112.
82. Jahrgang.
Amts- und ÄnzeigeblaLI für den Se;irk Calw.
ErscheinungStage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSprei» 10 Psg. pro Zeile für Stadt uns Bezirlsorte; außer Bezirk 12 Psg.
Dienstag, de« 16. Jnli 1907.
»donnementSpr. in d. Stadt pr. Biertelj. Mk. 1.1» inet.rrligerl.
Bierteljührl. Postdezuglprei« ohne vestellg. s. d. Ort«. u. Nachbar. ortSverkehrIM.,f.b.sonst.»erkehrMk. 1.1», Bestellgeld «Pfg-
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
Am 15. Juli beginnen die Gerichtsferie«. Dieselben endigen am 15. September. Während der Ferien werden nur in Feriensachen Termine abgehalten.
Feriensachen sind:
1. Strafsachen;
2. Arrestsachen und einstweilige Verfügungen;
3. Meß- und Marktsachen;
4. Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter (oder Untermieter) von Wohnräumen oder anderen Räumen, wegen Ueberlassung, Benützung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der eingebrachten Sachen;
5. Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, hinsichtlich des Dienst- und Arbeitsverhältnisses ;
6. Wechselsachen;
7. Bausachen.
Auf Antrag kann das Gericht auch andere besondere Beschleunigung bedürfende Sachen als Feriensachen erklären.
Auf das Mahnverfahren, das Zwangsvollstreckungsverfahren und das Konkursverfahren sind die Ferien ohne Einfluß.
Calw, 15. Juli 1907.
Kgl. Amtsgericht.
Oberamtsrichter Hölder.
Tagesnenigketten.
* Calw 15. Juli. Am gestrigen Sonntag feierte Herr Oberlehrer Den gl er in voller geistiger und körperlicher Rüstigkeit seinen 80jährigen Geburtstag. Die Kollegen des Jubilars sprachen diesem bei einer gemütlichen Unterhaltung in der i>Krone" ihre herzlichsten Glückwünsche zu der Ftter aus. Am Samstag brachte der ev. Kirchengesangverein dem Gefeierten, der dem Verein ununterbrochen 25 Jahre als treues und sangeskräfttges Mitglied an- gehört, ein wohlgelungenes Ständchen. Der Jubilar
hat bekanntlich mehr als 30 Jahre hier als Lehrer gewirkt und sich durch seinen liebenswürdigen Charakter allgemeine Sympathie erworbett. Wir wünschen dem verdienten Manne noch einen langen, gesegneten und schönen Lebensabend.
T Deckenpfronn 14. Juli. Bei der heute stattgehabten Kirchengemeinderatswahl stimmten von 253 Stimmberechtigten 131 ab, so daß kein zweiter Wahlgang nötig wurde. Die seitherigen Mtglieder des Kirchengemeinderats, Gottfried Don - guS, Gottlob Süßer und Jakob Heinrich wurden mit großer Stimmenmehrheit wiedergewählt.
Martinsmoos. Der Bienenzüchterverein des Bezirks Calw hielt gestern hier in der Krone eine Versammlung ab, die von den umliegenden Orten recht gut besucht war, haben doch die Mitglieder des hintern Waldes selten Gelegenheit, einer Bienenzüchterversammlung in der Nähe anzuwohnen. Der Vorstand, Herr Knecht, wurde darum auch von ihnen freundlichst bewillkommt. Nach einem kurzen Rückblick auf unser diesjähriges Bienenjahr, hielt der Vereinsvorstand einen Vortrag über die Behandlung der Bienen bei Wald- und Heidetracht. In leicht verständlicher, ansprechender Weise gab er aus dem reichen Schatze seiner Erfahrung praktische Winke, wie die Bienenvölker auf dem Walde bei guter Tracht ganz anders zu behandeln sind, als an Orten, wo die Bienenweide mit der Heuernte schon zu Ende ist. Große Bauten, große Völker und eine gute Königin find die Hauptbedingungen für den Waldimker. Die Honigräume find fleißig zu leeren, damit der Waldhonig nicht ins Winterlager getragen wird, denn auf Waldhonig überwintem die Bienen schlecht. Hr. Pfeiffer-Oberhaugstett dankte dem Vorfitzenden für den lehrreichen Vortrag und wünschte den Imkern noch einen reichen Honigsegen. Das diesjährige Bienenjahr brachte bis jetzt den Imkern einen kleinen Ersatz für das
vergangene Fehljahr, in welchem der Imker seine Völker vollständig mit Zucker auffüttern mußte, damit sie nicht zu Grunde gingen. Doch machte das kalte Juliwetter einen dicken Strich durch die Hoffnungen der Imker, die sich nun mit einem mäßigen Ertrag begnügen müssen.
Herrenberg 15. Juli. Der in der Vorhalle des Bahnhofs stehende Automat wird seit Wochen immer wieder geplündert ohne daß eine Beschädigung zu bemerken war. Nun ist der Marder in einem 15jährigen Maurerlehrling ertappt worden. Dieser hat eingestanden, daß er mit einem selbstgemachten Stäbchen Chokolade, Cigaretten und andere Päckchen dem Automat zu entnehmen verstanden habe. Er will sein Kunststückchen einem Italiener abgespickt haben.
He.rrenberg 15. Juli. Die Bauersfrau Schittenhelm in Tailfingen ließ bei geöffnetem Fenster ihren zweijährigen Sohn allein in der Stube und ging in den Stall. Der Knabe stieg auf die Bank und fiel durch das Fenster in den Hof herunter. An den erlittenen, schweren Verletzungen ist der Kleine jetzt gestorben.
Vom Gäu 12. Juli. Dar Pumpstationsgebäude für die Gäuwafferversorgungsgruppe in Gündringen ist nunmehr vollendet und die zur Förderung des Wassers erforderlichen Motors ausgestellt. Da die Leitungen in 12 Gemeinden vollständig ausgeführt find, soll im Laufe der nächsten Woche die Inbetriebsetzung derselben erfolgen, während die übrigen 10 Gemeinden erst im Herbst den Anschluß erhalten können. Die Kosten der ganzen Gäuwasserleitung belaufen sich auf ca. 1 100 000 — Der Saatenstand
kann als befriedigend bezeichnet werden. Die Hackfrüchte versprechen einen guten Ertrag, während die Obstausfichten gering sind. Die Hopfen, gärten haben bis jetzt noch einen ordentlichen
Var MscheriMchril von der Bretagne.
Von B. W. Howard.
(Fortsetzung.)
Hamor stürmte hinaus, noch im Gehen die Worte der Depesche vor sich hinmurmelnd:
„Warum keine Antwort auf Sonntag Brief? R. ungeduldig. Komme heut, sonst alles verloren."
„Meinen Brief, Madame," rief er gebieterisch, und drang stürmisch in das innerste Heiligtum der Posthalterin ein.
„Monsieur hat keinen Brief, Monsieur irrt sich und sollte draußen vor dem Schalter bleiben."
„Doch, ich muß einen Brief haben, der schon letzten Dienstag ab- gegeben sein sollte. Ich bitte mir ihn aus — am Schalter bleibe ich das nächste Mal. Mein Name ist Hamor, — H—a—m—o—r."
„Ich weiß, ich weiß, Monsieur," entgegnete sie verweisend, machte sich aber doch daran, verschiedene Briefstöße durchzusehen, die friedlich in ihren Löchern unter 8. und ll'. lagen — überall, nur nicht unter H. Endlich zog sie ein Couvert hervor, das sie mit kritischen Blicken musterte.
„Geben Sie's her," rief der junge Mann hastig. „Es ist die ausländische Handschrift, die Sie irre führt." —
„Monsieur hat recht," versetzte sie kläglich, „es ist ein Kunststück, diese englische Schrift zu lesen —"
Doch Hamor war schon über alle Berge. Hastig überflog er den Brief:
„Dein Bild ist ein riesiger Treffer. R. will dich unbedingt sprechen. Hätte es schon ein Dutzendmal verkaufen können, wenn du einwilligst. Er ist nur ein paar Tage hier und läßt dich auf
fordern, unverzüglich zu kommen; er scheint einen Plan wegen Rom zu haben. Wenn dem so ist, bist du ein gemachter Mann. Meine besten Glückwünsche im voraus. Antworte sofort telegraphisch, du weißt, R. kann's nicht ertragen, wenn man ihn warten läßt."
„Du siehst selbst, daß mir keine Wahl bleibt," sagte Hamor ein paar Minuten später zu Staunton, der sich eingefunden hatte, „ich muß unter allen Umständen fort. Du bist wohl so gut, etwa für mich einlaufende Rechnungen zu begleichen und dafür zu sorgen, daß meine beiden Bilder unter meiner Adresse nach Paris gelangen. Und dann, lieber Junge, sage ihnen allen ein herzliches Lebewohl; es ist mir sehr leid, auf diese Weise so plötzlich fort zu müssen. So viele find hier, von denen ich gern persönlich Abschied genommen hätte! Thymert z. B. Und bitte, Staunton, nimm dich Guenns an. Es wird ihren Stolz schwer kränken, wenn ich gehe, ohne ihr besonders Adieu zu sagen. Aber was kann ich machen — ich habe nicht Zeit, lange nach ihr zu suchen, wenn sie augenblicklich auf- zutreiben wäre —"
„Sprechen Monsieur von Guenn Rodellec?" ertönte hier Madames klare Stimme. „Sie ist noch nicht von Quimper zurückgekehrt. Wollen Monsieur vielleicht irgend welche Botschaft für sie zurücklaffen?" —
„Gewiß, ich wäre Ihnen sehr dankbar, Madame! Sagen Sie ihr, bitte, daß ich ihrer gedacht habe und daß es mir sehr leid sei, nicht mehr Abschied von ihr nehmen zu können. Von Paris aus würde ich ihr etwas schicken und eines Tages würde ich selbst hier sein. Ach, sagen Sie ihr, was Sie wollen, Madame, nur etwas recht Freundliches, Sie wissen schon, wie ich's meine."
„Ich werde es besorgen," erwiderte Madame mit derselben unerschütterlichen Ruhe, als ob es sich um die Bestellung einer Schüssel Back- Hühner handelte. „Monsieurs Wagen steht vor der Tür, dar beste Pferd