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Amts-- und ÄnzeigeblatL für den Sesirk Calw.
82. Jahrgang
Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Psg. pro Zeile für Stad t und SezirkSorte; außer Bezirk 12 Psg.
Dienstag, den 6. August 1907.
«bonnementSpr. ind. Stadt pr.Biertelj. Mk.l.lOinel.rrSgerl. Bierteliihrl. PostbezugSpretS ohne vestellg. s. d. Ort»- u. Nachbar. ortSoerkehr 1M-, f. b. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg-
Amtliche Bekanntmachung«».
Bekanntmachung.
Mit Ermächtigung des K. Ministeriums d eS Innern sind den nachstehend aufgeführten Vieh- (Pferde)-Verstcherungsvereinen zu den ihnen im Geschäftsjahr 1906 erwachsenen Betriebskosten bezw. zur Bildung eines Reservefonds die beigesetzten Staatsbeiträge verwilligt worden:
1) Viehvers.-Vei
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20) „
Diese Beiträge sind in satzungsgemäßer Weise zu verwenden und es ist seitens der Vorstände bis 1. Januar 1908 über die Art der Verwendung Bericht zu erstatten. Soweit nicht rückständige Entschädigungen oder Schulden mit dem Betrag zu begleichen sind, ist derselbe zur Bildung einer Rücklage zu verwenden bezw. dem Reservefonds zuzuschlagen.
Das Kassenamt der Zentralstelle hat die Weisung erhalten, die verwilligten Staatsbeiträge den einzelnen Vereinen auszubezahlen.
Calw, 3. August 1907.
K. Oberamt.
Voelter.
Agenbach . .
20 ^
Altbulach . .
75
„
Altburg . . .
70
Weltenschwann.
55
„
Bergorts. . .
35
„
Brettenberg. .
70
„
Emberg . . .
30
„
Gechingen . .
95
„
Holzbronn . .
65
„
Liebenzell . .
30
„
Martinsmoos .
25
„
Neuweiler . .
60
Oberreichenbach
20
„
Ostelsheim . .
70
„
Ottenbronn. .
20
Oberkollbach
25
„
Simmozheim .
80
„
Sommenhardt .
35
„
Speßhardt . .
30
„
Zavelstein . .
40
„
Bekanntmachung betreffend die Flchsperre.
Das Gr. Bezirksamt Pforzheim gibt bekannt, daß für die Zeit vom 12. August bis 14. Septbr. ds. Js. Floßsperre für die badischen Strecken der Enz und Nagold angeordnet worden ist.
Calw, 2. August 1907.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesuettigkeite».
Calw 5. Aug. Ein schönes Doppelfest war es, das der Liederkranz am Samstag und Sonntag begehen durfte. Die Jubelfeier seines 70jährigen Bestehens und die Erinnerung an die vor 25 Jahren stattgefundene Neuorganisation des Vereins. Die Feier fand im engeren Kreise statt, Einladungen waren nur an auswärtige befreundete und an die hiesigen Vereine, sowie an die bürgerlichen Kollegien ergangen. Mit diesen Einschränkungen glaubte der Verein dem Fest den Charakter einer großen Familienfeier zu wahren und doch zugleich einigen weiteren Kreisen eine Mitfeier zu ermöglichen. Das Arrangement der Feier muß als durchaus glücklich bezeichnet werden, der-Verrin hatte alle Vorbereitungen in sorgsamster Weise getroffen, so daß ein' glänzender Verlauf des Festes in sichere Aussicht zu nehmen war. Die Feier gliederte sich in ein Bankett mit Theater- aufführnng im Badischen Hof und ein Festkonzert in der Turnhalle. Von auswärtigen Vereinen hatten Deputationen entsandt: der Gutenbergverein Stuttgart, Liederkranz Liebenzell, Liederkranz Schorndorf und Männergesangverein Reutlingen; von hiesigen Vereinen waren vertreten die Konkordia, der Turn- und Veteranenverein, die bürgerlichen Kollegien durch Stadtrat E. Dreiß. Eröffnet wurde das Bankett durch den Vorstand des Liederkranzes, Präzeptor Bäuchle, mit einer kurzen Begrüßungsansprache im Anschluß an ein bekanntes Sängerwort: Deutsches Lied und deutsche Tat, sei gepriesen früh und spat! In rascher Folge wechselten nun Vorträge der Stadtkapelle, Gesänge des Liederkranzes
und Ansprachen von verschiedenen Seiten mit einander ab. Die Festrede hielt der Vorstand des Vereins. In feurigen Worten hieß der Redner die Ehrenmitglieder und Ehrengäste sowie die passiven und die zahlreich herbeigeeilten früheren Mitglieder des Vereins willkommen und gab hierauf einen eingehenden Rückblick auf die Geschichte des Vereins von dessen Gründung im Jahre 1837 bis auf die heutige Zeit. An die gehaltvolle, mit brausendem Beifall anfgenommene Rede schloß sich eine Ehrung für sechs aktive Sänger des Vereins an. Die Sänger Karl Feldweg, Albert Haager, Friedrich Weidler und Georg Kolb erhielten für 25jährige Dienstzeit einen goldenen Sängerring, die Sänger Gottlieb Müt- schele und Johann Sattler für 25jährige aktive Tätigkeit einen Sängerkrug mit Widmung. Der Vizevorstand W. Schwämmle feierte sodann die großen Verdienste des Vorstandes, der ebenfalls in aufopferungsvollster und erfolgreichster Weise gedient habe und übergab demselben im Namen des Vereins als Zeichen des Dankes einen prächtigen Spazierstock mit eingravierter Widmung. Vom Gutenbergverein entbot der Vizevorstand Lober dem befreundeten Liederkranz die herzlichsten Grüße und die besten Glückwünsche zum Feste und für die Zukunft; vom Liederkranz Liebenzell sprach der Vorstand A. Haager dem Jubilar in den wärmsten Worten seine Glückwünsche aus und übergab als sichtbares Zeichen der Freundschaft dem Liederkranz einen silbernen Kranz an die Vereinsfahne. Im Namen der Stadt beglückwünschte Stadtrat Dreiß den Verein zu seinem Jubiläum und hielt sodann eine herzliche Ansprache an den Vorstand, dem er im Auftrag der bürgerlichen Kollegien für seine 25jährige Wirksamkeit als Lehrer am Realprogymnasium und für seine gemeinnützige Tätigkeit im öffentlichen Leben der Stadt den wärmsten Dank aussprach und ihm ein schönes Andenken übergab. Eine große Zahl von Glückwunschschreiben und Begrüßungstelegrammen, darunter auch von Stadtschultheiß Conz und Privatier L. Schüz, gaben weiter Zeugnis dafür, daß sich der Liederkranz sowohl in hiesiger
Gerettet!
Roman von Walter Schmidt-Häßler, Stuttgart.
(Fortsetzung.)
Einigemale, während der alte Herr mit den Damen Whist spielte, war Werner mit Heinrich im Garten spazieren gegangen, denn nach den Unterhaltungen mit dem Vater interessierte er sich für den stillen jungen Menschen. Er hatte ihn über seine ferneren Pläne vorsichtig ausgefragt und langsam sein volles Vertrauen gewonnen. Und da war denn der schüchterne Mensch allmählich aufgetaut, das warme Interesse, dar der vornehme und doch so liebenswürdige Mann ihm entgegenbrachte, hatte ihn aus seiner Reserve herausgelockt, und er hatte dem Grafen endlich sein ganzes Herz ausgeschüttet. Anfangs hatte Werner wirklich innerlich gelächelt über den Predigtamts-Aspiranten, der sich als Dichter fühlte und ernstlich mehrmals die Absicht gehabt — schon um dem Vater eine große Freude zu machen — ihm von seinen idealen Phantastereien abzuraten. Er hatte ihn auf das dornenvolle dieses Berufes aufmerksam gemacht, hatte ihm das Bild des modernen Lyrikers in den abschreckendsten Farben gemalt, und endlich hatte der junge Mann mit dem üblichen schüchternen Erröten ihn um Erlaubnis gebeten, ihm ein fast vollendetes Werk vorlesen zu dürfen, um von ihm ein ehrliches unumwundenes Urteil über seine Befähigung zu hören. Das war nun freilich für Werner ein großer Schreck gewesen, und ganz kalt war's ihm über den Rücken gelaufen, als er hörte, daß das Werk ein Drama sein sollte. Natürlich mußte er gute Miene zum bösen Spiele machen, bereitwillig zusagen und feierlich Wahrheit und Offenheit geloben.
Und eines Morgens, ganz früh, war der junge Großmann zu einer Partie aufgebrochen und kam nach Tisch mit einem Pakete unter dem Arme
wieder an, das sein Drama enthielt und das er heimlich vom nachbarlichen Gute geholt hatte.
Die Bombe befand sich also nun im Hause, und mit Angst und stillem Unbehagen sah Werner dem Augenblicke entgegen, wo das Geschoß vor ihm explodieren mußte. Er war wirklich nicht feige, aber vor dem Gedanken, dieses jedenfalls entsetzliche Machwerk mit anhören zu müssen von Anfang bis zu Ende — denn, daß ihm keine Zeile geschenkt werden würde, konnte er voraussetzen — graute ihm mehr als er sagen konnte und am meisten vor der darauf folgenden Notwendigkeit, den jungen Dichter von den Höhen des Parnaß auf die kahle Erde zurückzuführen, denn das hatte er sich vor- genommen, sein Urteil unverblümt zu sagen, selbst auf die Gefahr hin, des angehenden Poeten Freundschaft für immer zu verscherzen. Dieser hatte ihm bisher immer nur den Titel genannt. „Die Oase", vielsagend und heimlich, wie ein Staatsgeheimnis, hatte er es ihm zugeflüstert, und der arme Werner hatte von dem Augenblicke an eine wahre Höllenangst vor diesem Werke, das da droben versteckt im Gastzimmer unter seinem friedlichen Dache lag. Er träumte nachts sogar von dieser Oase, um die für ihn rings die endlose Wüste der Enttäuschung für den armen Dichter lag, dem er nun mal als Erster im Leben den Todesstoß geben mußte.
Er sah im Traume Löwen, Tiger und andere reizende Dinge diese fürchterliche Oase bevölkern, sah ganze Karawanen literarischen Unsinns sein Lager umtanzen.
Ob das Stück am Ende gar in Versen geschrieben war, hatte er sich noch gar nicht zu fragen getraut, aber er war auf das Schlimmste männlich gefaßt, als Heinrich chn eines Abends nach dem Abendessen bat, ihm eine Stunde zu schenken.
Also los! dachte Werner resigniert, als er seinen Gast mit dem unheimlichen Manuskrcht unter dem Arme in sein Zimmer voranschreiten ließ.
„Stört er Sie, wenn ich dabei rauche?" fragte er den Dichter, dessen