685
und begab sich direkt zur Werft, wo Stationschef VizS'Admiral von Aalefeldt und der Festungs- Kommandant zur Meldung erschien. Nach kurzer Begrüßung fuhr der Kaiser nebst Gefolge durch den Hafen an Bord der Hohenzollern, die bereits in der Kammerschleuse lag. Da« Hissen der Kaiser-Standarte wurde mit Salut begrüßt. Um 8 Uhr ging die Hohenzollern begleitet vom Sleipner in See unter dem Salut der Batterie Heppens. In der Parade stehen 112 Schiffe mit 19 598 Mann Besatzung und 1824 Geschützen. Sämtliche Schiffe hatten über dem Topp geflaggt. Der Kaiser durchfuhr die Schiffsreihen nachdem dis Torpedoboots-Flottille Aufstellung genommen hatte. Nach der Parade fanden taktische Uebungen statt. Die See ist ziemlich unruhig, sodaß ein Vergnügungsdampfer mit 500 Paffagieren deshalb umkehren mußte.
(Aus der Reichshauptstabt.) Der Generalsekretär der Church Arwy in London, einer Organisation, die wie die Heilsarmee, sich mit praktischer Sozialreform und Wohltätigkeitspflege befaßt, hat sich vor einiger Zeit an Kaiser Wilhelm mit einer Eingabe des Inhalts gewandt, den Hauptmann von Köpenick zu begnadigen. Das Gesuch wurde auf dem Instanzenweg seitens des kaiserl. Zivilkabinetts an das Justizministerium zur Begutachtung gegeben. Der Justizminister hat nunmehr dem Bittsteller Mitteilen lassen, daß er keinen Anlaß finde, die Haftentlassung Voigts zu verfügen bezw. seine Begnadigung beim Kaiser zu befürworten.
Aus der Schweiz 2. Sept. Nachdem die Bundesbahnen zwecks elektrischen Betriebs der Gotthardtbahn sich auf der Südseite die nötigen Wasserkräfte vertraglich gesichert haben, ist diese Sicherung jetzt auch auf der Nordseite durch eine Vereinbarung mit dem Kanton Uri getroffen worden; darnach stehen den Bundesbahnen auf der Nordseite jetzt 25 000 Pferdekräfte zur Verfügung; auf der Südseite besitzen sie schon 30 000, so daß insgesamt über 50 000 Pferde- kräfts vorhanden sind. Um die erworbenen Kräfte nicht länger brach liegen zu lasten, war nutzlose Kosten verursacht, wird die Bundesbahnverwaltung sich jetzt wohl über die Einführung des elektrischen Betriebs auf der zu verstaatlichenden Bahn bald schlüssig werden müssen.
Paris 3. Sept. Der „Matin" meldet aus Casablanca: Die Ankunft mehrerer neuer
Stämme vor der Stadt sei angekündigt. Er handle sich um die Stämme der Zaers und Thallas aus der Umgebung von Rabat, welche 12 alte Geschütze mit sich führen. Die Franzosen werden das Eintreffen Muley Hafids nicht abwarten, da sie befürchten, daß bis dahin den Marokkanern neue Verstärkungen zugehen werden.
Rom 2. Sept. Bei dem gestrigen Automobilrennen in Brescia um den Florio- Pokal siegte Minoia auf einem Jsotta-Fraschini- Wagen gegen Hemery und Henriot, die deutsche Benz-Wagen steuerten. Schwere Unfälle ereigneten sich bei dem Rennen. Baron de Martina wurde infolge Bruches der Steuerung gegen eine Steinmauer geschleudert und war sofort tot. Der Engländer Durlach stürzte mit dem Wagen und erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Verdeutsche Fahrer Hyronimus wurde mit gebrochenem Nasenbein vom Platze getragen.
Brüssel 3. Sept. In später Abendstunde begann seitens der Ausständigen in Antwerpen ein abermaliges Revolver- und Steinwurfsgefecht gegen die Gelben. Eine Schiffersfrart wurde schwer verwundet. Aus einem Möbelwagen, der zum Transport der Engländer diente, wurden l tztere verjagt und der Wagen, nachdem die Pferde ausgespannt waren, ins Wasser geworfen. Tausende warteten am Bahnhofe auf die Ankunft von 250 Deutschen mit der Absicht, über sie herzufallen. Die ganze Polizei war dort auf den Beinen. Ein Wolkenbruch verjagte die Tumultuanten, die auf den Quais auf die Deutschen warteten. Letztere erklärten, man habe sie hinters Ltcht geführt und sie würden heute wieder abreisen, worauf die Streikenden ihnen Ovationen brachten.
Petersburg 3. Sept. Der Aufenthalt des Zarenpaares in den finnischen Schären wird drei Wochen dauern. Zum Sicherheitsdienst für die Standard ist gestern eine besondere Torpedoboots-Division in Björkö eingetroffen. — Die Dauer der Reise des Ministers des Asußern, Jswolski ist auf über 4 Wochen veranschlagt. Nach Berlin wird der Minister Paris und London, hierauf Wien und Rom besuchen. — Der Reise des Gsneral Adjutanten Sarubajew nach Sibirien und dem ferneren Osten zur Inspektion der dort liegenden russischen Truppen wird in militärischen Kreisen große Bedeutung beigelegt.
Windhuk 2. Sept. Nach einem Telegramm des Gouverneurs v. Schuckmann aus
Windhuk vom 31. Aug. haben 70 bei Moren ga befindliche Bondels um Aufnahme in das mit denBondels imDezember 1906 geschlossene Unterwerfungs-Abkommen gebeten. Um Morenga seine Kräfte zu entziehen, sind Verhandlungen eingeleitet. Morenga selbst befindet sich bisher abwartend auf englischem Gebiet.
Vermischtes.
Ein degradierter Polizist. Aus New-Aork wird berichtet: Einem seltenen Schauspiel konnte man dieser Tage im Hofe des Polizeigebäudes beiwohnen-, öffentlich, in Anwesenheit all seiner Kollegen wurde der Polizist Stephen Walsh schimpflich degradiert. Er hatte sich der Feigheit schuldig gemacht und in Sorge um die eigene Sicherheit seine Pflicht verletzt. Anstatt einen bewaffneten Menschen aufzuhalten, der wütend hinter zwei anderen herlief, um die beiden Flüchtenden zu ermorden, machte auch Walsh sich seinerseits schleunigst aus dem Staube, und die beiden anderen wurden getötet. Eine ansehnliche Menge hatte sich zusammengefunden um dem SchausptelderDegradation eines Polizeibeamtsn beizuwohnen. Der Inspektor teilte ihm seine schimpfliche Entlassung mit, riß ihm dann die Knöpfe vom Waffenrock und die Litzen von seinem Mantel. Dann erfolgte eine Ansprache an die versammelten Beamten, in der sie darauf hin- gewiesen wurden, daß jede Feigheit eine gleich schimpfliche Strafe erfahren würde und daß es die Aufgabe des Polizisten sei, in seinem Amt ein Muster von Tapferkeit und Unerschrockenheit zu sein. Schließlich wurde Walsh davongejagt.
Reklameteil.
-
2 u Kaden bei ttsrmsnn Haussier, Lonciitorei.
Amtliche Md Prisatanzeigen. Aichelberg.
Srn S. September findet die
statt. Der Festzug geht präzis V2II Uhr vom Rathaus ab, der Festgotkrsdienst schließt fich unmittelbar an. Beginn des Nachmittagsgoltesdirnstrs V2-4 Uhr.
Der KirchengemeinderaL.
Handwerkskammer Reutlingen.
OewerbkieNe Aaöwerftimäige.
Zum Zwecke der außergerichtlichen Erledigung von Streitigkeiten in gewerblichen Angelegenheiten, insbesondere über Feststellung und Begutachtung des Umfanges, der Güte und des Wertes gewerblicher Leistungen und Erzeugnisse, hat die Handwerkskammer für die meisten Berufe Sachverständige bestellt, die vom zuständigen K. Amtsgericht allgemein beeidigt wurden.
Wir bringen diese Einrichtung zur öffentlichen Kenntnis mit dem Anfügen, daß die Handwerkskammer durch die erwähnten Sachverständigen Gutachten in Streitigkeiten der genannten Art an Jedermann gegen Ersatz der Selbstkosten abgibt und ersuchen zur Vermeidung von kostspieligen Prozessen, eintretendenfalls von der gebotenen Möglichkeit Gebrauch zu machen.
Anträge auf Erstattung von Gutachten sind der Handwerkskammer schriftlich einzureichen oder im Bureau derselben zu Protokoll zu geben. Dabei sind der Streitgegenstand, der Streitwert und die zu begutachtenden Fragen genau zu bezeichnen, auch anzugeben, wo und wann die in Betracht kommenden Objekte von drm Sachverständigen ev. in Augenschein genommen werden können.
Die näheren Vorschriften über die Einrichtung des Sachverständigeninstituts werden auf Wunsch an Jedermann portofrei verabfolgt.
Reutlingen, den 3. September 1907.
Chr. Fr. Fischte. H. Freytag.
Das Sammeln von Feldflüchter»
(Hagenbutten, Schlehen u. s. w.) durch Auswärtige auf der hiesigen Gemeindemarkung ist verboten.
Weil der Stadt, 2. Sept. 1907. Stadtschultheißenamt. A.-V.: Speidel.
Hirsau.
Zm Vollstreckungswege
verkaufe ich am 10. ds. Mts., vor- mittaas 9 Ubr:
,1 vollständiges Bett mit Bettlade, 1 runder Tisch, 4 neue Sessel und 1 Fußschemel, 2 Särge, 4 Mostfässer, 1 Trichter- küvel, 1 altes Schwungrad, 1 Kiste mit gebrauchten Flasche«, 8 Hühner und 1 Hahn gegen Barzahlung, wozu Liebhaber eiu- geladen werden.
Zusammenkunft beim Rathaus.
Gerichtsvollzieher Schumacher.
Emberg.
Zm Vollstreckungswege
verkaufe ich am Montag, den S. Sept. 1907, vormittags 9 Uhr, gegen Barzahlung folgende Gegenstände:
1 Sopha, 1 Faß mit ungefähr 200 Lit. Obstmost, 1 Güllen- wägele, einige Wagen Dang, 30 Ztr. Heu, ungefähr 3 Morgen Oehmdgras.
Zusammenkunft bei der Widmaier'- schen Sägmühle im Teinachtal.
Gerichtsvollzieher Keppler.
Zu vermieten
auf 1. Oktober ds. Js.
1. eine kleinere Wohnung im früher
Eppinger'schen Haus auf dem Marktplatz,
2. ein größerer gewölbter Keller im
Hintergebäude der ehem. Kanne und auf 1. Januar 1998:
3. das bisherige Kassenzimmer der Oberamtssparkasse im Ergeschoß der früheren Kanne in der Salzgasse.
Liebhaber wollen sich an die unter;. Stelle wenden.
Calw, 4. Sept. 1907.
Stadtpflege: Dreher.
Gechingen OA. Calw.
Mildihen Gkslilh.
Per 1. Okt. suche ich ein kräftiges Mädchen für sämtliche Hausarbeiten und Beihilfe im Laden.
Frau Kaltenmark Wwe.
Mädchen gesucht
nach Stuttgart, welches schon gedient hat und auch etwas kochen kann, sogleich oder auf 1. Oktober.
Näheres bei Frau Gottl. Weil, Liebenzell. _
Ordentliches Mädchen
gesucht auf Ende September nach Stuttgart bet gutem Lohn zu älterem Ehepaar.
Frau Privatier Jaritz, z. Zt. in Hirsau, Villa Hötsch.