Spaichingen 13. Juli. In der ver- gangenen Nacht gegen zwei Uhr ist der bekannte Gasthof zum Hirsch, Besitzer Andreas Haller, vollständig niedergebrannt. Außer dem lebenden Inventar konnte wenig gerettet werden. Auch Nachbargebäude wurden beschädigt. Der Abge­brannte soll großenteils versichert sein. Die Ent­stehungsursache ist noch nicht bekannt. Das Feuer, das einen mächtigen Widerschein erzeugte, rief die Spaichinger Feuerwehr rasch zur Stelle, deren Eingreifen es zu verdanken ist, daß die Nachbar­gebäude gerettet werden konnten.

Triberg 10. Juli. Ein freches Gauner­stückchen wurde vor wenigen Tagen in Donau- esch in gen ausgeführt. Die dortige fürstliche Brauerei hatte einen Dampfkessel ausrangiert, der beim Gasthaus zumFalken" lag. Ein auswärtiger unbekannter Mann fragte nun letzte Woche auf dem Bureau an, ob der Kessel verkauft werde, dies wurde verneint. Der Unbekannte engagierte andern Tages einen Fuhrmann, ließ den etwa 35 Zentner schweren Kessel aufladen und kam unbehelligt mit demselben nach Villingen. Dort verkaufte er den Kessel an den Eisenhändler Witz. Vorher hatte er bei demselben sich als Unterhändler ausgegeben und den Preis nach dem Gewicht vereinbart, der ihm auch ahnungs­los ausbezahlt wurde, nachdem das Kaufobjekt am Platze war. Nach dem Gauner wird gefahndet. Der Geprellte dürfte der Eisenhändler sein.

Offenbach 13. Juli. Wie dieOffen­bacher Zeitung" meldet, überwies der Inhaber der Lederfabrik L. Mayer und Sohn in Offen- bach aus Anlaß des 50jährigen Geschäfts­jubiläums dem Pensionsfond der Witwen und Waisen ihrer Arbeiter 100 000 Ferner stiftete Kommerzienrat L. Mayer seiner Vaterstadt Offenbach 200 000 ^ zur Freilegung des Schloß­platzes und der Herstellung eines Monumental- Renaissance-Brunnens mit Parkanlagen.

Frankfurt a. M. 13. Juli. Die hiesige sozialdemokratischeVolksstimme" bringt unter der SpitzmarkeSklavenmarkt im Grand-Bazar" einen Arkikel, worin angegeben ist, die Geschäfts- leitung der genannten Firma habe, durch einen anonymen Brief auf eine Diebin unter ihrem Personal aufmerksam gemacht, sämtliche weiblichen Angestellten, Frauen und Mädchen (300) auf das Bureau bestellt und dort gegen Gesetz und An­stand im Beisein des Portiers einer peinlichen Leibesvisitation unterzogen. In einer Zuschrift an die Blätter teilt die Direktion des Grand-Bazar mit, eine Untersuchung habe stattgefunden, sie habe sich jedoch auf eine Visitation der Taschen beschränkt und sei überhaupt unter vollkommener Wahrung der Sittlichkeit vor sich gegangen. Das Ergebnis der Durchsuchung habe den Ver- dacht, daß Diebstähle verübt worden seien, für

mehrere Fälle bestätigt. In einem neuen Bericht der Volkrstimme hält das Blatt seine ersten An­gaben aufrecht und bemerkt, daß ein Ladenfräulein, das man im Verdacht hat, der Volkrstimme die Untersuchung zuerst berichtet zu haben, von der Direktion gestern sofort entlassen wurde.

Hamm 13. Juli. Wegen Beleidigung des Abgeordneten Erzberger hatte sich der nationalliberale Landtags-Abgeordnete Bern dt gestern vor dem hiesigen Schöffengericht im Privat­klageverfahren zu verantworten. Er hatte in der Hitze des Wahlkampfes in einer Versammlung bei Besprechung der vom Abgeordneten Rören gegen Dernburg angeschlagenen Tonart den Privatkläger einen Kolonialstänker genannt. Dafür wurde er jetzt zu einer Geldstrafe von 20 ^ verurteilt.

Berlin 13. Juli. Staatssekretär Dern­burg tritt heute die Reise nach Ostafrika an und trifft morgen in Neapel ein. In seiner Begleitung werden sich Oberstleutnant Quade vom Oberkommando der Schutztruppe, Geheimer Bau- rat Balzer vom Kolonialamt und Rittmeister Graf 'Henckel von Donnersmarck von den Garde- Kürassieren, zugeteilt dem Kolonialamt, befinden. In Neapel schifft sich der Staatssekretär Dernburg auf dem Dampfer Feldmarschall am Montag nach Ostafien ein.

Berlin 13. Juli. Der neue Gouver­neur von Deutsch-Südwestafrika, Herr v. Schuckmann, sagte in einer Unterredung mit einem Mitarbeiter des Berliner Lokalanzeigers, er hoffe bei den guten Beziehungen, die er mit den englischen Behörden als Generalkonsul in Kap­stadt unterhalten habe, daß es gelingen werde, mit unseren englischen Nachbarn in bestem Einvernehmen zu leben. Die Engländer hätten eine etwa 200jährige Kultur in Südafrika, und wir können und müssen von ihnen lernen. Was die noch in den Lagern befindlichen, etwa 16,000 Kriegsgefangenen betrifft, so gab Herr v. Schuömann der Hoffnung Ausdruck, daß es an­gängig sein möge, diese Leute in möglichst kurzer Zeit als tüchtige Arbeiter zu verwenden.

Paris 12. Juli. Heute früh genossen die Einwohner von Paris das Schauspiel, dem Manöver des lenkbaren Armeeballons Patrie" über ihren Köpfen folgen zu können. Der Ballon, der die übliche Zigarrenform hat, war im Luftschifferpark in Meudon aufgestiegen, schwebte gegen 8 Uhr morgens über dem Bois de Boulogne und nahm dann die Richtung nach dem Montmartre über dS» Stadt hinweg. Trotz ziem­lich scharfen Nordwestwindes segelte er mit be­merkenswerter Geschwindigkeit. Ueber dem In­stitut de France und später über dem Marsfeld beschrieb er Kurven und Kreise. Gegen 10 Uhr kehrte er nach Meudon zurück. Die Probefahrt soll sehr befriedigend ausgefallen sein. Der Ballon

vermag 40 Kilometer in der Stunde zu machen. Bei seiner ersten Probefahrt brachte er es sogar auf 50. Er hatte in den letzten Tagen regel­mäßig kleinere Probefahrten in die Umgebung von Meudon gemacht; die heutige war die erste große. Er wird nur von Offizieren gelenkt und soll in einigen Tagen noch der Festung Verdun, seinem zukünftigen Standquartier, überführt werden.

Grenoble 13. Juli. Zwei Mitglieder eines italienischen Alpenklubs, welche am Mittwoch Abend einen Aufstieg unternommen haben, find das Opfer eines Unfalles geworden. Die Leichen der Beiden sind bereits von Führern gefunden worden. Die Ausflügler waren von einer 400 Meter hohen Felswand abgestürzt.

Nerv-Jork 13.Juli. Von einem bevor­stehenden Flotten-Skandal in den Verein. Staaten wissen New-Iorker Blätter zu berichten. In einem diesen Gegenstand betreffenden Artikel weist der New-DorkerGlobe" auf den Bericht des MarineblattesNavy" hin. Darnach hätten die amerikanischen LinienschiffeKearsarge" und Kentucky" vor der Europareise evidente Fehler an den Geschütztürmen durch angestrichene Holz­panzer verdeckt. Ueberhaupt werde die Flotten- gefechtrstärke zu hoch angegeben. Die Manöver im stillen Ozean kritisiertNavy" als ungeschickt und amateurhaft arrangiert.

Vermischtes.

Wie man eine Wette gewinnt. Einer der Kaisersöhne traf unlängst auf den Pots­damer Militärschießständen einen jungen Offizier, der auf eine Ringscheibe schoß und sofort nach dem Abziehen den getanen Schuß mit: Neun rechts",Zehn unten" noch vor dem An- zeigen zutreffend ansagte. Der Prinz sprach seine Verwunderung über solch gutes Augenmaß aus, nannte es aber Zufall und bot dem Offizier eine Wette an, er könne nicht vorher das Resultat von fünf Schuß hintereinander richtig angeben. Schmunzelnd erklärte sich der Schütze damit ein- verstanden, und man einigte sich auf zwei Flaschen Sekt als Gegenstand der Wette. Fünf Patronen wurden aurgezählt, und der Leutnant begann. Erster Schuß:Vorbei." Der Gefreite am Ziel schwenkte den Anzeigestock zum Zeichen ves Fehlens hin und her. Zweiter Schuß:Vorbei." Dritter Schuß:Vorbei," ein vierter Schuß: Auch vorbei," erklärte richtig der junge Offizier. Ja, aber was machen Sie denn? Ich glaubte, Sie schössen auf die Scheibe," fragte der erstaunte Prinz. Gewiß; ich schieße aber so, um meinen Sekt zu ge­winnen," lautete der trockene Bescheid. Da eine weitereTreffer"probe nicht verlangt wurde, so trug der Bon für zwei Flaschen Schaumwein, die abend» im Kasino eines Garde-Regiments kalt gestellt wurden, den Namenszug des prinzlichen Verlierers.

Unter einem Strom von Segenswünschen aus dem Munde der ganzen großen Versammlung und heftig verflucht von zwei Männern, die abseits auf dem Gemeindeplatz standen, verließ Everett Hamor das Dorf Plouvenec.

Während sein Wagen durch die dunklen Wege zwischen den Granit­mauern und Erddämmen dahinrollte, fuhr der alte Postwagen langsam auf das Dorf zu, und als Hamor sich behaglich in dem Coup« ausstreckte, dessen alleinige Benutzung er sich gesichert hatte, sprang Guenn, ihren Brautstaat unterm Arme, leichtfüßig von dem hohen Kutschbock herab, dankte dem alten Andr« herzlich mit Heller fröhlicher Stimme und schaute sich um, sehnlichst erwartend Hamors liebes Lachen zu hören, den Rauch seiner Cigarrette einzuatmen, oder gar ihn selbst über den Platz schlendern zu sehen. Ein paar Weiber standen in einiger Entfernung. Sie eilte auf sie zu, es waren Mutter Nives und Mutter Quaper, in freundlichster Eintracht bei­einander. Schweigend starrten sie nach ihr hin.

Ei der Tausend," rief Guenn lustig. «Ist denn der Himmel ein­gefallen. daß Ihr zwei Turteltäubchen beisammen seid! Du lieber Gott! was geschehen doch für Wunder, wenn man eine Reise nach Quimper unter­nimmt!" Ihr Helles Lachen schallte über den Platz und Nannic, der es hörte, wand sich vor Schmerz auf dem Boden. Guenns Spott traf heut auf keine spitzige Gegenrede.

Gute Nacht, Guenn," murmelte Mutter Nives und schlürfte nach der einen Seite ab,gute Nacht, Guenn," brummte auch Mutter Quaper und wandte sich zum Gehen.

Ja, was soll denn das heißen?" rief das Mädchen ganz erstaunt. Unmutig wandte sie sich dem hellerleuchteten Gasthaus zu. Unter der großen Eiche, nicht weit vom Eingang zu den Vo^Akurs, stieß sie plötzlich auf zwei Männer, die ihr den Weg vertraten.

Nun!" höhnte die Stimme ihres Vaters;hat dich dein Pinsel von Maler doch glücklich im Stich gelassen?"

Guenn blickte ihm furchtlos in die Augen und lachte:

Warum sollte er nicht gehen, wohin er will?" entgegnete sie schnip­pisch und wollte vorüber.

Doch Rodellec hielt sie zurück.Sechs Monate war er hier und ich habe ihm sein verdammtes Grinsen nicht legen können. Das ist deine Schuld, du Dirne du!"

Seine Schutzengel behüten ihn," sagte Guenn zuversichtlich.

Sie hatte ihr Sonntagskleid an, ihr bestes Brusttuch, die Coiffe mit den schönen Spitzen, den ganzen Putz vom Neviner Gnadenfest. Hatte sie doch einen Auftrag für Mr. Hamor zu besorgen gehabt, da mußte sie sich sehen lassen können. Ahnungslos, sorglos lächelnd stand sie da, das Helle Licht aus den Fenstern fiel auf sie und zeigte, welch' frische lebhafte Farben der Märzwind ihr auf die Lippen und Wangen gemalt hatte. Noch niemals war Guenn so schön und lebensvoll erschienen.

Der junge Nives seufzte laut auf und verschlang sie förmlich mit den Blicken:Wie ein Prinz zog er ab," brummte er unwirsch.Die Leute um ihn herum katzenbuckelten und machten Kratzfüße, und der gnädige Herr Maler lehnte zum Wagen hinaus und winkte huldreich mit der Hand."

Mit einem einzigen Satz war Guenn an seiner Seite und packte ihn ungestüm beim Arm:Was sagt Ihr da?" rief sie atemlos.

Daß er fort ist, du Närrin!" höhnte Rodellec.

Gewiß, ich weiß, zu der Regatta nach Lorient," stieß sie mit heiserer Stimme hervor.

Nach Paris zum Teufel, in den tiefsten Höllenpfuhl wenn'» nach mir ginge. Nun, jedenfalls ist er fort, fort für immer, dein lang, beiniger, milchbärtiger Maler."

Guenn taumelte, als wollte sie zu Boden sinken, faßte sich jedoch noch einmal und trat ihrem Vater in stolzer Haltung gegenüber, ihr Gesicht war totenbleich. (Forts, folgt.)