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festgesetzt. Erwünscht ist noch die weitere A n - Meldung von Knaben zum Schwimmunterricht.
* Calw 8. Juni. Der Bürgerverein macht morgen einen Ausflug nach Mannheim zur Besichtigung der Kunst- und Gartenbau- ausstellung. Die Anlage der Ausstellung ist nach Entwürfen hervorragender Architekten und Landschaftsgärtnern errichtet und macht einen imposanten Eindruck; die Gartenbauausstellung ist von großartiger Schönheit. Das Programm steht außer dem Eintritt in die Ausstellung auch noch die Besichtigung der Stadtparks, des Rhein- Hafens u. s. w. vor. An dem Ausflug wird sich eine stattliche Zahl von Mitgliedern beteiligen.
— Bei der am 6. Mai ds. Zs. und au den folgenden Tagen vorgenommenen niederen Eisenbahn d ienstpr rifun g sind für befähigt erkannt worden und in das Verhältnis von Eisenbahn- gehilfcn eingetreten:
Güttinger, Christian von Liebenzell,
Widmaier, Robert von Hirsau.
§ Liebenzell 7. Juni. Der heutige neu eingerichtete Wochen markt hat sich ganz gut eingeführt. Erst schickten die Frauen ihre Mädchen zum Marktplatz und als dann diese be- richteten, daß der Markt reichlich mit Gemüse und Blumen, auch mit Butter, Eiern und Obst beschickt sei, kamen die Hausfrauen selbst, anfangs ängstlich, später gruppenweise an die Marktstelle heran; auch die Gastgeber waren gute Abnehmer; die zum Verkauf gebotene Ware war schön und fand raschen Absatz, sodaß Verkäufer und Käufer befriedigt sein konnten. Große Nachfrage war nach frischen Eiern, Geflügel und Butter vom Lande. Es wäre daher sehr zu begrüßen, wenn künftig auch die Landleute ihre Ware jeden Freitag hieher auf den Markt bringen würden. Der zweckmäßigen Einrichtung ist bestes Gedeihen zu wünschen.
Stuttgart 6. Juni. Die zweite Kammer setzte heute die Beratungen bei Kapitel 41, Straßenb au fort: Zu Titel 7a bringt Staudenmeyer (Vp.) Klagen über die Flößerei auf der Nagold vor. Die industriellen Anlagen werden bei jedem Passieren eines Floßes schwer geschädigt. Das sei für die Betriebsleiter und Arbeiter ein gleich großer Nachteil. Redner gibt eingehende Mitteilungen über die Höhe des Schadens. Daher werde von diesen Kreisen das Ende der Flößerei geradezu herbeigesehnt. Auch die Landwirtschaft teile diesen Wunsch. Andrerseits sei es nötig, zum Ersatz der Flößerei Straßen zu bauen. Daher sei die Exigenz des Etats gerechtfertigt. Die zu bauenden oder auszubanenden Straßen seien angegeben. Auch eine Bahn von Wildbad nach Freudenstadt wäre empfehlenswert. Der Umbau des Altensteiger Bähnchens in eine Normalspurbahn sei dringend nötig. Er würde wünschen, daß die Bauten der Straßen rascher vor sich gehen, so daß schon 1912 die Flößerei einge
stellt werden könnte. Die Zahl der Floßtage könnte verringert werden. Rösler (D. P.) schließt sich dem Vorredner an. Industrie und Landwirtschaft leiden gleichermaßen unter der Flößerei. Im Enz- tal seien die Wasserwege oft niedrig, so daß oft weite Strecken unter Wasser gesetzt werden. Er bitte, zum Schutz solcher geschädigter Gelände und zur Entschädigung der Besitzer die nötigen Maßnahmen zu treffen. — Schaible (K. B.): Die Interessen der Waldbesitzer und der Werkbesitzer seien hier verschiedene. Die Waldbcsitzer wünschen Verzögerung der Aufhebung der Flößerei wegen der billigen Wasserwege. Die Schmalspurbahn Altensteig-Nagold sei an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, der Wunsch nach ihrem Umbau sei zeitgemäß. Um die Ausnützung der freiwerdenden Wasserkräfte bewerben sich schon jetzt Gemeindeverbände und Private. Eine Erklärung der Regierung über den Zeitpunkt der Einstellung der Flößerei wäre wünschenswert. Min. Or. v. Pischek verweist auf die im Etat gegebene Denkschrift betreffend Wegbauten für die Aufhebung der Flößerei auf der Enz und Nagold. Er sei in Erwägung eingetreten, ob nicht die Flößerei auf der Enz bis Pforzheim vorerst beibehalten werden könnte. Von Pforzheim abwärts könne die Flößerei aufgehoben werden. Dafür wolle man zuerst die Flößerei auf der Nagold aufheben; es kommen da Straßenbauten im Betrag von 240000 in Betracht. Die könnten schon in 4 Jahren cms- geführt werden. Die Wafferwerksbesitzer hätten Beiträge bei der Aufhebung der Flößerei zu leisten, da sie jetzt durch sie bedeutenden Schaden haben. — Wasuer (Soz.): Die Aufhebung der Flößerei werde von keiner Seite als Schaden empfunden. Eine Aenderung müsse herbeigeführt werden. Er unterstütze die Anregung des Wg. Staudenmeyer. — Ber -Erst. Haug (B. K.): Die Flößerei solle aufgehoben werden und die Werkbesitzer Beiträge leisten, wie es auf dem Neckar geschehen sei. — Die Titel 7 a und 8 werden angenommen. — Kapitel 41 handelt von der N'eckarfchiffahrt. Hierzu liegt folgende Resolution der Volkspartei vor: „Die Kammer erachtet die Hebung der Schifffahrt auf dem Rhein und die Schiffbarmachung des "Neckars und Mains für ein allzulang vernachlässigtes Bedürfnis der vom Meer abgelegenen südlichen und südwestlichen Teile Deutschlands. Sie HM die Befriedigung dieses nationalen Bedürfnisses für eine gemeinschaftliche Aufgabe der beteiligten deutschen Staaten. Die dadurch verursachten Kosten sollten grundsätzlich nicht durch Abgaben der Rheinschiffahrt beschafft, sondern aus allgemeinen Staatsmitteln bestritten werden. Wenn das nach dem weiteren Gang der Verhandlungen aussichtslos fein sollte, dürfte von Württemberg der Einführung von Abgaben nur unter folgenden Bedingungen zugestimmt werden, 1. daß die Reichsverfassung ordnungsmäßig geändert werden 2. daß ein wirtschaftlicher Zweckverband gebildet wird, der die Erträgnisse der Abgaben nicht fiskalischen Zwecken, sondern ausschließlich der Hebung der Binnenschiffahrt und insbesondere der Schiffbarmachung des Neckars und des Mains für 1000 bis 1200 Tonnenschiffe und der Verbesserung der Rheinwasserstraße zuführt und durch die Beteiligten beaufsichtigt wird; 3. daß die durch Vereinbarung auf niedrigster Grenze fest
zulegenden Sätze gebunden werden, derart, daß der Widerspruch jedes einzelnen Beteiligten die Erhöhung ausschlteßt und die Abgaben sich mit Verminderung der Ausgaben vermindern; 4. daß für Kohle auf der Bergfahrt ein besonders niedriger Tarif eingeführt und ebenso forst- und landwirtschaftlichen Produkten des Landes eine diese Produkte begünstigende Ausnahmestellung eingeräumt wird. — Falls diese Bedingungen in wesentlichen Punkten nicht erreicht werden, soll Württemberg einer Aenderung der Verfassung widersprechen." Zur Geschäftsordnung sprechen eine Anzahl Redner, worauf in die Beratung eingetreten wird.
Stuttgart 7. Juni. Gestern wurde hier ein 19jähriger vorbestrafter Mensch festgenommen, der seinem Arbeitgeber, einem Metzgermeister in St. Gallen 2000 Franken unterschlagen und sich mit diesen geflüchtet hat. Hier hat er einen Teil der Geldes in lockerer Gesellschaft durchgebracht. Ein gleichfalls vorbestraftes Ehepaar, das dem Täter Aufenthalt gewährte und von dem unterschlagenen Geld erhielt, ist gleichfalls in Haft genommen worden.
Kirchheim u. T. 7. Juni. Der am letzten Montag mit der Bahn hier angekommene, aber vom Markt zurückgehaltene Rindviehtransport der wegen Verdachts der Maul- und Klauenseuche unter amtliche tierärztliche Beobachtung gestellt und isoliert wurde, ist nunmehr wieder freigegeben worden, da sich der Verdacht als grundlos erwies. Das Vieh ist gestern von hier abtransportiert worden.
Reutlingen 7. Juni. Das Ministerium: des Innern hat die Genehmigung zur Veranstaltung einer letzten Geldlotterie zu Gunsten des Ausbaues der hiesigen Marienkirche erteilt. Es sollen 100 000 Lose L 3 ausgegeben werden.
Tuttlingen 5. Juni. In den hohlen Hauptstangen der Ständer der elektrischen Zeitungen auf den Häusern wurden in jüngster Zeit eine Menge von Vogelleichen aufgefunden. Die Vögel suchten wohl in den. Röhren, die ein sog. „Schutzhut" deckt, Unterschlupf und verhungerten alsdann, da ein Ausstiegen in der engen Röhre unmöglich ist.
Oberndorf 7. Juni. Vergangene Nacht wurden wir durch FeuerlÜrm erschreckt. Kurz nach 1 Uhr brach in der Arbeiterkaferne der Waffenfabrik Maufer Feuer aus, welches glücklicherweise alsbald gelöscht wurde, so- daß die Feuerwehr sich wieder zurückziehen konnte. Der entstandene Schaden ist unbedeutend. — Vorgestern wurde hier das Kinderfest vsm Wetter begünstigt abgehalten.
Vom JagstkreiK7.Juni. Die Wollenschur ist nahezu beendet. Kleinere Posten wurden gestern zu 122, 124, 126—128 ^ pr. Ztr. übernommen.
hatte so entzückend getanzt. „Es ist freilich gegen alle Ordnung, aber da Tu, Guenn Nodellec, mich darum bittest, will ich es tun. Ich vertraue Dir, und gebe Dir mein Versprechen."
Sie drückte ihm warm die Hand. „Gut, so hören Sie: Heut Nacht werden zwei Männer versuchen Morots Speicher in Brand zu stecken. Sie werden dort eine Lunte anzünden, dann zum Ufer laufen, wo ein Boot auf sie wartet, werden um die Landspitze herumfahren, wieder landen, und sich ganz harmlos und unbefangen zu ihren Kameraden gesellen. Bevor das Feuer ausbricht, liegen fle längst im Bette. Die Lunte brennt gerade eine Stunde. Sie hätten also nichts zu tun als sie auszulöschen. Damit wäre die ganze Sache abgetan."
„Jawohl, und um wieviel Uhr soll dies alles vor sich gehen?"
„Die zwei Männer werden kurz vor Mitternacht zum Speicher kommen."
„Ich werde selbst am Platze sein und sie beobachten."
„Bewahre," rief das Mädchen hastig, „das werden Sie nicht tun, Sie haben cs ja versprochen. Sie müssen ihnen Zeit lassen, sich zu entfernen, damit Sie niemand sehen und erkennen. Erst wenn die Männer weg sind, dürfen Sie kommen. Die Sache hat keine Gefahr nun Sie darum wissen, Sie haben Zeit die Hülle und Fülle I"
Er schüttelte zweifelnd den Kopf.
„Aber sehen Sie denn nicht ein, daß ich nicht anders handeln kann? Ich kann ja nicht, nein, nein, ich kann nicht!" rief sie verzweifelt, alle Vorsicht außer acht lassend.
„Nur rvhig, Guenn, nur ruhig! Ich will ja deinem Wunsche Nachkommen. Weiß niemand außer Dir und den Männern darum?"
„Nur noch mein Bruder."
„Es wäre freilich ein gefährlicher Platz für ein Feuer — die alten morschen Häuser, die Werkstatt des Stellmachers, die Pferde mit all dem Vorrat an Heu und Stroh und oben die Frau mit den kleinen Kindern."
„Und die schönen, schönen Gemälde, an denen man so unzählige kleine Striche machen muß und die man so lieb gewinnt! Ach wie furchtbar wäre das!" rief sie schmerzlich die Hände ringend.
„Richtig, Monsieur Hamors Bilder, die hatte ich ganz vergessen. Gut, ich will sehen, daß nichts zu Schaden kommt. Es ist wirklich ein Glück, daß Du es entdeckt hast, denn heute wäre wohl kaum eine hülfbereite Hand zum Löschen aufzutreiben. Du bist ein gutes Kind, Guenn!"
„Darauf kommt'« jetzt nicht an," versetzte sie glrichgiltig.
„Nun, und Du — wirst Du auch wach bleiben?"
„Ich werde daheim im Bette liegen, wie alle braven Leute, die nichts davon wissen," erwiderte sie mit schlauem Blick.
Er sah ein, daß ihr daran lag, zu Hause zu sein, um keinen Verdacht zu erregen. „Es war das einzig Richtige zu mir zu kommen," meinte er lobend, „Du bist doch immer klug und überlegt. Gute Nacht, Guenn!"
„Gute Nacht, Monsieur!" Noch einmal kam sie zurückgesprungen. „Monsieur," flüsterte sie eifrig, „wenn Sie alle Spuren der Lunte vernichten und gegen niemand etwas davon verlauten lassen, so wäre das der sicherste Weg, sie an einer Wiederholung zu verhindern."
„Wieso?"
„Weil er dann — ich meine die Männer, glauben werden, daß Morots Geist über dem Ort wacht," — sie bekreuzte sich hastig, um ihre Ehrfurcht vor den Ueberirdischen zu bezeugen. Hoffentlich beging sie keine allzugroße Sünde, wenn sie bei dieser Angelegenheit sich ihren Einfluß zu Nutze machte.
„Da hast Du recht, Guenn, daran habe ich noch gar nicht gedacht."
Sie zuckte die Achseln, „die Männer denken überhaupt nie an'S Notwendigste; tun Sie nur jetzt genau, was ich Ihnen gesagt habe."
„Gewiß, gewiß," erwiderte der Polizeichef willfährig.
(Fortsetzung folgt.)