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Dublin 19. Aug. Minnie Hunt, ein einundzwanzigjähriges Dienstmädchen, stürzte sich gestern von dem 120 Fuß hohen Turm einer Kirche und wurde zerschmettert. Der Selbst, mord erfolgte unter aufregenden Umständen. Der Pfarrer der Kirche und ein Polizist waren dem Mädchen auf den Turm gefolgt und versuchten drei Stunden hindurch, sie von ihrem Vorsatze abzubringen. Sobald sich einer der Männer näherte, setzte sie zum Sprunge an. Der Pfarrer bat sie schließlich, das Kruzifix von ihm anzunehmen, aber das Mädchen verweigerte dies und sprang mit den Worten:Ich werde Sie unten sprechen!" in die Tiefe. Eine zahlreiche Zuschauermenge wohnte dem Vorgänge bei.

Tanger 22. Aug. Der Deptzche maro- caine wird aus den Kreisen des französischen Offizierkorps in Casablanca gemeldet, daß seit dem 20. August drei feindliche Heerhaufen, deren Herkunft und Stärke unbekannt sind, hinter Hügeln lagern. Die Stärke der französischen Truppen ist völlig ungenügend zu einem Vorstoß, selbst die Verteidigung wäre ohne die Unterstützung der Schiffskanonen unmöglich. Die rasche Sendung erhe blicher Verstärkung sei notwendig. Die gespannte Situation sei für die Truppen entnervend und unhaltbar.

Tanger 23. Aug. Der bekannte Industrielle Mannesmann aus Remscheidt, der mit seiner Gattin in Casablanca weilt, flüchtete, nach­dem seine Dienerschaft, sowie 9 ihm zugehörige Pferde von den Kabylen getötet und die gesamte Habe zerstört worden war. Die französische, eng­lische und spanische Kolonie werden Fez in den nächsten Tagen verlassen. Die Deutschen haben sich noch nicht entschlossen, ob sie ebenfalls zur Küste ausbrechen werden.

Vermischtes.

Saatenstandsbericht in Württem­berg im MonatAugust. Auf die unbeständige, zumeist kühle und regnerische Witterung, von Mitte Juni bis Mitte Juli folgte vorherrschend trockenes und warmes Wetter, welches bis heute (Mitte August) angehalten hat und für das Gedeihen der meisten Früchte außerordentlich günstig war. Schaden durch Hagelschlag war auch in der abgelaufenen Berichtsperiode zu verzeichnen, doch nicht in allzu­großem Umfang. Betroffen wurden hauptsächlich die Oberamtsbezirke Tettnang, Nagold, Böb­lingen, Freudenstadt, Leutkirch, Ravensburg, Münsingen, Blaubeuren, Rottenburg, Geislingen. Aus verschiedenen Bezirken wird berichtet, daß die Feldmäuse sehr stark auftreten und an den Körnerfrüchten, den Futterpflanzen und auf den Wiesen Schaden anrichten. Auch Engerlinge treten manchenorts auf Wiesen schädigend auf. Das Wintergetreide ist dank der günstigen Witterung schön ausgereift und zu einem großen Teil bereits unter Dach gebracht. Der Ertrag ist nach Qualität und Quantität ein sehr befriedigender. Die Körner sind schwer und vollkommen; besonders der Weizen ist schon seit einer Reihe von Jahren nicht mehr so mehlreich ausgefallen wie Heuer. Das Sommer­getreide ist schnittreif und teilweise, insbesondere in den milderen Landesgegenden, ebenfalls bereits unter Dach. Der Körnerertrag ist ein befriedigender, dagegen bleiben die Sommerhalmfrüchte etwas kurz

im Stroh. Die Kartoffeln stehen schön und versprechen zumeist einen reichen Ertrag. Der Stand des Hopfens ist infolge der kalten Witte­rung des Monats Juli nicht gleichmäßig. In dem Haupthopfenbezirk Rottenburg steht eine gute Mittel­ernte mit vorzüglicher Qualität in Aussicht, da dort die Pflanzen von jedem Hopfenschädling frei sind. Die Frühhopfenernte in der Tettnanger Gegend, mit welcher Anfangs August begonnen worden ist, fällt qualitativ ebenfalls befriedigend ans, dagegen wird sie, zum Teil infolge des durch Hagelschlag verursachten Schadens, quantitativ einen wesentlich geringeren Ertrag geben, als in sonstigen Jahren. An einigen Orten zeigt sich beim Hopfen starker Kupferbrand. Die Futterpflanzen leiden all­gemein unter der Trockenheit und der Ertrag an Oehmd wird vielfach etwas spärlich ausfallen. Die Ob staussichten haben sich nicht gebessert und der Landesertrag in Aepfeln und Birnen wird, wie schon in der Vormonaten gemeldet, ein ge­ringer bis sehr geringer sein. Nur in wenigen Bezirken ist eine mittlere bis gute Ernte zu erhoffen, und zwar in Aepfeln in den Erhebungsbezirken Böblingen (Oberamtsbezirk), Stuttgart-Amt-Keuper, Calw-Buntsandstein, Frcudenstadt - Buntsandstein, Reutlingen-Weißer Jura, Rottenburg'Lias, Ell- wangen-Ltas, Ulm-Weißer Jura, in Birnen in den Erhebungsbezirken Böblingen (Oberamtsbezirk), Cannstatt-Muschelkalk, Eßlingen-Lias, Stuttgart- Amt-Keuper, Calw-Buntsandstein, Freudenstadt (Oberamtsbezirk), Neuenbürg-südlicher Teil, Obern- dorf-Buntsandstein, Blaubeuren-Weißer Jura, Ulm- Weißer Jura. Außerordentlich günstig war die Witterung für die Weinberge, welche allerorten einen sehr gesunden Stand zeigen; in besonders günstigen Lagen fangen die Trauben bereits an sich zu färben. Ein befriedigender Ertrag ist freilich auch bei Fortdauer der günstigen Witterung nur in den Weinbaubezirken des unteren Neckartals von Eßlingen abwärts zu erhoffen. In den übrigen Weinbaugebieten ist der Behang vielfach ein spär­licher, so daß dort der Menge nach nur ein ge­ringer Ertrag in Aussicht steht.

Die deutschen Lebensversicherungs­gesellschaften im Jahre 1906. Von 43 deutschen Gesellschaften wurden im Jahre 1906 ins­gesamt 167 686 eigentliche Lebensversicherungen über 858898 593 neu abgeschlossen. In Ab­gang kamen dagegen 78662 Versicherungen über 360 782 678 darunter 24 537 über 105659 497L durch den Tod und 8380 über 46 427372 durch Zahlbarwerden bei Lebzeiten der Versicherten. Der Gesamtbestand eigentlicher Lebensversicherungen am Schluffe des letzten Jahres erhöhte sich um 89024 Policen und 498115915 Summe auf 1868121 Versicherungen über 8646685 922 ^ Hieran waren die bedeutendsten Anstalten mit folgenden Summen beteiligt:

Gotha . . . (gegr. 1827) mit 921405600 Victoria . . ( ., 1861),, 776725777 ^.,

Stuttgart . . ( 1854),, 762 747613 ^.,

Alte Leipziger ( 1830),, 745095 850^.,

Stettin. Germanins 1857) 691891635 ^.,

Karlsruhe . . ( 1864) 582488728

Summa 4480355203

Auf diese sechs Anstalten entfiel demnach die gute Hälfte (51,s°/°) des gesamten Lebensversicherungs­bestandes der 43 Gesellschaften. Von letzteren be­treiben 28 darunter besonders Victoria und Friedrich Wilhelm außerdem die kleine (Volks­und Sterbekasse-) Versicherung mit geringen Sum­men, zumeist ohne ärztliche Untersuchung und mit wöchentlicher Prämienzahlung: hierin wurden 910262 Versicherungen über 182 838137 ^

neu abgeschlossen, und am Schluffe des Berichts­jahrs bestanden 5800 227 Versicherungen über 1043101736 (durchschnittlich 180 ^) Von den 43 Gesellschaften betreiben sodann 40 auch die Versicherung nur auf den Lebensfall (Alters-, Aus­steuer-, Militärdtenstversicherung): hierin wurden 36843 Versicherungen über 65715549 abge­schlossen, und Ende 1906 bestanden 551893 Ver­sicherungen über 885526785 ^ Der Gesamt­bestand an Kapitalversicherungen bezifferte sich somit bei den 43 deutschen Lebensversicherungsanstalten Ende 1906 auf 10575314443 Summe. Ver­treter für Gotha: Lehrer Fr. Kübler, Calw.

Von einer fidelen Unterbrechung der Geisteskämpfe in der Liederhalle berichtet das Stuttgarter Partei-Organ.Auf Mittwoch richtete der Parteivorstand eine Einladung zu einem Im­biß und einem Glas Wein an die internationalen Gäste. Um 6 Uhr wurde in allen Sitzungen des Kongresses Schluß gemacht, und sogleich ergoß sich ein Strom der Teilnehmer in der Richtung nach Heslach. Da die Straßenbahn die Menge nicht zu fassen vermochte, mußte ein starker Teil der Gäste den Weg zu Fuß zurücklsgen. Im Schützenhaus war das große gegen den kühlen Wind Schutz bietende Zelt bis auf den letzten Platz gefüllt. Schmucke Jungfrauen mit der phrygischen Mütze auf dem Köpfchen luden zur Erfüllung der Magenwünsche ein. Der ganze Schützenhausgarteil war dekoriert mit buntfarbigen Lampions. Als die Nacht völlig hereingebrochen, kam zu den Effekten der Gartcnbeleuchtung noch ein Feuerwerk. Das Konzertorchester Maile ließ seine kräftigen Weisen erschallen und die Gesangvereine Freiheit und Viktoria trugen ihre besten Chöre vor. Aber es dauerte nicht lange, da erwuchs ihnen eine ernsthafte Konkurrenz. Zahlreiche Gruppen der Nationen organisierten ein Konzert, das den Gipfel harmonischen Wohlklangs erreichte, wenn gleich, zeitig die Tschechen, die Ungarn, die Polen, die Russen, die Franzosen, dis Engländer, die Italiener und andere Delegationen ihre Lieder in den ver­schiedenen Idiomen im Fortissimo erklingen ließen. Die Franzosen entwickelten eine riesige Ausdauer im Gesang der Jnterriationale, dazwischen ertönte die Marseillaise." DieSchw. Tagw." schreibt, daßalle Völker die Carmagnole tanzten, während anmutige, lebensheitere Schwabenmädcl in roten, phrygischen Mützen auf dem phantastisch leuchtenden Gelände des Schützenhauses die festen wie die flüssigen Formeln einer verschwenderischen Gast­freundschaft propagierten."

Starrdesarnt Calw.

Gestorbene.

21. Aug. Ludwig, Sohn deS Josef Zellner in

München, 6'/- Jahre alt.

22. Emma Klara, Tochter des Josef Rehm,

Bremsers hier, 2s- Jahre alt.

Neklameteil.

teilt gerne und unent­geltlich Herr Chri­stian Bühner jr. in Sigmarswangen (Württ.) mit, wie er auf einfache Weise von seinem langen und qualvollen Magenleiden befreit wurde.

Magenleidenden

Amtliche und Prwalünrrlgrn.

DampiwalzbLtriLb.

Die Dampfstraßenwalze wird in der Zeit vom 23. bis etwa 29. August die Staatsstraße Nr. 108, PforzheimCalw, zwischen Dennjächt und Liebenzell bearbeiten.

Wenn die von der Walze zu bearbeitende Straßenstrecke vorübergehend abgeschrankt ist, haben Reiter und Fuhrwerke vor den aufgestellten Schranken so lange anzuhaltkn, bis die Erlaubnis zum Durchgang gegeben wird, was in der Reael geschieht, sobald die Walze in die Nähe der Schranken kommt.

Calw, den 22. August 1907.

tt. Stratzenbau-Inspektton.

Wegmann, A.-V.

Schömberg.

Im Wege der IwangsvollSttckaug

werden am Mittwoch, de« 28. August dS. IS., mittags 1 Uhr:

786 Liter Rotwein,

663 Liter Weißwein und 1 neues Piauino

öffentlich gegen Barzahlung versteigert und sind Kaufsliebhaber hiezu ein­geladen.

Zusammenkunft bei der Kirche.

Gerichtsvollzieher Ecker.

Hirsau, 24. August 1907.

Danksagung.

Für die vielen Beweise herzlicher Teilnahme an dem uns betroffenen schweren Verluste unseres lieben Sohnes

Friedrich tabadie,

sowie für die zahlreichen Blumenspenden und trost­reichen Worte des Herrn Pfarrers Weiß sagen herz­lichen Dank

die trauernden Hinterbliebenen.

T a l w.

Sonntag Vormittag 1112 Uhr

kuiMiM m den ülllMn.

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