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ÄMls- und ÄnzeLgMütt für den Segrk Calw.
82. Jahrgaus
Trsch-.inungStage: Dienstag, Donnerstag, Sams- . Sonntag. JnfertionSprei« 10 Psg. pro Zeile für Stadt
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«n^ BezirkSorte"; außer Bezirk 12 Psg.
Sonntag, de« 4. August 1907
LbonnerncntSpr. in v. Stadt pr. Biertelj. Mt. 1.10 incl. Drügerl. iSterteljührl. PostLezugSpreiS ohne Beiiellz. s. d. Ort«- u. Nachbar, orttseäehr 1 Mt., f. v. sonst. Berkehr Mt. 1.10, Beftellgeib 20 Big»
Tagesueuigreiten.
— Die Bestellung des Oberamtswundarzts Or. Metzger in Calw zum Distriktsarzt der Gemeinden Altbulach, Liebelsberg, Neubulach und Oberhaugstett ist am 31. Juli ds. Js von der K. Regierung des SchwarzwaldkreiseS bestätigt worden.
Monakam 1. Aug. Der König hat der Kirchengsmeinde Monakam zu den Kosten der Kirchenerweiterung und des Pfarrhausbaues einen Staatsbeitrag von 3500 ^ bewilligt.
Altensteig 31. Juli. Die Zufuhr an Vieh auf den gestrigen Jahrmarkt entsprach zwar nicht ganz den Erwartungen, kann aber doch bezüglich des Jungviehs, der Kalbeln und Kühen als gut befahren bezeichnet werden. Fettvieh fehlte, war seinen Grund darin hat, daß in letzter Zeit in den Landorten überall auswärtige Händler in größerem Umfang Einkäufe machten. Auf dem stark befahrenen Schweinemarkt wurde fast alle Ware abgesetzt und zwar Läufer zu 40 bis 80 Milchschwetne zu 22—36 ^ dem Paar nach.
Freudenstadt 2. Aug. Gestern mittag ist Se. Kgl. Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz zu dreiwöchigem Kuraufenthalt hier eingetroffen und hat im „Schwarzwaldhotel" Wohnung genommen. Se. Kgl. Hoheit weilten dieses Frühjahr anläßlich eines Jagdausfluges einige Tage in unserer Stadt.
Stuttgart 2. Aug. Vor einigen Tagen ist hier unter der Firma „Württemberger Zeitung," Th. Kranzbühler G.m.b. H., ein Verlag gegründet worden, der die Herausgabe einer großzügig angelegten Tageszeitung im Laufe des Herbstes bezweckt. Wie wir aus absolut zuverlässiger Quelle erfahren, soll die neue Zeitung eine kräftig nationale Tendenz haben. Gegenwärtig ist man mit dem Bau eines prächtigen Anwesens in der
und
Hospitalstraße 12 (zwischen Hosp-talkirchs Landesgewerbemuseum) beschäftigt.
Stuttgart 2. Aug. Gestern Nachmittag wurde ein Dienstmädchen von ihrer Herrschaft mit einer größeren Geldsumme fortgeschickt, um Rechnungen zu bezahlen. Bei der Rückkehr des Mädchens zeigte es sich, daß dasselbe 700 ^ zu wenig bezahlt hatte. Usber den Verbleib des Geldes macht das Mädchen widersprechende Aussagen. Nicht unmöglich ist es, daß es das Geld, welches in 7 Hundertmarkscheinen besteht, verloren oder weggeworfen hat.
Ludwigsburg 2. Aug. Die freie Lage der Stadt, ihre breiten Straßen und der vielfach als Schotter verwendete Kalkstein fördern die Staubbildung ungemein. Mit Rücksicht auf die hieraus entstehenden Unzuträglichkeiten be- schloffen die bürgerlichen Kollegien, die 3000 ^ hiefür bewilligten, mit Teerung einiger Straßen einen Versuch zu machen. Nusersehen find hiefür außer einem Teil der See- straße dis vordere Schloß- und Stuttgarterstraße, auf denen sich das Militär viel bewegt und sich auch ein lebhafter Verkehr von Fuhrwerken und Automobilen entwickelt. Bewährt sich der Versuch, so dürfte auch die Teerung anderer stark frequentierter Straßenzüge in Angriff genommen werden.
Göppingen 1. Aug. Schwer verunglückt ist in Neu-Ulm, wie bereits kurz mitgeteilt, der Kaufmann Stübler von hier, der in Ulm eine Reserveoffiziersübung absolviert hatte. Er stürzte nach einer Abschiedrkneipe in einem dortigen Restaurant durch das Fenster auf ein über einem Warenhause befindliches Glasdach, das er durchbrach; er fiel mit dem Kopf auf einen im Laden des Warenhauses stehenden, mit Glassachen bedeckten Tisch so unglücklich, daß er sich einen doppelten Schädelbruch und erhebliche Schnittver
letzungen zuzog, im schwerverletzten, bewußtlosen Zustand wurde er ins Krankenhaus verbracht. Es ist noch fraglich, ob er mit dem Leben davonkommen wird.
Göppingen 1. Aug. Die hiesigen Bäcker haben abermals eine Erhöhung des Preises für Weißbrot eintreten lassen, Nachdem der Weiß- brotpreis erst im April d. I. auf 27 --Z per erhöht worden ist, wurde er neuerdings, und zwar mit Wirkung vom 1. August ab, auf 28 heraufgesetzt. Schwarzbrot kostet 26 Die Mehlpreise sind ab 1. August wie folgt festgesetzt worden: Mehl Nr. 0: V« Ztr. 2,30 per Pfd. 21 aZ.
Mehl Nr. 1: Vs Ztr. 2,20 per Pfd. 20 -H.
Tübingen 2. Aug. Gestern um die
Mittagszeit schwebte ein aus dem Schwarzwald kommender Ballon, welcher anscheinend von zwei Luftschiffern besetzt war, über die Stadt dahin. Er nahm dis Richtung gegen Osten und erhob sich rasch zu ziemlicher Höhe.
Konstanz 1. Aug. Bei der demokratischen „Konstanz. Abendzeitung" sollte dieser Tage Haussuchung vorgenommen werden nach dem Manuskript eines früher veröffentlichten Artikels. Das Gericht war von 4 Kriminalschutzleuten begleitet, die das Haus von außen zu bewachen hatten. Dadurch, daß sich der Verfasser des betreffenden Artikels sofort nannte, war das Gericht seiner Arbeit überhoben» die jedenfalls doch keinen Erfolg gehabt hätte. Es handelt sich um einen Artikel „Aus einer mittleren Garnison", der verschiedene mit dem kürzlich erfolgten Tode eines Einjährigen vom Konstanzer Regiment zusammenhängende Umstände scharf kritisiert hatte; ein Oberstabsarzt hatte sich dadurch beleidigt gefühlt.
Gerettet!
Roman von Walter Schmidt-Häßler, Stuttgart.
(Fortsetzung.)
„Wenn ich mal liebe," sagte Werner, „wird's wohl ein armes Mädchen sein, denn auf Reichtum, den ich mir nicht selbst verdient habe, gebe ich nichts, gar nichts!"
„Brav, brav, Herr Graf," stimmte Großmann zu. „Solche Grundsätze find selten und um so bewundernswerter, als sie gerade aus dem Mund eines Mannes kommen, der einen so stolzen Namen trägt wie Sie! — Sie würden also nur Ihrem Herzen folgen in der Wahl Ihrer Gattin?"
„Nur! — Das heißt, wenn ich reich wäre. Ich bin zu sehr ein Kind meiner Zeit, um nicht über Standesvorurteile mich erhaben zu fühlen, was ich mir absolut nicht als Verdienst anrechnen will. Fühle ich einmal im Leben das, was ich unter Liebe verstehe, nicht das jähe Ausflackern einer impulsiven Leidenschaft, sondern das ehrliche Gefühl einer großen und ernsten Neigung, so führe ich diese Eine Bedenkenlos heim, und wenn sie das bescheidenste Bürgermädchen der großen Millionenstadt wäre."
„Ich bewundere Sie immer mehr, Herr Graf," sagte der brave, alte Mann und sah dem Jüngling mit aufrichtigem Entzücken in das schöne, offene Gesicht, das die Abendsonne, die hinter den Buchen und Tannen langsam zu sinken begann, mit dem rosigen Lichte bestrahlte. „Ich kann Ihnen nur herzlich wünschen, daß alle Ihre Wünsche sich erfüllen mögen, auch die geheimsten Ihrer edlen Herzens!"
„Geheime Wünsche habe ich nicht," lachte Werner fröhlich. „Als Student war ich mal verliebt, sogar recht ernstlich, so wett ich'« beurteilen kann. Aber sie nahm einen anderen, vielleicht zu meinem großen Glück, und seitdem hat mir der Ernst des Lebens keine Zeit mehr dazu gelaffen.
Mein einziger Wunsch ist momentan das Glück meiner Lieben und das Gedeihen meiner Wälder und Wiesen."
„Und was ich dazu beitragen kann, das soll mit tausend Freuden geschehen, denn Sie kennen mich auch noch nicht, und so muß ich Ihnen denn sagen, wenn der alte Großmann es mit jemanden gut meint, so steht er auch zu ihm in jeder Lage und meint es nicht bloß gut mit schönen Redensarten, sondern mit dem ganzen ehrlichen Herzen."
„Das glaube ich Ihnen," sagte Werner, den die schlichte Erklärung des biederen Mannes innigst rührte „und ich bitte Sie, auch ohne Redens- arten, halten Sie gute Nachbarschaft und stehen Sie mir bei mit Ihrem erfahrenen Rat! Wollen Sie?" — Und dabei reichte er ihm herzlich die Hand hin, in die der andere kräftig und mit einer gewissen Feierlichkeit die seine legte.
„Ob ich will? Aber gewiß und mit Freuden! Mit dem alten Kopf will ich Ihnen helfen und mit dem alten Herzen, so oft und so viel Sie wollen. Sehen Sie, ich habe ja einen ganzen Schatz von Erfahrungen gesammelt in dem langen und wirklich recht arbeit-vollen Leben, und in dieser Errungenschaft bin ich Ihnen nun mal über. Nun soll er für mich eine ehrliche Herzensfreude sein, aus diesem Tresor nützlicher Erfahrungen Ihnen all das zur Verfügung zu stellen, was Sie brauchen können, um Ihre schönen Ziele zu verwirklichen. Ich wollte, der Himmel hätte mir einen Sohn geschenkt, der Ihnen ein bischen ähnlich ist, der — verzeihen Sie das derbe Wort — so ein ganzer Kerl ist wie Sie!" Dabei flog eine trübe Wolke über das gutmütige Gesicht des alten Mannes, und mit aufrichtiger Teilnahme sagte Werner, während er sich mit Großmann auf den Heimweg begab:
„Macht Ihnen Ihr Herr Sohn Sorgen, Herr Großmann? Er sieht so sanft und liebenswürdig aus, daß man doch nicht annehmen kann, daß er Ihnen Kummer bereitet?"