^ 141.
Amts- unkt ÄMigeblatt für den Sezirk Calw.
82. Jahrgang.
Donnerstag, den 5. September 1907.
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Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortsbehörden
welche mit Erledigung des oberamtlichen Erlasses vom 8. Juli 1907 — Wochenblatt Nr. 108 — noch im Rückstand sind, werden beauftragt, die verlangten Ausstands-Berichte unverjüglich hieher vorzulegen.
Calw, 3. September 1907.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann, A.-V.
Tagesueuigkeiteu.
Calw. Am letzten Samstag Abend bewegte sich vom Brühl durch die Lederstraße und Badstraße zum Teuchelweg ein imposanter Fackelzug, veranstaltet von den Schülern der Separatkurse A und L und des Musterkontors der hies. Höheren Handelsschule. Die Ovation galt Herrn Handelslehrer Zügel, welcher die Handelsschule demnächst verlassen wird und, wie man hört, ein eigenes Institut gründen wird. Die Ehrung, welche dem Scheidenden zu Teil wurde, fand eine Fortsetzung durch ein gemütliches Zusammensein von Schülern und Lehrern der Handelsschule in der Brauerei Dreiß. Herr Zügel hat in den 4 Jahren seines Hierseins sich nicht nur die Zuneigung und Achtung seiner Schüler, sondern auch viele Freunde in Kreisen der Einwohnerschaft erworben und sein Scheiden wird daher lebhaft bedauert.
Calw 4. Sept. Wie aus dem Anzeigeteil unserer heutigen Nummer ersichtlich ist, hat die Handwerkskammer Reutlingen gewerbl. Sachverständige bestellt, welche von den Gerichten beeidigt, auf Wunsch Gutachten in gewerblichen Streitigkeiten abgeben. Die Einrichtung, die ln erster Linie dazu dienen soll, unnötige und
langwierige Prozesse zu verhüten, ist zweifellos zu begrüßen; sie kann nicht nur von Handwerkern sondern auch von jeder andern Person, ins- besondere von dem kaufenden oder bauenden Publikum dann in Anspruch genommen werden, wenn eine Forderung als zu hoch oder eine Arbeit als minderwertig betrachtet wird. Andererseits erhält der selbständige Handwerker die Möglichkeit, bei Streitigkeiten mit seinen Abnehmern vor Betreten des Gerichtsweges sich durch ein unparteiisches Gutachten über die Berechtigung seiner Forderung zu versichern. Die Handwerkskammer ist übrigens nach den aufgestellten Bestimmungen auch bereit, in geeigneten Fällen ein schiedsgerichtliches Verfahren im Anschluß an das neue Sachverständigeninstitut ein- zuleiten. Gerade der letzte Weg, der auch anderwärts der raschen und billigen Erledigung halber sich in weiten Kreisen beliebt gemacht hat, kann zur Entscheivung von Streitigkeiten in gewerblichen Angelegenheiten besonders empfohlen werden.
Darmsheim 31. Aug. Daß auch außerhalb des engeren Vaterlandes für unsere durch da« Brandunglück schwer betroffene Ge- meinde warmes Mitgefühl und werktätige Teilnahme zu finden ist, beweist u. a. das erfreuliche Beispiel der Stadt Leipzig, welche kürzlich den Abgebrannten die schöne Summe von 1000 ^ gespendet hat. Heute erschien auch Stadtschult- heiß Eberhart von Binsdorf OA. Sulz auf der Brandstätte, drückte die Teilnahme seiner i. I. 1904 ebenfalls durch schweres Brandunglück heimgesuchten Gemeinde aus und übergab zugleich als Gabe der Gemeinde für die Abgebrannten die Summe von 300 Ebenfalls recht wohltuend berührt hat die Ueberweisung von 150 ^ aus der Kasse des Hilfskomitees für die Abgebrannten dieser Gemeinde. Außerdem sind von vielen
Seiten in dankenswerter Weise bereits reichliche, zum Teil recht nahmhafte Beiträge gespendet worden, so daß fich die eingegangenen Gaben an Geld bis jetzt auf rund 19 000 ^ belaufen. Doch bleibt bei der Größe des Unglücks der allgemeinen Wohltätigkeit noch ein weites Feld zur Betätigung offen. (St.-Anz.)
Darmsheim 2. Sept. Die vom Internationalen Sozialistenkongreß für die Abgebrannten bewilligte Summe von 500 Frcr. ist an das Hilfskomitee abgeliefert worden. Ein an den Absender der Summe gerichtetes Dankschreiben des Vorsitzenden des Komitees, Herrn Amtmann Schlecht, spricht die Bitte aus, den herzlichen Dank für die reiche Spende an maßgebender Stelle zum Ausdruck zu bringen mit der Versicherung, „daß das vom Internationalen Kongreß für die durch das Brandunglück schwer getroffene Gemeinde bekundete und betätigte Mitgefühl überall wohltuendst berührt hat".
Stuttgart. In der Maschinenfabrik Hild u. Metzger in der Vorstadt Berg ist Sonntag nacht in der Sägerei Feuer auege- brachen, das in kurzer Zeit einen mit Holzvorräten und Maschinen angefüllten Holzschuppen einäscherte und einen Schaden von 50000 ^ anrichtete. Die anliegenden Wohn- und Fabrikgebäude konnten gerettet werden. Man vermutet Brandstiftung.
Ludwigrburg 1. Sept. Vor dem geschmückten Kriegerdenkmal auf dem alten Friedhof fand heute Vormittag zum Gedächtnis der Schlacht von Sedan eine schlichte Totenfeier statt. Unter dem Geläute der Glocken bewegten sich die militärischen Vereine von hier und den Vororten, sowie die freiw. Sanitätskolonne zum Friedhof, wo der Zug von Abordnungen der
Gerettet!
Roman von Walter Schmidt-Hätzler, Stuttgart.
(Fortsetzung.)
In Ihrem Zimmer öffnete Beate mit klopfendem Herzen das Kuvert, drückte sich behaglich in die Ecke des geblümten Sofas, über dem das Bild ihrer verstorbenen Mutter hing, und begann mit glühenden Wangen zu lesen. Alles war still um sie her, friedlich still. Das breite Erkerfenster stand offen, weich und wohlig zog die balsamische Luft des jungen Frühlings- morgens herein, wie der Atem der Liebe in ein weitgeöffnetes Menschenherz; ein breiter Sonnenstrahl flutete ungehindert mitten durchs Zimmer, und nichts unterbrach die fast weihevolle Stille, als weit, weit draußen das ferne Jubilieren einer Lerche, die über den Feldern zum Himmel emporstieg!
Heinrich schrieb ihr von allen seinen Bestrebungen, all seinen Arbeiten; sein ganzes gesättigtes Glückrgefühl über die mit Genehmigung der Eltern veränderte Wahl seines Berufes atmete aus jeder Zeile, und daneben die warme, fast kindliche Dankbarkeit gegen Werner, den er wie eine Art Halbgott verehrte. Werners Name stand auf jeder Seite, alles Schöne, was der junge Poet erreichte, brachte er mit demjenigen in Verbindung, der ihm zuerst den Weg in die ersehnte neue Welt gebahnt hatte. Er schrieb Beate, daß er, ermutigt durch die ersten großen Erfolge, jetzt mit Feuereifer an einer neuen Arbeit schaffe, zu deren Ideal und Heldin er sie gemacht, deren Bild Tag und Nacht vor ihm stehe in greifbarer Deutlichkeit. In einigen Tagen komme er nach Rommelsdorf, und bei dem kleinen Waldfeste, das die Eltern zur Feier seiner Ankunft geplant, gedenke er eine Stunde zu finden, Beate alles zu sagen, was er zu zaghaft sei, dem Papiere anzuvertrauen.
Nachdem das junge Mädchen den Brief zweimal durchgelesen hatte, verschloß sie ihn sorgfältig in ihren kleinen Schreibtisch, trat dann mit
glückselig lächelnden Lippen vor das Bild ihrer Mutter, über das der Sonnenschein leuchtete, und blickte lange in die schönen, ernsten Augen der geliebten Frau. Dann stieg sie die Treppen hinunter, trällernd wie ein lustige» Waldvögelchen, und eilte ins Wohnzimmer, wo sie Werner bereits vorfand.
„Eben war der Franz hier von Rommelrdorf," sagte er zu der Eintretenden, „und brachte für uns beide eine Einladung zum nächsten Mittwoch. Ich war so voreilig, für uns beide zuzusagen I"
„Glaubst Du vielleicht, ich hätte Nein gesagt?" entgegnete Beate. „Großmanns sind Menschen, zu denen es mich vom ersten Augenblick an hingezogen hat, so bieder, so ohne Falsch, daß Einem in ihrer Gegenwart das Herz aufgehen muß. Und wie lieb sie Dich haben, Werner, das weiß nur ich."
„Ich weiß es auch, Kind, glaube mir's, und weiß diese ehrlichen Gefühle nach ihrem vollen Werte zu schätzen. — ^ xroxos. Was sagst Du denn zu meinem Protegee, meinem Freunde Heinrich? Ich habe ja viel Vertrauen zu ihm gehabt, sonst hätte ich mich nicht so energisch mit der Sache befaßt, aber daß er solche Erfolge auszuweisen haben würde, hätte ich doch nicht für möglich gehalten. Paß' auf, der bringt'- zu etwas."
„Und das verdankt er Dir! Denn ohne Dich wäre der schüchterne Mensch doch nie in seinem Leben an die Oeffentlichkeit getreten. Aber es muß doch auch für Dich ein stolzes und erhebendes Gefühl sein, so mit Erfolg in ein hoffnungsvolles Menschenleben eingegriffen zu haben!"
„Ist es auch! Ich werde mich überhaupt nächstes nur zum Talentendrücker aurbilden und mir dann Prozente zahlen lassen! Was meinst Du, was das für ein gute» Geschäft wäre?"
„Wenn alle Entdeckten so viel halten wie dieser Erste!" sagte Beate und fuhr dann nach einer kleinen Pause fort: „Hast Du längere Zeit nichts von ihm gehört?"
„O doch! Jedesmal, wenn ich in Berlin bin, sehe ich ihn. Sobald meine Geschäfte erledigt find, treffen wir uns gewöhnlich zu Dreien, er,