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werden mußte. Nach den bei den Instrumenten verstauten Papieren kam er aus Straßburg, wohin ein beigelegtes, bereits vorbereitetes Telegramm sofort abgesandt wurde.
8.V. Bad Teinach 22. Juli. Wie all- jährlich wird nächsten Donnerstag den 25. ds. hier das Jakobifest (Hahnentanz) abgehalten werden. In dem richtigen Gefühle, daß solche altehrwürdigen Volksbräuche zu erhalten seien, haben sich die Gemeinde Teinach, der dortige Schwarzwaldbezirksverein und der Verschönerungr- verein, sowie der Verein zur Erhaltung der Volkstrachten in Schwaben mit Badbesitzer Boßhardt zusammengetan, um wie im vorigen Johre das Fest in würdiger Weise feiern zu können. Der Festzug wird sich 3 Uhr nachmittags vom Rathaus durch die Straßen des Orts bewegen und dann zum Hahnentanz aufstellen, dem noch andere Belustigungen folgen werden. Paare in Volkstrachten, die an dem Festzuge teilnehmen wollen, find herzlich willkommen. Jedermann ist frennd- lichst eingeladen. Also in Hellen Haufen am 25. Juli nach Teinach.
> — Holzbronn 22. Juli. Am Montag,
den 15. d. M,, fand hier unter zahlreicher Be- teiligung der Gemeinde und auswärtiger Gäste die Feier der Grundsteinlegung des Kirchen- und Pfarrhausneubaus statt. Nach dem Gesang der Schüler sprach Herr Dekan Roos die Glück- und Segenswünsche der Hohen Oberkirchenbehörde zu dem nun begonnenen Werk aus. Im Anschluß an 1. Korr. 37 erinnerte er die Gemeinde an die Bedeutung dieses schon seit vielen Jahren herbeigesehnten Tages und legte ihr in warmen Worten den Wert eines würdigen, schönen Gotteshauses und eines am Orte befind- lichen Geistlichen dar. Sodann gab Pfarrverweser Brecht in kurzen Zügen einen Rückblik auf die kirchl. Geschichte der Gemeinde. Ursprünglich find die Gemeindeglieder von Holzbronn nach Kentheim begraben worden, vermutlich also ganz dort eingepfarrt gewesen. Aber schon vor der Reformation gehörten alle Holzbronner in die lange Zeit dem Dekanatamt Wildberg unterstellte Pfarrei Gültlingen, Im Wildberger Amt, damit also auch in Gültlingen und Holzbronn wurde i. I. 1535 durch Ambrosius Blarer die Reformation eingeführt. 1548 kam der Solothurner Jodokus Himmelskron als evang. Geistlicher nach Gültlingen und Holzbronn. Beide Gemeinden hatten vor Alters das Recht, in Kriegslänften ihre Habseligkeiten auf den Gültlinger Kirchhof zu flüchten, der zu diesem Zweck mit Mauer, Graben und Schießscharten befestigt war. Die Gottesdienste in Holzbronn wurden zuerst in der damals vorhandenen Kapelle gehalten. Im Jahre 1758 wurde diese zu der jetzigen, allerdings nun alt und baufällig gewordenen Kirche erweitert und eingerichtet. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Gemeinde von einer Feuersbrunst heimgesucht, die den größten Teil des Ortes in Asche legte. 1832 erhielt sie einen eigenen Kirchhof. In den 70er Jahren, wo die Gottesdienste der Gemeinde etwas vermehrt wurden, stellte es sich heraus, daß die Kirche für einen öfteren Gebrauch ungeeignet sei, weil sie zu feucht, düster und alles auf den engsten Raum zusammengedrängt war. In befriedigender Weise diese Mängel abzustellen war wegen der Lage der Kirche nicht möglich. So faßten denn Männer, denen die Förderung des kirchlichen Lebens sehr am Herzen lag, den Entschluß, durch Gründung eines Kirch- baufonds der Erstellung eines neuen Gotteshauses vorzuarbeiten. Besonders verdient gemacht haben sich um das Werk die nun verstorbenen Glieder der Gemeinde, Schultheiß Dreher, Gemeindepfleger Wacker, Jakob Friedrich Mann und der i.J. 1891 verstorbene Pfarrer Leuze von Gültlingen, sowie die bürgerl. Kollegien durch Verwilligung eines jährlichen Beitrags von 260 ^ zum Pfarrhausbaufond» und eines solchen von 100 ^ für den Kirchbaufondr. Am meisten aber schuldet die Gemeinde Dank der Hohen Oberkirchenbehörde, welche durch Gewährung der Hälfte einer allgemeinen Kirchenkollekte und durch namhafte Zuwendungen aus sonstigen kirchlichen Hilft quellen das Werk so gefördert hat, daß der Baufonds von 4 600 ^ i. I. 1892 auf 35000 ^ i. I.
1901 und auf 45 000 ^ i. 1.1907 angewachsen ist. Im Jahr 1892 wurde Holzbronn entsprechend dem Wunsch beider Gemeinden au» dem Filial- verband mit Gütlingen gelöst und eine eigene Pfarrverweserei hier errichtet. Da durch die nun vermehrten und regelmäßig stattfindenden Gottesdienste die bisherigen Uebelstände nun in ihrer ganzen Schärfe fühlbar wurden, nahm man einen Ersatz für das alte, kleine Kirchlein in Aussicht. Im Jahre 1895 wurde von Oberbaurat Dolmetsch ein Bauplan für eine neue Kirche ausgearbeitet. Auch der Bau eines Pfarrhauses wurde ins Auge gefaßt. Indessen wurde die Kirche so baufällig, daß ihre weitere Benützung in Frage gestellt wurde. So beschloß denn der Kirchengemeinderat am 15. März d. I. den Neubau von Kirche und Pfarrhaus auf einem der Kirchengemeinde gehörigen Grundstück. Kirche und Pfarrhaus werden, um Kosten zu ersparen, in Einem Bau vereinigt werden nach dem Plan von Oberbaurat Dolmetsch, welchem auch die Ausführung des Bauwesens übertragen wurde. Die Kosten des Baues sollen 58800 ^ betragen. Am 27. Mai wurde mit dem Bau begonnen. — Nach Verlesung der Urkunde, die für die Gemeinde interessante Daten und statistische Notizen enlhält, wurde unter dem Gesang des Gesangvereins die lustdicht verschlossene Kapsel mit Urkunde, einem Neuen Testament, Gesangbuch, Münzsatz aus dem Jahr 1907, sowie einigen Tageszeitungen in den Grundstein gelegt. An den Hammerschlägen beteiligten sich je mit einem Segenswunsch Dekan Roos, Pfarrverw. Brecht, Schultheiß Rothfuß, Regierungsrat Voelter, Landtagsabgeordneter Staudenmeyer und Architekt Dieterich. Mit dem Gemeindegesang „Nun danket alle Gott" schloß die für das kirchl. Leben der Gemeinde Holzbronn bedeutsame Feier. — Bei der daran sich anschließenden kurzen geselligen Vereinigung wurden Trinksprüchs ausgebracht von Pfarrverweser Brecht auf das K. Konsistorium und Herrn Dekan Roos, von letzterem auf die Gemeinde Holzbronn. — Möge auch während der Bauzeit mit dem Aufwärtsstreben der Mauern das Interesse der Gemeindeglieder wachsen und die Opferfreudigkeit nicht erlahmen, bis von dem übers Tal schauenden schmucken Turm die Glocken die alte Gemeinde zum neuen Gotteshaus laden^
X Gechingen 22. Juli. Schlossermeister Gustav Gräber von hier verunglückte dadurch, daß ihm bei Ausübung seines Berufs ein Eisensplitter ins Auge drang. Die Verletzung und deren Folgen sind derart, daß seine Verbringnng in eine Stuttgarter Klinik nötig wurde.
Unterreichenbach 22. Juli. Dem heute abgehaltenen Vieh- und Schweinemarkt wurden zugeführt: 71 Stück Kühe und Rinder; 24 St. Ochsen und Stiere; 8 St. Raupen; zusammen 103 St. Obwohl viele Käufer und Handelsleute am Platze waren, gestaltete sich der Handel in zögernder, zurückhaltender Weise. Kühe mit Saugkälbern hatten am meisten Begehr und erzielten bis zu 520 beim Jungvieh wurden gegen den Schluß des Marktes noch zahlreiche Umsätze und Verkäufe gemacht, als die Eigner — wohl in Hinsicht der zu erwartenden geringen Oehmdernte — in ihren Forderungen etwas nachgaben. Milchschweins waren gefragt, aber leider keine zugeführt. Läufer nur einige Paare, die rasch und zu guten Preisen Nehmer fanden.
Oberndorf O.A. Herrenberg 22. Juli. Hier brannte gestern Nachmittag das Anwesen des pens. Schultheißen Landenberger total nieder. Der Brandstifter ist der Sohn des Besitzers, ein geistig schwacher Mensch. Er wurde von einem Steuerwächter, dem gegenüber er sich als Urheber bekundete, ins Amtsgericht eingeliefert.
Stuttgart 22. Juli. Der Polizeibericht meldet: Ein Unbekannter anscheinend ein Kaufmann oder Techniker hat am Samstag nachmittag beim Nachenfahren auf dem Neckar Selbstmord verübt, indem er sich einen Revolverschuß in die linke Brustseite beibrachte, er fiel hierauf in den Neckar und ertrank. Der Unbekannte ist 24 bis 25 Jahre alt, 1,70 m groß, bartlos, hat dunkelblonde Haare, mittlere Postur, volles rundes Gesicht. Er trug guten dunklen Joppenanzug, schwarze neue Schnürstiefel, Manchetten, grüne Cravatte, schwarzen weichen Filzhut, Bambusrohrstock. Auf
dem Rückdeckel derHerrenremontoiruhr ist A. W. eingraviert, auch die Wäsche ist A. W. gezeichnet.
Brettheim O.A. Gerabronn 22. Juli. Das Automobil des Großfürsten Kyrill von Rußland, in dem sich der Großfürst und die Großfürstin befanden, fuhr heute mittag in raschem Tempo auf der Landstraße Blaufelden-Brettheim. Kurz vor Brettheim scheuten vor dem daherfahrenden Kraftwagen die Pferde eines Bierfuhrwerks der Krautschen Brauerei in Riedbach. Es erfolgte ein Zusammenstoß wobei der Bierwagen umge- worfen wurde und sein Führer unter die Fässer und unter den Wagen zu liegen kam. Der Mann trug ziemlich schwere Verletzungen davon. Die Automobilinsaffen sind nicht verletzt worden.
Nabern OA. Kirchheim 23. Juli. Am Sonntag abend stellte sich in der Behausung eines hies. Einwohners ein Fremder ein, mit dem Vorgeben Geheimpolizist zu sein. Er habe den Auftrag, ein Vorkommnis» das sich in der Nähe abgespielt habe, nämlich den Verlauf einer Schlägerei zu untersuchen. Die beiden Leute machten nun Angaben, soweit es in ihrer Möglichkeit lag. Der Pseudodctektiv unternahm sodann in der Nähe Ortsbesichtigungen und kehrte wieder in die Wohnung zurück, um Protokoll über den Tat- bestand auszunehmen, worauf er sich entfernte. Dem Bauer kamen schließlich doch Zweifel über die Echtheit des Kriminalisten. Eine Anzeige beim Landjägerstationskommando und sofortige Fahndung hatten zur Folge, daß der angebliche Geheimpolizist in der Person eines Fabrikarbeiters aus Dettingen entdeckt wurde, der die Leute in grober Weise mystifiziert hatte. Die Strafbehörde wird sich nun mit der Sache zu beschäftigen haben.
Oberndorf 23. Juli. Der Erbauung eines neuen Schlachthauses soll nun ernstlich näher getreten werden. Zu diesem Zweck weilte am letzten Samstag Professor vr. Nebele von der tierärztlichen Hochschule in Stuttgart hier, um mit den städtischen Kollegen die Frage eines Neubaues des hiesigen Schlachthauses zu beraten. Nur wird die Platzfrage wieder der heikle Punkt sein. In Betracht soll ein Bauplatz bei der städtischen Turnhalle kommen.
Tuttlingen 23. Juli. Eine rege Bautätigkeit herrscht zur Zeit am hiesigen Platze. Zum neuen Krankenhaus werden eben die Fundamente gelegt. In der Nähe des Hauptbahnhofs erstellt die Aktiengesellschaft für Feinmechanik einen Fabrikneubau. Die Kosten desselben sind auf 350000 ^ veranschlagt. Sodann werden eine Reihe von neuen Wohnhäusern erstellt; ziemlich viel gebaut wird namentlich im Westen der Stadt, wohin auch später eine zweite katholische Kirche kommen soll. Unterhandlungen wegen eines Bauplatzes hiezu sind schon seit einiger Zeit im Gange.
Karlsruhe 23. Juli. Das Todesurteil gegen Rechtsanwalt Hau ist nachts gegen 12 Uhr gesprochen worden. Kurz vor 10 Uhr begann der Staatsanwalt mit der Begründung seiner Anklage. Er führte noch einmal das Bild, welches die Hauptverhand- lung ergeben, vor Augen. Wenn man dies in einem Werke von Gorki gelesen hätte, so hätte man entsetzt ausgerufen: Grauenvoll aber nur ein Roman. Leider ist es Wirklichkeit. Schon einmal habe der Angeklagte die Waffe gerichtet gegen seine eigene tief unglücklich e F r a u. Er habe sich in Amerika allerdings eifrig bemüht, sich einen Erwerb zu schaffen. Er besaß nur das Geld seines Sozius und später das Geld seiner Frau. Beides hat er vergeudet. Der Staatsanwalt schilderte nun noch einmal das ruhelose Leben des Angeklagten und hielt ihm seine verbrecherische Tat vor. Als man des Angeklagten habhaft geworden sei, simulierte er den Geisteskranken, und hier habe er auf die Frage, ob er die Tat begangen, nichts weiter zu sagen: Er habe keine Antwort. Der Verteidiger Dr. Dietz kritisierte das Verhallen der Anklagebehörde und forderte die Geschworenen zur gänzlichen Freisprechung Hau's auf, da der Jndizien-Beweis in keiner Weise als geschlossen gelten könne. Oftmals bemerkte man, wie Hau den Verteidiger beschwor, in kleinen Dingen nachzugeben, der aber schüttelte den Kopf, ja, er
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