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Birkenfelder, Calmvacher und Herrenalber Tagblatt
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Nr. 250
Montag den 26. Oktober 1938
»4. Jahrgang
..Ne Herzliche Fühlungnahme wird fortgesetzt"
Vas Deutsche Reich anerkennt das neurömifche Imperium
Berlin, 25. Oktober.
Die politischen Besprechungen mit dem italienischen Außenminister Graf Ciano sind am Samstag nach der Aussprache mit dem Führer und Reichskanzler abgeschlossen worden. Die amtliche Schlutzverlautbarung hat folgenden Wortlaut:
„Im Verlauf des Besuches des italienischen Außenministers Graf Ciano in Deutschland sind in seiner Unterhaltung mit dem Führer und Reichskanzler sowie in verschiedenen Unterhaltungen zwischen ihm und den leitenden deutschen Persönlichkeiten die schwebenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen von größerer Bedeutung erörtert worden, namentlich diejenigen, die beide Länder unmittelbar betreffen. Die Unterhaltungen haben in einer Atmosphäre freundschaftlicher Herzlichkeit stattgefunden. Zur beiderseitige» Genugtuung ist die Ueberein st immung der Auffassungen und die Absicht der beiden Regierunge n festgestellt worden, ihre gemeinsame Tätigkeit auf die Förderung des allgemeinen Friedens und Wiederaufbaues zu richten. Die beiden Regierungen haben beschlossen, zur Durchführung dieser Bestrebungen in Fühlungzu bleiben."
Schon Samstag mittag war über die Aus- spräche des italienischen Außenministers mit dem Führer und Reichskanzler folgende amt- liche Mitteilung veröffentlicht worden:
„Der kgl. italienische Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten, Craf Ciano, wurde vom Führer und Reichskanzler empfangen. In der Unterredung hat der Führer und Reichskanzler dem Vertreter der faschistischen Negierung mitgeteilt, daß die Reichs- reaierungsichzurförmlichenAn- erkennung des italienischen Kaiserreiches Aethiopien entschlossen hat. Der italienische Außenminister brachte zum Ausdruck, daß die faschistische Negierung von dieser Mitteilung in voller Würdigung ihrer Bedeutung mit Genugtuung Kenntnis nehme."
Graf Ciano über das Ergebnis
Ueber das Ergebnis der politischen Bespre. chungen erklärte der italienische Außen- mmrster vor der Presse: „In diesen Tagen habe rch in Berchtesgaden mitdemFüh - rer und in Berlin mit Freiherr von Neurath einen gründlichen Gedankenaustausch über die all- gemeinePolitischeLage gehabt. Dieser Meinungsaustausch hat die feste Absicht unserer beiden Regierungen Noch klarer her- vortreten lassen, unsere gemeinsamen Bestrebungen aufdasallgemeineWerk des Friedens und des Wieder- ausbaues zu richten. Diese gemeinsamen Bestrebungen haben ihre festen Grundpfeiler nicht nur in den Interessen beider Länder, sondern auch in der hohen Aufgabe, die, Deutschland und Italien bei der Ver- teidigungdergroßenzivilisato- rischen Einrichtungen Europas erfüllen. In diesen Rahmen fällt die durch uns vollzogene Neberprüfung der jetzt schwebenden Verhandlungen über die Ersetzung des Locarnoverkrages
Wie Sie wissen, antwortete die deutsche Negierung ebenso wie die italienische bereits auf das britische Memorandum, und beide Negierungen betonten den klaren Willen, an einer Festigung der Grundlagen der Sicherheit mitzuarbeiten, wie sie aus einem Garantiepakt für Westeuropa sich ergeben kann. Wir überprüften auch mit Freiherrn von Neurath verschiedene Seiten des Völkerbunds- Problems. Unsere beiden " Regierungen werden, wie in der Vergangenheit, fortsahren, in einer engen und freundschaftlichen Fühlungnahme zu bleiben. Was
die Lage lm Donauraum
betrifft, so kann ich sagen, daß die vor, ums vor- aenommene Prüfung der Lage, die wir im Lichte der römischen PMoMe und des deutsch
österreichischen Abkommens am 11. Juli vorgenommen haben, uns erlaubt hat, zu unserer gegenseitigen Befriedigung die praktischen und positiven Vorteile zugunsten Oesterreichs festzustellen, die die Politik der beiden Länder schon gezeitigt hat. Die beiden Regierungen werden die den Donauraum betreffenden Probleme in einem Geiste der freundschaftlichen Zusammenarbeit behandeln. Wir haben auch
die Lage Spaniens
erörtert, und es bestand Einverständnis in der Erkenntnis, daß die nationale Regierung des Generals Franco von dem festen Willen des spanischen Volkes in dem größten Teil des Staatsgebietes getragen ist, wo es ihr gelungen ist, Ordnung und bürgerliche Disziplin wiederherzustellen im Gegensatz zu den anarchistischen Zuständen, die dort geherrscht hatten. Gleichzeitig haben wir das Prinzip der Nichteinmischung in die spanischen Angelegenheiten von neuem bestätigt, sowie die Aufrechterhaltung der in diesem Sinne eingegangenen internationalen Verpflichtungen erneut bekräftigt. Es ist überflüssig, hinzuzufügen, daß wir einer Meinung waren darüber, daß Deutschland und Italien keinen anderen Wunsch haben, als daß Spanien — in seiner absoluten sowohl nationalen wie kolonialen Integrität — baldigst seine ihm im Leben der Nationen gebührende große Rolle wieder einnimmt.
Gegenüber den ernsten, die soziale Struktur Europas bedrohenden Gefahren haben der Führer, Frh. v. Neurath und ich andererseits den festen Entschluß des italienischen und deutschen Volkes erneuert, mit allen Kräften das heilige Erbgut der europäischen Zivilisation in ihren großen, auf der Familie und der Nation aufgebauten Einrichtungen zu verteidigen, auf die sie gegründet ist. In diesem Geiste haben wir auch mit Frh. v. Neurath beschlossen.
die kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien
intensiver zu gestalten und gleich nach meiner Rückkehr nach Nom werden wir die Besprechungen für den Abschluß eines Abkommens über den kulturellen Austausch zwischen beiden Ländern beginnen. Wie angekündigt wurde, hat der Führer beschlossen, das italienische Imperium einschließlich Aethiopien anzuerkennen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, mit welcher Befriedigung ich diesen Entschluß ausgenommen habe. Be! dieser Gelegenheit haben wir die italienisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen in bezug auf Aethiopien geregelt, und die verschiedenen schwebenden Fragen werden zur gegenseitigen Zufriedenheit der beiden Länder gelöst werden.
Alle diese Punkte wurden in einem Protokoll festgesetzt, das beim Abschluß unserer Be- sprechungen abgefaßt wurde. Ich kehre nach Italien zurück mit dem
Gefühl der aufrichtigen Bewunderung
für alles, was ich in Deutschland habe sehen können. Diese Gefühle gelten in erster Linie dem Führer, dem ich den Gruß des Duce und des faschistischen Italiens übermittelt habe. Ich kannte Deutschland noch nicht, obgleich ich, wie Sie es sich wohl denken können, in diesen Jahren fast täglich der nationalsozialistischen Bewegung und ihrem glänzenden nationalen Wiederaufleben unter der genialen und schöpferischen Führung des Führers gefolgt brn. Was ich gesehen habe, inachte auf mich einen lebhaften und unmittelbaren Eindruck, und die Fühlungnahme mit Ihren Staatsmännern, die Institutionen, die ich besuchte, die Kundgebungen, denen ich beiwohnte, vervollständigen in meinem Geiste das große Bild des nationalsozialistischen Deutschland, dem ich meine tiefsten und aufrichtigsten Glückwünsche ausspreche.
Die herzliche Fühlungnahme zwischen unseren beiden Regierungen wird fortgesetzt, und unsere Mitarbeit am allgemeinen Friedens- und Wiederaufbauwerk Europas wird in Nom wie in Berlin weiterge- führt luerden in demselben G.e i st
und mit derselben Entschlossenheit, wie wir sie in diesen Tagen begonnen haben."
»
In Berchtesgaden und, von dort zurückkehrend, in München, war der italienische Gast Mittelpunkt herzlicher Begrüßungskundgebungen durch die Bevölkerung, die sich um so mehr steigerten, als der Vertreter des Duce an den Särgen der 16 Toten der Bewegung auf dem Königlichen Platz und am Mahnmal an der Feldherrnhalle Lorbeerkränze niederlegte. Das deutsche Volk hat den Vertreter eines zielverwandten Volkes würdig begrüßt. . .
Die Anerkennung des Kaisertums Aethiopren durch das Deutsche Reich ist in Italien mit großer Genugtuung ausgenommen worden. Das Deutsche Reich hat damit einer Lage Rechnung getragen, die durch den Sieg Italiens politische Wirklichkeit geworden war — im Gegensatz zu jenen wirklichkeitsfremden Elementen in Genf, die gar nicht merkten, daß sie durch ihr Beharren auf etwas nicht mehr Bestehendem nur Werkzeuge wurden jener Kräfte, die unter allen Umständen Unruhe schassen wollen. Mit Recht wird in einer halbamtlichen deutschen Auslassung betont: „Nicht zuletzt im Völkerleben ist es notwendig, mutig die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Nur dann sind zweideutige Lagen und Verstrickungen zu vermeiden, die dem allgemeinen Frieden abträglich sind, nur dann wird es auch möglich sein, aus verfahrenen Lagen herauszufinden und gefährlichen Entwicklungen von vornherein die Spitze abzubiegen. Mit der Anerkennung des italienischen Kaiserreiches Aethiopien wird der Weg beschritten, einen Stein internationalen Anstoßes zu beseitigen. Ein Fortschritt in dieser Entwicklung wird nicht zuletzt im wohlverstandenen Interesse auch des afrikanischen Landes selbst und seiner Bevölkerung liegen."
„Giornale d'Jtalia" schreibt: „Die vom Führer und Reichskanzler ausgesprochene Anerkennung des italienischen Imperiums hat in dreifacher Hinsicht eine klare Bedeutung. Die politischen Beziehungen zwischen Italien und Deutschland werden verstärkt und auf eine höhere Warte gehoben, da diese Anerkennung jede Möglichkeit eines Zweifels oder Gegensatzes, sei es auch nur formaler Art, beseitigt. Ferner wird mit ihr das politische Ergebnis des italienischen Krieges in Afrika, d. h. die endgültige vollzogene Tatsache, angenommen und feierlich bestätigt. Schließlich stellt die deutsche Anerkennung für Italien den realistischen und loyalen Präzedenzfall dar, der den FwiftNeift sgs Ä-inntpft bilden w'rd.
die immer noch zwischen überlebten Fiktionen und dunklen Kuhhandelsabsichten hin und her schwanken. Das faschistische Italien hat sich immer von einer gleichartigen Politik leiten lassen, und erkennt seinerseits die Berechtigung der deutschen Ansprüche, wie sie bei einer großen bevölkernngsreichen und intensiv arbeitenden Nation durch den Verlust aller ihrer früheren Kolonien entstanden sind, an."
Aufhebung der englischen und französischen Gesandkschafken in Addis Abeba?
Für die Londoner Presse ist die deutsche Anerkennung der italienischen Oberhoheit in Abessinien das Ereignis des Tages. In großen Schlagzeilen bringen alle Zeitungen die Nachricht, wobei sie sich jedoch jeglicher Stellungnahme enthalten. Der „Star" deutet in diesem Zusammenhang an, daß die englische und die französische Regierung in nicht allzu ferner Zeit einen gleichen Schritt tun würden. Danach sollen das Foreign Office und der Quai d'Orsay beabsichtigen, ihre Gesandtschaften in Abessinien in Generalkonsulate umzu- wandcln. Das Blatt schreibt dazu, dies zeige deutlich, daß man Abessinien nicht mehr als souveränen Staat betrachte. Ein solcher Schritt wäre der Preis für die Beteiligung Italiens an einer Fünfmächte- k o n f e r e n z.
Graf Ciano heimgekehrk
Nach dem Presseempfang begab sich Graf Ciano, der beim Verlassen des Hotels von
der angesammelten Menge herzlich begrüßt wurde, zum Flughafen Oberwiesenfeld, wo bei schönstem Wetter eine viermotorige Maschine der Lufthansa bereit stand. Zur Verabschiedung hatten sich dort zahlreiche Gäste eingefunden. Auf dem Rollfetde hatte eine Ehrenkompanie der SS.-Verfügungs- truppe mit Musikkorps Ausstellung genommen. Graf Ciano schritt mit Gauleiter Wagner, dem deutschen Botschafter in Rom, von Hassell, und Botschafter At - 'tolico die Front ab und wechselte dann mit Gauleiter Wagner herzliche Abschiedsworte, in denen er nochmals seinem Dank und seiner Freude über den begeisterten Empfang Ausdruck verlieh, der ihm in München zuteil geworden war. — Nachdem sich der Außenminister auch von den zur Verabschiedung erschienenen deutschen und italienischen Herren verabschiedet hatte, bestieg er das Flugzeug, das um 10.15 Uhr startete.
" Der italienische Außenminister Graf Ciano ist Sonntag mittag kurz nach 13 Uhr im Flugzeug, von München kommend wieder in Rom ein getroffen. In seiner Begleitung besand sich auch Botschafter von Hassel l.
„Ein Wendepunkt der Geschichte"
Paris, 25. Okt. Der Schlußbericht über die deutsch-italienische Aussprache und die vor der Presse abgegebenen Erläuterungen des italienischen Außenministers werden von der französischen Presse wiedergegeben. So mißt man in diesem Augenblick der Erklärung, daß Deutschland und Italien auch weiterhin sich in die spanischen Angelegenheiten nicht ein- mischen werden, besondere Bedeutung bei. Hierzu bemerkt der „Temps", diese Erklärung dient, wie man anerkennen muffe, der Wahrung des Friedens viel mehr als die von Sowjetrußland im Londoner Neutralitäts- ausschuß eingenommene Haltung. Der Son- derberichtxrstatter des „Paris Midi" spricht von einer Konferenz, die unbestreitbar als ein „Wendepunkt der Geschichte" zu gelten habe.
, Als bedeutungsvoll stellt der „Temps" in seinem Leitartikel folgende Punkte heraus: Kein festes Bündnis, sondern eine gemeinsame Aktion zu Gunsten des Friedens und des Aufbauwerkes, sine gemeinsame Haltung in der Frage eines neuen Sicherheitssystems für Westeuropa; übereinstimmende Politik in Mitteleuropa, Beibehaltung der Nichteinmischung in die spanischen Angelegenheiten; gemeinsame Abwehr gegen den Kommunismus. Man würde die Augen vor einer offenkundigen Tatsache verschließen, meint das Blatt, wolle man glauben, daß die Entwicklung der internationalen Lage dadurch nicht ernstlich beeinflußt werden könnte,
SMkllt verhaftet
Straßcnkundgebungen in Brüssel
Brüssel, 25. Oktober.
Wie die belgische Telegraphenagentur meldet, ist der Führer der Rexbewegung, Leon De grelle, in Brüssel am Sonntagvormittag verhaftet worden. Außer Degrelle wurden auch der Senator Lavier de Grulle, der Abgeordnete Raphael Sindic sowie mehrere Rexisten, die im Pro- paganda- und Ordnungsdienst der Bewegung tätig sind, verhaftet.
Die Verhaftung erfolgte nach Schluß der 12-Uhr-Messe in der Kathedrale St. Gudule, wohin Degrelle seine Anhänger in der vergangenen Nacht heimlich beordert hatte. Als die Messe vorüber war und eine zahlreiche Menschenmenge, darunter besonders viele Rexisten und frühere Frontkämpfer, das Gotteshaus verließen, hielt Degrelle vom Balkon seines Hauses, das gegenüber der Kirche liegt und von ihm gemietet worden war, eine Ansprache. Als er dann das Haus verlassen wollte, wurden er und seine Begleiter von Polizeibeamten umringt und verhaftet. Die Massenversammlung, die um 13.30 Uhr trotz des Verbots der Regierung stattfinden sollte und zu der Degrelle noch im Laufe des Vormittags zahlreiche Einladungen verschickt hatte, wurde daraufhin abgesagt.
Die Nachricht von der Verhaftung Deg- relles verbreitete sich in der Stadt wie ein Lauffeuer. Im Zentrum der Stadt war ein Heer von Polizeibeamten und berittenen Gendarmen aufmarschiert, um die Ordnung