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Amtsblatt für clas Oberamt Fleuenbürg

Nr. 80

Samstag den 4. April 1S3S

94. Jahrgang

Eden zu de« deutschen Friedensplänen

..Sorgfältige Prüfung der höchst bedeutsamen Vorschläge Hitlers" Die GeneraMabsbesprechungen

London, 3. April.

Nach einer kurzen Unterredung mit dem deutschen Sonderbotschafter von Nibben- trop gab der britische Außenminister Eden am Freitag vormittag im Unterhaus unter dem lauten Beifall der Abgeordneten eine Erklärung zu den deutschen Friedens­plänen ab, in der er u. a. sagte:Am Don­nerstag hatte ich eine weitere Unterredung mit dem deutschen Vertreter, in der ich Herrn von Nibbentrop mitteilte, daß die britische Negierung, obwohl sie bisher nur Zeit sür ein Borstudium hatte, die letzten Vor­schläge Hitlers als hoch st bedeut­sam an sehen nddatzsieein esorg- fältige Prüfung verdienten, was wir jetzt zu tun beabsichtigen."

In seinen weiteren Ausführungen sagte Eden, daß die britische Negierung in diesem Augenblick eine Panse für wertvoll halte, daß er aber Nibbentrop gegenüber betont habe, daß die b r i t i s ch e N e g i e r u n g keineBeinühu n g en schenenwerd e, um dieVer Handlungen über eine endgültige Regelung in Fluß zu halten zu versuchen.

Zn den G e n e r a l st a b s b e s P r e ch n n- gen zwischen Großbritannien, Frankreich und Belgien erklärte Eden, daß sich diese Besprechungen nuransdieZwi sch e n - Periode beziehen; sie werden einen rein technischen Charakter haben und die britischen Politischen Ver. Pflicht n n gen nicht vermehre n. Eden verlas dann die an den französischen und belgischen Botschafter gerichteten Schrei- ben, in denen es u. a. heißt:Eure Ex­zellenz werden zu würdigen wissen, daß die Absendnnq dieses Briefes in keiner Weise bedeutet, daß nach Ansicht der britischen Negierung die Versöh - n u n g s b e h u n g e n, auf die in die- fern Briefe Bezug genommen wird, ge- scheitert sind. Im Austrage der briti- scheu Negierung habe ich die Ehre, mitzu- teilen, daß diese Fühlungnahme zwischen den Generalstaben für keine der beteilig­ten Negierungen irgendeine politische Verpflichtung aufwirft, noch irgendeine Verpflichtung bezüglich der Organisation der 'Landesverteidigung." Die beiden Botschafter haben mitgeteilt, daß ihre Ne­gierungen dieser Auffassung beitretcn. Auch haben sie sich einverstanden erklärt, daß die Generalstabsücsprechungen in London statt­finden sollen. Ein Zeitpunkt ist noch nicht festgesetzt. Die britische Negierung hat die Generalstabsbesprechungen beschlossen, um ihrerseits einen Beitrag zur Wiederherstel­lung des Vertrauens zu leisten. Diese Be­sprechungen können in keiner Weise als eine Präjudizierung der Regelung angesehen werden, deren Verwirklichung alle wünschen.

Kurze außenpolitische Aussprache

An die Eden-Erklärung im Unterhaus schloß sich eine kurze Aussprache an. Llohd George stellte folgende Frage:Kann der Außenminister dem Unterhaus und dem Volk in Bezug aus die Militürbesprechungen versichern, daß nicht beabsichtigt ist, irgend einen dieser Militürplüne in dem bedauer- lichen Falle eines Scheiterns der Verhand­lungen wirksam werden zu lassen, so lange nicht ein nicht herausgeforderter Angriff deutscher Streitkräfte ans belgischem oder französischem Boden vvrliegt, d. h. ein tat­sächlicher Einmarsch in Frankreich oder Bel­gien?" Eden bejahte diese Frage.

Eme weitere Frage des konservativen Abgeordneten Ast o r, ob auch die Regie­rungen der Dominien bei den Stabsbcspre- chungen vertreten sein würden, beantwortete Ede mit der Bemerkung, daß die Dominien über ,ede Phase der Stabsbesprechnngeii an, dem Laufenden gehalten würden. Ter Füh­rer der Arbeiterpartei. A t t l e e, erkundigte llch hieraus, ob diese Tatsache nicht ein wrnnd sei. die Basis der Verhandlungen du'ch 'Hinzuziehung der Völkerbnndsmächte zu '.»rbreitern, da sonst die Mitglieder des vritsicheu Reiches abseits stehen würden. Eden schloß sich dieser Ansicht an und fügte hi»z». er sei für e i n e B e r b r e i t e r n n g

der Basis; aber das Unterhaus werde es zu würdigen wissen, daß der Ursprung des vorliegenden Falles die Aufkündigung des Locarnovertrages sei.

Die Frage des konservativen Abgcordne- ten, Sanfhs, ob auch Italien ähnliche Briefe an die französische und belgische Ne­gierung richte, wurde von Eden mit dem Hinweis beantwortet, daß er hierüber keine Mitteilungen vorliegcn habe. Damit war der außenpolitische Teil der heutigen Unterhaus- anssprache beendet.

Eden verließ das Unterhaus sofort nach Abschluß der Aussprache. Er hat sich noch am Freitag ins Wochenende begeben.

Mißstimmung

über die sture Haltung Frankreichs

In der Londoner Morgenpresse vom Frei­tag kam mit Ausnahme der konservativen M orningP oft" einstimmig eine starke Unzufriedenheit mit der starren Haltung Frankreichs und ein wachsendes Verständ­nis sür die deutschen Vorschläge zum Aus­druck. DieTimes" erklärten, daß cs nur zur Katastrophe führen könnte, wenn mau unter allen Umstanden und für immer ab- lengne, daß es so etwas wie einen guten Glauben Deutschlands gebe. Wenn Deutsch­land ''ich angcboten haben würde, sich einer erniedrigenden Buße zu unterwerfen, um der Sache der Heiligkeit der Verträge zu dienen,

hätten die berufsmäßigen Kritiker immer noch der Welt versichern können, daß dies ein Manöver sei, um die britische öffentliche Meinung zu beeindrucken. Es sei in Wirk- lichkeit völlig unwesentlich, ob Hitlers letzte Bedingungen dazu berechnet seien, einen Ein­druck in England zu machen.

Gegenüber französischen Wünschen, daß mit größter Beschleunigung nunmehr alle weiteren Verhandlungen zwischen den Lo­carnomächten folgen sollten, wird,Preß- Association" zufolge, von englischer Seite erklärt, daß die britische Regierung keine besondere Eile habe. Das gelte auch für die vorgeschlagene Konferenz der Locarnomächte in Brüssel. Die britische Regierung wünsche genügend Zeit, um die Antwort Hitlers zu studieren, und zwar kühl und nicht mehr unter dem unmittelbaren Einfluß der Er­eignisse. Es wird als wünschenswert be­zeichnet, daß der diplomatische Meinnngs- allstausch nunmehr verlangsamt wird, da. mit die Eesamtlage in einer ruhigeren Atmosphäre überprüft werden kann.

Der italienische Botschafter Grandi stattete am Freitag Außenminister Eden im Foreign Office einen Besuch ab.

Eden empfing ferner den rumänischen Außenminister Titulescu, der übrigens- vor mehreren Tagen bei Eden bereits seinen Ab­schiedsbesuch gemacht hatte.

genau begrenzte Verhandlungen über die Beschränkung oder Verminderungen der Rüstungen in Gegensatz zu den traurigen Erfahrungen der zu weitschweifig aufgezoge­nen Genfer Abrüstungskonferenz.Stau- daard" (flämisch-katholisch) schreibt, Bel­gien kann Frankreich nicht folgen, wenn die­ses Land eine unnachgiebige Haltung ein- nimmt. Belgien hat kein Interesse daran, Deutschland den Rücken zu kehren. Vielleicht sei jetzt die letzte Gelegenheit gegeben, um den Frieden aufzubauen. Niemand darf diese ungenutzt vorübergehen lasten.

Jas Problem Tanasee

Rom, 3. April.

In italienischen Kreisen haben die Poli­tischen Erwägungen, die ein Teil der Aus­landspresse an dem italienischen Vormarsch im Gebiet des Tana-Sees geknüpft hat, Un­willen erregt. Es verlautet, daß mau an amt­licher italienischer Stelle durchaus zu der Versicherung hält, die in den Protokollen von 1925 sestgelegten Interessengebiete Englands am Tanä-See zu achten.

Die römische Presse Polemisiert recht scharf gegen die Haltung der französischen Oeffent- lichkeit.

Popolo di Noma" spricht von einer ten­denziösen und alarmierenden Kampagne der französischen Presse, die dazu angezeigt sei, die Schwierigkeiten zwischen Italien und England mit dem doppelten Ziel zu ver­schlimmern, in europäischen Fragen eine italienisch-englische Annäherung zu verhin­dern und eine französische Vermittlung un­entbehrlich zu machen. Dis Art, in der Frank- reich aus einmal die englischen Interessen am Tana-See für bedroht erkläre, erwecke den Eindruck, daß die französische Negierung nach Wochen Politischer Uninteressiertheit an der abessinischen Frage Plötzlich sich vornehmlich mit ihr beschäftige in dem Glauben, daß neue Verwicklungen im Mittelmeer Frank­reich das Recht gäben, wieder ins Szene zu treten, ohne deshalb die Sanktionen auf- heben zu müssen.

Kundgebungen vor -er britischen Botschaft in Rom

London, 3. April.

Wie Reuter aus Nom meldet, versuchten am Donnerstag vormittag Hunderte von italienischen Studenten, me den jüngsten italienischen Sieg in Abessinien feierten, vor dem britischen Konsulat eine Massenkundgebung zu veran­stalten. Unter Gesängen und Sch mäh rufen gegen England mar­schierten sie auf das Konsulat zu, wurden aver kurz vorher von der Polizei in eine Nebenstraße abgedrängt. Auch die britische Botschaft wird zur Zeit scharf bewacht.

Reuter benutzt diesen Anlaß, um sich ans- führlich aus Nom über die england­feindlichen Ausfälle der letzten Woche berichten zu lassen. Tie Kundge­bung am Donnerstag sei der Höhepunkt eines heftigen Pressefeldzuges von achttägi­ger Tauer gegen Großbritannien gewesen. Im übrigen glaubt der Korrespondent nicht, daß der am Mittwoch abgereiste französische Botschafter italienische Vorschläge für den Abschluß eines Friedens mit Abessinien nach Paris bringe. Tie öffentliche Meinung in Italien sei nach dem kttrzlichen Siege in einen derartigen Zustand der Trunkenheit geraten, daß Italien kaum Friedensvor­schläge unterbreiten werde, solange nicht die Offensive des Generals Graziani gegen Harrar' stattgefunden habe.

Forderungen AbeWiens

Genf, 3. April.

Ter abessinische Gesandte in Paris hat an den Völkerbund eine neue Note gerichtet. Tie grundsätzliche Zustimmung der italienischen Negierung zu dem Friedensappell des Rates wird darin als ein Manöver bezeichnet, das dazu dienen solle, die Petroleumsanktionen hinauszuschieben. Abessinien bezweifelt in der Note ferner, daß Italien die Absicht habe, die Feindseligkeiten zu beendigen und den Frieden im Rahmen des Völkerbundes und im Geiste des Völkerbundspaktes wiederher­zustellen. Weiter wird Italien voraeworfen, daß es mit allen Mitteln das abessinische Volk zu vernichten trachte. Die Note geht dann auf die Tätigkeit des Völkerbundes ein und macht ihm zum Vorwurf, nicht alle ge-

VoMafteebefprechungen in Varis

Paris, 3. April.

Die Besprechung der französischen Bot­schafter mit dem Außenminister und dem Ministerpräsidenten, hat mit etwas Verspä­tung begonnen, da der französische Bot­schafter in London, Corbin, nicht rechtzeitig eingetroffen war. Man nimmt an, daß die Besprechung ziemlich lange dauern wird.

An zuständiger Stelle ist man in der Be­urteilung der Lage nach wie vor zurückhal­tend. Da die französische Negierung die deut­schen Vorschläge zur Zeit noch, wie allgemein betont wird, sehr sorgfältig prüft, scheinen alle Prcssenachrichten über die künftige fran­zösische Haltung und etwaige Gegenvorschläge verfrüht.

Freitag abend stand noch nicht fest, ob die Stellungnahme Frankreichs, über die der Ministerrat am nächsten Montag beschließen soll, ihren Niederschlag in einer besonde. ren französischen Antwort finden wird, oder ob Frankreich den Locarnomäch­ten eine gemeinsame Verlautba­rung Vorschlägen wird, Ter Zeitpunkt der Locarnobesprcchung ist, wie man an unter­richteter Stelle versichert, noch nicht fest­gesetzt, ebenso wenig der Ort. In Paris ist inan der Auffassung, daß London der Locarnobesprechnng grundsätzlich zustimmt.

Die VoMMerdessreitzrmg beendet

Paris, 3. April. Die Botschafterbespre­chung in Paris, an der außer den Botschaftern von Berlin, London, Rom und Brüssel Mini­sterpräsident Sarraut, Außenminister Flau- din, Völkcrlmudsminister Paul-Boncour und die hohen Beamten des Außenministeriums teilnahmen, hat von 15 Uhr bis 18.50 Uhr ge­dauert. Eine Mitteilung über die Verhand­lungen ist bisher nicht ansgcgebeii worden.

In gut unterrichteten Kreisen erfährt man, daß der deutsche Friedensplnn in allen Ein­zelheiten geprüft worden ist, um die franzö­sische Antwort vorzubereiten, über die der Miiüsterrat am nächsten Montag beschließen wird.

Nach Beendigung der Pariser Botschafter- Besprechung verlautet zunächst, baß die fran­zösische Regierung bei den beteiligten Negie­rungen auf dem Zusammentritt der Ver­treter der vier Loearnomächte im Laufe der kommenden Woche bestehen werde.

Rom, 3. April. Zu dem französischen Vor­schlag einer Zusammenkunft der Locarno­mächte in Brüssel erklären hiesige zuständige Stellen, das; dahingehende Verhandlungen bereits im Gange seien. Italien gedenke ver­mutlich daran teilznnehmen.

Ehrlicher Wille zum Friedsn!-

Günstige Aufnahme des deutschen Friedens­planes in der Schweizer Presse

Basel, 3. April.

' Die Aufnahme des deutschen Friedens- Planes in-der Schweizerischen Presse kann im großen und ganzen als durchaus günstig bezeichnet werden. DerBerner Bun d" hebt hervor, daß das taktische und Politische Schwergewicht des deutschen Planes ans dem Angebot eines zunächst 25 Jahre dauernden Nichtangriffspaktes mit den verschiedenen unmittelbaren Nachbarn Deutschlands be- ruhe.Gleichgültig wie man sich im einzel- nen zu den verschiedenen Punkten dieses Programmes stellen mag, als Ganzes ist es ein großzügiger, durchaus ernst zu nehmender Plan zur Befriedung Europas. Wer ihn ohne Ver Hand- lungen übergeht und ablehnt, lädt eine ungeheure Verant. Wortung auf sich. Wir wollen nur hoffen, daß die Antwort des offiziellen Frankreich anders lauten wird als die bis jetzt vorliegenden Stimmen des inoffiziellen. Nur unbedingte Sachlichkeit bei der Prü­fung kann zum Ziele führen. Frankreich darf seine Politische und moralische Kritik nicht durch eine halsstarrige, eigenwillige und unnachgiebige Haltung aufs Spiel setzen."

Abschließend sei festgestellt", so schreibt dasBerner Tagblatt", am Ende seines Leitartikels:Wenn Hitlers Gegenvorschläge Grundlagen zu Verhandlungen bieten, die nicht an einem neuen französischenUnan­nehmbar" abprallen dürften, soll Europa nicht seine letzte Chance verpassen. Ans dem ganzen deutschen Dokument ist der ehrliche Wille zum Frieden erkennbar."

Auch die belgische Presse wird vernünftig

Tie Brüsseler Presse zeigte am Freitagmvrgen gleichfalls wachsendes Ver­ständnis sür die deutschen Vorschläge. Die allgemeine Auffassung geht dahin, daß die Vorschläge in ernsthaste Erwägung gezogen werden müssen.Libre Belgique" stellt den deutschen Vorschlaa auf von vornherein