156. Amts- und Änzeigeblatt für den Bezirk Calw.
82. Jahrgang.
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Dienstag, den 1. Oktober 1907.
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Amtliche Bekanntmachungen
Bekanntmachung.
Die Geflügelcholera ist in Althengstett erloschen.
Calw, 28. September 1907.
K. Oberamt. Amtmann Rippmann.
Die Ortsvorsteher
werden aufgefordert, die von ihnen im abgelaufenen Vierteljahr entgegengenommenen bezw. aufgestellten Regiebaunachweisungen oder Fehlanzeigen hierher einzufenden. Dabei wird bemerkt, daß die den Gemeinden obliegende Abräumung der Brandstätten als Regiebauarbeit der.Gemeinde zu betrachten ist. Des weiteren wird auf die im Regierungsblatt von 1887, Seite 505 abgedruckte „Anleitung in Betreff der Regiebaunachweisungen" hingewiesen.
Calw, 30. September 1907. <
K. Oberamt. Amtmann Rippmann.
An die Ortsvorsteher.
Die Berichte über die Erledigung der Defekte
1) der Oberfeuerschau,
2) der Baukontrolle,
3) der Wegvisitation
find, soweit sie noch ausstehen, vorzulegen.
Calw, 30. September 1907.
K. Oberamt. Amtmann Rippmann.
An die Schnltheitzen-Aernter.
Die noch ausstehenden Anzeigen über Anmeldungen von Gebäudezubehörden und von Neubauten rc. für die Jahresschätzüng find alsbald vorzulegen. Vergl. Erlaß vom 18. ds. Mts. Calwer Wochenbl. Nr. 151.
Calw, 30. September 1907.
K. Oberamt. Amtmann Rippmann.
Die Ortsvorsteher
werden unter Hinweis auf § 19 der Mtnisterial- verfügung vom 2. Januar 1900 (Reg.-Bl. S. 1) aufgefordert, auf 1. k. M. ihre Sportelverzeichnisse abzuschließen und eine Reinschrift derselben, sowie die eingezogenen Sporteln nach Abzug der ihnen zukommenden Gebühr hierher vorzulegen. Sind Sporteln nicht angefallen, so ist Fehlanzeige zu erstatten.
Die Sportelverzeichnisse oder Fehlanzeigen find mit einer Beurlnndang darüber zu versehen, ob Fälle eines Nachlasses oder einer Wiederaufhebung von Sporteln nicht vorgekommen sind.
Calw, 30. September 1907.
K. Oberamt.
Amtmann Rippmann.
Banhaudwerkerschule in Biberach.
Am 4. November d. I. wird die neue Bauhandwerkerschule in Biberach eröffnet werden. Der Zweck der Schule ist, Bauhandwerker, und zwar Maurer, Steinhauer und Zimmerleute, in zwei je fünfmonatlichen Winterkurscn soweit auszubilden, daß sie den Anforderungen gewachsen sind, die bei einer ernst genommenen Meisterprüfung auch in theoretischer Beziehung an sie gestellt werden müssen. Der Unterricht erstreckt sich auf Bauzeichnen, Baukonstruktion, Gebäudekunde, Bauführung, Baukostenberechnung, Buchführung und Gesetzeskunde.
Als Schüler werden solche Leute ausgenommen, die in einem der genannten Handwerkszweige die Gesellenprüfung erstanden und das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben. Vorläufig haben sämtliche Schüler den Besitz der nötigen allgemeinen Vorbildung durch eine einfache Aufnahmeprüfung nachzuweisen. Die Anforderungen entsprechen dabei im wesentlichen denjenigen, die an einen Volksschüler bei der Schulentlassung zu stellen sind.
Das Schulgeld für jeden der beiden fünfmonatlichen Kurse beträgt 20 Es ist beim Eintritt in die Schule zu bezahlen. Unbemittelten tüchtigen Schülern kann es nach Schluß des Kurses ganz oder teilweise nachgelassen werden.
Für Wohnung und Verköstigung haben die Schüler selbst zu sorgen. Auch haben sie sämtliche zum Schreiben und Zeichnen erforderlichen Gegenstände selbst zu beschaffen.
Der erste Kurs beginnt Montag, den 4. November ds. Js., an welchem Tage vormittags 8 Uhr in dem Schulgebäude in Biberach zunächst die Aufnahmeprüfung stattfindet. Der Kurs endet am Dienstag, den 31. März 1908.
Gesuche um Aufnahme in die Schule sind bis zum 20. Oktober ds. Js. beim Vorstand der Bauhandwerkerschule in Biberach einzureichen. Den Aufnohmegesuchen sind eine kurze Darstellung des bisherigen. Ausbildungsgangs und etwaige selbstgefertigte Fachzeichnungen, sowie ein Altersnachweis und das Gesellenprüfungszeugnis anzuschließen. Der Schulvorstand wird die Gesuchsteller von ihrer Zulassung zu der Aufnahmeprüfung benachrichtigen.
Die gewerblichen Vereinigungen ersuchen wir, die Beteiligten auf die Schule aufmerksam zu machen.
Stuttgart, 25. September 1967.
Mosthaf.
Tagesueuigketteu.
* Calw 30. Sept. Die Obsternte fällt in unserem Bezirk besser aus als man früher angenommen hatte. Die günstige Witterung hat das Obst zu einem hohen Reifegrad gebracht und trotz des trockenen Nachsommers ist es schön ausgewachsen und recht groß geworden. Einige Orte auf der Waldseite haben einen sehr reichen Ertrag zu verzeichnen, auch auf der Gäuseite gibt es einige wenige, die mit dem Obstsegen zufrieden sein können; die Mehrzahl der Orte geht allerdings ziemlich leer aus. Zu letzteren gehört auch Calw. Nur wenige Baumbesttzer können sich eines nennenswerten Ertrages erfreuen und denjenigen, welche etwas Obst erhalten, wird ihre Freude dadurch vergällt» daß in diesem Jahr wegen der Seltenheit des Obstes mehr als sonst gestohlen
Der verlorene Sohn.
Roman vonEISbkth Borchart.
1.
„Station Buchenau!"
Der Zug hielt. Aus einem Wagenabteil 2. Klaffe stieg ein Fahrgast. In demselben Augenblick ertönte da» „Abfahren" des Zugführers — ein Pfiff — und der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
Buchenau war eine kleine Station, eigentlich nur eine Haltestelle für die Arbeiter, die morgens au» der nahen Stadt zur Maschinenfabrik in Buchenau hinaus- und abends wieder hereinfuhren.
Der Stationsvorsteher musterte den fremden, mit vornehmer Einfachheit gekleideten Fahrgast. Dieser jedoch nahm keine Notiz davon.
Sein Gang war sicher und fest, die Körperhaltung straff. Er hatte eine ansehnliche Größe und seine Bewegungen verrieten kräftige Muskeln und Sehnen. Das weitergebräunte Gesicht umgab ein kurzer blonder Backenbart, der auf englische Manier zugeschnitten war, wie auch sein ganze« Aeußere etwas Fremdländisches an sich trug.
Nun stand er draußen und betrachtete eine Weile mit unverhohlenem Interesse die Gegend.
Eine mit Kirschbäumen bepflanzte Chaussee zeigte sich seinen Blicken. Zu ihren beiden Seiten lagen Felder und Wiesen, welche einen weiten, freien Ausblick gestatteten. Mitten unter den dunklen Bäumen ragten gewaltige Fabrikschornsteine empor.
Also frisch vorwärts!
Charles Williams ging heute einem neuen Ziele, einer neuen Aufgabe entgegen: Im Aufträge einer Newyorker Firma, bei welcher er die Stelle eines ersten Ingenieur« bekleidete, war er nach Europa gekommen,
um deutsches Maschinenfabrikat kennen zu lernen. Und eben durch die Vermittlung dieser berühmten Firma hatte er eine Anstellung als Oberingenieur in der Fabrik des Kommerzienrats Helmbrecht in Buchenau erhalten.
Der Besitzer der Fabrik, der Kommerzienrat Karl Helmbrecht, war halb erblindet und daher außer stände, persönlich die Arbeiten des großen Werkes zu leiten. Sein erster Direktor und technischer Leiter war vor kurzem gestorben und es fehlte an einer tüchtigen energischen Kraft.
Ihn, Charles Williams, hatte man nun dazu aurersehen, diese Kraft zu ersetzen. Die vorzüglichen Empfehlungen hatten Helmbrechts Wahl auf ihn gelenkt. Er hatte sich vorläufig für zwei Jahre verpflichtet, und so lange hatte man ihm auch Urlaub gegeben. Dann mußte er wieder nach Amerika zurückkehren. Drüben war einer der gesuchtesten Ingenieure, und zumal in der Fabrik in Newyork nahm er eine Vertrauensstellung ein. Er durfte sich sagen, daß er mit seinen vierunddreißig Jahren bereits ein hohes Ziel erreicht hatte.
Ein schwerer Atemzug entquoll seiner Brust.
Wenn es ihm nun gelänge? Würde das die Schuld auslöschen, die Schuld-und wenn sie auch-?
Seine Gedanken stockten hier. Er trocknete sich den Schweiß von der Stirn. Auf dieser Stirn lagen Falten, die von harten Kämpfen sprachen: Aber sie hatten das nicht auszulöschen vermocht, was die Amerikaner so geringschätzig mit „deutscher Gefühlsduselei" zu bezeichnen pflegen. Au«
den kleinen, klugen Augen sprach es-ein weicher» schimmernder
Glanz, der so wenig zu dem ganzen zielbewußten und energischen Auftreten zu paffen schien.
Die Kirschallee hatte ihr Ende erreicht; sie mündete in eine gepflasterte Dorfstraße, an denen einer Seite sich eine Reihe sauberer, netter Häuschen, die Wohnungen der Fabrikarbeiter, befanden, während die andere einen großen Garten, mit hohem Zaun umschlossen, aufwie».