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„Freuen," wiederholte Großmann. „Stolz würde ich sein auf den Jungen!"
„Wollen Sie mir darauf Ihre Hand geben?" fragte das Mädchen, indem sie dabei mit einem seltsamen Ausdruck in Werners erstauntes Gesicht sah.
„Gern, von Herzen gern, lächelte der gute Alte und legte eben seine Hand in Beates Rechte, als das Glockenzeichen zum Beginne des zweiten Aktes ertönte.
„Wo ist denn Heinrich hingekommen?" fragte Großmann, während er sich verdutzt umsah.
„Er wird seine Kopfschmerzen in der frischen Luft ein wenig spazieren führen," beruhigte Gehring, als der Vorhang langsam aufrollte.
Der zweite Akt schilderte den Konflikt in der Seele des Helden wischen Ehre und Liebe. Die ganze Glut einer schwungvollen, echten Dichter- eele loderte wie heiliges Feuer aus den machtvollen Worten und verfehlte ihren Eindruck auf das Publikum nicht. Auf offener Szene wurde das Spiel der Darsteller von spontan ausbrechendem Beifall unterbrochen, und mit der Wirkung dieser Szene schien der Erfolg des Stückes gesichert, denn atemlos lauschte das Publikum unter dem Banne des Poeten, der zu ihm sprach. Als der Vorhang fiel, erhob sich lauter, brausender Applaus, und unter das begeisterte Bravorufen der Menge mischte sich der Ruf nach dem Dichter. Der Name „König", von einem Einzelnen zuerst gerufen, pflanzte sich durch das ganze menschenvolle Haus wie im Fluge, und nachdem dreimal die Künstler allein dem Hervorruf Folge geleistet hatten, erschien beim vierten Male an der Hand Römers ein junger Mann im schwarzen Salon- rock, dessen Wangen tödliche Bläffe bedeckte, indessen seine Augen sich auf die Loge im ersten Rang hefteten, in der Werners heitere Tischgesell- schüft saß.
Hätte in diesem Augenblick ein Maler ein Modell für Loths Weib gebraucht, er hätte nur die gute Frau Großmann um die Gefälligkeit zu ersuchen brauchen, wie sie dasaß mit halbgeöffneten Lippen, sprachlos und stumm.
Das wunderlichste Bild aber bot der alte Großmann, der buchstäblich zu Stein erstarrt zu sein schien. Weit aufgeriffen starrten seine gutmütigen Augen auf das Wunder, das sich vor ihnen da unten vollzog, jeder Blutstropfen war aus seinem Gesicht gewichen, und nur seine Nasenflügel bebten und zitterten, als wenn er niesen wollte. Und rund umher tobte und applaudierte das Publikum, immer und immer wieder rief es den seligen Dichter, der sich schüchtern und linkisch verneigte, während seine Augen nicht von der Loge wichen. Aber sein Gesicht glühte, seine Blicke leuchteten, denn er sah nicht mehr die versteinerten Eltern, nicht das menschenvolle Haus, sondern nur droben die lichtgekleidete Mädchengestalt, die aufrecht neben seinem Vater stand und mit Begeisterung ihm zuapplaudierte, daß er unter all den Hunderten das Klatschen dieser kleinen Händchen herauszuhören glaubte.
Als der tosende Beifall sich gelegt hatte, stand Großmann auf wie ein Träumender und verließ die Loge, gefolgt von seiner Gattin und den Anderen. Ohne ein Wort zu sagen, fiel er draußen in dem kleinen Zimmerchen vor der Loge seiner Gattin um den Hals und weinte bitterlich. Die ungeahnte Ueberraschung, die den starken Mann förmlich überflutet hatte, hatte ihm jede Widerstandsfähigkeit genommen und ließ ihn im Uebermaß der Freude lachen und weinen in unaufhörlichem Durcheinander wie ein Kind! — Niemand wagte, diesen wirklich weihevollen Augenblick mit einem Worte zu stören, Aller Augen hafteten tief gerührt auf den
beiden Eltern, dis alles um sich her zu vergessen schienen, und Keiner war, in dessen Wimpern nicht Tränen der Teilnahme hingen.
Draußen im Logengange brausten Stimmen in lautem Durcheinander, aus dem Theater selbst hallte das Geräusch gedämpft herüber, aber hier in dem engen mattbeleuchteten Raume rührte sich keiner, bis endlich Großmann selbst wieder Worte fand.
„Aber, um Gotteswillen, wo ist er denn, warum kommt er denn nicht?" fragte er ängstlich, indem er sich umschaute.
„Er wird warten wollen, bis der nächste Akt beginnt," sagte Werner, bis die Gänge leer sind und nach der Pause das Publikum wieder im Auditorium ist."
„Wie ist denn nur das alles gekommen? Wie war es denn möglich?" stotterte Frau Großmann, die ganz erschöpft auf einem der roten Fauteuils saß. — „Wir wußten doch alle nicht —"
„Aber mein Bruder wußte alles!" rief Beate mit leuchtenden Augen. — „Werner hat den jungen, zaghaften Dichter unter seine Flügel genommen und ihm die Wege gebahnt. Jetzt, heute wird mir alles klar und mit Stolz kann ich sagen: Das ist sein Werk!"
„Wirklich? Das haben Sie für meinen Sohn getan?" stammelte Großmann, dem aufs neue die Augen glänzten von aufsteigenden Tränen. „Wie soll ich Ihnen denn danken, lieber, lieber Herr Graf!"
„Mir sollen Sie gar nicht danken," lächelte dieser, „denn ich habe nichts weiter als meine Pflicht erfüllt. Wenn Sie durchaus Jemanden danken wollen, so danken Sie dem Himmel, daß er Ihnen einen solchen Sohn geschenkt hat!"
In diesem Augenblick öffnete sich leise, ganz leise die Logentür und Heinrich trat über die Schwelle. „Darf ich?" lächelte er und streckte den Eltern die Hände entgegen, und im nächsten Augenblick lagen Vater und Mutter an seiner Brust, während Gehring und Viktor sich diskret in die Loge zurückzogen.
Eben wollte Werner mit Beate den beiden folgen, als Heinrich sich der elterlichen Umarmung entwand und mit leuchtenden Augen auf ihn zueilte. „Lieber Herr Graf, edelster Freund, das alles danke ich Ihnen!"
„Ihrem eigenen Talent danken Sie's, junger Freund!" entgegnete dieser. „Mir ganz und gar nicht!"
„Ich wünsche Ihnen Glück, Herr Großmann," fügte Beats mit zitternder Stimme hinzu, und Heinrich faßte die dargebotene Hand mit stürmischem Entzücken und preßte sie mit fanatischer Begeisterung an seine glühenden Lippen.
Dann legte Werner den Arm um seine Schwester, zog sie sanft mit sich in die Loge, und Heinrich blieb mit den Eltern allein.
Als einige Minuten später dis Familie Großmann wieder in der Logs Platz nahm, leuchteten des alten Herrn Augen in strahlendem Glanze und flogen über das menschenvolle Haus mit einem Ausdruck von Glück und gesättigtem Vaterstolzs, als gälte es, allen zuzurufen: „Das ist mein Sohn, dem ihr da zugejubelt habt, mein einziger Junge, der im Siegesfluge meine Vorurteile überwunden." Und Mama Großmann drückte dem Grafen fast zärtlich die Hand in überströmender Dankbarkeit. Worte fand sie nicht, ihr Herz war voll zum Zerspringen, und in den guten Augen schimmerten neue Tränen der Rührung, deren sie vergeblich Herr zu werden sich bemühte. Jeder schwieg und schaute unverwandt auf die Bühne, mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, und Jeder fühlte, daß diese Stunde einen Wendepunkt, ein neues Leben bedeutete.
(Fortsetzung folgt.)
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