147. Amts- und AnjeigebLttti für den Se;irk Calw. 82. Jahrgang.
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SrfcheinunsStage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreis 10 Pfg. pro Zeile für Stad t and Ve-irksorte; außer Bezirk 1L Pfg.
Tagesneuigkeiteu.
Calw 14. Sept. Der außergewöhnliche Beifall, der am letzten Donnerstag dem Kärnth- ner Koschatlieder-Ensemble im Waldhornsaale gespendet wurde, hat die Gesellschaft veranlaßt, am nächsten Sonntag wiederholt auszutreten. (S. d. heut. Inserat.) An diesem Abend gaben sämtliche Mitglieder ihr Bestes und zeigten sowohl im Gesamtspiel wie in Einzelvorträzen hervorragende Leistungen. Sänger wie Sängerinnen verfügen über ein kraftvolles gut geschultes Organ und sind Meister über verschiedene Instrumente als Schlag, und Streichzither, Guitarre rc. Allgemein erfreuten auch die Wiedergabe ländlicher humoristischer Scenen und namentlich die Darbietungen des Bauerntypendarstellers „Poldl". Wir möchten der kleinen Künstlergesellschaft auch für morgen ein vollbesetztes Haus wünschen.
Zuffenhausen 12. Sept. Verschiedene Kaufleute und Bäcker, welche Chocolade und Zucksrwaren führen, erhielten Besuch von einem Geschäftsreis enden welcher sich als Vertreter von bekannten größeren Geschäften ausgab. Durch die an den Geschäftshäusern angebrachten Plakate wurde der Schwindler
— denn mit einem solchen hatte man es zu tun
— auf die Geschäftsverbindung des Ladeninhabers aufmerksam, worauf er sich entsprechend vorstellte. Die Absicht des Burschen war, die Gelder von rückständigen Rechnungen einzukassieren, was ihm jedoch in keinem Fall gelungen ist, da sämtliche Geschäftsinhaber der Sache nicht trauten. Einer der letzteren benachrichtigte sofort die betreffende Firma,worauf ein Vertreter hier eintraf, welcher der Polizei Anzeige erstattete, leider aber zu spät, denn der Bursche hatte bereits das Weite gesucht.
Stuttgart 13. Sept. Nachdem die Verbreitung der Geflügelcholera und der Geflügelpest abgenommen hat,wird vom
Sonntag, de« 15. September 1SV7.
16. Sept. ab (statt erst am 30. Sept.) das Ver- bot des Handels mit Geflügel im Umherziehen aufgehoben.
Stuttgart 13. Sept. (Strafkammer). Auf raffinierte Weise, wurde ein hiesiger Geschäftsmann von seiner früheren Ladnerin, der 22 Jahre alten Marie Fritz von Großingersheim um 1200 ^ geschädigt. Am 30. März kam sie in das Geschäft ihres früheren Prinzipals in der Absicht im Kontor ein Checformular zu entwenden. Zu diesem Zweck knüpfte sie mit der Ladnerin ein Gespräch an und ließ sich in das Kontor führen, wo sie während der kurzen Abwesenheit der Ladnerin ein Formular aus dem Checbuch herausriß. Das Formular Unterzeichnete sie sodann mit dem Namen des Geschäftsmanns und erhob damit auf der Gewerbekaffe 600 Weitere 300 ^ erhob sie am 15. Juni, nachdem sie sich auf ähnliche Weise ein zweites Formular verschafft. Am 17. Juli machte sie in dem Laden ihres früheren Prinzipals einen Einkauf. Während nun die Ladnerin den gewünschten Gegenstand im Magazin holte, ging sie in dar Kontor hinein und entwendete ein drittes Formular, mit dem sie weitere 300 ^ erhob. Die Strafkammer erkannte gegen sie wegen Diebstahls, Urkunden- fälschung und Betrugs aus 9 Monate Gefängnis. Ihr Liebhaber, der ledige Tapezier Fr. Schah von hier, erhielt wegen Hehlerei 4 Monate Gefängnis.
Stuttgart 13. Sept. (Strafkammer^ Der 3. Fall in der Angelegenheit des Wundarzt- Pfizenmaier von Untertürkheim wurde heute verhandelt. Unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit wurde eine Frau von Degerloch wegen versuchten Verbrechens gegen da« keimende Leben zu 1 Monat 15 Tagen Gefängnis verurteilt. Eine der Beihilfe angeklagte Privatiersehefrau wurde freigesprochen. -Ein weiterer Fall kommt am Montag zur Verhandlung.
LbonnemrntSpr. In d. Stadt pr. Viertel). DU. 1 .10 inel.rrügerl. Virrteljührl. dostdezugspreis ohne Befirüg. f. d. OrlS» u. Nachbar- ortsveickHr 1 Vtt.,f. d. sonst. VerkehrWk. 1.10, BesteLgelL L6 Pfg.
Aus dem Bezirk Tübingen 13. Sept. DieHopfenernte ist in vollem Gange. Einzelne Besitzer find schon mit der Pflücke fertig. Die Erträge find durchschnittlich der Menge nach noch befriedigend, der Güte nach find die Dolden recht lupulinreich. Die sonnenreichs Witterung ist für das Trockengeschäft sehr günstig. Die Preise bewegen sich zwischen 60—70 ^ per 50 kz.
Friedrichshafen 13. Sept. DieBlau- fe lchenfänge waren sommers über im Bodensee ganz unbedeutende. Seit einigen Tagen werden ergiebige Fänge gemacht. Ein Fischer fängt zur Zeit täglich 50—100 Stück. Infolgedessen sind die so sehr beliebten Tafelfische bedeutend billiger. Während der Saison kosteten Portionsfische je nach Größe 80 iZ bis 1,20 jetzt nur noch 65—85 iZ.
Vom Bodensee 12. Sept. Am 8. und 9. Sept. fand in Schaffhausen der diesjährige Schweizerische Städtetag statt,bei welchem hauptsächlich sozialpolitische Fragen zur Besprechung k-men. Die Tagung war aus 37 Schweizer Städten von 86 Delegierten besucht. Auf besondere Einladung nahm auch der Oberbürgermeister von Konstanz daran teil. Der Städtetag erklärte die Einführung einer Alters- und Jn- validitätsversicherung des städtischen Personals als Pflicht der Stadtverwaltungen, verlangte ferner eine Erleichterung der Schlachtvieheinfuhr, nahm gegen das Uebermaß der festlichen Veranstaltungen in der Schweiz Stellung und erkannte die Wichtigkeit der Wohnungsnot und -Baufrage an. Im einzelnen kam auch die Ferngasversorgung wie sie Schaffhausen besitzt, zur Besprechung.
Aus Baden 12. Sept. Vom Unterland wird ein hübsches Manövertdyll berichtet. Bei den in den letzten Tagen bei Mauer ab- gehaltenen Truppenübungen bemerkte eine auf
Gerettet!
Roman von Walter Schmidt-Häßler» Stuttgart.
(Fortsetzung.)
„Bist Du zufrieden?" lächelte das strahlende Mädchen zu ihm empor. „Sei nicht böse, schilt mich nicht heimlich — aber ich wußte selbst bis vor Kurzem nichts. Es kam so schnell — so plötzlich —"
„Wie die erste Schwalbe im Lenz!" fügte Heinrich hinzu, indem er Werners Hand faßte und sie herzlich drückte.
„Ich hätte Dir heute Abend noch alles gesagt," flüsterte Beate, „aber Papa Großmann kam uns zuvor und hat uns förmlich überrumpelt."
„Und das war gut so!" entgegnete Werner, „denn er hat den gordischen Knoten einfach zerhauen und all die tausend Zweifel, die hier auftauchten, durch ein kalt aooompli gelöst. — Seid glücklich?"
Und er bog Beates blondes Haar weit zurück, sah ihr tief in die leuchtenden Augen und küßte den glückselig lächelnden Mund.
Dann wandte er sich herzlich zu Heinrich, während Beate und Erika sich umarmten. — Werner ergriff Heinrich bei der Hand, Erika führte Beate, und so eilten sie in den fackelbeleuchteten Kreis, wo lautes, brausendes Hochrufen sie empfing, während zischend und goldglänzend die ersten Raketen und Leuchtkugeln zum vunklen Nachthimmel emporschoffen!
* »
Am folgenden Mittwoch begab sich Werner, wenn auch mit wenig angenehmen Gefühlen, zu Kurt nach Berlin. Dieser Besuch war ihm eine höchst unliebsame Unterbrechung seines Glückstaumelr, wie eine schrille Dissonanz in einer langen, harmonisch schönen Symphonie. —
Er lag in seiner Coupö-Ecke und träumte mit offenen Augen vor sich hin.
Draußen schlug der Regen an die Scheiben des Wagens. Schon
seit zwei Tagen war das Wetter unfreundlich und naßkalt, und auch die« drückte auf seine Stimmung und machte ihn verdrießlich. Er war absolut nicht in der Stimmung, heute unter Menschen zu gehen, noch dazu unter so gleichgiltige und wenig sympatische. Aber eine Absage hätte gar zu sehr nach Feigheit und bösem Gewissen ausgesehen, und deshalb hatte er sich mit aller Energie gewappnet, den heutigen Abend ruhig und gleichgiltig über sich ergehen zu lassen. Er lag mißmutig in den Kiffen, hörte den Regen draußen niederrauschen und blies den Rauch seiner Zigarre vor sich hin, indem er halb die Augen schloß und die Ereignisse der letzten Tage wie angenehme Schattenbilder an sich vorüber gleiten ließ.
Beate war verlobt, sein Liebling war glücklich ! — Das war das große, beruhigende Fazit seines Nachdenkens.
Am Tage nach ihrer Verlobung hatte er eine Unterredung mit Papa Großmann gehabt, in der sich die beiden prächtigen Menschen so recht eigentlich nach ihrem ganzen inneren Werte kennen und schätzen gelernt hatten. Der alte Herr hatte dem jungen Grafen mit dem nunmehrigen Recht des nahen Verwandten seine Hilfe in Bezug auf seine Geldkalamitäten angeboten, und Werner hatte diese Hilfe mit herzlichem Dank, aber mit fester Energie abgelehnt. Er hatte mit Vergnügen seine Einwilligung zu der Wahl seiner Schwester gegeben, aber mit aller Festigkeit den Termin ihrer Hochzeit für die Zeit festgesetzt, wo seine letzten Schulden gedeckt sein würden, also in ungefähr anderthalb Jahren. So sehr der alte Großmann sich auch dagegen gesträubt hatte, Werner war fest geblieben. Er wollte erst alle seine Verbindlichkeiten getilgt haben, bevor er mit Großmann« Familie in so nahe verwandschaftliche Beziehungen trat. Von Geldsachen sollte zwischen ihnen keine Rede mehr sein.
„Berlin! — Bahnhof Friedrichstraße!" — scholl es mitten in seine Träume hinein, blendender, elektrisches Licht, flutete in das halbdunkle Coupe, und die Tür flog auf.