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greiflich, daß man im In« und Ausland diesen Versuchen mit großer Spannung entgegensieht, da das Luftschiff des Grafen Zeppelin als einziger Vertreter des starren Systems gegen das nicht starre deutsche und das Halbstarre französische Motorluftschiff in Wettbewerb treten wird. Um nun über den Charakter der demnächst beginnenden Versuchsfahrten die richtige Anschauung zu ge« winnen, muß man sich vergegenwärtigen, daß, wie jede neu erfundene Maschine erst einer langen Reihe von Versuchen und Prüfungen unterzogen wird, ehe sie als vollendetes Werk der Oeffent« lichkeit übergeben werden kann, so auch das Luft­schiff des Grafen Zeppelin einer größeren Zahl von Uebungsfahrten bedarf, ehe der Erbauer sein Fahrzeug in der Verfassung haben wird, die seinen Wünschen entspricht und in der er es der Kritik überlassen kann. Die nächsten Fahrten werden also reine Uebungsfahrten sein, die lediglich den Zweck haben, den Erbauer mit seinem Fahrzeug und dessen Führung vertraut zu machen, das Personal einzuüben, die Motoren und einige Neuerungen zu prüfen, Geschwindigkeiten zu messen, Uebungen im Auf- und Absteigen ohne Ballast, werfen oder Ventilziehen vorzunehmen, die Schrau­ben auf die Zweckmäßigkeit ihres Durchmessers zu prüfen u. a. m. Zur Ausführung dieser Prüfungen werden nun kurze Fahrten unternommen werden, die vielleicht manchen, der in dieser Be­ziehung sofort etwas besonderes von den Fahrten des Grafen Zeppelin erwartet hatte, etwas ent­täuschen werden. Erst nach Abschluß dieser Uebungs- führten und nach Ausführung der etwa hiebei sich als notwendig erweisenden Aenderungen wird Graf Zeppelin ausgedehntere Fahrten unternehmen, um sein Fahrzeug auf weiteren Strecken zu erproben. Aus Vorstehendem dürfte hervor­gehen, daß es zweckmäßig sein wird, mit einer Kritik der Leistungen des Zeppelin'schen Luft­schiffes so lange zu warten, bis dar Fahrzeug seine Uebungsfahrten abgeschlossen haben wird, da vorher in keiner Weise ein Urteil über die Eigenschaft dieses Motorlustschiffes gewonnen werden kann.

München 12. Sept. Ein Unfall bei den bayrischen Korps-Manövern hat sich gestern an der österreichischen Grenze bei Selb in Oberfranken zugeiragen. Dort wurde eine Gruppe Zuschauer aus Böhmen von attackierender Kavallerie überrittcn, wobei mehrere Personen schwer verletzt wurden. Ein Knabe erhielt tätliche Verletzungen.

Bromberg 11. Sept. Der Urheber des Unglücks bei Strausberg ist immer noch nicht entdeckt. Es wurden Stimmen laut» die Ent­gleisung sei überhaupt nicht durch ein Verbrechen, sondern durchBetriebsbummelei" verschuldet worden. Besonders ein Reisender aus dem Un­glückszug verbreitet diese Auffassung. Dagegen teilt nun Eisenbahndirektionrpräsident Krüger- Bromberg derOstdeutschen Rundschau" mit, daß diese Darstellung des Fabrikbesitzers Leimbrock- Kopitz, das Unglück sei auf leichtsinnige Gleis- aurbesserung zurückzuführen, ganz unzutreffend sei. Das Gleis habe erst sechs Wochen vor dem Un­

fall neuen, schweren Oberbau erhalten und sei seitdem einwandsfrei befahren worden. Die Schienen seien unter sich und mit den Schwellen vorschriftsmäßig verbunden gewesen. Die losen Latten haben von dem alten Oberbau hergerührt.

Berlin. Aus Deutsch-Südwestafrika wird gemeldet: Von den Anhängern Moren gas haben sich 42 Männer, größtenteils Kriegsleute, mit 97 Weibern und Kindern, sowie 140 Stück Kleinvieh in Ukamas unterworfen. Sie werden in Warmbad interniert.

Berlin 11. Sept. In Bestätigung einer anderweitigen Meldung berichtet dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung": Wir haben kürzlich mit­geteilt, daß eine Deputation der deutschen Kolonie in Casablanca dem Staatssekretär des auswärtigen Amtes persönlich über den von den dortigen Deutschen erlittenen Schaden Bericht erstattet hat. Daraufhin wurde amtlich erwogen, ob es nötig sei, den durch das Bombardement und dessen Folgen geschädigten Deutschen Casablancas in Berücksichtigung der vorliegenden außergewöhnlichen Umstände ausnahmsweise durch Gewährung eines Vorschusses zu Hilfe zu kommen. Die deutschen Vertreter in Tanger und Casablanca wurden zum Bericht über die Lage der Geschädigten aufge­fordert und diese antworteten, daß der Fortbestand d.r dortigen Handelshäuser ohne sofortige Geld­hilfe in der Tat gefährdet sei. Der Reichskanzler hat nunmehr unterm 10. dr. entschieden, daß unter diesen Umständen aus der Reichskasse ein Vorschuß in Höhe von 250 000 ^ flüssig ge­macht werde vorbehaltlich der späteren Erstattung durch die dazu Verpflichteten und ebenso vorbe­haltlich der nachträglichen Genehmigung durch den Reichstag.

Berlin 12. Sept. Zu den Heirats- plänen der Gräfin Montignoso wird dem Lok.-Anz. von durchaus unterrichteter Seite ge­schrieben : Die Gräfin Montignoso befindet sich zur Zeit in der Nähe von London. Es steht ganz zweifelsfrei fest, daß ihre Anwesenheit in England keinen anderen Grund hat, als ihre Vermählung mit dem Italiener Toselli zu betreiben, wie sie auch schon die ersten Schritte hierzu getan hat. Wenn sich nunmehr das Bestreben geltend macht, diese Tatsache abzuleugnen, so ist demgegenüber feflzustellen, daß es ganz wohl begreiflich ist, wenn jener kleine Kreis von Freund und Freundinnen der ehemaligen Konprinzeffin alles versucht, um sie von diesem Schritt abzuhalten. Vielleicht wäre es aber doch das beste, daß der Fall Monti­gnoso auf diese Weise mit einem Male aus der Welt geschafft würde.

Berlin 11. Sept. Ein Liebesdrama auf der Eisenbahn hat sich heute Nacht beim Eintreffen des letzten Vorortzuges in Oranienburg ereignet. Die Beamten fanden in einem Coup« 2. Klasse den 26 Jahre alten Buchhalter Sieg­fried Roffow aus Berlin mit durchschossener Brust leblos auf. In der anderen Ecke des Coupes saß schluchzend mit dem geladenen Revolver in der Hand, ein Mädchen, das später als die 24jährige Martha K., ebenfalls aus Berlin festgestellt wurde.

Paris 11. Sept. Den letzten Meldungen aus Casablanca zufolge ist General Drude wieder vollständig hergestellt. Der General hat eine Schwadron Kavallerie, welche ihm von der französischen Regierung zur Verfügung gestellt wurde, abgelehnt.

Paris 12. Sept. General Drude griff gestern das marokkanische Lager bei Taddert an, welches vollständig zerstört und verbrannt wurde. Die marokkanischen Verluste waren ungeheuer. Die Franzosen hatten einen Toten und mehrere Ver­wundete. Der Kreuzer Gloire beteiligte sich an der Beschießung.

Petersburg 11. Sept. In Odessa wurde in der Nacht zum Sonntag in der Nähe des Bahnhofes von Angehörigen des Verbandes echt russischer Leute eine jüdische Familie be­raubt und barbarisch behandelt. Die alte Mutter wurde erschlagen, alle Mtglieder der Familie auf offener Straße gefoltert, sodaß alle infolge der erlittenen Verletzungen ins Hospital gebracht werden mußten.

London 11. Sept. Das neue Militär- Luftschiff machte gestern seinen ersten Auf- stieg. Nach Ausführung einer Reihe von Uebungen standen die Schrauben wegen eines geplatzten Treibriemens plötzlich still, sodaß die Uebungsfahrt abgebrochen werden mußte Die Behörden find mit dem ersten Resultat durchaus zufrieden, da die leichte Lenkbarkeit des Luftschiffes bewiesen worden ist.

San Sebastian 11. Sept. Der König von Spanien unterzog sich heute vormittag einer Operation zum Zweck der Erweiterung der Nasen­zugänge. Die Operation glückte vollständig. Das Befinden des Königs ist sehr befriedigend. Ministerpräsident Maura, sowie der Palastchef, Herzog von Sotomayor, waren anwesend.

Vermischtes.

Die Taler außer Kurs. Am 1. Oktober werden die Eintalerstücke deutschen Gepräges außer Kurs gesetzt werden. Sie gelten nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel. Es ist also von genanntem Zeitpunkt ab niemand als die mit dem Einzug beauftragten Kassen ver­pflichtet» diese Geldstücke in Zahlung zu nehmen.

Gottesdienste.

16. Koantag «ach Hriuit., 15. Sept. Vom Turm 353. Kirchenchor: Herr Jesu Christ, meines Lebens Licht rc. Predigtlied 359: Mein alles, waS ich liebe rc. 9>/- Uhr: Vorm.-Predigt, Dekan RooS. 1 Uhr: Christenlehre für die Söhne. 2 Uhr: Bezirkskonferenz der Jünglingsvereine im VereinS- hauS.

Das Opfer ist vormittags für die Basler Mission, nachmittags für die Jünglingsvereinssache bestimmt.

A»«nersta-, 19. Sept. 8 Uhr abends: Bibelstunde, Dekan Roos.

ZUlertag Matthäi, 21. Sept. 9hs Uhr: Predigt und Beichte im Vereinshaus, Stadtpfarrer Schund.

Amtliche und Privatanzeigen.

Vergebung von Vnuarbeiten.

Zu dem Kirchen- und PfarrhauSneuba« der evang. Kirchengemeinde zu Holzbron«, OA. Calw, sollen nachstehende Bauarbeiten im Submissions­wege vergeben werden:

I. Schreinerarbeiten (4 Lose) im Betrage von ca. 6100.

U. Glaserarbeiten 1250.

HI. Sch'.osserarbeiten °^. 1000.

Kostenvoranschläge und Pläne liegen auf dem Baubureau des Unter­zeichneten im Rathause zu Holzbronn von Freitag, den 13. Sept., bis Donners­tag, den 19. Sept., zur Einsicht auf.

Angebote in Prozenten ausgedrückt und mit der entsprechenden Aufschrift versehen, sind

bis IS. Sept., nachmittags 3 Uhr,

daselbst abzugeben, worauf dann die Eröffnung der Angebote öffentlich stattfindet.

Den Angeboten sind Fähigkeits- und Vermögenszeugnisse neuesten Datums beizufügen.

Die Bauherrschaft behält sich die Zuschlagserteilung vor.

Holzbronn, den 12. September 1907.

Die örtl. Bauleitung:

Pfarrverw. Brecht. V. Osterwald, Bauwerkmstr.

Wildberg OA. Nagold.

An dem am Samstag, 21. dS. Mts., hier stattfindenden

Weh- und Krämermarkt

wird Heuer wieder der

Schäferlauf

abgehalten und ergeht hiemit freundliche Einladung zum Besuch desselben. Nach dem Wettlauf der verheirateten und ledigen Schäfer (I. Preis je 1 Hammel) findet der Wettlauf der Schäferinnen statt; diesem schließen sich noch an: Wassertragen, Sacklaufen, Mastklettern. Zum Wettlauf zugelassen werden nur solche, die sich am Festzug beteiligt und in früheren Jahren den ersten Preis nicht erhalten haben.

Die Ausstellung des Festzuges, a« dem sich auch der Verein zur Erhaltung der VollStrachteu in Schwaden beteiligen wird, erfolgt um 12 Uhr vor dem Rathaus.

Die Verpachtung der Krämerstände wird am Freitag, 20. September, nachmittags 6 Uhr, und die aller übrigen Standplätze am Samstag, 21. September, morgens 8 Uhr, beim Rathaus vorgenommen, wozu Liebhaber eingeladen werden.

Stadlpflege: Fr au er.