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Erzählungen für den Feierabend

Nacht des Schickiais /

Der Hilgartner ackerte im Mondschein. Mit nacktem Oberleib ging er hinter dem Pflug, Furche um Furche riß er auf. Und als er das Feld der Länge nach gepflügt hatte, über­ackerte er es noch einmal in der Quere, um es recht bereit und fähig zu machen. Das Feld war vordem eine wenig nutzbare Hut­weide gewesen, von Steinen bedeckt, die offen­bar ein Wildwasser angeschwemmt hatte. In jahrelanger Mühsal hatte der Hilgartner sie abgesteint, und gestern hatte er die letzten Trümmer weggeschafft und die Erde ge­öffnet.

Er lies; nicht nach, bis er die letzte Furche gebogen hatte. Dann tränkte er das Zugvieh an dem nahen, unscheinbaren Bach, der sanft und säumig seinem Rinnsal folgte, wusch sich den von der Arbeit glühenden Leib und fuhr heim.

Sein Haus leuchtete weiß und sauber in der Nacht. Es lag hart am Bach hinter einem Gärtlein bescheidenen, doch auslangen­den Maßes, darin wohlgeordnet Gemüse und Blumen wuchsen.

..Heut' Hab' ich das neue Feld zuweg ge­bracht". sprach er zu seinem Weib. Sie lächelte. Es war ein starker Schritt auf­wärts in dem kleinen Hauswesen, das die zwei jungen Leute mit zähem Fleiß aus arm­seligem Anfang zu beginnendem Wohlstand gebracht hatten.

Der todmüde Mann sank ins Bett und chlief gleich ein. Das Weib begoß noch sorg- ältiger die Blumen im Fenster, daß sie über Nacht nicht dürsteten, und sie sah. wie der schwüle Himmel wetterleuchtete und die Sterne sich verschleierten.

Ein wilder Donnerschlag weckte die beiden. Die sprangen auf und warfen sich hastig in die Kleider. Ein schweres Nachtgewitter war aufgedämmert und mochte schon eine gute Weile getobt haben, ehe die Schläfer es merkten.

..Der Herrgott geht über Land," flüsterte die Bäuerin. Sie betete.

Ein greller Blitz blendete in die Stube. Ein Donner folgte, als fiele der Himmel her. unter.

Das Vieh im Stall meldete sich ahnungs­voll und Hub an zu Plärren.

Der Hilgartner ging nachschauen, ob nicht dte aufgestörten Tiere ihrer Ketten ledig ge. worden seien.

Die Bäuerin horchte ihm nach. Doch wurde ihr Ohr bald abgelenkt: die Donner draußen ruhten, und in die Stille schob sich ein un­heimliches Brausen, das wachsend sich näherte. Es war nicht der Lärm des Stur­mes. Es grollte groß und fremd daher.

Da stürzte der Mann zur Tür herein, weiß wie der Kalk an der Mauer. ..Das Wasser kommt!" schrie er heiser.

In dem Trieb, etwas zu retten, packte sie das erstbeste Ding und floh damit aus dem Haus. Schütternder Regen empfing sie. .Haß das Vieh aus dem Stall!" ries sie dem Bauern zu.

Der Mond war verloschen. Doch im stän­digen Licht der Blitze sahen sie ein breites, stromarttges Wasser im Tal Herangleilen, das. irgendwo gestaut, in gieriger Eile stieg. Ein ungeheurer Wolkenbruch mochte in den benachbarten Bergen niedergegangen sein.

Der Bauer zerrte an der Stalltür. er brachte sie nicht aus. Das wilde Wasser schoß gewaltig daher und brandete an ihn. daß er wankte. Immer toller quoll der Schrecken aus der Nacht und brach wie ein Räuber in den Frieden dieses Besitzes. Einen entwurzelten Baum flößte es gegen den Stall.

Mit Not entrang sich der Mann dem Ge­äst. Es half ihm nichts, er mußte fern Haus im Stich lassen, wollte er nicht ertrinken oder zerquetscht werden von den herantreibenden Baumungetümen. Er riß kein Weib aus dem Schwall mit sich auf einen Bergabhang.

Tort standen sie und hörten drunten den Welterstrom tosen. Das Weib verhüllte das Gesicht vor der Finsternis und weinte. Er lauschte in das Gebraus und sah stumpf die Umrisse des Sturmes an den schwarzen niedergezerrten Bäumen.

Gegen Morgen rollte das Gewitter ab, der Sturm schwieg und das Sausen in der Tiefe wurde leiser. Da beruhigte sich das Weib. Am Himmel glühte ein klarer Stern, der erinnerte sie an Gott.Wie schön der Stern brennt!" sagte sie schüchtern zu ihrem Mann. Er erwi­derte:Mich tröstet er nicht."

Dann höhnte er sie an:Was hast du denn gerettet?"

Sie sah im grauenden Licht auf ihre Hände nieder und wurde sich bewußt, was sie als ein­ziges aus ihrem Haus mitgenommen halte, einen Topf mit der Passionsblume. Und in die­ser Unheilsnacht war die seltsame Blume er­blüht mit Wundmal, Nägeln und Dornen- kranz.

Der Bach hatte sich wieder in sein Bett zu­rückgezogen, doch arge Spuren verkündeten seine nächtliche Macht. Das Erdreich an dem Ufer war abgerissen, die Hauswiese versandet, der neue Acker aber verheert und mit ange- schwemmlen Steinen neuerdings übersät.

Der Bauer stand davor und stöhnte:Alle Mühsal ist umsonst gewesen. Oh, warum -hat mich nicht der Donner erschlagen?" Sein Weib wagte nicht, ihn zu trösten, sie kannte sein stör- riges, jähes Herz.

Der Zaun um den Garten stand nicht mehr, die Beete waren verwüstet. Das Hauseck, wo ver Stall untergebracht war. war weggerissen. Ertrunken lagen die Kühe an den Ketten, die großen Leiber übereinander; das bunte, täp­pische Kälblein war von einer stürzenden Mauer erschlagen worden.

Das ist zu viel!" murmelte der Bauer. Und er griff nach einem Strick, der an einem Haken hing.

Es öffnet sich leise das Gartentor,

Aus seiner Hütte springt Hektor hervor. So stundenlang warten o welche Pein! Ter längst Erharrte, er tritt nun herern.

In schrecklicher Angst ries das Weib:Was willst du tun?"

Sei still, oder ich schlag' dich tot!" brauste er sie an. In >einer Verzweiflung war er un­zugänglich und böse. Und m seinem Elend schrie er auf:Jetzt fall unser Haus zerfallen und vermoosen! Mir liegt nichts mehr daran!"

Auf ausgewaschenen, zerstörten Steigen war der Bauer hoch ins Gebirge hinaus­gegangen. bis er zu einer einsamen Stelle kam. wo ihn niemand störte, wenn er die Hand an sich selber legte.

Tie Tanne über ihm reckte einen kräftigen Ast aus. Ter Himmel war schön und in ein heuchlerisches Blau gekleidet. Klar schim- inerten die Fernen. Eine Grille schrie grell und die Naben klagten aus der Tiefe. Welt, jetzt gute Nacht!

Aber da stampfte es den felsigen Weg her­aus. Ein Mensch mit einem einzigen Bein kam daher, die Krücke unter swr Achsel, die andere Hand aus einen Stock gestützt beladen mit einem Rucksack. Weit und rüstig griff er aus mit seinem einzigen Bein.

Ehe sich der Hilgartner verstecken konnte, hatte der Wandersmann ihn schon bemerkt. Er trat heran. Aus seinem schmalen Gesicht

schauten Helle, scharfe Augen den Bauern an. der da in der Waldwildnis mit verstörtem Blick und den Strick in der Hand unter dem breiten Ast stand.

Holla, du Zweibeinl" rief der Fremde, willst du den schönen, unschuldigen Baum da verschandeln?"

Das kümmert niemand etwas!" trotzte der Hilgartner.Alle Freud' in der Welt ist mir vergangen. Heut' nacht hat das Wetter aus mir einen Bettelmann gemacht!"

Freund, da schau mich an!" sprach der Wanderer.Im Krieg bin ich um mein Bein gekommen, der Oberschenkel wurde mir aus der Hüfte gerissen. Nicht einmal ein Stumps ist mir geblieben!"

Der Bauer ermaß schaudernd die Verstüm­melung.

Und Hektor stürmt vor in -wildem Lauf,

Und hoch an dem Freunde springt er hinauf. Im Sturme fegen, sie nun ums Haus,

In toller Freude ist Hektor voraus.

Zuerst habe ich mir eine Kugel durch s Hirn läge» wollen.' fuhr der Fiemde iorl ..Mil einem Bein leben, ein hinfälliger Krüp. pel?! Nimmer aui die Berge in die Wälder hinauf können die mir so lieb gewelen sind? Nein! - Aber wie ich gar io hilflos gelegen bin da habe ich vor meinem Bell ein Kind spielen sehen mit einem Skehaiitinännchen. Tas Ding Hai auch nicht mehr Beinx als ich gehabt hat sich aber ledesmal wieder Köst­lich erhoben, so oft es auch niedergedrückt worden ist. Ta Hab ich mir gedacht Tu Mensch, mit einem Herz >ni Leibe willst du dich beschämen lauen von einem loten Hölz. lei»? Und der Wille ist mir gewachsen und ich habe mich autgerasst und leben freien Tag. den mir die Schreibstube läßt gehe ich jetzt heraus rns Gebirge und alle die Berge da vor »ns bis ins Blaue hinein habe ich mit meinem einzigen Bein erstiegen als ein glücklicher Mensch'" Er deutete in die Welt die licht ausgerollt lag.

Ja. heute freu' ich auch über meinen Gott, der mir die Augen gelassen hat daß ich sehe, wie schön sein Gebirge ist der mir die Hände gelassen hat. daß ich mir damit das Brot verdiene, und der das Holz hat wachsen lasten, daraus meine Krücke geschnitzt

ist. Und jetzt leb wohl. Mann mit dem Strick, und besinn' dich!"

Der Hilgartner starrte dem einbeinigen Wanderer nach. der. ein unverrückbares, festes Herz tn der Brust, so hurtig bergauf ging, daß einer mit zwei gesunden Füßen halte zu tun gehabt, Schritt mit ihm zu halten.

Als der Bauer ihn nicht mehr sah. wars er den Strick von sich in das Dickicht und jagte in wilden Sprüngen zu Tal. Eine ge­waltige Lust war in ihm erwacht sich mit allen Mächten des Schicksals zu niesten.

Alis dem Wald tretend sah er sein Weib einsam und geduldig einen der schweren Steine wegwälzen, die den verdorbenen Acker bedeckten.

Ter Hilgartner sprang mit einem rauhen, frohlockenden Schrei hin. entriß ihr de» Stein, hob ihn mit mächtigen Armen und wars ihn weit von sich in de» Bach, und dann stand er aufrecht und lachend in seiner Kraft, als habe er alle Angst vor dem Lebe» von sich geschleudert.

Das Geeicht im Wilds«

LineLpilodeausTeras

von Kar! postl l Schluß)

Bob Rock, der Texasläufer, Hai einen Mord begangen, und von Seelenqualen gefoltert, hat er sich dem Richter gestellt, trotzdem ihm der Richter kameradschaftlich einen Weg zur Frei- heit und zur Rettung vor der Verurteilung zeigt, hat Bob darauf bestanden, für feine Missetat bestraft zu werden. Karl Postl erzählt den Schluß also:

Wir saßen am folgenden Morgen beim Frühstück, als ein ziemlich gut in Schwarz ge- kleideter Mann angeritten kam, abstieg und vom Richter als Bob angeredet wurde. Es war wirklich Bob, obwohl kaum mehr zu erkennen. Start des häßlich blutigen Sacktuck>es, das ihm zuletzt in Fetzen um den Kopf gehangen, hatte er einen Hut auf, statt des Lederwamses an­ständige schwarze Tuchkleider. Der Bart war gleichfalls verschwunden. Der Mann stellte einen Gentleman vor. Mit der Kleidung war auch ein anderer Mensch angezogen. Er schien ruhig, gefaßl, sein Wesen resigniert, ja mild. Mit einer gewissen Wehmut im Blick streckte er dem Richter die Hand dar, die dieser herzlich ergriff und in der seinigen hielt.

Ah Bob!" sprach er,wenn Ihr Euch doch hättet sagen lassen, was Euch so oft gesagt worden! Ließ Euch da die Kleider eigens von New-Orleans bringen, um wenigstens an Sonntagen einen respektabel und dezent aus- sehenden Mann aus Euch zu machen. Wie oft habe ich nicht mit Euch gegrollt, sie anzuziehen und mit uns zum Gottesdienst zu gehen, wenn Mister Bliß drüben predigte! War meine Ab­sicht eiru gute?"

Bob gab keine Antwort.

Bracht Euch just dreimal in sie und in den Gottesdienst, Bob!"

Bob nickte stumm.

Wohl, wohl! Haben alles getan, Euch zu einem Menschen, wie er sein soll, zu bekehren, alles, was in unseren Kräften stand."

Da- habt Ihr", ,prach erschüttert Bob, Gott dank es Euch."

Jetzi bekam ich Respekt vor dem Richter, ich versichere Sie, sehr großen Respekt. Ich drückte ihm die Hand.

Wir waren gerade mit unserem Frühstück fertig, als die erste Abteilung der Männer an- ka - abstieg und eintral. Auf ihren Gesichtern war nichts als das unerschütterliche texasische Phlegma zu lesen. Sie begrüßten den Richter, mich und Bob gleichmütig, ohne eine Miene zu verändern, setzten sich, als frische Schüsseln und Telle, aujgelragen waren, an dem Tische nie- der. langten zu und aßen und tranken mit einem Appetit, den sie wenigstens vierund- zwanM Stunden geschärft zu haben schienen. Während sie atzen, kamen die übrigen. Endlich waren alle gesättigt, und der Alkalde befahl den Negern, die Tafel zu räumen und dann das Zimmer zu verlassen.

Als die Negei beides getan, nahm er am oberen Ende des Tisches Play, vor diesem Bob. Ich hatte mich zurückgezogen wie die zwei Männer, die sich Mordes halber aus den Staaten geflüchtet.

Allmählich nahmen auch die Gesichter einen Ausdruck an, der, weniger phlegmatisch, dem Ernste der Stunde entsprach

Mister Mythe", hob der Richter an,habt Ihr als Prokurator etwas vorzubringen?"

.Ja. Alkalde" versetzte der Prokuraior. Hobe vorzubringen, daß, kraft meines Auf­trages und meines Amtes, ich mich an den von Von Rock angedeuteten Ort begeben, da einen gelöteten Mar-n gefunden, und zwar durch eine Schußwunde gelöteten, ihm beigebracht durch oic Flinke öov Rocks. Ferner einen Geldgür- kel und mehrere Briese und Empfehlungs­schreiben an verschiedene Pflanzer."

Der Richter hörte den Bericht an.

Bob Rock" rief er dann,tretet vor!"

Bob trat vor.

Bob Rock! oder wie Ihr sonst heißen mögt, erk-nn-t Ihr E'ick, schuldia. den Manu, an dem

--.K >. !

HI/;.

MM

Gute Freunde Kur, Hedlokk

Kameraden

Nun sitzen veratmend nach heißer Hatz Geruhig die beiden am schattigen Platz.

Wie beide sich haben! Wer mag es erraten?

Hier ist das Geheimnis: Es sind zwei Kameraden. « tz.