Montag den 16. November 1936

Der Enztäler

91. Jahrgang Nr. 268

In Böhringen, Kreis Urach, geriet der Lohn des Christoph Länge, als er mit Futter- schneiden beschäftigt war, mit der rechten Hand In die Walzen der Futterschneidmaschine, so daß ihm der ganze Vorderarm verstümmelt wurde.

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Ein Lehrling ausHeilbronn machte in sei­ner Kammer mit seiner Zimmerflinte Ziel- und Schießübungen und schoß einem anderen Lehr- ling, der sich ebenfalls in der Kammer aushielt, aus Unvorsichtigkeit das rechte Auge aus.

Der Führer und Reichskanzler hat bei dem elften Kinde des Hans Schmack in- weil bei Ludwigsburg die Patenschaft übernom. men und die Eltern mit einer Ehrengabe erfreut.

In Nordheim, Kreis Brackenheim, fand man am Freitag den 17 Jahre alten Heinz Männich von hier auf dem Eisenbahngleis in der Nähe des Bahnhofs Klingenberg tot aus. Er war vom Zug überfahren worden. Was den jungen Mann in den Tod getrieben hat, ist nicht näher bekannt.

Nach Hugo Herr mann wird nun auch, wie wir erfahren, Hans Grischkat Reutlingen ver­lassen und nach Stuttgart übersiedeln. Der rührige Musiker und erfolgreiche Bach-Interpret hat in Stuttgart seit Ansang 1936 einen eigenen Sing­kreis begonnen, den er ausbauen will und er übernimmt gleichzeitig vom 1. April 1937 ab die Ehorleiterstelle an der Erlöserkirche und später auch den Organistendienst. Hans Grischkat wird die Leitung des Reutlinger Singkreises auch weiter beibehaltcn.

Am 15. November 1866, also vor nunmehr 7V Jahren, wurde die 30.45 Kilometer lange Jagsttalbahn Goldshöfe-Crailsheim als eingleisige Hauptbahn dem öffentlichen Verkehr übergeben.

Altensteig, 14. November. (Spanisch- deutsche SPielschar an der Arbeit.) Die Vorarbeiten der s p a n i s ch-d e ul - scheu Spielschar sind so weit abgeschlos­sen, daß am Anfang der kommenden Woche die Aufführungen beginnen werden. Nach der ersten großen Aufführung am Dienstag tritt die Spielschar sofort ihre Spielreise an. Tie Aufführungen der Spielschar werden einen Einblick in spanisches Volksleben geben. Die Spaniendeutschen haben eine ganz neue. Überraschend schöne Bühnendekoration ge- schaffen, die den äußeren Nahmen der Auf­führungen sichert. Seit mehr als einer Woche arbeiten zahlreiche Frauen, um die nötigen Kostüme herzustellen. Durch die Teilnahme des spanischen Filmschauspielers Crespo, der elbst Mitwirken wird, hat die Spielgemein- chast eine außerordentliche Bereicherung er- ahren.

Heilbronn. 15. Nov. (Schwere Zu- sammenstöße.) Ein Kraftradfahrer mit Soziusfahrer wollte die Friedhofftraße über­queren. Zu gleicher Zeit wollte der Lenker eines Personenkraftwagens die Straßen­kreuzung von der Kernerstraße herkommend in Richtung Friedhofstraße überqueren. Bei dem Zusammenstoß wurden die beiden Motorradfahrer auf die Straße ge­schleudert und mußten schwerverletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Ferner stieß ein Krankenwagen an einer Kreu­zung aus einen Straßenbahnwagen, wobei der Fahrer und sein Beifahrer :m Führerlsaus eingeklemmt und aus die

Windschutzscheibe geschleudert wurden. Mit Schädelbrüchen mußten die beiden Fahrer des Krankenwagens ins Krankenhaus verbracht werden.

Eßlingen, 15. Nov. (Bürgersteuer, senkung.) In einer Beratung mit den Verwaltungsbeirüten verlas Oberbürgermel­ster Dr. Klaiber einen Erlaß, der es dem Stadtvorstand möglich macht, die Bürger- st euer ab 1. Januar um 100 Prozent zu senken. Bisher wurden in Eßlingen 600 Prozent der Reichssätze erhoben, vom 1. Januar ab aber nur noch 500 Prozent. Die Eßlinger Ratshcrren gingen davon aus, daß die Bürgersteuer in der bisherigen Höhe eine starke Belastung des Arbeiters und aller Empfänger von Lohn und kleinem Gehalt darstelle.

Psullendorf, 14. November. (13 jähriger Schüler vermißt.) Vermißt wird seit 13. Juli 1936 in Glashütten, Gemeinde Jll- wangen, Amt Pfullendors, der 13 Jahre alte Schüler Wilhelm Böhm. Es wird vermutet, daß er sich beim fahrenden Volk herumtreibt oder auf einem Bauernhof Unterschlupf ge­sunden hat. Er ist 130 Zentimeter groß und hat dunkelblonde Haare; seine rechte Fuß­sohle ist kürzer, er muß Schuhe nach Maß tragen (Geburtsfehler).

Tübingen, 15. November. (U n treue eines Bürgermei st er 8.) In der Zeit von ausgangs 1928 bis in das Jahr 1936 herein hat der verheiratete 43 Jahre alte frühere Bürgermeister von Herrenoerg, Emil Eipper, die Stadt Herrenberg durch ein fortgesetztes Vergehen der Untreue in Tat­einheit mit einem Verbrechen der einfachen und erschwerten Amtsunterschlagung um mehrere tausend Mark gebracht. Dazu ließ er sich auch noch eine erschwerte Privat- urkundenfälschung zuschulden kommen. Wegen der genannten Vergehen und Verbrechen hatte er sich vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Tübingen zu verantworten. Er erhielt eine Gefängnisstrafe von 15 Monaten und zehn Lagen. Vier Monate und zehn Tage der erlittenen Unter­suchungshaft wurden auf die Strafe an­gerechnet.

Bon stürzender Lünne erschlagen

Untsriflingen. Kr. Freudenstadt. 15. Nov. Im hiesigen Gemeindewald ereignete sich ein schweres Unglück, dem ein blühendes Men- schenleben zum Opfer siel. Mit anderen Ar- beitskameraden mit Holzfällen beschäftigt, wurde der WV-jährige Ludwig Faißt von hier von einer stürzenden Tanne zwar nur g e st r e i f t. jedoch so, daß er nach zwei Stunden seinen schweren Verlet­zungen erlag.

Starkes Zernbeben

Stuttgart, 15. November.

Am Freitag nachmittag wurde von den Instrumenten der württembergischen Erd­bebenwarten Stuttgart. Ravens­burg und Meßstetten wieder ein sehr starkes Fernbebcn ausgezeichnet. In der Stuttgarter Warte (Villa Neitzenstein) kam die erste Vorläuferwelle, die eine Stoß­welle aus etwa NordNord-Osten war. um 13 Uhr 43 Minuten 02.1 Sekunden an. die zweite Vorläuserwelle um 52 Minuten 30,0 Sekunden und die langen Oberslächenwcllen um 14 Uhr 9V- Minuten. Die aus diesen An­gaben berechnete und entlang der Erdober­

fläche gemessene Herdentfernung von Stutt­gart beträgt 8I0Y Kilometer. Die Richtung nach dem Herd weicht von der Nordrichtung um rund 25 Grad nach Osten ab. Der Erd­bebenherd liegt demnach in der Nähe der Insel Sachalin in den nördlichsten Teilen von Japan.

Erwachendes Deutschtum in Amerika

Zur Rede des Stuttgarter Oberbürgermeisters über seine Amerika-Reise

Stuttgart, 15. November.

Im vollbesetzten Feshaal der Liederhalle be­richtete der Präsident des Deutschen Ausland- Instituts, Oberbürgermeister Tr. Strölin über seine Reise nach den Vereinigten Staaten von Amerika im Oktober dieses Jahres. Was er am Freitagabend vor dem großen Zuhörer­kreis von Stuttgarter Volksgenossen über seine persönlichen Eindrücke, Erlebnisse und Erfah­rungen in lebensvoller Darstellung berichtete, ging gleichermaßen über das engere persönliche Erlebnis hinaus und verlor so in keinem Augenblick die große Blickrichtung auf das eine Ziel: wo ist die Seele des Deutschamerikaners zu fassen, wie ist sie wieder zu erwecken zum Glauben und zur Liebe an die alte Heimat und wie ist eine aktive und geschlossene Front erreichbar?

Auf diese wesentliche» Fragestellungen glaubte Oberbürgermeister Dr. Strölin als Ergebnis seiner Neifeersahrungen die zuver­sichtliche Antwort geben zu können, daß un­ter dem Einfluß der Leistungen im neuen Deutschland sich die Stimmung in den Ver­einigten Staaten im ganzen zugunsten Deutschlands zu wenden beginnt. Ob und in welchem Maße diese Stimmung fort­schreitet, hänge, so meinte er. wesentlich da­von ab. daß sich die Deutschamerikaner ihres Deutschtums bewußt werden und daß sie ihre Ausgabe als Mittler zwischen den bei­den Völkern erfüllen. Gerade für diese neue Einstellung seien erfreuliche Ansätze erkenn­bar. Gab es je eine Zeit, wo wir mit be­rechtigterem Stolz und froherem Mut es aussprechen dursten vor aller Welt: Ich bin ein Deutscher." Hier erblickte der mit offe­nem Blick und einem aufgetanen Herzen be­gabte Reisende die wichtigste Voraussetzung für die Ueberwindung des alten Vereins­geistes mit seinen Hemmungen und für die ersten Ansätze zur Bildung einer geschlosse­nen Front aller Amerikadeutschen.

19 EvldarensBmn wurden gewM

Stuttgart, 15. November.

19 Kameradschaften des Soldatenbuiidcs. Buiiüesgruppe V, waren am Sonntag vor­mittag im Hof der Rotebühlkaserne ange­treten. um ihre neuen Fahnen weihen zu las­sen. und zwar 7 Kameradschaften von Groß- Stuttgark allein. 6 von Ludwigsburg und je eine von Besigheim. Bietigheim. Heilbronn, Backnang. Asperg und Göppingen. Bei der schlichten soldatischen Feier konnte der Bun- desgruppensührer, Generalleutnant a. D. von Greifs, nachdem in seiner Begleitung der Kommandierende General des V. Armee­korps, General der Infanterie Geyer, die Front der Abordnungen abgeschritten hatte, eine Reihe von Ehrengästen begrüßen. Wenn diese Fahnenweihe durch die Teilnahme der jungen Wehrmacht ihr besonderes Gepräge erhielt, so wurde dieses Gefühl der Zusam­mengehörigkeit von Wehrmacht und Sol­datenbund noch unterstrichen durch die An» i

spräche des Kommandierenden Generals, General der Infanterie Geyer.

Nach der Ehrung der gefallenen Kamera­den des großen Krieges weihte der Bnndes- gruppenführer die neuen Fahnen als Sym­bole treuer Kameradschaft, als Zeichen enger Verbundenheit mit dem Heer Mid als Sinn­bild unverbrüchlicher Treue Führer und Vaterland. Im Zeichen dieses Gelöbnisses stand auch der Gruß an den Führer und das Spiel der Nationallieder. Ein festlich froher Marsch durch die Straßen der Stadt und ein Vorbeimarsch vor dem Neuen Schloß be­endeten die Fahnenweihe.

Rechtsanwalt Vs. Dr. Arm s

Bürgermeister der Stadt Schramberg Tchramberg, 15. November.

Im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen erfolgte am Freitagnachmittag die Ernennung des Rechtsanwalts Pg. Tr. Ar­nold. Schwenningen, zum hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt Schram­berg. Bekanntlich hatten sich um den Posten zwölf Interessenten beworben. Dem Vorschlag der hiesigen Natsherren hat die Regierung in Stuttgart stattgegcbcn. Am Freitaguach- mittag überbrachten nun die Beigeordneten dem Rechtsanwalt Dr. Arnold nach Schwen­ningen die Ernennungs- bzw. Anstellungs­urkunde mit den besten Glückwünschen der ganzen Stadt. Der neue Bürgermeister ist ein Bruder des Kreisleiters Arnold. Schram» berg-Lauterbach.

Raubmörder Motz Wgeirommen

Der Einbruch in dem Friedrichshafener Wasfengeschäft aufgeklärt

Frirdrichshafen, 14. November.

Mit unerhörter Frechheit wurde, wie be­richtet, in der hiesigen Waffenhand, lung Alfred Knödler ein Einbruch verübt. Der Einbruch ließ bei vielen die Ver­mutung aufkommen. als ob es sich beim Täter um den bekannten, erst kürzlich auS dem Strafgefängnis Heilbronn ausgebroche­nen Einbrecher Jungblut handle. Jungblut, von Vietenbronn, Gemeinde Leupolz, ge­bürtig, ist 27 Jahre alt, 1,73 Meter groß, und dunkelblond. Mit seinem Komplizen Ruß hat er seinerzeit 30 Bauernhauseinbrüche im württembergischen Oberland verübt, wosür er mit 4 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust bestraft wurde. Außerdem war die Sicherheitsverwahrung angeordnet wor- den.

Die Vermutung, daß hier Jungblut am Werke gewesen sei, erwies sich jedoch als falsch. Die Kriminalpolizei in Fried­richshafen hat sofort außerordentliche Fahn­dungsmaßnahmen eingeleitet, und ihr ist eS zu verdanken, daß der Täter noch am gleichen Tag in Lindau fest genom­men werden konnte. Es handelt sich um einen sehr schweren Jungen, der bereits wegen Raubmords im Zuchthaus ge­sessen ist, um den am 12. Januar 1902 in Peitschendorf, Kreis Sensburg (Ostpreußen) gebürtigen ledigen Fritz Klotz. Der Ver­haftete war noch im Besitz der gestohlenen und geladenen Selbstladepistolen. Rur durch das umsichtig« und rasche Verhalten der Polizeibeamten von Lindau ist es gelungen, ein Blutvergießen zu verhindern, indem dem Einbrecher die geladenen Pistolen, die er be­reits auf einen Beamten angelegt hatte, rechtzeitig entrissen wurden.

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Ein halber Blick zur Oberförsterin hin, den Lisel nicht bemerkt, da sie eben die Tasse vollgießt! Die nickt unauf­fällig.

Die Unterhaltung führt nun vorerst Hähnchen. Woher er komme? Hm er habe sich mal das Gelände da draußen, wo demnächst gebaut werden solle, angesehen. Sehr interessant, ja. Die Landmesser seien schon feste bei der Arbeit. Morgen sollen die letzten Punkte abgesteckt werden. Die Bauarbeiten sollen dann Ende des Sommers oder im Herbst begonnen werden.

Lisel erinnert sich. Ach ja, die neue Siedlung.

Es wird ein bißchen mehr Geld ins Bruch kommen", sagt Hähnchen.Bauen bringt immer Geld unter die Leute."

Merkwürdig", wirft Frau Oberförster ein,wenn man sich vorstellt, daß da- nun ein ganzes Dorf aus dem Boden wachsen soll, nicht wahr?"

Na ja aber es werden nicht die Schlechtesten sein, die sich da ansiedeln. Sie müssen schon gute Fäuste haben."

Aber so was erst aufzeichnen, das alles zu entwerfen."

Der Entwurf stammt doch von einem noch jungen Baumeister", redet Hähnchen weiter.Ein Berliner, der das Bruch genau kennt. Die Eltern haben mal hier herum gewohnt. Soll ein ausgezeichneter Plan sein."

Ja?" sagt Lisel ohne großes Interesse.

Sie denkt nur daran, daß Hähnchen hoffentlich nachher mit Frau Klemm gehen wird. Oder sie gehen eben alle zusammen.

Stand doch vor einigen Wochen im Kreisblatt. Wie hieß er doch gleich? Die Leute sind ja mächtig gespannt, wie er aussehen wird. Wie gesagt, noch sehr jung. Richtig komischer Name Peter Himmelreich heißt er? Eigent­

lich 'ne gute Empfehlung, solch ein Name. Und die Siedlung soll .Sperlingsruh' heißen."

Eine Tasse zerklirrt.

Man erwartet ihn spätestens zum 1. September. Er soll aber noch anderweitig zu tun haben."

Das sagt Hähnchen gerade noch, dann bücken sich alle drei nach der Erde. Aber Lisel kniet schon am Tisch und hebt die Scherben auf. Niemand sieht, wie glutrot ihr Gesicht ist. Niemand hört ihre heftigen Atemzüge.

Die schöne Tasse", bedauert Frau Klemm.

Ich hol' nur schnell den Handbesen." - -

Lisel läuft ins Haus hinein.

Aber Kind!" ruft die Oberförsterin verwundert aus.

Einen Handbesen? Wozu? Hier im Freien? Und wie das Mädel rennt! Was hat sie denn nur?

Sie ist doch zu akkurat", sagt Hähnchen begeistert.

Nein, so akkurat ist sie nun nicht, die Lisel. Sie steht in der Küche, lehnt am Herd und hat die Hände auf das wild schlagende Herz gepreßt. Der Name eben hat sie wie ein elektrischer Schlag getroffen. Peter Himmelreich.

Peter

Er ist der Baumeister hier. Er wird kommen. Nicht zu ihr nein. Aber er wird kommen. Cr ist was geworden. Herze Herze sei still. Sie war nur ein armes Spätz- lein, das er einmal in seine Hand nahm. Nein, ein Bau­meister Himmelreich, der ein ganzes Dorf aufbaut, wird nie mehr zu ihr zurückkommen.

Sei ruhig, Herze dummes Herze.

Nie mehr", flüstert sie leise.Nie mehr."

Und es wird.ihr bewußt, daß sie es bis zum heutigen Tage doch noch gehofft hatte irgendwie im tiefsten Grund ihrer Seele.

Mechanisch holt sie die Müllschippe und den Handfeger von der Wand.Nie mehr", sagt es irgendwie aus allen Ecken der Küche, aus allen Winkeln der Stube, deren Tür ossensteht, aus dem Knistern der Fußbodenbretter unter ihren Füßen.

Als sie wieder ins Freie tritt, hat sie den Kopf im Nacken.

Sie hat sogar ein Lächeln um den Mund, als sie sagt:

Es muß doch alles seine Ordnung haben. Scherben im Freien bringen kein Glück, wenn man sie nicht gleich wegfegt."

Die Frau Oberförster lacht ob solchen Aberglaubens. Hähnchen freut sich der anmutigen Beilegungen Lisels, mit denen sie die Scherben zusammenfegt.

Eine Viertelstunde später hat es Frau Klemm plötzlich sehr eilig, sich zu verabschieden. Sie wolle noch zu der Frau Pastor mit heran es könnte sonst zu spät werden. Eigent­lich hätte sie schon längst gehen müssen, aber es habe sich hier so gemütlich gesessen. Also nichts für ungut! Und Hähn­chen werde schon dafür sorgen, daß Lisel wohlbehalten nach Hause komme.Auf Wiedersehen, Lisel nein, nur keine Umstände, bitte, Herr Hähnchen, lassen Sie sich nicht stören" und weg ist sie schon, bevor Lisel noch recht zur Besinnung kommt.

Ja, so ist sie, die Frau Oberförster.-

Die beiden bleiben allein zurück.

Der Kaffee ist längst ausgetrunken. Die Sonne strahlt noch immer. Bald wird der Abend über den Himmel dämmern.

Fräulein Lisel, ich kann mir nicht denken, daß ich ein­mal in einem Hause leben sollte, in dem Sie mir nicht den Kaffee vorsetzen, in dem ich Sie überhaupt nicht mehr sehen sollte. Ich weiß nicht"

Lisel sieht ihn an. Ihre Augen sind weit offen. Es ist ein seltsamer Glanz in diesen Augen.

Ja", murmelt sie und hat ein schwaches Lächeln im Gesicht. Dieses Lächeln ist unendlich rührend.

Hab' ich lange genug gewartet, Lisel liebe Lisel?"

Schweigen. Lisel legt den Kopf in den Nacken, über ihrem Kopf raunt der Kirschbaum. Was hat dieser Kirsch­baum einmal gehört? Zeiten kommen, Zeiten vergehen

Lisel!"

Wie die roten Früchte zwischen den Blättern glühen und locken und duften. Was hat der Baum einmal in ein«»» Frühling gehört?

(Fortsetzung folgt.»