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82. Jahrgang.
Amts- und Änzeigeblatl für den Se;irk Calw
PrfcheinuniStage: DienStaz, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Pfg. pro Zelle für Stad t «n« LezirkSorte; außer Bezirk IS Pfg.
Donnerstag, den 11. Jnli 1907.
SbonnementSpr.tn d. Stadt pr.Mertelj. Ml. 1.i0tnel.rrüg«r!.
Blerteljührl. PostdezugSprei» ohne Bejiellg. s. d. Ort«, u. Nachbar. ortSo erleb r 1 Ml., f. b. sonst. Berlehr Ml. 1.10, »estellgeld »0 Pfg-
Amtliche Bekanntmachungen
Bekanntmachung
In der Gemeinde Dennjächt ist eine Telephonstelle errichtet worden.
Es sind nunmehr sämtliche Gemeinden des Bezirks an das Telephonnetz angeschlossen.
Calw, 8. Juli 1907.
K. Oberamt. Voelter.
Au die K. Ortsschnlinspektorate.
Die Hauptkonferenz für 1907 wird am Mittwoch, den 17. Juli d. I- iu Calw im Saal des evaug. Vereinshauses stattfinden und vormittags 9 Uhr beginnen.
Tagesordnung:
1) Aufsatz-Lehrprobe.
2) Vortrag über „die deutsche Sprache".
3) Besprechung des Konferenzaufsatzes von 1906 (Aufsatz in der Volksschule, bzw. Ausbildung des Sprachgefühls bei unseren Schülern).
Die K. Ortsschnlinspektorate wollen von Vorstehendem den einzelnen Schulstellen Eröffnung machen und Eröffnungsbeschetnigung an den Unterzeichneten einsenden.
Liebenzell, 7. Juli 1907.
K. Konferenzleitung.
Marquardt.
Tagesnenigketten.
Calw 9. Juli. Wie wir vernehmen, wird die K. Generaldirektion infolge einer Eingabe des Verwaltungsrats der hies. Feuerwehr am nächsten Sonntag, den 14. Juli, anläßlich der Jubiläumsfeier der Feuerwehr in Nagold einen Vorzug in Calw 11,30 Vorm, abgehend, einschalten lassen, sowie abends einen Sonderzug von Nagold nach Calw, mit Wagen 4. Klasse und Halt auf allen Unterwegsstationen ausführen. Abgang in Nagold 7,30 abends, Ankunft in Calw 8,07.
Calw. Infolge der am letzten Freitag hier abgehaltenen Versammlung des „Textilarbeiterverbands" sind die Arbeiter der Vereinigten Deckenfabriken in eine Lohnbewegung ein
getreten. Ihre Forderungen, die der Firma am letzten Montag zugestellt wurden, lauten auf: Lohnerhöhung von 10 °/o, Einführung des Zehnstundentags unter Wegfall der Vesperpausen, wöchentliche Lohnzahlung, Aushängung von Lohntabellen in den Arbeitsräumen, sowie Abstellung einiger Mißstände.
Calw 9. Juli. Nach einem Vortrag von Handwerkskammersekretär Freytag-Reutlingen fand gestern hier die Gründung einer Freien Schmied einnung für den Oberamtsbezirk statt.
— Der Fremdenverkehrs-Verein Nagold macht bekannt, daß mehrfache Anfragen von Kurgästen nicht beantwortet werden können, da die Zimmervermieter „es bisher nicht für der Mühe wert gefunden haben ihre Zimmer auf dem Rathaus anzumelden".
-j- Stammheim 8. Juli. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag wurde im Gasthaus zum Rößle hier eingebrochen. Vermutlich waren es mehrere Täter. Die Diebe nahmen ihren Weg durch ein Fenster des parterre liegenden Nebenzimmers. In Küche und Keller nahmen sie mit, was Auge und Herz erfreuter eine größere Partie verschiedener Wurstsorten, Schinken, einen Brotlaib und einen Ballen Butter, verschiedene Flaschen Champagner und etliche Bierflaschen. Ein Armkorb wurde zur Beförderung des Raubs in der Küche geholt von wo man auch eine Schürze zur Verdeckung der Schätze mitlaufen ließ. Es ist leider noch nicht gelungen, die Bösewichter bei Vertilgung ihrer Beute zu überraschen.
X Gechingen 7. Juli. Unser sonst so stiller Ort zeigte heute im Festgewande ein überaus bewegtes Leben. Der westliche Gäusängerbund, der 1884 hier durch den indessen verstorbenen Schultheißen Ziegler gegründet wurde, feierte sein 18. Bundesfest. Die Einwohnerschaft hatte reichlich beflaggt und bekränzt, die Straßen waren von einer stattlichen Anzahl Tannenbäumchen flankiert, an den Ortseingängen waren Ehrenpforten errichtet, so daß das Dorf den angenehmsten Eindruck machte und sich schon von weitem als Festort präsentierte. In der Frühe des Festmorgens wurden die Schläfer von der Stammheimer Musikkapelle aus dem Schlummer geweckt. Zwischen 10 und
11 Uhr rückten Gesangvereine aus der näheren und weiteren Umgebung an und um 11 Uhr wurden durch Lehrer Günther hier die Gesamtchöre „Nun bricht aus allen Zweigen" von Billeter, „Ein Mann — ein Wort" von Marschner und „Abschied" von Haasis geprobt. Nachdem sich die Vereine in ihren Quartieren gestärkt hatten, erfolgte um 2 Uhr die Aufstellung des Festzugs, der sich in folgender Ordnung in Bewegung setzte: 6 Festreiter, Musikkapelle, 16 in Weiß gekleidete Festjungfrauen, Bundeslettung, Liederkranz Gechingen, 16 Gesangvereine, Veteranen- und Militärverein, sowie Feuerwehr Gechingen. Nach Ankunft auf dem hübsch gelegenen Festplatz trug der festgebende Verein seinen Begrüßungschor: „Heut an unsrem Festestage seid gegrüßt viel tausendmal" vor, worauf der Bundesvorstand, Lehrer B t ck e l-Stammheim, in herzlichen Worten die Gesangvereine und Festgäste begrüßte, dabei an die Gründung des Bundes vor 23 Jahren erinnernd und dem festgebenden Verein, vor allem seinem rührigen Vorstand Karl Breitling, den Festdamen und der ganzen Einwohnerschaft für den freundlichen Empfang dankend. Hierauf hieß Lehrer Günther von hier namens des hiesigen Liederkranzes alle Gäste herzlich willkommen und pries in seiner in ein mit Beifall aufgenommenes dreifaches „Hell im deutschen Lied" ausklingenden Festrede die Macht des Gesanges. Nunmehr wurden die oben erwähnten drei Gesamtchöre von 9 Bundesvereinen unter der Direktton von Lehrer Günther wirkungsvoll vorgetragen und von den Anwesenden mit reichem Beifall belohnt. In den Einzelvorträgen der Bundes- und Gastvereine boten die Vortragenden ihr Bestes aus ihrem Repertoire und riesen die meisten damit brausendes Bravo hervor. Gegen 5 Uhr verließen nach und nach die Vereine den Festplatz. Ein aufsteigender Luftballon zog längere Zeit die Aufmerksamkeit der Festgäste auf sich. Abends fand im Lamm ein schön verlaufener Festball statt. Der Liederkranz Gechingen blickt mit Befriedigung auf den ungestörten Verlauf des Festes zurück, dank der überaus günstigen Witterung und dank der Aufopferung seiner Mitglieder und der Freunde des Vereins. Noch sei an dieser Stelle allen Dank gesagt, welche durch Dekoration ihrer Wohnungen oder durch Dienstleistungen vor und während des
Var NlcherinSöchen von der Bretagne.
Bon B. W. Howard.
(Fortsetzung.)
„Des langen Wartens müde oder aus Durst nach Grog haben sie sich zurükgezozen, nachdem sie dergestalt ihr Mütchen gekühlt hatten," sagte Hamor verächtlich. „Demnach führten sie überhaupt nichts gar so Schlimmes im Schilde. Guenn muß unglaublich übertrieben haben, sie hat mich ordentlich gruseln gemacht. Ich schäme mich beinahe, dir keine bessere Unterhaltung bieten zu können."
„Und ich bin sehr sroh darüber. Auch halte ich es für ratsam, daß du jetzt mit mir fortgehst; ich glaube nicht, daß Rodellec dir wohlgesinnt, ist, Hamor?"
„Ich weiß, er bewahrt einen alten Groll gegen mich seit unserer ersten Begegnung, das hat aber durchaus nichts auf sich," versetzte Hamor sorglos.
Guenn hatte nicht gewagt» länger als einige Mnuten auf dem Boden liegen zu bleiben. Sie wußte nur zu genau, daß sie daheim sein müsse, ehe ihr Vater ankäme, um tückisch und argwöhnisch mit der brennenden Kerze vor ihren Augen herumzufahren und sich zu überzeugen, ob sie fest schlafe.
Sie schlug den kürzesten Weg durch die Felder ein, aber ihr übermüdeter Körper vermochte sich kaum mehr aufrecht zu erhalten. Als sie in Haus trat, und sich erschöpft auf eine Bank fallen ließ, saß Nannic
mit aufgestemmten Armen am Tische und starrte sie mit seltsam glänzenden Augen an.
„Hast du'« gut gemacht?"
„Ich weiß nicht," antwortete sie matt, „wenigstens ist er sicher — das Bild auch."
„Erzähle," sagte er barsch.
Sie berichtete ihm die einfachen Tatsachen so kurz wie möglich. Ihre Erregung war vorüber, sie war fast zu abgespannt, um Freude zu empfinden. Er lauschte aufmerksam und stellte über einige Punkte verschiedene Kreuz- und Querfragen, wobei sein Gesicht einen eigentümlichen Ausdruck annahm.
Guenn schleppte sich durch das Zimmer und trank eine Taffe Milch. Sie sah totenbleich aus und mußte sich beim Gehen an den Möbeln halten.
„Mach' daß du zu Bette kommst," sagte der Knabe rauh.
»Ich gehe schon. Weißt du, Nannic, ich möchte, du erlaubtest, daß ich Monsieur alles sagen dürfte; wie oft du ihn schon gerettet hast, wie
du alle ihre Anschläge herausbringst, damtt er wüßte, daß niemand —
niemand so klug, so gut und so edel ist wie du."
„Wir wollen doch zufrieden sein, daß er keine Kugel in der Brust,
keinen Messerstich durch die Kehle und kein Loch im Kopf hat," entgegnete der Knabe abweisend. „Wozu alles sagen, was wir wissen? Höchstens verdirbst du mir damit das nächstemal den Spaß."
Sie sah ihn zweifelnd an.
„Ich sage dir, mir ist'« lieber so," meinte er ungeduldig. „Ein Bursche von meinem Körperbau darf sich doch wohl auf seine Weise vergnügen," fügte er bitter hinzu, „ich dächte, das wäre ihm zu gönnen."