Dvr nerslag den 16. September 1887

Der EnztAer

85. Jahrgang Nr. 215

FeWAe Eröffnung des StaatSlheater-

Iuhiläums

Ligenderlcbt der b!8-?res.'io

1^. G. Stuttgart, 15. September. Von den Häusern des württembergischen Staatsthea­ters in Stuttgart wehen festliche Fahnen und eine freudig gestimmte Menge füllte am Mittwochabend den geschmackvoll gezier­ten Raum des Großen Hauses, in dem der Festakt zur 25-Jahrfeier der Ein­weihung des Großen und Kleinen Hau­ses stattsand. Er croffnete eine Reihe künst­lerisch bedeutungsvoller Festaufführungen, die in den nächsten Tagen folgen.

Webers Vorspiel zuEuryanthe" vom Staatstheaterorchester unter Leitung von Generalmusikdirektor Herbert Albert mit feuriger Bewegtheit gespielt, eröffnete den festlichen Abend. Eindrucksvoll gestalteten Emil Heß als Theaterdirektor, Roderich Arndt in ausgezeichneter Goethemaske als Dichter und Walter Zickler als Luftige Per­son GoethesVorspiel auf dem Theater" aus Faust l. in dem all das dichterisch aus­gesprochen ist, was den Dichter, den Theater­leiter, den Darsteller und den Zuschauer an Wrenschen und Aufgaben bewegt.

Generalintendant Gustav De Harde be­grüßte in seiner Ansprache Reichsstatthalter Gauleiter Murr, Ministerpräsident Mergen- thaler und Oberbürgermeister Dr. Strölin sowie alle Teilnehmer der Festveranstaltung, oie Mitglieder des Königlichen Hauses, die Ehrenmitglieder der Staatstheater und die 89 Jubiläre der beiden Häuser, welche das Werk mitgestalten halfen, nicht zuletzt auch die Witwe des Erbauers der beiden Theater, Frau Littmann. Mit Worten ehrenden Dankes ge­dachte der Redner des Generalintendanten Baron zu Putlitz, dessen wcuschauender Künst- lersinn nach dem Brande von 1902 die beiden vorbildlichen neuen Häuser förderte. Er hat sich damit ein unvergängliches Denkmal gesetzt. Mein Ziel ist" so betonte Generalinten­dant Dehardedas weiter zu bauen und zu vertiefen, was aus langer Tradition hier Wirk­lichkeit geworden ist ein großes deutsches Theater zu letzter künstlerischer Geschlossenheit und Einheit zu führen, dieses Theater mit dem Gedankengut der neuen Zeit zu durchdringen und ihm in seiner künstlerischen und geistigen Bedeutung einen unverlierbaren Platz im deutschen Kulturleben zu sichern."

An seine Gefolgschaft sowie an die Oef- fentlichkeit richtete er die eindringliche Bitte, au der Erreichung dieses Zieles mitzu­arbeiten.

Ministerpräsident Kulkminister Mergenlhaler

erinnerte in seiner Ansprache an die große Vergangenheit der Württ. Staatstheater, an die reichbewegte Baugeschichte von dem Neuen Lusthaus" und späteren Hoftheater, das 1902 einem Brand zum Opfer siel, über die Zwischenlösung desJnterimstheaters" bis zur endlichen Neugestaltung der beiden im Jahre 1Sl2 vollendeten heute stehenden Häuser, die zu den modernsten deutschen Theaterbautcn zählen. Bedeutende Künstler haben an der Tradition dieser Häuser ge­arbeitet. Weitgespannt ist die geistige Stam­mesgrundlage, aus der sie beruht. Mit Stolz blicken wir aus die Reihe großer Dichter und Philosophen und Forscher, welche aus schwäbischem Stamm entsprossen sind. Von Silchers Volksweisen bis zu Schillers hero­ischem Gedankcnflug und Hölderlins erhabe­ner Geistesgröße reicht der schwäbische Geist, lind den Dichtern und Denkern gesellen sich List, Daimler und Zeppelin als Männer der Tat. Sv wollen auch wir nicht nur ein ein­seitiges Volk von Dichtern und Denkern, sondern auch ein Volk von Arbeitern, Bauern und Soldaten sein und unser Le­bensrecht aus dieser Welt bis zum letzten be­haupten. Aus dieser Haltung heraus ent­stand auch das Werk, dessen Jubiläum wir heute begehen.

Es war gewiß nicht leicht, die für damalige Verhältnisse sehr hohe Summe von 7,5 Millionen NM, auszubringcn, und wir genü­

gen einer großen Dankespslichr, wenn wir dabei des kunstsinnigen Königs gedenken, des­sen Persönliche Hilfsbereitschaft und Einsatz- sreudigkeit das Zustandekommen dieses Wer­kes ermöglichte. Hohe Ehrung verdient aber vor allem der geniale Erbauer Geheimrat Prof. Littmann. Diese Tradition verpflichtet und der württembergische Staat wird stets bereit sein, das an äußeren Mitteln zu ge­währen, was'als Grundlage künstlerischer Arbeit notwendig ist. Tie nationalsoziali­stische Staatsführung sieht cs als ihre Pflicht an, Kulturwerte dem ganzen Volk zugänglich zu machen. Der Vorwurf, daß der National­sozialismus zu wenig sür die Kultur tut, trifft uns nicht, und wer einmal vor den neuen Bauten in München oder Nürnberg stand und setzt während des Neichspartei- tages die ergreifenden Feierstunden der Be­wegung, diesen Gottesdienst der Nation, mit­erlebte. der weiß, daß bereits ein neuer künst­lerischer Stil Gestalt zu werden beginnt. In diesen Sinnbildern wird spürbar, daß unsere Bewegung etwas ungeheuer Großes will. Die Kunst, die wir wollen, muß volkstümlich, das heißt artgemätz und weltanschaulich gegrün­det sein. Unsere Staatstheater sollen der ern­sten wie der heiteren Muse dienen. Die Pflege unsterblicher Dichterwerke und die Förderung junger Künstler der Gegenwart sind die beiden Hauptaufgaben, die der neuen Theaterleitung gestellt sind. Wir haben das Vertrauen zu Generalintendant Deharde und Generalmusikdirektor Albert, daß sie diese verantwortungsvolle Aufgabe erfüllen wer­den. Der Künstler hat ja heute das Glück, in Adolf Hitler einen zielsicheren Führer zu besitzen, der nicht nur ein großer Politiker, sondern auch ein Führer zur neuen deutschen Kunst ist. Ihm soll deshalb auch unser Ge­denken gelten.

Nachdem das Sieg-Heil auf den Führer und die Hymnen verklungen waren, klang der Festabend aus mit dem Vorspiel zu WagnersMeistersingern" und einer mitrei­ßenden Darstellung des 3. AktesFestwiese", die begeisterten Beifall auslöste.

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Stuttgart, 15. September

Eine kleine Stadt des schassenden Handwerks wird in der neuen Sch waben Halle auf­gebaut. Alle Gebiete des heimischen Handwerks werden dort m lebendigen Bildern in Erscheinung treten. Der weite Nanm der Schwabenhalle wird erfüllt sein von wcrlfrohem Treiben. Da steht der Schmied am Amboß, der Töpfer sitzt an der Drehscheibe, der Bäcker werkt am Backtrog, Uhr­macher und Goldschmied zeigen ihre kunstvolle Feinarbeit. Eine Schlosserwerkstätte ist aufgebaut, ein Automechaniker zeigt seine Arbeit und ein Drechsler beweist seine Kunstfertigkeit. Die, An­gehörigen der Nohbanberufe sind ebenfalls vertre­ten. Die Maurer, die Gipser, die Ofensetzer, die Plattenlegcr. Die Zimmerer zeigen eine werk­gerecht ausgesührte Treppe, die Schornsteinfeger ihr eigenes Werkstück. Auch eine große Möbel­schau ist einbegriffen. Und wer nach dem Nnnd- gang durch diese Handwerkerstadt Lust zu einer Tasse Kaffee, zu einem Glas Wein hat. der wird ebenfalls gut bedient werden. Diese große Ge- werbcfchau wird am ersten Bolkssesttag feierlich eröffnet.

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meldet

Die Deutsche Akademie sür Städtebau. NeichZ- und Landesplanung, wird vom 21. bis 23. Ok- tober in Stuttgart ihre Neichstagung abhallen.

Zwei tödliche Verkchrsunfäkle

In zwei Tagen ereigneten sich zwei töd- liche Unfälle, die zur Vorsicht beim Ueber- sch^sten der Straßen mahnen. Am Dienstag­abend wurde eine 56jährige Frau von einem Motorradfahrer, der ein Auto überholen wollte, überfahren und so schwer verletzt, daß sie aus dem Transport ins Krankenhaus starb. Der 19 Jahre alte Motorradfahrer wurde festgenommen. Am Mittwoch wurde ein 20jähriges Mädchen, das einem Wagen ansgewichen war, von einem andern angcsahren und über die Straße ge­schleudert. Die Verletzungen des Mädchens führ­ten den sofortigen Tod herbei.

25 MM

GtsttMter StimIMatll

Von. iv.'iltee Rio ei»

18121916 Dramaturg der ebein. Kgl. IVürit.

Ilottlieater

Wir entnehmen die nachfolgende Darstellung tem von Dr. Heinz Müller-Eschborn geleiteten inhaltlich und künstlerisch wertvollen Programm- best der Württ. Staatsthcaicr, das anläßlich der Aubiläumswoche in Korm einer Kcstschiist er­schien.

Der Spaziergänger, der vom Schloßplatz, dem verkehrsbelcbten Mittelpunkte Stuttgarts durch die Kastanien- und Utmenalleen der wundervollen Anlagen gen Cannstatt schlendert, gewahrt zu seiner Rechten, einige Minuten, nachdem er das Denkmal des im Schoß eines Untertanen schlum­mernden Herzogs Eberhard hinter sich gelassen hat, eine seltsame Rinne. Zierliche Nenaissance- architektur, der Ucberrest eines Bauwerkes ohne Zweifel, das in einer Periode heiteren Daseins- genusses, verschwenderischer Ncppigkcit der Lebens­führung entstand. Dies anmutige Trümmerwerk bildet das Ueberblcibsel eines so reizvollen wie geschichtlich bedeutsamen Bauwerkes: desNeuen Lnsthanses", das in den Jahren 15801583 vom Herzoglich Württ. Hosbaumeister Georg Beer er­baut worden war.

Dies Lusthaus hat in der Geschichte des wnrt- tcmbergischen Hofes und der Stadt Stuttgart durch mehr als drei Jahrhunderte eine bedeu­tungsvolle Rolle gespielt. Im großen Saale fan­den schon zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts vielfach musikalisch-mimische Borführungen statt, bei denen unter Entfaltung eines großartigen AnsstattungspompS mythologisch - phantastische Szenen in Form von Balletten, jedoch nicht nur mit Instrumentalbegleitung, sondern auch schon mit Einlage von Einzel- und Chorgesängen dar- gcbotcn wurden. DieseSing-Ballette" verdichte­ten sich immer mehr und mehr zu Aufführungen, welche einen opcrnhaften Charakter annahmen, und in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahr­hunderts wurden für diese Vorstellungenneue Maschinen eingerichtet und sonstige Veränderun­gen vorgenommcn".

Neben dem diesergestalt zu theatralischen Vor­führungen eingerichteten Saale des Lusthauses wurde indessen in Stuttgart im Jahre 1674 durch Umbau des 1553 erbautenArmbrust-oder Schieß- hanscs" einNeues Komödienhans" geschaffen, das bis 1746 im Gebrauch blieb.

Das Lusthausthcater wurde, nachdem es längere Zeit unbenutzt geblieben war, im Jahre 1736 neu eingerichtet und ausgeschmückt, und Carlo Car- lone versah es mit FrcSken. Die eigentliche Hoch­blüte des Stuttgarter Theaterlebens setzte indessen erst ein, als im Jahre 1744 Herzog Karl Eugen die Negierung seines Landes übernahm. Von nun an wurde das Lusthaus ausschließlich den Zwecken theatralischer Vorstellungen geweiht und im Jahre 1750 unter Leitung des Oberstleutnants und Oberbaudtrektvrs Leopold Netti zu einem ordnungsmäßigen Theater mit Parterre und drei Galerien umgebaut, von denen die des ersten Ranges in der Mitte die große Hofloge umschloß. Der berühmte Theatermaler Inno­zenz Colomba wurde eigens nach Stuttgart berufen, uni die kostbaren neuen Dekorationen zu schaffen. Aber diese kostspieligen Umbaute» erwiesen sich schon in wenigen Jahren als den gesteigerten Ansprüchen der Zeit nicht entspre­chend Im Jahre 1758 wurde ein neuer Umbau in Angriff genommen, der mit erstaunlicher Pracht durchgeführt wurde und demStuttgarter Opernhaus" für lange Zeit seinen Charakter ans­prägte. In diesem prunkvollen Neubau entfaltete sich nun jene machtvolle Blüte der Stuttgarter Hosoper, welche durch den Namen des genialen Kapellmeisters und Opernkompvnisten Niccolv Jomelli gekennzeichnet wird.

Weitere bedeutungsvolle Umbauten erfuhr daS Lusthausthcater in den Jahren 1812 und 1846. Bei der letzteren Umgestaltung verfuhr man so gründlich, daß von dem alten Vau außer jener noch heute vvchandcncn Treppenanlage säst nichts mehr übrig blieb. In dieser Form hat das Stuttgarter Hvfthentcr seinem Zwecke von 1846 bis 1902 gedient. Es umfaßte in seinem Parterre und den vier Galerien etwa nennzehnhundcrt Plätze, war also ein Theater größten Typs.

In der Nacht vom 19./20. Januar 1902, nach einer Vorstellung derMeistersinger", brach im Nordgiebel dieses Gebäudes unter dem Dach ein Brand ans, der i» wenigen Stunde» das alt- ehrwürdige Gebäude völlig Zerstörte. Nach der württembergischen Verfassung war der Staat ver­pflichtet, Teile des Krottgutes, welche durch höhere Gewalt zugrunde gehen, wicdcrhcrznstcUcn. In Anerkennung und Erfüllung dieser Verpflichtung bewilligte der Staat die Summe von vier Millio­nen 'Mark zur Errichtung eines »cncii Hauses von annähernd demselben Umfang wie das Zer­störte, Aber die Hvftheatcrintendnnz, an deren Spitze seit damals zehn Jahren Baron Joachim z» Putlitz stand, hegte weiter ausschancndc Plane. Praktische und künstlerische Erwägungen führten z» dem Wunsche, neben einem Hause von großem Umfange und repräsentativem Charakter ein kleineres, intimeren Kunstwirkiingcn und behaglicherem Kunstgenüsse gewidmetes Haus er­stehen zu lassen. Endlich schien cs aus tausend Rücksichten des Betriebes wünschenswert, die bei­den zu errichtenden Häuser mit den Verwaltungs­gebäuden und Magazinräumcn zu einem großen, einheitlichen Komplex unter einem Dache znsam- mcnschließei, zri können. Diese hochfliegenden Pläne des Generalintendanten fanden die volle Billigung der Krone, und auch die Verwaltung der Stadt Stuttgart leistete ihnen willige Folge, indem sie eine Beisteuer von einer Million zwei­hunderttausend Mark für die Errichtung dcs Kleinen Hauses und einen jährlichen Betricbs- zuschuß von sechzigtaufend Mark zur Verfügung stellte den letzteren gegen Uebcrnahme der Ver­pflichtung zur Veranstaltung einer «großen Reihe von billigen Volksvvrstellungen, Aus den Händen Privater Stifter flössen der Hofintendanz noch mehr denn anderthalb Millionen zu, und so konnte ein Unternehmen in Angriff genommen werden, dessen Bollendiing Stuttgart auch äußer­lich in die Reihe der führenden Theaterstüdtc Tentfchlands gestellt hat, wie es die Leistungen seiner Holbühne und die Tatkraft und Moderni­tät Uwes Lcilers schon längst getan hatten.

Zehn Jahre mußten verstießen, bevor die Rie­senarbeit zu Ende getan warf Das Jnterims- thcater das schon im Sommer 1902 nach Plänen des OberbauratS Weigle mit Zauberschnclle aus dem Boden gewachsen war und im Oktober 1902 in Betrieb genommen werden konnte, war als Improvisation gedacht und nur bestimmt, einen bis zwei Winter hindurch der Bühnenkunst des Hofthcatcrs eine Statte zu gewähren. Und dann hat es ein volles Jahrzehnt herhaltcn müssen . . . eine harte Prüfung für die Gediegenheit seiner Ausführung, die es sieghaft bestanden hat. Eine harte Prüfung aber auch sür die Künstlcrschar des Hoftheatcrs und ihren Leiter.

Max Littmann, der Schöpfer der neuen Häuser, hat in der äußeren Formgebung bewußt auf stark vortrctende Originalität verzichtet. Es war der Wunsch des Königs und die Rücksicht ans den Gesamtcharakter pes Stadtbildes, in das sein neues Werk sich cinfügen sollte, was ihn im wesentlichen in überlieferten Bildungen verharren ließ. In Form eines flachen Hufeisens gestellt, erheben sich die drei selbständigen Teile, das Große Hans zur Rechten, das Kleine zur Linken,

acs langer Limieiicyemei oazwiscye» die Fenster- flucht des Verwaltungsgebäudes. Repräsentatives Gepräge ist der Grundcharakter des Großen Hau­ses, gesammelte, schlichte Ruhe der des Kleinen.

Die Einweihung und Eröffnung der neue» Kunststätte geschah am Samstag, den 14. und Sonntag, den 15. September 1912, Das sind Tage des Glanzes und Glückes gewesen, die nie vergißt, wem es vergönnt war, sie mitzucrlcbcn. Seit jenen Tagen ist über Stuttgart und seine neuen" Theater ein Viertcljahrhundert dahin- gebraust, wie die Erde seinesgleichen nie zuvor " erlebt hat. Aus einer Epoche des Absturzes und Verfalles, wie die wechselvolle Geschichte unseres Volkes und Vaterlandes sie nicht gekannt hat, hat die Hand eines Gewaltigen uns cmporgerissen und in ebenso jähem Anstiege wieder cmpor- geführt, Tie einstigen Hostheatcr sind Landes­und Staatstheatcr geworden. Sie unterstehen einer cinheitlichcn geistigen Führung durch die Reichsthcaterkammcr. Aus Stätten der Unter­haltung eines die Aufrechtcrhaltnng gesellschast lichcr Kastcnglicdcrnng peinlich wahrenden Ge­nusses wurden sie zu Erziehung?- und Erhcbunas- stüttcn für die Volksacmcinschast.

EMliiMitsverbreüm verumm

Tübingen, 15. September. An ihren beiden letzten Sitzungstagen hatte sich die Große Strafkammer fast ausschließlich mit Sitt­lich k e i t s v e rb r e ch e r n zu beschäftigen. So wurde ein älterer Mann aus dem Kreis Urach, der mehrere Jabre hindurch mit sei­ner bei ihm wohnenden ledigen 32 Jahre alten Tochter intime Beziehungen hatte, zu einem Jahr und zwei Monaten Zucht- y a u s, seine Tochter zu vier Monaten Gefäng­nis verurteilt. Zwei junge Männer, die in Tübingen in Arbeit standen, trieben mit einem 7jährigen Mädchen Unzucht und wurden dafür se mit sieben Monaten Gefängnis bestraft. Blutschänderische Beziehungen zwischen zwei Geschwistern aus dem Nagoldta! brachte beiden je fünf Monate Gefängnis ein. Ferner wurde ein 47jähriger lediger Mann aus Reutlingen, der mit jungen Bur­schen widernatürliche Unzucht trieb, zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Einer der Jugendlichen erhielt vierzehn Tage Ge­fängnis, jedoch wurden ihm zwei Jahre Be­währungsfrist zugestanden.

§en MbenbuMr nie-erMEn

Kirchheim u. T., 15. September. Eine ver­heiratete Frau aus Eßlingen besuchte ihre hier wohnende Mutter und brachte sich dabei einen fremden Mann mit. Der Ehe­mann fuhr seiner Frau nach und traf sie in der Wohnung der Schwiegermutter mit ihrem Liebhaber an. Zwischen den bei- den Männern kam es zu einer heftigen Aus­einandersetzung, in deren Verlauf der Ehe­mann seinem Nebenbuhler etwa 10 Stiche mit einem Küchenmesser versetzte. Der Verletzte wurde ins Krankenhaus ein- geliefert. Der Täter stellte sich der Polizei.

MjeMsnS Vernichter die Ernte

Baustetten, Kr. Laupheim, 15. September. In dem großen neuzeitlichen Stadel und Vieh- Haus des Bauern Eugen Efle von hier ent­stand einBrand, dem das ganze Wirtschafts, gebäude mit der darin aufbewahrten diesjäh­rigen Heu-, Oehmd- und Getreideernte zum Opfer fiel. Es gelang den Wehren, den riesigen Brand, der sich auch auf die benachbarten Wohnhäuser auszudehnen drohte, ans seinen Herd zu beschränken. Die Rettung der Pferde und der vielen Schweine wurde durch widrige Umstände außerordentlich erschwert. DaS übrige Vieh war glücklicherweise zur Zeit des Brandes auf der Weide. Als der Brandgeschä­digte, der seit langem schwer herzleidend ist, den Ausbruch des Brandes bemerkte, fiel er in Ohnmacht, so daß sofort ärztliche Hilfe notwendig wurde. Die Ursache des Brandes konnte noch nicht festgestellt werden.

Auf noch nicht geklärte Weise entstand auch in Ballmertshofen, Kr. Neresheim, früh gegen 3 Uhr in dem Anwesen des Bauern Wilhelm Frech ein Brand, dem Scheuer und Stall zum Opfer fielen.

Eine alte Frau kebeu-ig verbrannt

Vom Allgün, 15. September. Die 70 Jahre alte ledige Sofie Schneider aus Sibratshofen war in der Küche mit dem Zubereiten des Mittagessens beschäftigt. Plötzlich fiel aus der Herdöffnnng Glut heraus, die die Kleider der Frau in Brand setzte, ohne daß diese dies zunächst bemerkte. Im Nu stand die Frau in Flammen. Lichterloh bren­nend, eilte sie ins Freie, um nach Hilfe zu rufen. Diese wurde ihr von einigen in der Nähe arbeitenden Bauarbeitern zuteilt. Mit schweren Brandwunden wurde die bcdauerns- werte Frau in ein Krankenhaus verbracht. Die Verbrennungen am ganzen Körper waren jedoch so stark, daß sie wenige Stunden nach ihrer Einliefernng unter fürchterlichen Schmer, zen sta r b

Schmiden barten bis Turmuhr an

St. Georgen, 15. September. Ein seltsames Vorkommnis ereignete sich im benachbarten Unterkirnach, als sich die Schwalben zum Südlandflug sammelten. Bei einem plötz­lichen Regenguß suchten sie Zuflucht auf den unter Dachvorsprüngen befindlichen vier Zif­ferblättern der Kirchturmuhr. Für die ins­gesamt acht Uhrzeiger, die sich gerade in Auf- wärtsbewegung befanden, wurde die Belastung durch die vielen Tiere so groß, daß die Turm- nhr völlig zum Stillstand kam.

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Ligen verlebt d-er X8-?roLse

ii. München, 15. September. Von dem Plötzlichen Wintereinbruch in den bayerischen Bergen wurde in starkem Matze auch das Almvieh betroffen. Nascher als vorgesehen, mußten daher nicht nur die Hochalmen, son­dern znm Teil auch schon die Nieder- nlmcn geräumt werden. Das nasse Felsgestein bereitete dabei nicht unerhebliche Schwierigkeiten, so daß verschiedentlich Hilfs­kräfte aus dem Tal geholt iverden mußten. Noch immer liegt der Schnee fast bis zu 1000 Meter herab.

Mrimrr in 8eh eikmekroNn

London, 15. September. Wie aus Bombay gemeldet wird, ist der deutsche Forscher Fi l ch ncr in Leh (Kaschmir) eingctrosfcn