116. Ämts- und AnMgeblaLt für den Ke;irk Calw. 82. Jahrgang.

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Dienstag, den 23. Jnli 1967.

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Tagesnenigketten.

Calw. In Liebelsberg brannte in verflossener Nacht um 12 Uhr das Gasthaus z.Hirsch" (Besitzer Seid) nieder. Ueber die Entstehungsursache ist noch nichts bekannt.

Infolge der vom 1.13. ds. Mts. ab­gehaltenen zweiten Dienstprüfung sind nachstehende Lehrer für befähigt zur Versetzung von Schulstellen erklärt worden: Essig, Karl, von Gcchingen, Klein­bub, Fr., von Calw, Talmon-Groß, Chr., von Neuhengstett.

)( Liebenzell 21. Juli. Am Jakobi­feiertag nächsten Donnerstag Abend, findet in den hiesigen Kuranlagen Konzert mit italienischer Nacht statt.

Stuttgart 20. Juli. Die zweite Kammer hat heute zunächst Anträge der Finanzkommission zum Entwurf eines Gesetzes betr. Aenderungen einiger Schulgesetze beraten und hieran im wesentlichen nur eine allgemeine Beratung geknüpft, in der namentlich zwei Fragen im Vordergrund der Besprechungen. standen, ein­mal die Aufnahme der Lehrer unter die Staats­beamten im Sinne des Beamtengesetzes, sodann die eines Verbots der Annahme von Geschenken durch die Lehrer. Die erste Frage wurde von den Rednern der Volkrpartei, der Sozialdemokratie und der deutschen Partei bejaht, während sich der Bauernbund der Abstimmung enthielt, das Zentrum jedoch auf einen ablehnenden Standpunkt fich stellte. Was die Frage der Geschenkannahme betrifft, so wurde ein Antrag des Zentrums auf Wiederherstellung des Regierungsentwurfs, der

dieses Verbot der Geschenkannahme ausspricht, mit 42 gegen 19 Stimmen des Zentrums bei 10 Enthaltungen abgelehnt. Minister v. Fleisch­hauer hatte sich mit einem Verbot der Geschenk- annahms einverstanden erklärt und weiterhin dargelegt, daß die in einer Resolution beantragte Aufnahme der Lehrer in das Beamtengesetz eine Gefühlssache sei hinsichtlich der den Lehrern ent­stehenden Vorteile. Der Minister bat schließlich um Annahme des Entwurfs zur Besserstellung des Lehrerstandes und zur Erfüllung ihrer schönen Aufgabe. Das Haus nahm den Entwurf mit sämtlichen 77 abgegebenen Stimmen an. In der nun fortgesetzten Beratung des Postetats stand folgender von den Abg. Hieber, Liesching, Kiene und Kraut gestellter Antrag bezüglich der Frage der Portosätze im Orts- und Nahverkehr zur Debatte:1. die K. Staatsregierung wolle vor dem 1. April 1908 keine Aenderung der Portotarifsätze im Orts- und Nachbarortsverkehr vornehmen; 2. die K. Staatsregierung zu er­suchen, für den Fall, daß eine Erhöhung des Portosatzes für Postkarten unvermeidlich ist, für Postkarten im Orts- und Nachbarortsverkehr den Portosatz nicht von 5, sondern höchstens von 3 ins Auge zu fassen und im Benehmen mit der Reichspostverwaltung auf Beseitigung einiger weiterer Unebenheiten bei der Tarifierung von Drucksachen, Geschäftspapieren und Warenproben hinzuwirken." Im Laufe der Debatte fand dieser Antrag nur von sozialdemokratischer Seite Wider­spruch. vr. Lindemann (Soz.) trat nämlich für die Beibehaltung der jetzigen Sätze ein. Seine Fraktion wolle die Tariferhöhung allerdings

nicht für alle Zeiten verhindern, aber jetzt sei eine solche Tariferhöhung nicht nötig. Minister­präsident v. Weizsäcker betonte, daß es sich nicht um eine politische, sondern um eine finanzielle Frage handle. Den Ausgleichsbeitrag würde Württemberg an das Reich doch zu zahlen haben» auch wenn es die Erhöhung der Portosätze nicht vornähme; für den Mehrbetrag müßten dann die württ. Steuerzahler auskommen. Die Porto­verteuerung sei leicht zu tragen. Das Reich werde seine Taxen nicht rückwärts revidieren. Die realen Interessen des Landes müßten gewahrt werden. Der Antrag Lindemann wurde mit allen Stimmen gegen die der Sozialdemokratie abgelehnt und hierauf der obenerwähnte Antrag angenommen. Fortsetzung der Etatsberatung Montag nachmittag.

Stuttgart 20. Juli. In letzter Nacht hat sich auf der Planie hinter dem Bismarckr- denkmal ein dem Arbeiterstande angehöriger Mann einen Revolverschuß beigebracht und fich schwer verletzt. Er ist im Katharinenhospital heute früh gestorben.

Eßlingen 20. Juli. Die Stachel- und Johannisbeerernte ist in vollem Gange. Das Ergebnis ist qualitativ ein sehr gutes, bei den Johannisbeeren steht dagegen das Ergebnis um ein beträchtliches gegen das Vorjahr zurück. Ange­sichts der überaus schlechten Obstausfichten bildet der Ertrag einen willkommenen Ersatz zur Be­reitung von Getränken, mit Zusatz von Zucker und Wasser. Die Preise find deshalb auch ziem- lich hoch und bewegen sich bei Stachelbeeren im

Var Aschemärcheil von Ser Bretagne.

Von B. W. Howard.

(Schluß.)

Ich würde nach Egypten gehen, ohne ihr Lebewohl zu sagen; ich würde die schändlichsten Dinge tun. Nein, um ein rechtschaffener Mensch zu bleiben, muß ich mich von der Ehe fern halten. Ich will nicht leugnen, daß ich auch vorübergehende Anwandlungen habe wie andere Männer, aber ich kann Euch versichern, daß sie verflogen find, sobald ich anfange zu malen. Dazu kommt, daß die Frau, nach der ich mich in solchen schwachen Mo­menten sehne, viel zu gut ist, um ein Opfer meiner Vergeßlichkeit zu werden und viel zu hübsch obendrein, schloß er mit jenem zärtlich lächelnden Blick, den er immer für Frauen und Kinder in Bereitschaft hatte. Unter seinen Freunden herrschte nur eine Stimme:Hamor ist ein sonderbarer Mensch, aber trotz alledem ein prächtiger Bursche. Er hat das Herz auf dem rechten Flecke."

Von seiner frühesten Kindheit an, als noch seine weiche Stimme, sein einnehmendes Lächeln selbst den strengsten Tanten das von ihm ersehnte Stück Kuchen entlockte, welches weniger hübschen Neffen verweigert ward, hatte es nicht nur bei seiner nachsichtigen Familie, auch sonst in der Welt für ausgemacht gegolten, daß Hamor ein höchst vortreffliches Herz habe. Ein solcher guter Ruf hängt dem Menschen nicht weniger zähe an als ein schlechter. Wer Hamors Namen nannte, erwähnte auch meist dabei seines guten Herzens, so daß dies Organ, das wenigstens in seinen Funktionen tadellos war, fast so berühmt wurde wie seine Gemälde.

Als er eines Morgens schnellen Schrittes aus dem Atelier eines Freundes in der Via San Basilio nach Hause ging, begegnete er einer Gruppe Karmelitermönche. In tiefes Nachdenken versunken und voll Eile zu einer fesselnden Arbeit zurückzukehren, war er schon an dem düsteren Zug vorüber, als er plötzlich wie gebannt stehen blib und ven Mönchen nachblickte. Mitten in seinen Gedanken war seinem geübten Auge doch bei der vordersten Gestalt eine Aehnlichkeit ausgefallen, die er sich nicht zu erklären vermochte.Wo kann ich diese Züge schon gesehen haben?

Unter welchen anderen Verhältnissen? Ah, da Hab ich's? In der Bretagne Iss liunnions Thymert ist's und kein anderer I Kein anderer Priester auf Erden hat diese prächtigen Schultern und schreitet so nach Seemanns­art." Er eilte dem Zuge nach, trat auf den Führer zu und rief in freudiger Erregung:Ist es möglich, Sie find's, monsisur 1s eurö, Sie sind er wirklich?" er streckte ihm herzlich beide Hände entgegen.

Der Priester fuhr zusammen, bebte zurück und blickte wild um sich, als wolle er suchen zu entfliehen, dann fügte er sich mit leidender hoffnungs­loser Geduld:Auch das geht vorüber," ermahnte ihn die neue Selbst­zucht und er erstickte das heiß auflodernde Feuer seines alten Menschen.

War das wirklich Thymert? Die warme bräunliche Färbung, die der Seewind seinem Gesicht in den alten Tagen der Freiheit gegeben, hatte einer aschfarbenen Blässe Platz gemacht. Der Glanz in seinen dunklen Augen, die so schützend und liebevoll auf seine öden Inseln, auf seine Fischer der Bretagne geblickt hatten, war für immer erloschen. Ein unergründlicher Trübsinn lag unter den düstern Brauen, und der einst so arglose, wohl­wollende Ausdruck des Mundes war durch strenge, gramvolle Linien zerstört.

Es ist gerade, als wäre der Geist der Jugend in diesem Mann gewaltsam getötet worden, als lebe in seinem Herzen nur die Erinnerung an einen schweren Schiäsalsschlag fort," dachte Hamor tief erschüttert, als Künstler dabei sein beobachtend. Er hielt noch immer den Hut in der Hand und der Sonnenschein fiel auf sein blondes Haar und sein glückliche- sorgloses Gesicht. ,Monsieur Is rsotsur, es macht mir die größte Freude, Sie wieder zu sehen. Hoffentlich haben Sie mich nicht ganz vergessen?"

Ich habe Sie nicht vergessen, Monsieur."

Ich versichere Sie," fuhr Hamor lebhaft fort, ohne fich durch das starre Wesen des Priesters beirren zu lassen, dar ihn gleichwohl verwunderte, ich habe weder Sie noch sonst jemand aus Plouvenec vergessen. Was waren das für glückliche Tage. Wie oft habe ich Sehnsucht gehabt, einen Ausflug nach der Bretagne zu machen, um alle die lieben Freunde wieder­zusehen. Aber so geht's nun einmal im Leben, es ist nicht lang genug, um alle unsere Pläne zu verwirklichen."

Lang genug," wiederholte der Priester, ohne Anteil, ohne Zu­stimmung, ohne Widerspruch.