Amts- und Änzeigeblatt für den Bezirk Calw
82. Jahrgang.
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skrscheinunzstage: Dienstaz, Donnerstag. Sams- taz, Sonntag. Jnserttonspret» 10 Pfg. pro Zeile sür Stadt »nb Beztrtsorte; außer Bezirk 1L Pfg.
Donnerstag, den 27. Jnni 1997.
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Neues Quartal.
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Amtliche Bekanntmachungen.
An die Ortsbehörden.
Infolge Errichtung eines Meldeamts in Neuenbürg sind die Marschgebühren für Einberufungen dorthin festzusetzen und werden Nachträge zu den Marschgeldertabellen den Gemeindepflegern übersandt werden mit dem Auftrag, solche in die Tabellen einzukleben.
Den Gemeindepflegern ist hievon unter Eintrag in das Schultheißenamtsprotokoll Eröffnung zu machen.
Calw, 24. Juni 1907.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiteu.
* Calw 25. Juni. In zweckmäßiger Weise schloß sich an das 25jähr. Jubiläum des Militärvereins gestern die Feier des Kinderfestes an. Schon in aller Frühe verkündete die unermüdliche Jugend!kapelle mit Pfeifen und Trommeln dm festlichen Tag, der für die Schuljugend eine so große Anziehungskraft hat und auch den Alten Freude bereitet und manche alte liebe Erinnerungen wieder zurückruft. Nach 12 Uhr sah man festlich gekleidete Scharen von Mädchen und Knaben leuchtenden Auges auf den Festplatz eilen, von wo sich der stattliche Festzug um 2 Uhr durch die Straßen der Stadt in Bewegung setzte. Nach dem Zurückmarsch auf den Brühl wurden von
der jugendlichen Schar die Lieder angestimmt: „Geh aus mein Herz und suche Freud" und „Preisend mit viel schönen Reden", worauf die Verteilung der Kümmelküchlein erfolgte. Alt und Jung erfreuten sich hierauf an den in reicher Abwechslung dargebotenen Spielen der Kinder. Die Knaben vergnügten sich hauptsächlich mit Wettlauf und Schießen, die Mädchen mit der Aufführung von Reigen und anderen Spielen. Großes Ergötzen verursachten die mannigfachen Kletter- versuche an den mit allerlei nützlichen Sachen behangenen Kletterbäumen und die manche komische Situationen hervorbringenden Uebungen an der Drehwalze. Mit Vergnügen sah jedermann den aufsteigenden Ballonen zu, die sich hoch in die Lüfte bis auf Nimmerwiedersehen emporschwangen. Kinematograph» Kraftmesser, Schießbude und Karussell boten jegliche Unterhaltung und für des Leibes Bedürfnisse war in jeder Weise gesorgt. So zeigte sich der Festplatz als ein überaus heiteres Bild der Volksunterhaltung und da das Wetter sehr günstig war, so konnte eine allgemeine Freudeund Lustbarkeit nicht fehlen; überall sah man nur vergnügte Gesichter und Wohlgefallen zu dem Verlauf des Festes. Abends begab sich die Kinderschar wieder im Zug auf den Marktplatz zurück, wo Stadtpfarrer Schmid eine herzliche Ansprache an die Kinder hielt. Mit dem allgemeinen, erhebenden Gesang von dem Lied „Nun danket alle Gott" fand das diesjährige Kinderfest seinen schönen Abschluß.
Bad Teinach 25. Juni. Laut einem aus dem Kgl. Kabinett eingetroffenen Schreiben haben Seine Majestät der König der Brunnenverwaltung Bad Teinach die Genehmigung erteilt, das von ihr zum Versandt gebrachte Mineralwasser der Teinacher Hirschquelle als „Tafelwasser S. M. des Königs Wilhelm II von Württemberg" zu bezeichnen.
Ebhausen 24. Juni. Gestern ereignete sich ein bedauernswerter Unfall durch den Zusammenstoß zwischen einem Radfahrer und einem Automobil bei der oberen Mühle. Der Radfahrer, der auf die Seite des Bahngeleises auswich, wurde von dem Automobil erfaßt und überfahren. Augenzeugen berichten, daß den Radfahrer keine Schuld an dem Unfall treffe. Der Verunglückte, der 18jähr. Maurer Friedr. Theurer von Spielberg erlitt, einen schweren Beinbruch. Die Insassen des Automobils wurden von den Zuschauern veranlaßt zu halten und sie nahmen den Verunglückten, der wohl V« Jahr arbeitsunfähig sein wird, ins Bezirkskrankenhaus nach Nagold. — Der Inhaber des Automobils, G. Schm, aus Eßlingen, hat sich hmte telegraphisch nach dem Befinden des Verunglückten erkundigt.
Herrenberg 22. Juni. Auf dem heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 122 Milchschweine; Erlös pro Paar 22—34 Verkauf gut.
Herrenberg 25. Juni. Ein junger Italiener in Nusringen wollte sich aus Liebes- schmerz, weil seine Liebste mit einem Anderen auf den Tanzboden ging, erschießen. Nach zwei- tägiger Bewußtlosigkeit im Krankenhau« erholte er sich und wird wohl wieder genesen.
Stuttgart 25. Juni. (Strafkammer.) Das schwere Automobilunglück auf dem Schloßplatz, das ein Menschenleben forderte, beschäftigte heute die Strafkammer. Am 20. April frühmorgens gegen 7.25 Uhr rannte ein die Königsstraße herabkommendes Droschkenautomobil, in dem außer dem Chauffeur 2 Männer und 3 Kellnerinnen saßen, die nach Feuerbach fahren wollten, in voller Fahrt auf einen in der Mitte der Straße stehenden elektrischen Beleuchtungsmast
Var Kschermädchen von der Bretagne.
Von B. W. Howard.
(Fortsetzung.)
Hamor hatte die ganze Zeit über als stiller Beobachter dagestanden, mit Teilnahme und Verständnis war er jeder Bewegung des Priesters gefolgt. Er sah, wie Thymert die Kiffen des Sterbenden glättete, wie er ihm die trockenen Lippen anfeuchtete, ihm sein edles Antlitz liebevoll zuneigte, wie er den Frauen andeutete, ruhiger zu sein, und dann wieder gespannt auf die geheimnisvollen Stimmen der Nacht und des Sturmes lauschte, und wie seine dunklen Augen die ihm anvertrauten Seelen zu suchen schienen, voll des sehnlichsten Wunsches, für sie zu leiden, zu sterben, sich für sie aufzuopfern.
Än eisiger Sprühregen» scharf wie Hagelschauer, schlug ihnen entzöge n als sie die Hütte verließen.
„Warum wollen Sie heute Nacht noch hinüberfahren, monsisur 1s rsetsur," fragte ein alter Fischer, der ihnen mit der Laterne hinab an den Strand leuchtete. „Unter jedem Dach würde man stolz darauf sein, Sie beherbergen zu dürfen."
„Ihr wißt ja, daß sie in solchen wilden Nächten ruhelos sind," versetzte Thymert, den Mann ernsthaft anblickend.
„Freilich wohl," erwiderte der alte Bursche verständnisvoll, „auch wundert'» mich nicht."
„Wenn ich bei ihnen auf dem Friedhof bin und ein Gebet für ihre armen Seelen spreche, sind sie doch nicht so ganz allein. Ich verlasse sie niemals in so schlimmen Nächten. Gott schenke ihren Seelen die ewige Ruhe I"
„Amen," fügte der Fischer hinzu, sich andächtig bekreuzend.
Jeans Hand war jetzt ruhig, und die droustts äs la Llort war mit der geschiedenen Seele vorübergezogen.
Der Wind blies Guenn den Wellenschaum scharf ins Gesicht; sie stand ganz durchnäßt da, um zuzusehen, wie man das Boot flott machte.
„Bleiben Sie doch auch hier, Monsieur," wandte sich Thymert zu Hamor. „Sie brauchen durchaus nicht mitzukommen."
„Doch, doch," rief Hamor eifrig. „Ob wir schwimmen oder versinken, ich gehe mit Ihnen."
Der Priestr winkte mit der Hand» als ergäbe er sich leidend ins Unvermeidliche, und bestieg mit Hamor das Boot.
„Gute Nacht, gute Nacht," erscholl es aus den rauhen Kehlen der Fischersleute, „die heilige Jungfrau geleite Euch sicher nach Haus!"
„Gute Nacht!" rief auch Guenns frische Stimme.
„Laufe schnell zurück, Guenn," befahl Thymert, „du bist ja ganz naß. Gute Nacht Kind, schlafe wohl."
Das Boot hob sich auf den brandenden Wogen; schon im nächsten Augenblick war es in der Dunkelheit verschwunden.
18. Kapitel.
Rodellec füllte die Becher auf's neue und warf Hoöl einen lauemde n Blick zu. „Was weiß ich, was da vorgeht, wenn sie eine ganze Nacht von Hause wegbleibt?"
„Ja, wie sollt Ihr das wissen?" knurrte Lo'ic; „hat sie denn da« schon je zuvor getan?"
„Nein, noch niemals," erwiderte Rodellec.
„Aber sie kam ja alle Abend nach Hause, und mousieur 1s rsetsur hat doch immer nach ihr gesehen, was kann da Uebles geschehen sein?" meinte Hoöl mit unsicherer Stimme.
Rodellec füllte abermals die zinnernen Becher, die Männer tranken schweigend ihren Grog.
„Mir ist da« Glück schon längst nicht besonders hold," unterbrach