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Teilnahme an der Leitung und Verwaltung von Konsumvereinen zu untersagen, d) diesen Beamten unter Hinweis auf die dringende Notwendigkeit der Erhaltung des gewerblichen und kaufmännischen Mittelstandes und auf die offensichtlichen Be- strebungen, die Konsumvereine unter den Einfluß der Sozialdemokratie zu bringen, zu empfehlen, sich von den genannten Vereinen fern zu halten.

Stutgart 22. Mai. In Tübingen ver- starb gestern in der chirurg. Klinik. Sanitütsrat vr. Hermann Wildermuth, Vorstand der inneren Abteilung des Ludwigrhospitalr in Stutt­gart, im Alter von 55 Jahren. In dem Ver­storbenen hat Stuttgart und das ganze Land wieder einen hervorragenden Arzt verloren, der nament­lich als Spezialist in Nervensachen weithin einen Namen hatte. Infolge eines aufgetretenen Herz­leidens begab sich Wildermuth am 8. Mai in die Klinik von Prof. Romberg nach Tübingen. Dort befiel ihn in den letzten Tagen eine gefährliche Blinddarmentzündung, welcher er erlegen ist.

Stuttgart 23. Mai. (Möbelmesse.) In der Gewerbehalle begann heute die Frühjahrs, möbelmesse, die sehr zahlreich beschickt ist. Zu Kauf geboten sind sowohl komplette Zimmerein. richtungen, als auch einzelne Möbel, Kastenmöbel, Sitzmöbel und Polstermöbel. Wie üblich fanden in den ersten Stunden zunächst zahlreiche Händler von auswärts sich ein, um eine Menge Möbel auszukaufen. Diese werden dann auswärts als echte Stuttgarter Möbel wieder verkauft. Auch Kleinmöbel, Luxusmöbel, Galanteriewaren rc. sind zahlreich vertreten. Gartenmöbel und Leitern, sowie Kübler- und Korbwaren haben ihren Ver- kauftplatz vor der Gewerbehalle. Auf dem Charlottenplatz findet der Porzellan, und Hafner- Warenmarkt statt.

Vom Hagenschieß 23. Mai. Die Bienen kamen Heuer recht schwach aus dem Winter und haben sich bis jetzt nur langsam entwickelt. Starke Völker find selten. Bis die Völker ihre richtige Stärke erreichen, haben die Bäume längst ver- blüht und das Heugras fällt dann unter der Sense. Wenn der Wald nicht Honig liefert, so sind die Aussichten für den Winter nicht besonders erfreulich. Die Wintersaaten stehen ausgezeichnet; Zwetschgen und Birnen haben verblüht, soweit sie überhaupt blühten. Die Apfelbäume stehen gegen­wärtig im schönsten Schmuck und berechtigen zu den besten Hoffnungen.

Reutlingen 23. Mai. (Auch ein Sub- Missionsergebnis.) Auf die von einer hies. Staatsbehörde vor kurzem ausgeschriebenen Schreinerarbeiten ist nur ein einziges Offert ein­gegangen und zwar mit einem Aufgebot von 48°/°. Der Voranschlag scheint mit den heutigen Lohn- und Preisverhältniffen jedenfalls nicht ganz im Einklang gestanden zu sein.

Ulm 23. Mai. Emen peinlichen Auftritt gab es vorgestern abend im Cafö Linz in Neu- Ulm. Der württembergische, zur Artillerie kommandierte Leutnant Hans Mörschel vom Infanterieregiment 127, stellte einen bayrischen Wallmeister zur Rede, weil ihn dieser angeblich im Lokal nicht gegrüßt hatte. Einige Zeit nach dem Wortwechsel erschien der Leutnant im Cafe mit einer Patrouille, befahl ihr das Aufpflanzen des Seitengewehrs und kündigte dem Wallmeister die Verhaftung an. Dieser gab seinen Säbel ab und schloß sich der Patrouille an, die ihn auf die Hauptwache auf württembergischem Ufer ver­brachte. Der Vorfall dürfte ein gerichtliches Nachspiel haben.

Pforzheim 22. Mai. In böse Laune wurden am Pfingstsamstag Hunderte von Straß­burger Ausflugslustigen durch den Pforzheimer Buchdruckereibefitzer Schaumann, der sich öfters mit Veranstaltung von Extrazügen befaßt, versetzt. Er hatte (zum Billetpreis von 9^ 20^) einen Extrazug von Straßburg nach Zürich geplant und es hatten sich auch rund 500 Personen ge­meldet, also ein glänzender Erfolg! Aber da die Anmeldungen und Zahlungen zum Teil spät er­folgten, hatte der Unternehmer nicht rechtzeitig das Geld für den Extrazug bei der Bahn hinter­legt und der Zug ging deshalb nicht ab. Da

keine Gegen-Nachricht kam, kamen die ausflugs­lustigen Straßburger zum Bahnhof. Die Gesichter derselben und ihre Komplimente, als sie erfuhren, daß der Zug nicht abgehe, kann man sich denken. Dem Unternehmer ist infolge seines Un- oder Mißgeschicks nicht nur ein Gewinn von ca. 500 ^ entgangen, sondern er hat auch sonstige Verdrieß­lichkeiten, da einige Uebereiirige gleich den Staats- aüwalt in Kenntnis setzten. Die eingezahlten Gelder sind jedoch intakt.

Pforzheim23. Mai. Gestern nachmittag mißhandelte ein Arbeiter in der Altstadt seine Frau schwer. Er schlug ihr mit Beilhieben mehrere Rippen ein. Von einer Höhe von 4 V- Stockwerken stürzte ein 2 Vs jähriges Knäbchen, das seiner 8 Jahre alten Schwester in Obhut gegeben war, auf die Steinplatten des Hofes. Dar Kind ist schwer verletzt, lebt zur Zeit aber noch.

München 23. Mai Gegen die Ab- lehnung Kaiser Wilhelms als Zeugen im Pro. zeß Peters gegen dieMünchener Post" hat die Verteidigung Beschwerde erhoben, vr. Peters hat die Aufrollung der ganzen Kolonial- Affäre angekündigt, gleichwohl wollte er nicht persönlich vor Gericht erscheinen. Das Gericht hat jedoch das persönliche Erscheinen von Peters angeordnet, andernfalls würde die Klage als zurückgenommen gelten. Das war der Grund, weshalb der Prozeß auf den 27. Juni vertagt wurde. Als Zeugen werden u. A. erscheinen die Abgeordneten Bebel und Vollmar, Arendt und Generalleutnant von Liebert.

Saargemünd 23. Mai. Auf 5 Gruben im Fenschtal mit etwa 3000 Mann Belegschaft sind die Erzbergarbeiter gestern mittag in den Ausstand getreten. Im Ornetal beträgt die Zahl der Streikenden gegen 1800. In Mitleiden­schaft gezogen sind dort hautsächlich die Gruben Rheinische Stahlwerke, Röchling, Stumm, Bur­bacher Hütte und Grube Fensch.

Frankfurt a. M 23. Mai. Heute Morgen begann der Transport des historischen Eibenbaumes, der bisher im botanischen Garten stand, nach seinem neuen Standorte. Der Trans­port des Riesenbaumes auf der Straße geschieht mittels Walzen. Der Baum wird aufrecht stehend in einem großen Kasten transportiert. Der Weg ist mit Bohlen belegt, dann wird eine Dampf, walze zum Ziehen vorgespannt und wenn es nötig werden sollte, noch eine zweite. Der Transport geht sehr langsam vorwärts. Man hofft bis heute Abend an den Eschenheimer Turm zu gelangen.

Berlin 23. Mai. Der neue Unterstaats­sekretär von Lindequist begiebt sich in 14 Tagen nach Südwestafrika, um dort die Uebergabe der Gouvernementsgeschäfte an seinen Nachfolger in die Wege zu leiten. Herr von Lindequist wird den neuen Gouverneur Herr von Schuckmann dort erwarten und ihn selbst in sein Amt ein- führen.

Berlin 23. Mai. Das für die Sommer, reise des Kaisers bestimmte Geschwader, die Dacht Hohenzollern, der Begleitkreuzer Königsberg und das Schnellboot Sleipner soll am 12. Juni fahrbereit sein, um nach Hamburg abzugehen und dort das Eintreffen des Kaisers zu erwarten. Der Monarch fährt von Hamburg nach Helgoland und bleibt dort bis zum Eintreffen der ersten an der Wettfahrt Dover-Helgoland teilnehmenden Dachten. Die Nordlandreise wird in den ersten Tagen des Juli angetreten.

Berlin 23. Mai. Zu der neuen Ver­handlung im Prozeß Pöplau, die morgen vor der 3. Strafkammer des Landgerichts I beginnt, sind Reichskanzler Fürst Bülow, Staatssekretär Dernburg, Geh. Legativnsrat Holstein, Gou­verneur vr. Seitz sowie die Abgeordneten Arendt, Bebel, Rören und Erzberger ge­laden. Unter den übrigen Zeugen wird sich dies­mal auch der geheime expedierende Sekretär Schneider befinden, auf dessen Vernehmung der Angeklagte das letzte Mal so großen Wert legte, der aber wegen seines leidenden Zustandes damals nicht vor Gericht erscheinen konnte.

Mailand 23. Mai. Senator Mangili» der Präsident der vorjährigen Mailänder Aus­stellung, Senator Colombo, der Präsident der

Preis-Jury und Graf Jacini, werden sich in den nächsten Tagen nach Berlin begeben, um Kaiser Wilhelm eine prachtvolle in Gold und Silber getriebene 75 em breite Erin­nerungstafel zu überreichen, die das Könntö dem Monarchen aus Dank für seine wirk- same Unterstützung der Ausstellung gewidmet hat.

London 23. Mai. Nach hiesigen Meldungen aus Petersburg überreichten am Abend des 2 November zwei Verschwörer einem Soldaten der Leibwache, der sie veriet, zwei Höllenmaschinen, die kaum größer als eine Taschenuhr und wunder­bar gearbeitet waren, mit der Instruktion, je eine unter die Betten des Zaren und des Zare­witsch zu legen. Der Soldat übergab sie den Behörden.

Vermischtes.

Die neuen Steuern. Die im Jahre 1906 beschlossenen neuen Reichs steuern sind hinter dem Voranschlag erheblich zurück, geblieben. Es ergaben: Wirklicher Ertrag Brausteuer 13 Vs Mill. Mark, Zigarettensteuer 6Vt Mill. Mark, Frachturkundensteuer 11 Mill. Mark, Fahrkartensteuer 12 Mill. Mark, Auto­mobilsteuer 1V^ Mill. Mark, Tantiemesteuer 2V- Mill. Mark, Erbschaftssteuer 3 Vs Mill. Mark, zusammen 50 Vs Mill. Mark Das bedeutet gegen den Voranschlag einen Gesamtausfall von 10 Vs Millionen Mark. Brau- und Zigaretten­steuer haben höhere Erträge gebracht, Fahrkarten- und Erbschaftssteuer bedeutend geringere. Bei der Erbschaftssteuer war eine zuverlässige Schätzung äußerst schwierig Für das erste Jahr war wegen der geräumigen gesetzlichen Fristen für das Verfahren und wegen der weitgehenden ge­setzlichen Zulassung der Stundung ein erheblicher Ertrag von vornherein nicht zu erwarten. Auch die Tantiemesieuer konnte für 1906 nicht den erwarteten volle - Ertrag bringen, da für die Erhebung der Abgabe der Zeitpunkt der Fest­stellung der Jahresbilanz maßgebend ist. Daß die Schätzung des Ertrags der Fahrkartensteuer fehlgegangen ist, wird zugegeben. Sie beruhte auf Material, das von Ersenbahnrefforts bis dahin für einwandfrei angesehen worden ist. Ferner schieden die Reisemonate aus, für den Auslandsverkehr trat die Steuer erst mit dem 1. April in Kraft. Eine Abwanderung in untere Wagenklaffen hat die Steuer veranlaßt, doch macht sich schon wieder die Rückwanderung be­merkbar, nachdem die Abneigung des Publikums gegen die Steuer einer ruhigeren Auffassung Platz gemacht hat. Man muß also die Ergebnisse des zweiten Jahres abwarten, bevor sich die Verhält­nisse geklärt haben und bevor ein endgiltiges Urteil über den Schätzungsfehler möglich ist.

Landwirtschaft!. GeMsmrein.

Am Samstag, den 1. Juni findet die 47. Wanderversammlung der Württ. Landwirte

vorm. 10V- Uhr auf dem Rathause in Reutlingen statt uiit Vorträgen über die Schweiueseuche, Wanderarbeitsstätten, Aenderung des Farren- haltungsgesetzes und über Pferdezucht.

Die Landwirte des Bezirks sind hiezu freund- lichst eingeladen.

Calw, 23. Mai 1907.

Veretnsvorstand. Voelter, Rcgierungsrat.

Reklamet-il.

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2u Kaden bei ttsrmsnn ttsusslsr, Lonäitorei.

Gottesdienste.

Areieinlgkeitsfest, 26. Mai. Vom Turm: 35. Predigt­lied: 36. S Uhr: Vormittagspredigt: Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre für die Töchter. 2 Uhr. Bibrlstunde im Vereinshaus, Vikar Fischer- Z»»««r»tag, 30. Mai. 8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereinshaus, Stadtpfarrer Schmid.