Aufenthalt in 25 Automobilen Platz, und fuhren zum Palasthotel, wo sie Quartier nahmen. Als­dann begaben sie sich per Bahn nach dem Kaiser­keller. Hier wurde ihnen der erste Imbiß und Verpflegung in der Reichshauptstadt geboten. Zu­nächst begrüßte Friedrich Dernburg die Gäste. Dann nahm der Leiter der englischen Reisegesell, schüft Mr. Wilson das Wort und führte u. a. Folgendes aus: Wir Engländer find nach Berlin gekommen, da» Herz voll von Eindrücken der Größe und des Wohlstandes, die wir in Bremen und Hamburg gefunden haben. Mit größtem Interesse sehen wir der weiteren Entwickelung unserer Reise durch Berlin und andere große Städte Deutschlands entgegen. Ich hoffe, daß der Zweig der teutonischen Raffe, dem wir an­gehören und daß der Mutterstamm, den Fürst Hatzfeld repräsentiert, durch weitere Bemühungen und durch weiteres gegenseitiges Sichkennen- lernen das Band der Freundschaft befestigen werde. Redner schloß mit einem Toast auf die deutschen Gastgeber. Nach 3 Uhr trat man in 25 Automobilen eine Rundfahrt an, die die Gäste nach Charlottenburg zum Schloß und Mausoleum führte. Hier legte Mr. Wilson einen Kranz auf der Gruft nieder.

Berlin 30. Mai. Zu dem Empfang der englischen Journalisten hatten heute die Festräume des Rathauses besonderen Schmuck angelegt. Vorherrschend waren die englischen Nationalfarben. An der Ehrentafel bemerkte man an der Seite des Oberbürgermeisters Kirschner den Staatssekretär Posadowsky, die Minister von Rheinbaben, Studt, von Tirpitz, vi. Nteberding. Während der Tafel erhob sich der Oberbürgermeister und brachte einen sehr warm gehaltenen Trink- spruch auf den König von England aus. Kurz darauf hielt der Oberbürgermeister die Hauptrede auf die englischen Gäste, in welcher er u. A. ausführte: Möge auch diese Veranstaltung mit dazu beitragen, daß die freundschaftlichen Be­ziehungen zwischen England und Deutschland sich immer inniger und fester gestalten. Die Stellung unserer Gäste als Mitglieder der einflußreichen englischen Presse läßt uns diese Hoffnung als wohlberechtigt erscheinen. Heute Vor­mittag besichtigte ein Teil der englischen Journalisten die im vorigen Jahre eröffnete Handelsschule Berlin, die das ganz besondere Interesse der Gäste fand, weil die Frage der Heranbildung de» kaufmännischen Nachwuchses gegenwärtig in England in der Presse aller Parteien lebhaft erörtert wird. Die Besichtigung fand unter Führung des Rektors, Professors Justrow statt. Außer der Handels-Hochschule besuchten die Herren noch mehrere öffentliche Gebäude und wissenschaft­liche Institute. Einer eingehenden Besichtigung wurde u. a. die Technische Hochschule unterzogen.

Berlin 30. Mai. (Pöplau-Prozeß.) Heute wurden mehrere Beamte des Kolonialamts ver­nommen, die alle bestritten, dem Angeklagten direkt oder indirekt amtliches Material übergeben zu haben. Das Gericht beschloß, das Akten­ausgabebuch des Oberkommandos, der kais. Schutz­truppe von 1900/01 einzufordern. Da für heute keine Zeugen mehr geladen waren, wurde die Verhandlung auf morgen vertagt. Der Ver­teidiger bemerkte, wenn bi» morgen eine Ge­nehmigung zur Aussage für die von Pöplau ge­ladenen Beamten nicht eingegangen sei, werde er die Aussetzung der Verhandlung beantragen.

Berlin 29. Mai. (Bäckerstreik.) In einer stark besuchten Bäckergehilfen-Versammlung, die gestern Nachmittag tagte, wurde unerwartet schnell beschlossen, in den Streik einzutreten. Es kommen 2500 Betriebe mit 4000 Gesellen in Betracht. Me Gehilfen nahmen Abends in den Betrieben, die die neuen Forderungen nicht an­erkennen, die Arbeit gar nicht wieder auf. Wie in der Versammlung mitgeteilt wurde, haben von rund 2700 Bäckereien Groß-Berlins mit etwa 5000 Gesellen erst 200 Betriebe mit rund 800 Gesellen die neuen Arbeitsbedingungen acceptiert. Diese lauten: Abschaffung von Kost und Logis beim Meister, Mindestwochenlohn von 23 paritätischer Arbeits-Nachweis, ein freier Tag in jeder Woche.

Berlin 30. Mai. Zum Bäckerstreik wird über die gegenwärtige Lage gemeldet. Im

Laufe des gestrigen Tages haben viele Gesellen, die in der Dienstag Nacht noch arbeiteten, die Arbeit niedergelegt. Im Ausstande stehen zur Zeit etwa 2500 Gesellen in Berlin. Bei 300 Meistern, die die Forderungm schriftlich anerkannt haben, wird von 960 Gesellen zu den neuen Be­dingungen gearbeitet.

Haag 30. Mai. Bei den internatio- na len Ringkämpfen ereigneten sich wüste Szenen. Berühmte starke Männer mißhandelten einander so schwer, daß die Polizei einschreiten mußte. Der Hauptschuldige wurde von der wütenden Menge draußen erwartet und wäre ohne den Schutz der Polizei gelyncht worden. Während der Ringkämpfe waren mehrere Ringer über ihre Niederlage so enttäuscht, daß sie Ner- venkrämpfe bekamen und mit Schlägen zur Ver­nunft gebracht werden mußten. Das Publikum pfiff und gröhlte dazwischen.

Petersburg 29. Mai. Gestern haben 19 Konservative und der gemäßigten Partei an- gehörende Abgeordnete der Duma eine Audienz beim Zaren gehabt, die anderthalb Stunden dauerte. Der Zar sprach mit jedem Abgeordneten einzeln und fragte sie über ihren Beruf und die politische und wirtschaftliche Lage ihrer Heimat­provinz. Zuletzt wandte er sich an die Ab­geordneten mit einer längeren Ansprache, deren Inhalt vorläufig noch geheim gehalten wird. Bei der Audienz war die Zarin und der kleine Zesa- rewitsch anwesend.

Rom 29. Mai. Die Universttät war gestern wieder der Schauplatz lebhafter Tumulte. Eine große Anzahl Studenten drang in die Hörsäle und hinderte die Professoren, ihre Vorlesungen abzuhalten. Andere Studenten traten ihren Commilitonen entgegen, worauf im Hofe der Universität sich eine Balgerei abwickelte. Der Rektor ließ endlich zur Beruhigung der Ge- müter aus dem Oberstock die Studenten mit kaltem Wasser begießen, ein Mittel, das seine Wirkung tat.

London 29. Mai. Im Westen Londons ist wiederum ein Aufsehen erregender Diebstahl von Kunstwerken zu verzeichnen. Die Ge­mäldegalerie von Mr. Herbert I. Finn, wurde in der Nacht von Montag zu Dienstag um 55 der ausgestellten 64 Gemälde beraubt. Der Be­sitzer der Galerie wollte am Dienstag vor Er­öffnung der 12. Jahresausstellung von Aquarell- bildern eine Privatbesichtigung der Ausstellung veranstalten. Als die zahlreichen geladenen Kunst­kenner eintrafen, wurden sie mit der Nachricht empfangen, daß während der Nacht fast die ganze Galerie gestohlen worden sei. Der Ausstellungs- raum lag kn dem 1. Stockwerk des Gebäudes über einem Laden. Was über den Diebstahl bekannt ist, erzählt Mr. Finn einem Vertreter der Daily Graphic:Am Montag abend war ich mit meiner Frau und einem Freund in der Galerie, um die letzten Vorbereitungen für die Privatbefichtigung zu treffen. Wir verschickten etwa 2000 Einladungen und verließen die Galerie um V-9 Uhr abends. Ich möchte nebenbei be- merken, daß keines der Bilder versichert war, da sie eben erst eingetroffen waren. Ich sollte heute meine Versicherungsprämie zahlen. Nach dem Frühstück am Morgen kam plötzlich mein Galerie­diener mit der Nachricht, daß meine Bilder alle bis auf 9 gestohlen seien. Sie können sich meinen Schrecken vorstellen. Ich setzte mich sofort mit Scotland Dard in Verbindung und es trafen mehrere Geheimpolizisten ein. Bei genauerer Besichtigung landen wir, daß die Bilder vorsichtig aus ihren Rahmen gelöst worden waren. Die Rahmen selbst lehnten, zu Haufen zusammen­gestellt, an den Wänden. Mein Schreibpult war erbrochen und mein Bankbuch fehlte. Die Ge­heimpolizisten fanden keine Fingerabdrücke, was darauf schließen läßt, daß man es mit erfahrenen Dieben zu tun hat, die Handschuhe trugen. Wie es ihnen gelungen ist, einzudringen, ist ein Ge­heimnis.

Vermischtes.

Zur Berufs- und Betriebszählung am 12. Juni 1907. Das K. Stattstische Landes.

amt veröffentlicht in der neuesten Nummer 7 seinerMittellungen", welche dem Staatsanzeiger vom 27. Mai beiliegt, einen längeren Artikel über diese große, im ganzen Deutschen Reich zu veranstaltende Zählung. Wir heben daraus Folgendes hervor, was für die Haushaltungsvorstände, welche die Liste auszufüllen haben, von unmittel­barem Interesse ist. 1. Jeder Familienvater oder sonstige Haushaltungsvorstand erhält durch den Zähler schon vor dem Zähltag eine Hau«, Haltungsliste, in welche alle vom 11. bis 12. Juni 1907 in seinem Haushalt übernachtenden Per- sonen u. a. nach Geschlecht, Geburtstag, Ge- burtsort, Familienstand, Religion, Haupt- beruf und unter Umständen Nebenberuf einzutragen sind; außerdem sind für Versicherte der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung, für Invalidenrente:: und Unsallvollrentner, für Witwen und Vollwaisen und Halbwaisen die genau vorgeschriebenen Fragen zu beantworten. Etwa am Zähltag vorübergehend abwesende Personen und Familien sind unten in der Liste etnzutragen. 2. Wer ein Stück Land bewirt­schaftet, also als Bauer, Weingärtner, aber auch, wer. ohne Landwirt zu sein, z. B. einen Gemüse­garten, Obstgarten selbst bewirtschaftet, hat eine Land- und Forstwirtschaftskarte auszufüllen, die ihm der Zähler aushändigen wird, und auf welcher alle Fragen deutlich angegeben sind, welche zu beantworten sind. 3. Wer ein Gewerbe treibt, einerlei ob Handwerk, Handel, Gastwirt­schaft u. s. w., hat für jedes betriebene Ge­werbe entweder eine Gewerbekarte oder einen Gewerbebogen auszufüllen. Tie Gewerbe­karte ist für kleine Betriebs mit nicht über 3 beschäftigten Personen und ohne eigene Motoren (Dampfmaschinen u. s. w.) bestimmt, während der Gewerbebogen von größeren Gewerbe- betriebsinhabern und solchen, welche motorische Kräfte haben auszusüllen ist. Auch auf diesen zwei Formularen sind die Fragen möglichst einfach und klar gehalten, so daß jeder Gewerbetreibende sofort bei nur einmaligem aufmerksamem Durch­lesen deutlich erkennen kann, was für seinen Be­trieb jeweils zutrifft und also anzugeben ist. Wem die kleine Mühe zu viel erscheinen will, der mag bedenken, daß gleichzeitig im ganzen Reiche jeder­mann dieser Mühe im Interesse des Ganzen sich unterziehen wird und daß sogar die unterwegs befindlichen Schiffe, Wohnwagen u. s. w. erfaßt werden müssen, um wieder einmal ein zutreffende» Bild von Handel und Wandel im deutschen Volke zu erhalten. Wir wünschen den Herren Zählern den nötigen Ernst, aber auch Humor; im Zweifelsfall wird ihnen auch Geduld von nöten sein. Dann wird die Zählung auch in unserer Gemeinde glatt vorübergehen und, was das wich­tigste ist, so pünktlich ausfallen, daß die nach­träglichen, für die Gemeindebehörden so zeit­raubenden Ergänzungen u. s. w. möglichst vermieden werden.

GstteSvienste.

1. Fonntag «ach Hrtnit-, 2. Juni. Vom Turm: 347. Predigtlied -. 227 Herz und Herz vereint zusammen re. Der Ktrchenchor singt: Herr erbarm dich. S Uhr: Vormitt.-Predigt. Dekan Roos. 1 Uhr: Christen­lehre für die Söhne. 2 Uhr: Nachmitt.-Predigt, Vikar Fischer.

Aamieratag, 6. Juni. 8 Uhr abend»: Bibelstunde von Dekan Roos.

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