81 .

Amts- und Änzeigeblatt für den Bezirk Calw.

82. Jahrgang

ErschsmungStage: Dtenrtag, Donnerstag. Sams- »aa, Sonntag. JnsertionSpretS 10 Pfg. pro Zeile sür Stadt and Bezirksorte; außer Bezirk 12 Psg.

Donnerstag den 23. Mai 1907

SbonnementSpr.ind. Stadt pr. Aiertelj. Mk. 1.10 inll.Lrügerl ÄiertelMrl. Bostbezuglpreis ohne Befiellg. f. d. Orts- u. Nachbar. ortSoerkehr 1 Mk.. s. d. sonst. Berkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Psg.

Tagesnenigketten.

Calw. Aus der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom 8. ds. können wir nachstehend die Rede unseres Abgeordneten, Herrn Verw.-Aktuar Stauden meyer, zu Kapitel 25, Oeffentliche Wasserversorgung, im Wortlaut wiedergeben:

Meine Herrn, mir dem großen Aufschwung, den unser ganzes Wirtschaftsleben im letzten Jahr­zehnt genommen hat und der hoffentlich noch recht lange anhält, geht Hand in Hand eine vermehrte Tätigkeit in den öffentlichen Körperschaften. Bei Staat, Amtskörperschaften u. Gemeinden, allüberall regt stch's mächtig, und landauf, landab werden insbesondere von Gemeinden und von Gemeinde- Verbänden Einrichtungen und Verbesserungen in Angriff genommen und durchgeführt, an die man noch vor einigen Jahrzehnten mit großem Bangen herangetreten wäre. Neben Kanalisationen, Straßenbauten, Gas- und Elektrizitätswerken, Feldbereinigungen und wie die dem Allgemein­wohl dienenden öffentlichen Einrichtungen alle heißen, ist es insbesondere die Versorgung hoch­gelegener, wasserarmen Gemeinden mit gutem Nutz- und Trinkwasser, die ungemein segensreich wirkt und von der Bevölkerung trotz der großen Kosten so überaus freudig begrüßt wird. Mit lebhaftem Danke wird deshalb auch überall von der Bevölkerung die Unterstützung anerkannt, die der derzeitige Herr Staatsminister des Innern den großen Wasserversorgungsgruppen sowohl als auch den einzelnen Wasserversorgungsanlagen von jeher hat angedeihen lassen; ganz besonders leb­haft aber tritt dieser Dank in derjenigen Gegend zu Tage, die ich die Ehre habe, hier zu vertreten und die in Gemeinschaft mit einigen Gemeinden der Oberämter Neuenbürg und Nagold die Schwarzwaldwasserversorgungsgruppe bildet.

47 Gemeinden und Parzellen mit über 12800 Einwohnern umfassend, beträgt die größte Länge der Gruppe 28 km, die größte Breite 19 km und die gesamte Rohrlänge der Leitungen

ca. 193 km; der Aufwand betrug gegen 1300000 Mark, wozu der Staat in Anbetracht der Be­dürftigkeit einer großen Anzahl der Gemeinden wesentliche Beiträge verwilligte. Nun ist jedoch das Wasser der im sogenannten Kälbertal, einem Seitental der großen Enz, gelegenen Quelle, das 300 m hoch in das Hauptreservoir gehoben werden muß, in der trockenen Jahreszeit erheblich zurück­gegangen, so daß sich für die Gruppe die absolute Notwendigkeil ergab, nach einer weiteren Quelle sich umznsehen, um den von Jahr zu Jahr größer werdenden Bedarf der Gruppengemeinden an Wasser befriedigen zu können. Dazu kommt noch, daß neuerdings weitere vier wasserarme Gemeinden und drei Höfe mit zusammen 1400 Einwohnern um Anschluß an die Gruppe nach­gesucht haben, Gemeinden und Wohnplätze, die auf andere Weise ihre Wasserbedürfntsse nicht zu befriedigen imstande sind. Der Gemeindeverband der Schwarzwaldwasserversorgung, hat nach langen vergeblichen Bemühungen, an denen auch ich zum Teil mitgewirkt habe, eine Wiese im Kälbertal mit einer an der Grenze des Staatswalds liegenden Quelle, die ca. 6 Sek.-Liter Wasser liefert, das nach dem Einträge im Grundbuch zunächst zur Bewässerung dieser Wiese zu dienen hat, um den Preis von 5000 gekauft, um das Wasser in die in der Nähe gelegene Pump­station zu führen. Wie man nun zur Zeit in den an der Schwarzwaldwasserversorgungsgruppe beteiligten Gemeinden ziemlich lebhaft erörtern hört, soll die Staatsforstverwaltung sich weigern, das Wasser dieser Quelle an die Schwarzwald­wasserversorgungsgruppe abzugeben, wie man sagt, mit Wckficht auf die Stadt Stuttgart, die neuerdings dazu übergeht, zu der schon vor Jahren erworbenen Lappachquelle die anderen Quellen im Enztale und den zugehörigen Seitentälern zu erwerben, ein Vorgehen, wodurch der Preis der Quellen in den letzten Jahren im Schwarzwald ganz bedeutend in die Höhe getrieben worden ist. Wenn man ja auch ohne weiteres zugeben muß, daß die Versorgung mit gutem Quellwasser

für die Stadt Stuttgart eine Lebensfrage ist (Sehr richtig!), so ist dies bei den von mir er­wähnten Schwarzwaldgemeinden mindestens ebenso der Fall, und man wird den Standpunkt dieser um ihr ökonomisches Fortkommen schwer ringenden Gemeinden begreifen, die da glauben, auf das in ihrer unmittelbaren Nähe entspringende Wasser zur Speisung ihrer mit großen Opfern ausgeführten Wasserleitung vor anderen, auch selbst vor der Residenzstadt, einen begründeten Anspruch zu haben, und die es nicht begreifen könnten, wenn man das Wasser von ihrem Eigentum weg und an ihrer Pumpstation vorbei, nach Stuttgart führen würde, während sie selbst es so dringend nötig haben. Außer­dem wird man unumwunden und unbedingt zugeben müssen, daß die Priorität in dieser Sache der Schwarzwaldwasserversorgungsgruppe zu­kommt. Jedenfalls aber sprechen neben Rechts­gründen ganz überwiegende Billigkeitsgründe für die Berücksichtigung dieser Schwarzwaldgemeinden, und ich möchte den Herrn Staatsminister recht dringend bitten, seinen ganzen Einfluß bei dem Herrn Mnister der Finanzen und bei der K. Forst­direktton aufzuwenden, um die fragliche Quelle- ausschließlich in das Eigentum und die Benützung der Schwarzwaldwasserversorgungsgruppe zu über­führen. Bei der Stadt Stuttgart, die mit einem Bedarf von 500 Sekundenlitern rechnet, kommen die 6 Sekundenliter dieser Quelle ohnedem ja kaum in Betracht.

Was die Exigenz zu Kap. 25 Tit. 1 sundd selbst betrifft, so möchte auch ich solche dem hohen Hause zur Annahme empfehlen, namentlich halte ich die Schaffung einiger festen Stellen zur Ent­lastung des Staatstechnikers für das öffentliche Wasserversorgungswesen, dessen Inanspruchnahme ohnedies eine außerordentlich große ist, für dringend notwendig, nicht, daß es dem derzeitigen Stelleninhaber ergeht, wie seinem unermüdlichen Amtsvorgänger, von dem man wohl wird sagen dürfen, daß er sich tatsächlich zu Tode ge­arbeitet hat.

Var KjchermSdchen von der Bretagne.

Von B. W. Howard.

(Fortsetzung.)

Hamor hätte Wochen lang Nachdenken und doch nicht das glückliche Wort finden können, das ihm der Zufall und seine grenzenlose Selbstsucht eingegeben hatten, das Wort, das ihm nicht Guenns Herz das besaß er schon längst, sondern ihre völlige Hingabe um jeden Preis, zusicherte. Er hatte verstanden, die Saiten ihrer Seele gewaltig zu rühren; ihr ganzes Innere fühlte sich unwiderstehlich zu ihm hingezogen ihre Liebe und Treue, ihr Ehrgeiz und jener seltsame Gefühl der Vereinsamung das Gefühl anders zu sein wie die übrigen, das sie, das klügste» lustigste, keckste Mädchen des ganzen Ortes, niemals verlassen hatte, weder bei der Arbeit, noch bet Gesang und Spiel, selbst nicht bei Ausübung ihrer eigenwilligen Tyrannei alles wies sie darauf hin, sich ganz seinem Dienste hinzugeben.

Hamor war von dem sichtlichen Erfolg seiner Rede aufs angenehmste überrascht, lächelnd hielt er ihr die Hand entgegen:Nun ist die Sache abgemacht? Willst Du getreulich zu mir stehen?"

Wie wunderschön das Kind war! Wie leuchteten ihre lieblichen Züge von heldenmütigem Entschluß und unendlicher Weichheit de» Gefühls! Man sah ihr an, daß hohe Gedanken ihr junges Gemüt bewegten.

Sie legte ihre Hand fest in die seine:War auch immer kommen mag," sprach sie fest und feierlich.

Hamor hielt nicht ohne Ergötzen die kleine, braune Hand in der seinen; er bemerkte, daß Guenn leise zitterte und ihre schönen Augen sich mit Tränen füllten. Plötzlich bückte sie sich und legte ihre Wange einen Moment auf seine Hand. So schüchtern war die kleine Liebkosung, als

hätte ein scheues Reh des Walde» sich flüchtig an ihn geschmiegt. Hamor hatte sich stets etwas darauf zu Gute getan, daß er nicht der Mann sei mit hübschen Mädchen zu tändeln und zu schäkern; e» lag weder in seiner Erziehung noch in seinem Geschmack, auch wünschte er sich das Vertrauen jener einfachen Naturkinder zu erhalten. Bei der leisen Berührung der weichen Mädchenwange jedoch, in der sich eine so reine Huldigung, eine so echt weibliche Hingebung aussprach, überschlich ihn ein eigenes Gefühl er vergaß seine strengen Grundsätze auf die er so stolz war, und ehe noch der reizende Kopf mit den lockigen, braunen Stirn- und Nackenhärchen Zeit fand sich wieder aufzurichten hatte er seinen Arm um die zarte Gestalt geschlungen.

Aber Guenn war keine empfindsame Natur gewöhnlicher Art, die sich beim ersten Anlaß ergibt! Eine ungehörige Vertraulichkeit abzuweisen, mochte sie von hoch oder niedrig kommen, das verstand jedes brave Fischer- mädchett. Wenn Alain sich dasselbe erlaubt hätte, würde Guenn ihm mit einem wohlgezielten Schlag geantwortet haben, so war es Brauch in Plouvenec.

Monsieur gegenüber, der alle» von ihr verlangen konnte, verhielt sich die Sache freilich anders, aber umsonst hieß sie doch nicht Guenn Rodellec I Schnell wie der Blitz hatte sie sich ihm entwunden, stand in sicherer Ent­fernung strahlend und lachend da, und blickte ihm ohne die geringste Ver­legenheit aber doch mit mädchenhafter Scheu in die Augen. Hamor zündete sich möglichst unbefangen eine Zigarrette an als sei nichts geschehen und machte im Stillen allerlei weise Betrachtungen.

Monsieur," brach Guenn zuerst da» Schweigen in ihrer Stimme lag das lieblichste Gemisch von Weichheit und Schalkhaftigkeitheut Haffe ich auch das vierhundertjährige Kind auf dem Kirchhof nicht mehr."

Nun, das freut mich; es war auch sehr herzlos von Dir."

Tot ist tot» hin ist hin," meinte Guenn, leichtfertig mit den Fingern schnalzend,und wir find lebendig."