Dienstag de» 7. Juli 1936
Der Enztäler
94. Jahrgang Nr. 188
In einem Hause der Senefelderstraße entstand ein Zimmerbrand, weil ein auf den Boden gestellter Bügeleisennich tausgeschaltet worden war. Das Feuer wurde durch die alarmierte Feuerwache 2 gelöscht. Der verursachte Schaden ist zum Glück nicht bedeutend.
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Durch zu rasches Fahren kam ein 23 Jahre zlter Motorradfahrer beim Karlsplatz in Feuerbach mit seiner Maschine ins Schleudern und stieß mit einem Straßenbahnzug der Linie 16 zusammen. Er erlitt neben einem doppelten Oberschenkelbruch vermutlich innere Verletzungen und seine 19 Jahre alte Beisahrerin schwere Kopf- Verletzungen und einen Knöchelbruch. Beide wurden in das Krankenhaus Feucrbach gebracht.
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In der Bockgassc in uun stießen zwei Motorradfahrer aufeinander. Die auf dem Sozius fit- zende Person mußte ganz erheblich verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. — In der Zing- lerftraße fuhr ein Motorradfahrer auf einen dort Parkenden Personenkraftwagen auf. Auch hier wurde der Beisitzer schwer verletzt und mußte ins Krankenhaus gebracht werden.
InBietigheim stürzte in der Sandsiedlung Dachdcckermeister Gottlob Hellmann aus Sers- leim, der mit Bedecken eines Siedlungshauses beschäftigt war, infolge Nachgebens einer Latte so unglücklich ab, daß er mit schweren inneren Der- letzungen liegen blieb. Er wurde ins Städt. Krankenhaus gebracht.
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Jn einem Anfall von Schwermut hat sich in Oehringen eine Frau aus dem Fenster eines am Marktplatz gelegenen Hauses gestürzt.
Großingersheim, OA. Besigheim, 6. Juli. (Bezirkssängertag des Schillerkreises.) Der Bezirkssängertag für die Kreise Besigheim und Ludwigsburg des Schillerkreises im Schwäbischen Sängerbund war vom Wetter sehr begünstigt. Am Sonntag war zunächst die Massenchorprobe auf dem Hindenburgplatz. Dann folgte der estzug von 48 Vereinen mit fast 000 Sängern durch den Ort zum Fest- Platz. Es sprachen Vereinsführer Kallenberg e r und Bürgermeister Sieber. Kreisführer K l e n k - Ludwigsburg enthüllte und weihte die neue Fahne des Gesangvereins Liederkranz Großingersheim. Die Grüße und Glückwünsche der Kreisleitung der NSDAP, überbrachte Pg. Oberlehrer S t a h I - Bietigheim.
Schwab. Hall, 6. Juli. (Autoaneinem Baum zertrümmert.) Kurz vor Michelseld ereignete sich ein schweres Autounglück. Eine Karlsruher Familie, Vater, Mutter und Sohn, waren auf der Reise nach Nürnberg. Der Sohn steuert« das Fahrzeug. Bei Michelfeld fuhr der Fahrer mit seinem Auto auf einen Baum. Die Wucht des Zusammenpralls war so stark, daß das Fahrzeug zertrümmert wurde. Die Insassen erlitten dabei schwere Verletzungen. Sie mußten mit dem Sanitätsauto in das Haller Krankenhaus gebracht werden. Leider ist der Vater inzwischen seinen Verletzungen erlegen.
Stuttgart, 6. Juli. (Deutsche Front- kämpferGästeihrerfranzösischen Kameraden.) Die Gauamtsleituna der
Nationalsozialistischen Deutschen Kriegsopfer- Versorgung teilt mit: Vom 11. bis 12. Juli ds. Js. findet in Verdun ein Treffen deutscher und französischer Frontsoldaten statt. Außer dem Besuch von Verdun ist eine Feierstunde in Laville zum Besuch der deutschen Friedhöfe vorgesehen. Durch Vermittlung der Reichsleitung der NSDAP., Hauptamt für Kriegsopfer, nehmen an diesem Treffen 200 Frontsoldaten der NSKOV. teil. Die teilnehmenden deutschen Frontsoldaten sind während dieser Zeit Gäste der französischen Frontkämpfer.
Heilbronn, 6. Juli. (Sturmbannauf- marsch der SA.) In Heilbronn fand ein Aufmarsch des Sturmbanns 1/122 statt, der mit einem Biwak am Samstag eingeleitet wurde. Obersturmbannführer Gültig sprach beim Appell über die Aufgaben der SA. In den frühen Morgenstunden des Sonntag fanden nach der Flaggenparade Sport- und Kampfspiele statt, die die ausgezeichnete Form der SA.-Männer bewiesen. Mit einem Propagandamarsch durch die Stadt und einem Schlußappell war der SA.-Aufmarsch beendet.
Reutlingen, 6. Juli. (Todes stürz auf der Flucht.) Ein tragisches Geschick ereilte eine 79 Jahre alte schwachsinnige Insassin des Landesfürsorgehauses. Sie wollte aus dem Hause entweichen, und zwar durch ein Fenster im zweiten Stock. Sie band zwei Leintücher zusammen, um an diesen hinunterzuklettern. Aber schon beim Beginn des Unternehmens verließen die Frau die Kräfte. Sie stürzte ab und war nach wenigen Minuten tot.
Hechingen, 6. Juli. (Statt zur Hochzeit in den Tod.) Der verw. 32 Jahre alte Faden aus Schlatt geriet mit seinem Fahrrad unter den Lastwagen einer Brauerei und wurde an Kopf und Brust erheblich verletzt. Kurz nach der Einlieferung in die Tübinger Klinik ist der Bedauernswerte an den schweren Verletzungen gestorben. Er beabsich- tigte, sich am folgenden Tag wieder zu verheiraten.
Jsny, 6. Juli. (Schwerer Verkehrs- Unfall auf der Landstraße.) Auf der Staatsstraße zwischen Jsny und Grohholzleute ereignete sich ein schwerer Verkehrsunfall. Ein nach Jsny fahrender Omnibus aus Ulm, der mit etwa 25 Personen besetzt war, wurde von einem Motorrad mit Beiwagen überholt, auf dem 4 Personen Platz genommen hatten. Als der Motorradfahrer beinahe auf gleicher Höhe mit dem Wagen war, kam ihm eine Radfahrerin entgegen. Während der Motorradfahrer dieser Radfahrerin ausweichen wollte, kam er mit oem vorderen Kotflügel des Omnibusses in Berührung. In diesem Augenblick riß auch schon der Omnibus fahrer seinen Wagen scharf nach rechts und fuhr über einen Graben hinaus in die Wiese gegen einen Baum. Der starke Baum wurde von der Wucht des Auffahrens glatt abgeschlagen. Von den Vier auf dem Motorrad sitzenden Personen wurde die Frau im Beiwagen erheblich verletzt. Der Fahrer und mehrere Insassen des Omnibusses erlitten mehr oder weniger schwere Schnittwunden und Prellungen im Gesicht, die übrigen sind wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Der Omnibus wurde schwer beschädigt, die Stoßstange ging entzwei und der Kühler wurde eingedrückt. Die Frau des Motorradfahrers mutzte ins Krankenhaus nach Jsny eingeliefert werden.
Reutlingen, 6. Juli. (Schwerer Zusammen st oßmiteinemOmnibus.) Der 26 Jahre alte Techniker Eugen Wagner fuhr mit seinem Nachbarn, dem 15 Jahre alten Gottlob Leuthe, die Her- mann-Kurz-Straße aufwärts, als der Neut- linger Omnibusfahrer Hogenmüller von der Gabelsberger Straße aus in die Hermann- Kurz-Straße einbog. Dabei ereignete sich ein Zusammenstoß. Wagner und Leuthe stürzten gleichzeitig vom Motorrad und blieben schwerverletzt liegen. Wagner war sofort bewußtlos. Beide mußten ins Kreiskrankenhaus eingeliefert werden. Die ärztliche Untersuchung ergab, daß Wagner beide Beine und den linken Arm gebrochen und einen doppelten Schädelbruch erlitten hat.
16 « spielen SchaK
18. Landesschachtag des Schwäbischen Schachbundes
Reutlingen, 6. Juli. Dieser Tage fand in Reutlingen der 18. Landesschachtag des Schwäbischen Schachbundes statt. 40 Mannschaften stellten sich mit einer Stärke von 160 Spielern dem Kampf. Am Blitzturnier beteiligten sich 62 Spieler. Tur- nierleiter Otto Kaufmann-Stuttgart nahm die Preisverteilung vor. Die Ergebnisse lauten wie folgt:
An 1. Stelle liegt in der Gruppe ^ 1 Stutt-
art mit SVr Punkten. Der Schachvcrein
tuttgart hat gleichzeitig damit auch die Vereins- städtemeisterschaft errungen. An zweiter Stelle liegt Tübingen mit 8Ve Punkten, an 3. Cannstatt mit 7V- Punkten, an 4. Göppingen mit 5 Punkten, an b. Ludwigsbur g mit 4 Punkten, an 6. Reutlingen mit IV- Punkten. In der Gruppe 8 1 konnte Eßlingen mit 8>/r Punkten den 1. Platz belegen und steigt damit in die Gruppe ^ 1 auf. An zweiter Stelle liegen mit je 7 Punkten Untertürkheim, Zuffenhausen und Schwäb. Gmünd mit 5 Punkten, an 5. Heilbronn mit 4'/- Punkten, an 6. Bietigheim mit 4 Punkten. In der Gruppe 0 1 belegte mit 9 Punkten Nürtingen den 1. Platz. Der Verein steigt damit in die Gruppe 8 1 aus. An 2. Stelle liegt Geislingen mit 8>/- Punkten, an 3. Kirchheim u. T. und Vaihingen a. F. mit je 8 Punkten, an 4. Tailfingen mit 7 Punkten, an 5. Ebingen mit b>/- Punkten, an 6. Heilbronn Knorr mit zwei Punkten. Blitzturniermeister mit vier Punkten wurde Dr. Kurt R a h n > Eßlingen.
In der anschließenden Jahresversammlung gab Verbandsleiter Kübltt den Jahresbericht. Als Tagungsort für das Jahr 1937 wurde Heilbronn be- stimmt.
Das Keilbronner Rosensest
Heilbronn, 6. Juli. Das Heilbronner Nosen- fest begann mit einem von 3000 Personen besuchten Rosenball im neu geschaffenen Stadtgarten am Samstagabend. Hervorragende Kräfte, der vom Rundfunk her bekannte Schmitthenner, Kammersänger Löser und die drei Madrigals wirkten im Rahmen der ausgezeichneten Veranstaltung mit, deren musikalische Umrahmung die Heilbronner Jnfanterie- kapelle übernommen hatte.
Den Höhepunkt des Festes bildete der Rosenkorso am Sonntagmittag, an dem unzählige rosenbekränzte Automobile teilnahmen. Am eindrucksvollsten wirkte der Wagen der Rosen- königin Lotte Mayer. Am Sonntagnachmittag
und'-abend beschlossen Gartenfeste mit reichhaltigem Programm das Heilbronner Rosen- stst, das vom Städt. Verkehrsamt und dem Verkehrsverein veranstaltet wurde.
Ein sechsfacher Lebensretter
Mühlacker, 6. Juli. Der Reserve-Lokomotivführer Eugen Dürr beobachtete gestern nachmittag, wie am andern Ufer der Enz ein sieben- jähriges Mädchen an der Betonmauer abrutschte und von dem stark fließenden Fluß fortgeriss-m wurde. Er durchschwamm kurz entschlossen in voller Kleidung die Enz, und es gelang ihm, das Kind, das mit dem Kopf noch einigemal an die Oberfläche kam, zu retten. Es ist nun innerhalb drei Jahren das 6. Kind, das er aus dem Wasser gezogen hat.
Durch Bienenstichs gelotet
Feldstetten, OA. Münsingen, 6. Juli. Der 33 Jahre alte verheiratete Bauer Jakob Hil - senbeck war mit seinen Pferden mit Güllenfahren beschäftigt. In der Nähe arbeitete der pensionierte Zugführer Eßlinger in seinem. Bienenhaus. Ein Schwarm Bienen stachen plötzlich auf den Bauern und seine Pferde ein. Die Pferde scheuten und rannten davon. Einige herbeigeeilte Männer hielten die Pferde an> und sahen nun, wie Hilsenbeck an heftigen Kopfschmerzen litt. Eßlinger holte eilends Wasser herbei, doch leÄer mußten die Anwesenden bald zu ihrem Entsetzen feststellen, daß bei Hilsenbeck inzwischen der Tod eingetreten war. Die Gerichtskommission stellte als Todesursache die verschiedenen Bienenstiche fest.
Abschluß des Lressens der 26 . Reserve Division
Stuttgart, 6. Juli.
Den Abschluß der Wiedersehensfeier der 26. Reserveoivision bildeten die Vorführungen der Wehrmacht durch das III. Bataillon Inf.- Reg. 13 unter Leitung des Oberstleutnants Kraiß auf dem Burgholzgelände am Montag, dem 6. Juli, lieber 1000 Angehörige der 26. Reserve-Division, darunter viele Offiziere, nahmen mit größtem Interesse daran teil. Von höheren Führern waren der frühere Divisionskommandeur General Frhr. von Soden, der allerseits freudig begrüßt wurde, Generalmajor Ruoff, der Chef des Generalstabes des V. Armeekorps und Generalmajor Frhr. von Ziegesar anwesend. Es wurde eine Gefechtsübung zwischen 2 Kompanien unter Mitwirkung schwerer Waffen, schwerer Maschinengewehre, der neuen Minenwerfer, und von Tanks im Gelände vorgeführt. Nach Schluß der Uebung fand eine Besichtigung der Kaserne mit Mannschaftsräumen, Stallen, Reithaus statt. Den Abschluß bildete eine Einladung des Bataillons zu einem Eintopfgericht in den Speisesälen des Bataillons. General Frhr. von Soden dankte der Wehrmacht nochmals für die weitgehende Unterstützung, die sie dem Treffen der 26. Reserve- Division hatte zuteil werden lassen, insbesondere auch der 11. Komp. 13 für die Vorführungen, die sie gezeigt hatte. Hochbefriedigt verließen die Festteilnehmer den schönen Platz. Man hatte den Eindruck, daß diese prächtigen Leute im Notfälle noch voll in der Lage sein würden, mit der Waffe in der Hand Heimat und Vaterland zu schützen.
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Am übernächsten Sonntag begannen die beiden Freunde ein Lokal nach dem anderen „In den Zelten" abzusuchen. Das vierte hatten sie eben hinter sich. Sie standen jetzt auf der Straße und überlegten, ob sie es noch weiter versuchen sollten. Eine geschlagene Dreiviertelstunde hatten sie schon aufgewandt. Hein riet ab. „Die kommt bestimmt nich', Robert. Die hat dir bloß Theater vorgemacht. Ich hab's mir ja gleich gedacht, denn als sie zu mir —"
„Sei still, Hein, da is sie." Robert steuerte schräg über den Damm. Hein blieb stehen, denn eben streifte ein hübsches rothaariges Mädel an ihm vorbei und warf ihm einen koketten Blick zu. Er überlegte, ob er ihr nachsteigen sollte.
Robert schüttelte der Kleinen die Hand. „Ich dachte schon. Sie kommen nich' mehr." Dann sah er sie von oben bis unten an. „Niedlich seh'n Sie wieder aus, Fräulein, daß man bloß staunen kann."
»Ich gefall' Ihnen also?" fragte sie geschmeichelt.
„Einfach großartig", sagte Robert. „Sonst hält' ich wich doch auch nich' mit Ihnen verabredet." Und dann schwatzte er drauflos. Was er sagte, kam von selbst über seine Lippen, er brauchte nicht zu überlegen. In dieser Hinsicht war er gewandt. Sie hörte seinen Schmeicheleien gerne Zu, nur manchmal lachte sie über seinen Hamburger Dialekt.
Bald kam Hein langsam über die Straße. Er hatte die Rothaarige aufgegeben. „Ach, da kommt ja Ihr frecher Freund auch", sagte die Verkäuferin zu Robert.
»Sagen Sie nichts über meinen Freund. Wenn der mch schnell,Jn den Zelten' gesagt hätte, würden wir uns heut' nich' hier seh'n."
»Stimmt auffallend." Sie lachte laut und zeigke dabei zwei Reihen blendend weißer Zähne. Sie mußten etwas
zurücktreten, denn ein Schwarm junger Mädchen mit ihren Kavalieren, meist Soldaten, wollten vorbei.
Hein begrüßte das Mädchen wie eine alte Bekannte. „Ein Glück, daß Sie endlich da sind, ich Hab' nämlich schon einen furchtbaren Bierdurst. Wir warten auf Sie schon über 'ne Stunde."
„Das tut mir aber leid. Ich Hab' aber auch 'nen Trost für Sie. Seh'n Sie mal, da hinten kommt 'ne Freundin von mir."
Hein rieb sich die Hände. „Das klappt ja." Schmunzelnd betrachtete er das näherkommende schlanke Mädchen. „Robert, Jung', das soll heut' 'n vergnügter Abend werden."
„Na, denn man tau. Vielleicht wird's der Abschiedsabend, denn länger als vier Tage bleiben wir ja doch nich' mehr hier." Alle drei gingen der Freundin entgegen, und dann betraten sie gemeinsam eins der übervollen Tanzlokale.
Bald saßen sie gemütlich an einem Ecktisch. Die Freundin machte den Vorschlag, sich ihre Namen zu nennen, und unter Gelächter und Gekicher stellte man sich gegenseitig vor. Die Verkäuferin hieß Hella und ihre Freundin Lotte.
Es wurde äußerst nett. Sie tanzten viel, und Robert und Hein benahmen sich wie große Kavaliere. Abwechselnd spendierten sie eine Lage nach der andern. Die Mädchen waren selig. Solche Kavaliere fanden sie nicht alle Tage. Sie sahen sehr reizend aus, in ihren einfachen bunten Fähnchen und mit dem billigen Schmuck um den Hals.
Die Stimmung im Lokal war großartig. Als die Kapelle zum zehntenmal die Geschichte vom Musikus spielte, um den sich alle schönen Mädchen setzten, sang jeder mit. Bald begann Hein Seeabenteuer zu erzählen. Die ältesten, abgedroschenen Seefahrtsgeschichten gab er als eigene Erlebnisse zum besten. Die Mädchen hörten gläubig mit glänzenden Augen zu. Robert war kein Spielverderber, aber manchmal mußte er doch über Heins Lügenmärchen unbändig lachen.
„Und du, was hast du erlebt?" fragte Heua und strich Robert zärtlich über die Hand. Hein hatte gerade die Erzählung von einem schrecklichen Sturm bei Kap Horn beendet.
„Ich? Ra, soviel wie Hein bestimmt nich'." Robert sah seinen Freund einen Moment an und kniff dabei ein Auge zu. Dann bestellte er eine Runde Bier. Er dachte sich keine Geschichte aus, sondern erzählte etwas schwerfällig ein wirkliches Erlebnis, das er vor zwei Jahren in San Franziska gehabt hatte.
Der Steuermann des Schiffes, auf dem Robert Prell arbeitete, hatte ihn eines Abends in eine Boxveranstaltüng mitgeschleppt, wo ein herkulischer Neger alle Anwesenden zu einem Gang aufgefordert hatte. Robert, der als Schiffsjunge von einem englischen Koch im Boxen unterrichtet worden war, fühlte sich plötzlich mutig und meldete sich mit drei anderen. Zufällig kam er als Letzter an die Reihe, und mußte Zusehen, wie sich alle drei Gegner jämmerlich blamierten. Einen nach dem andern besiegte der Schwarze in kürzester Zeit. Nun bekam es Robert plötzlich mit der Angst zu tun, aber zurück konnte er nicht mehr. Mit dem Mut der Verzweiflung begann er um sich zu schlagen, als der Neger, überlegen grinsend, auf ihn eindrang. Plötzlich, er wußte selbst nicht, wie es geschah, lag der schwarze Kerl da und jappte nach Luft. Robert hatte ihn hart in den Magen getroffen und war nun Sieger.
„Hast du was dafür bekommen?" fragte die schwarzhaarige Lotte.
„Fünf Dollars, das waren damals über zwanzig Mark."
„Fabelhaft I" Bewundernd glänzten Hellas braune Augen.
„Kannst du auch boxen, Hein?" fragte Lotte.
„Na und ob. Ich Hab' doch mal den englischen Schwergewichtsmeister besiegt. Werd' ich gleich erzählen, aber erst nochmal 'ne Lage." Hein und Robert lachten laut, als sie die staunenden Gesichter der Mädchen sahen. Hein rief den Kellner. „Bringen Sie noch vier Bier."
Ehe die Lage kam, tanzten alle noch einmal. Unterdessen vergaß Hein, daß er von sich eine Boxerheldentat ^erdichten wollte, und erzählte von einer Schlägerei in London.
(Fortsetzung folgt.)