136. Amts- und AnzeigeblaLI für den Se^irk Calw. 82 . Jahrgang.
Irschiinunzltage: Dienttag, Lonn«r»tag, Samstag, Sonntag. Jnsrrtionlprei» 10 Psg. pro Zeile für Stad t and Beztrklort«; außer Bezirk 1ü Psg.
Dienstag, dev 27. Angnst 1907.
Lbonnemrntspr. in d. Btadi pr. viertelt. Mi. l.iotncl. LrSgerl. Biertelfü-rl. Bofttezuggpret» ohne Bestella. f. d. Ort»- u. Nachbarortsoerlehr 1 Mt., f. b. sonst. Bertehr Mt. I.I», Bestellgeld »0 Pfg.
Tagesueuigkeiteu.
Darmrheim OA. Böblingen 24. Aug. Von seiner Königlichen Hoheit dem Herzog Alb recht von Württemberg find für die Abgebrannten in Darmsheim unter dem Ausdruck aufrichtigster Teilnahme an dem Unglück 300 ^ überwiesen worden.
Darmsheim 25. Aug. Die Brandunglücks- stätte war heute ein Anziehungspunkt erster Klaffe. Zu Fuß, zu Wagen und per Rad kamen die Besucher aus der näheren Umgebung und auch von weither zu Tausenden. Namentlich die Stuttgarter stellten ein ganz beträchtliches Kontingent. Die Züge nach Böblingen und Schafhausen, die von der Unglücksstätte ungefähr gleichweit entfernt sind,- waren vom frühen Morgen an stark besetzt und zum Teil überfüllt. Die Darms heimer hatten mit dieser Neugierde nach dem unschönen Anblick, eines großen Schutt- und Aschenhaufens gerechnet und Sammelbecken für die Abgebrannten aufgestellt. Möge der finanzielle Erfolg ein guter gewesen sein!
Herrenberg 24. April. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 160 St. Milchschweine, Erlös pro Paar 27—36 35 St.
Läuferschweine, Erlös pro Paar 40—96 Verkauf schwach.
Stuttgarts. Aug. Auf die Erklärung Singers wegen der Aeußerung des Delegierten Quelsh schreibt der Staatsanzeiger: „Diese abschwächende Erklärung vermochte das Ministerium des Innern als genügende Entschuldigung gegenüber den angeführten, auch nach der Erklärung des Vorsitzenden von Quelsh gebrauchten Worten, in welchen eine unzweideutige und schwere Beschimpfung der Delegierten der in der Haager Konferenz vertretenen Regierungen und mittelbar dieser Regierungen selbst enthalten war, nicht zu
betrachten und richtete daher an den Vorsitzenden Singer ein ihm noch an demselben Abend zugestelltes Schreiben, in welchem verlangt war, daß Herr Quelsh die fraglichen Worte bei Beginn der nächsten Plenarversammlung ausdrücklich und unbedingt zurücknehme, widrigenfalls seine sofortige Ausweisung veranlaßt würde. In der folgenden Plenarversammlung gab Quelsh die Erklärung ab, daß er die Worte „Diebe und Mörder" nicht gebraucht habe und für die Uebersetzung nicht verantwortlich sei; er habe die Haager Konferenz eine Abendgesellschaft von Dieben genannt, was in sozialistischen Kreisen Englands ein gewöhnlich gebrauchtes Wort zur Bezeichnung einer Versammlung sei, die kapitalistische Interessen vertrete; eine persönliche Kennzeichnung und Beleidigung sei damit nicht beabsichtigt gewesen; das, was er gesagt habe, halte er aufrecht. Da hienach Quelsh die von ihm, wenn auch in abgeschwächter Form, selbst zugegebene Beschimpfung der in der Haager Konferenz vertretenen Regierungen nicht nur nicht zurücknehme, sondern dieselbe ausdrücklich aufrecht erhielt» mußte seine sofortige Ausweisung erfolgen."
Stuttgart 24. Aug. Der internationale Sozialisten.Kongreß hat heute der Resolution gegen den Militarismus nach dem Referat van der Velde's einstimmig und ohne Debatte zugestimmt. Nur der Franzose Hervs widersprach unter höhnischen Ausfällen auf die deutsche Sozialdemokratie der 6ii bloe-Annahme. Nachdem noch eine Sympathie-Kundgebung für die russischen Revolutionäre beschlossen worden war, wurde der Kongreß von dem Vorsitzenden Singer mit einem Hoch auf die internationale revolutionäre Sozialdemokratie unter Abstngung des Liedes „Auf Sozialisten, schließt die Reihen" geschloffen. Der nächste Kongreß wird in Kopenhagen abgehalten werden.
Dornstetten OA. Freudenstadt 25. Aug. Dem heutigen Viehmarkt wurden zugetrieben: 20 Paar Ochsen, 22 Kühe und 25 Stück Jungvieh. Der Handel ging der geringen Oehmd- ertrage« wegen ziemlich flau, nur in Jungvieh, in fetter Ware etwa« besser. Auf den Schweine- markt kamen 220 Milchschweine, wovon 150 zum Preise von 18—30 per Paar verkauft wurden; von den aufgetriebenen 45 Läuferschweinen wurden 35 zum Preise von 40—65 abgssetzt.
Rottenburg 25. Aug. Am 8. Sept. wird hier die Herbstversammlung des Hopfen- bauvereins Schwarzwaldkrei» abgehalten. An die Besichtigung des Versuchshopfengartens schließt sich eine Versammlung, welche sich namentlich mit der Beschickung der Hopfenausstellung in Berlin beschäftigt. Bei diesem Anlaß sei bemerkt, daß nur in Berlin prämierte Hopfen im Jahre 1908 auf der 22. Wanderversammlung der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Cannstatt in conserviertsm Zustand ausgestellt werden.
Rottweil24.Aug. Ungefähr20 Müller des Bezirks geben bekannt, daß sie vom 1. September ab das Mühle-Fuhrwerk abschaffen und die Frucht nicht mehr zum Mahlen abholen und zuführen. Die Müller sehen sich zu diesem Schritte infolge der gegenwärtig herrschenden un- günstigen Lage der Kundenmüllerei veranlaßt.
— Aus Meckenheim in der Pfalz wird gemeldet: Der 18jährige Ludwig Korn tötete durch einen Stich ins Herz nach vorausgegangenem Wortwechsel den 16jährigen Richard Ahler. Der Täter, ein streitsüchtiger Mensch, flüchtete und konnte bis jetzt nicht ermittelt weiden.
Wiesbaden 25. Aug. Der 31 Jahre alte königliche Sänger Franz Adam, der seit 1902 am hiesigen königlichen Schauspielhaus
Gerettet!
Roman von Walter Schmidt-Häßler, Stuttgart.
(Fortsetzung.)
„Setzen Sie sich mal zunächst her zu mir, recht gemütlich, und bereiten Sie sich vor, eine sehr interessante Neuigkeit zu hören."
„Sie machen ja ungeheure Anstalten! Ist es denn so was Bedeutendes?"
„O ja — bedeutungsvoll für mich und vor allem für Sie, junger Freund," begann Werner, indem er sich behaglich zurücklehnte und sein Vis-a-vis fest ins Auge faßte, um sich ja keiner Spur von der Wirkung seiner Freudenbotschaft entgehen zu lassen. „Sie haben mich in einer stimmungsvollen Stunde zum Vertrauten Ihrer heißesten Wünsche gemacht, haben mich einen Blick tun lassen in Ihr Herz und haben in meine Hände Ihre Hoffnungen gelegt. Nicht wahr?"
„Gewiß! — Gewiß!" antwortete Heinrich zögernd, indem er fast ängstlich an den Lippen des Sprechenden hing.
„Ich komme nun heute, Ihnen Bericht zu erstatten. — Ich habe Ihr Werk einem meiner Freunde, dem Schauspieler Römer, eingereicht!"
„Wann?"
„Schon lange! Kurz nachdem ich Sie kennen gelernt hatte!"
„Und hat der vielbeschäftigte Mann, der gefeierte Künstler, sich tatsächlich Zeit genommen, meine Arbeit zu lesen?"
„Mehr als das! Er hat seinen Chef dafür lebhaft dafür zu interessieren gewußt, Ihr Stück'— um die Sache kurz zu machen — ist angenommen, und ich komme, den jungen Dichter zur ersten Probe seines Werks feierlich einzuladen!"
Hatte Werner sich von seiner Nachricht eine zündende Wirkung versprochen, so hatte er sich nicht verrechnet, denn so etwas von Heller, jubelnder
Freude, von überströmender Glückseligkeit hatte er in seinem Leben noch nicht erlebt. Heinrich war außer sich, fassungslos vor Wonne — wieder und immer wieder mußte er jede Einzelheit hören, und der erregte junge Mensch wurde nicht müde, seinem Gaste die Hände zu schütteln, ihm zu danken und ihn immer wieder von neuem nach jeder Kleinigkeit zu befragen.
„Und jetzt, Herr Graf, müssen Sie mit mir kommen, sofort an meine Eltern ein Telegramm aufzugeben," fuhr er fort.
Aber Werner unterbrach ihn und sagte lächelnd: „Nein, lieber Herr Großmann, das wollen wir nicht machen! Kein Wort an Ihre Eltern über die ganze Angelegenheit — das ist mein Rat."
„Sie meinen also, ich soll das Glück dieser Stunde heimlich in mir verschließen?" lautete die kleinlaute Antwort.
„Nicht so ganz," lächelte Werner. „Sie sollen sich nur das Glück dieser Stunde ungetrübt erhalten und nicht im Taumel der ersten Freudenrausches einen unüberlegten Streich machen. Sie kennen ja Ihres Vaters Ansichten über Ihren neuerwählten Beruf zur Genüge, und ich bin überzeugt, die Antwort Ihres würdigen Erzeugers auf Ihr Telegramm würde in jedem Falle eine erhebliche Dämpfung ihrer berechtigten Glückseligkeit sein."
„Aber dieser schöne Erfolg-" wollte Heinrich einwenden.
Aber Werner fuhr unerbittlich fort: „Die Annahme Ihres Stückes ist wohl der Weg zum Erfolg, aber noch lange nicht der Erfolg selbst, und diesen Erfolg müssen wir zunächst in aller Ruhe und Geduld abwarten, denn nur mit wirklichem, tatsächlichen Erfolg können wir energisch die Vorurteile Ihres Vaters besiegen. Finden Sie das nicht auch?"
„Sie haben recht — wie immer!" sagte Heinrich, indem er seine Hand in die des Grafen legte» und beide sahen sich lange und herzlich an, wortlos und doch verständnisvoll, bis Werner endlich sagte: „Sehen Sie, das wäre nun so eine Stimmung zum Photographieren, denn diesen Augenblick müßte man doch wirklich verewigen.