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Amts-- und Änzergeblatt für den Bezirk Calw.
82. Jahrgang.
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Donnerstag, de« 1. Angnst 1907
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Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortspolizeibehörden
wollen ihren Bedarf an Formularen zu Radsahr- karteu und Verzeichnissen bis spätestens 13. August ds. Js. beim Oberamt anmelden. (Vergl. Min.- Erlaß vom 28. Juni 1907, Amtsblatt S. 283.) Calw, 30. Juli 1907.
K. Oberamt.
^ I. V.: Reg.-Assessor Schmieg.
Bekanntmachung,
betr. den einjährig-freiwilligen Militärdienst.
Diejenigen im Jahre 1888 geborenen jungen Leute, welche zurzeit ihren dauernden Aufenthalt im Königreich Württemberg haben, im Besitze gültiger (Schul)-Zeugnisse über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst sich befinden und die Berechtigung zum einjährigfreiwilligen Militärdienst erwerben wollen, werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Gesuche um Erteilung des Berechtigungsscheines zum einjährig-freiwilligen Dienst alsbald und spätestens bis zum 1. Februar 1908 unter Beifügung der in § 89 Ziff. 4, lit. 3—c bezw. Ziff. 5 lit. 3 der deutschen Wehrordnung (s. Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahre 1901 Seite 275 u. ff.) vorgeschriebenen Papiere, nämlich
3) eines standesamtlichen Geburtszeuguisses,
b) der nach Muster 17 3 zu § 89 der deutschen Wehrordnung erteilten Einwilligungserllärung des gesetzlichen Vertreters, wozu Formulare beim Oderamt oder beim Stadtschultheißenamt Calw erhältlich sind,
c) eines Unbescholtenheitszeugnifses (d. h. Leumundszeugnisses von Geburts- und Aufenthaltsort),
ä) des (Schul-)Zeug«iffes über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst,
bei der Kgl. württ. Pfrüfungskommisfion für
Einjahrig-Freiwillige in Ludwigsburg schriftlich einzureichen sind.
Hiebei wird bemerkt, daß es zulässig ist, schon vom vollendeten 17. Lebensjahre an um Erteilung des Berechtigungsscheins zum einjährig- freiwilligen Dienst nachzusuchen und es sich für die Nachsuchenden empfiehlt, mit der Einreichung des Gesuchs nicht bis zum Eintritt in das militärpflichtige Alter zuzuwarten.
Im übrigen wird auf die Bekanntmachung der K. Württ. Prüfungskommission für Einjährig- Freiwillige vom 15. Juni 1907 (Staatsanzeiger Nr. 181, Beilage) hingewiesen, worin das Nähere über die gedachte Berechtigung, ihre Nachsuchung und den dabei zu führenden Nachweis enthalten ist.
Calw, 31. Juli 1907.
K. Oberamt.
Vo elter.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft betreffend die Abhaltung eines Rundkäsereikurses in Dürren und eines Back- steinkäsereiknrfes in Waltershofen OA.Leutkirch.
Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Lehrsennerei in Dürren ein zweimonatiger Unterrichtskurs über Rundkäserei und an der Lehrkäserei in Waltershofen ein zweimonatiger Unterrichtskurs über Backsteinkäserei abgehalten werden.
In diesen Kursen werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Rundkäserei bezw. der Backsteinkäserei eingeleitet, sondern sie erhalten auch einen dem Zweck und der Dauer der Kurse entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht.
Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen sind die Teilnehmer an den Kursen verpflichtet, die vorkommenden Arbeiten nach Anweisung des Leiters der Kurse zu verrichten und an dem Unterrichte regelmäßig teilzunehmen. Auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigenBücher und Schreibmaterialien selbst anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbeitrag in Aussicht gestellt werden.
Bedingung der Zulassung zu den Kursen sind: ein guter Leumund und genügende Schulbildung. Außerdem müssen die Teilnehmer an dem Rundkäsereikurs das zwanzigste Lebensjahr, die Teilnehmer an dem Backsteinkäsereikurs das sechzehnte Lebensjahr zurückgelegt haben. Auch haben die elfteren den Nachweis einer mindestens zweijährigen, die letzteren den einer mindestens einjährigen Tätigkeit in einem entsprechenden Käsereibetrieb zu erbringen.
Der Beginn der Kurse ist auf Montag, den 21. Oktober d. I. festgesetzt.
Gesuche um Zulassung zu den Kursen sind bis längstens 5. Oktober d. I. an den Vorstand des landw. Bezirksverein Leutkirch, Oekonomierat Farny in Dürren, einzusenden.
Den Aufnahmegesuchen sind beizulegen:
1. ein Geburtsschein;
2. ein Schulzeugnis, sowie der Nachweis einer mindestens zweijährigen Tätigkeit in einem Rundkäsereibetrieb bezw. einer mindestens einjährigen Tätigkeit in einem Backsteinkäsereibetrieb ;
3. wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwilligungserklärung des Varers oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird;
4. ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber, bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für den Bewerber übernommen hat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzukommen;
5. wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zutreffendenfalls immer gleichzeitig mit der Vorlage des Aufnahmegesuchs zu geschehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familienverhältnisse des Bewerbers und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der land-
Gerettet!
< Roman von Walter Schmid t-Häßler, Stuttgart.
(Fortsetzung.)
Ein unbehagliches Gefühl beschlich Werner lediglich bei dem Gedanken, daß eine Frau, die mehrere Tage die seit so langer Zeit nicht benutzten Fremdenzimmer des Ellingenschen Hauses bewohnen, so und so oft alle Gänge und Zimmer durchwandern würde, sehr schnell mit dem geübten Blick der Hausfrau erkennen mußte, daß Werners Haushalt doch den deutlichsten Stempel der Junggesellenwirtschaft trug, wenn auch das liebliche kaum sechzehnjährige Schwesterchen Beate sich redlich Mühe gab, neben der alten Haushälterin, Frau Bräuninger, Ordnung und Wohnlichkeit in den stark verwahrlosten Räumen des umfangreichen Stammschlosses zu halten.
So saß denn Werner, mit dem Großmannschen Briefe in der Hand, der wie eine Bombe in den stillen Waldfrteden geflogen war, im Speisezimmer, neben ihm, den blonden Kopf nachdenklich auf die kleinen Kinderhände gestützt, Beate, und daneben stand, mit ungemein erstem Ausdruck auf dem runden Gesicht, die würdige Frau Bräuninger, und alle drei hielten eingehend und gewissenhaft Kriegsrat, wie man der freundnachbarlichen Invasion am würdevollsten gewachsen sein könnte, ohne die Schwächen der väterlichen Burg zu verraten, ihre Blößen preiszugeben. Kosten durfte die Sache natürlich so wenig als möglich — am liebsten garnichts —, und so einigte man sich denn darauf, die Fremdenzimmer, die sonst eigentlich im zweiten Stock lagen, in den ersten zu verlegen, der außer den durchaus behaglichen und tadellosen Parterreräumen am besten erhalten war, und alle Schäden des ersten Stockes mit dem zu verdecken und zu ergänzen, was im zweiten Stock der Zahn der Zeit und die Verschwendungrwut der vorigen Insassen verschont hatten.
Es ging nun also an ein fröhliches Aufräumen. Trepp auf, Trepp ab flog Beate wie ein junger Kriegsmann, der vor seiner ersten Schlacht steht; mit Feldherrnblick musterte sie jeden Teppich, jede Tapete, jeden Stuhl und Schrank, und Knechte und Mägde schleppten die schweren eichenen Truhen, Geräte und Bilder hinauf und hinunter.
Wo ein Teppich irgend einen Schaden aufwies» wurde derselbe so gelegt, daß man ein schweres Stück Möbel aus die defekte Stelle setzen konnte, das so schwer war, daß es zwei Menschenhände gewöhnlichen Kalibers nicht fortzurücken imstande waren; wo die schönen alten Tapeten Risse oder Löcher zeigten, wurde aus dem zweiten Stock ein Ahnenbild darüber gehängt, das mit Panzer oder Reifrock die Mängel des Hauses schonend verdeckte: über die Türen wurden die uralten herrlichen Gobelins des Mhnen- saales gehängt, von den Fenstern wehten blendend weiße Gardinen, in den Renaiffancevasen auf den Tischen dufteten prachtvolle Blumensträuße, und als Werner mit dem Blick des inspizierenden Generals das Manöverterrain musterte, sah er mit wahrem Entzücken, was Frauenhänd ein wenig Tagen zaubern, ordnen und verschönern können.
Im Speisezimmer blitzte der breite eichene Tisch von dem alten vornehmen Silber derer von Ellingen, von den köstlichen Kristallen und Gläsern, aus denen die Vorfahren den Ertrag der Güter leichtsinnig verzecht hatten, und mit schmerzlichem Lächeln blickte der junge Erbe über die stolzen Reste einer Herrlichkeit, die förmlich nach Errettung zu schreien schien vor gänzlichem Ruin, nach Errettung durch ihn, den vorletzten Träger des stolzen Namen».
Pünktlich um 4 Uhr nachmittags fuhr der elegante Landauer des Gutr- nachbars vor, und auf der obersten Stufe der stolzen Freitreppe trat Werner mit verbindlichem Lächeln den Ankömmlingen entgegen. Herr Großmann war ein behäbiger Fünfziger, ein Mann mit angenehmen Gesichtszügen und sympathischen Manieren, dem man in nichts mehr den Emporkömmling anmerkte, der keine Spur von Protzentum zeigte. Mit fast jugendlicher