum, den kein Sturm zu brechen vermag. Er biß die Zähne zu­sammen und ballte die Fäuste vor Ingrimm:

Und ich zwinge es dennoch-ich muß es zwingen. Biegen

oder brechen."

Auf seinen Zähnen stand der eiserne Wille geschrieben.

Einer Tages herrschte große Aufregung in der Fabrik. Der Ober- ingsnieur hatte einigen widerspenstigen Arbeitern den Laufpaß gegeben, und diese waren auf eine Beschwerde bei ihrem blinden Herrn hin abschlägig beschteden worden.Jeder hätte sich dm Anordnungen seines Oberingenteurs zu fügen," hatte Helmbrecht ihnen geantwortet.

Zähneknirschend und wutschnaubend mußten die Arbeiter auf diesen Ausspruch hin die Fabrik verlassen. Aber sie schwuren dem Amerikaner Haß und Rache.

Und es zeigte sich bald, was sie im Schilde führten.

Die gute Wirkung, die die Entlassung der Kameraden auf die übrigen Arbeiter aurgeübt hatte, blieb zwar äußerlich bestehen. Man nahm sich mehr zusammen, und die Sache schien jetzt wirklich in ebenere Bahnen ge­lenkt zu sein.

Doch innerlich gärte es in den Gemütern. Die Entlassenen ließen keine Gelegenheit vorübergehen, dieses Feuer zu schüren. Die Saat trieb gute Früchte, und wenn sie auch noch immer vor dem Aeuß-rsten zurück­schreckten, so erfolgte der Ausbruch doch noch eher, als anfangs beabsichtigt und erwartet worden war.

Al» Williams eines Morgens die Fabrikräume betrat, waren sie leer. Kein Arbeiter war an seinem Plrtz.

Ehe er sich noch von seiner Ueberraschung erholt hatte, drang von außen her ein Geräusch wie von zahlreichen durcheinander redenden Stimmm an sein Ohr. Er trat an da» Fenster und sah sämtliche Arbeiter aus dem Fabrikhof stehen, eifrig sprechend und gestikulierend.

Me drängten sich nun um einen jungen Menschen, der hier eine Respektperson sein mußte, denn auf ein Zeichen von ihm wurden die übrigen ruhig und lauschten seinen Worten.

Williams konnte sie nicht verstehen; er beschloß aber, hinunterzugehen und zu sehen, was es gäbe.