«tUm-ch de« 11. März 1936
Der EnztAer
94. Jahrgang Nr. 89
LcAttiäsisc/te Liko-tLA
Am Montag sührte ein 17jährigcr Dienstknecht vonBräuttish e im. OA. Geislingen, ein F U l. len spazieren. DaS Tier wurde plötzlich wild, ging aus seinen Betreuer los und drückte ihn an einen Baum. Mit Nieren quetschungen und einer Darmverletzung muhte der Dicnstknecht ins Krciskrankcnhaus gebracht werden.
Der Ehrenführer des L-anitütszugeS Wanaeu i A.. Landesökonomierot Dr. Phil. Kurt Teiche rt, wurde durch den Präsidenten des Deutschen Noten Kreuzes mit Zn- stimmung des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler für besondere Verdienste um das Note Kreuz mit dem Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes ausgezeichnet.
Beim Tannenzapscnpflückcn stürzte in Ran- gendingen in Hohenzollern der 30 Jahre alte ledige Friedrich Hermann sieben Meter hoch ab. Er muhte mit einer Nückenmarkvcrletzung nach Tübingen gebracht werden.
In der Stuttgarter Straße in Botnang bei Stuttgart fuhr am Montag abend ein 24 Jahre alter Motorradfahrer gegen einen LieserungSkrast wagen. Er erlitt bei dem Zusammenprall erhebliche Verletzungen und wurde in das Katharinenhospital übergeführt.
Nach annähernd sünszigsähriger Tätigkeit im öffentlichen Schuldienst ist Oberlehrer Klöpser in Ehlingen infolge Erreichung der Altersgrenze in den Ruhestand getreten.
Dieser Tage feierte Frau Marie Kemmler. di« langjährige Wirtin auf dem Jägerhaus bei Ehlingen, der „Traube' in Eßlingen sowie auf dem Engelberg bei erfreulicher Gesundheit den S0. Geburtstag.
Stuttgart. 10. März. (Weitere Ehrungen für Generals. D. Frhr. von Sode n.) Außer den bereits genannten Ehrungen, die General der Inf. a. D. Frhr. von Soden anläßlich seines 80. Geburtstags erfahren hat, gingen dem verdienten Heerführer etwa 600 Telegramme und Glückwunschschreiben zu. Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler übermittelte dem Jubilar ein herzlich gehaltenes Schreiben, in dem die großen Verdienste des Generals um die deutsche Wehrmacht im Krieg und Frieden in Dankbarkeit gewürdigt werden. Ferner trafen Glück wun^chschreiben von Neichskriegsministe
Frhr. v M u r r
nschschreiben von Neichskriegsministet Bloncberg und Neichsaußenminister urath ein. Neichsstatthalte,
Ne,
» n General ebenfalls sein!
herzlichsten Wunsche zum Ausdruck bringen desgleichen Neichsstatthalter Wagner vor Baden. Auch die wurttembergische Negierung an Ihrer Spitze Mmisterprasident Mev ge n th aler. stellte sich als Gratulant ein Den Hauptanteil an den Geburtstaasehrun- gcn nahm natürlich die Wehrma ch t ir Anspruch. Außer dem Neichskriegsministe, fandten Glückwünsche der Oberbefehls!,abe' des Heeres. General ^ -
von Fritsch und von Mackensen, band deutscher brachte die Ernennung zum "Ehrenmi glied. ebenso der K l) f f h ä u s e r b u n i Der Offizier sverein und die Käme radschast Kaiser Friedrich hieltei einen Ehrenappell ab.
der Artillerie Frhr Generalfeldmarschal Der Neichsver Offiziere über
Wir wohne« im erdbebenreichften Gebiet
Stuttgart, 10. März.
v. Wir wußten eS bisher nicht, aber wenn ein Fachmann, wie der Leiter des württem- bergischcn Erdbebendienstes. Tr. Hill er. in einem Vortrag vor den Mitgliedern des Vereins für vaterländische Naturkunde versichert. daß Südwestdeutschland sowohl der Zahl, als auch der Stärke der Beben nach zu den von Erdbeben am meisten heimgesuchten Gebieten Europas gehört, dann müssen wir es schon glauben. Allerdings gab uns die gute Mut- ter Erde in den letzten Jahren auch mehr als einmal Gelegenheit, einen Beweis kür die Nichtigkeit dieser Behauptung zu erleben. Man braucht nur an das große oberschwä. bische Beben vom 27. Juni vorigen Jahres zu erinnern, über dessen wissenschaftliche Untersuchung Dr. Hiller gestern sprach.
Tie Herde der württemdergischcn Beben kennen wir dank der Systematik der neueren orschung. Tie erste Gruppe befindet sich am lbrand in der Gegend von Ebingen, Balingen und Hechingen. Die Herde ziehen sich dabei hinaus bis in die Gegend von Notten- burg und der Hauplherd befindet sich bei Lautungen am Erzberg. Von dort nahm auch das Beben im November 1SI1 seinen Ursprung und der große Sündenbock ist der ZoUergraben. eine rresige Verwerfung der Erdschichten, die sich dort durchzieht. Auch in der Münsinger Gegend bilden Verwerfungen die Ursache zu Beben. Eine weitere Gruppe von Bebenherden zieht sich dem Schwarzwald entlang: das Rastatter Beben vor nicht allzulanger Zeit war eines der stärksten bisher. das aus dem Gebiet des Nheingrabens seinen Ursprung nahm. Weitere Bebenherde befinden sich in der Nähe des Untersees und in der Gegend von Saulgau. Hier nahm auch das Beben vom Sommer vorigen Jahres seinen Ausgang.
Schuld daran war...? Ueber diese Frage scheint ncch keine endgültige Klarheit geschaf
fen. Auf teden Fall war es wieder eine Verwerfung, deren Erdschichten sich gegeneinander verschoben. Vielleicht bildete wieder einmal der Zollernaraben, vielleicht aber war auch der Druck, den die von Süden kommende Auffal- tung der Alpen auf das sich entgegenstemmende Vorland ausübt, die Ursache. Am 27. Juni 1935, 19.20 Uhr, begann das Beben in der Gegend von Saulgau in einer Herdtiefe von 30 Km. unter der Erdoberfläche. Die größten Schäden traten, wie bekannt, im Oberland auf. Dabei wurde der Stärkegrad 7 — 8 gemessen— eine Zahl, die sehr hoch erscheint, wenn man weiß, daß die Stärke 12 die höchste ist, die man kennt und daß bei dieser letzteren» ziemlich unsanften Schüttekbewegung kaum ein Stein auf dem andern bleibt. Dementsprechend war auch der Schaden, den das Beben anrichtete, ziemlich groß. 750 000 RM. mußten nachher aufgewenoet werden, um ihn wieder einigermaßen gut zu machen. Dabei sind rn diese Zahl nicht die Schäden, die in weiterer Entfernung entstanden, einbegriffen. In der Saulgauer Gegend wurde mehr als die Hälfte aller Gebäude beschädigt.
Von allen Bürgermeisterämtern würven Fragebogen über dieses Beben auSgefüllt. Tie Beobachtungen, die Erdbebenwarten in TeutschlaNd und in den umliegenden Ländern machten, wurden der Stuttgarter Erdbebenwarte aus der Villa Rettzenstein einge- sandk. Man stellte dabei fest: sogar noch in Locarno, in Lothringen und in Frankfurt klirrten die Fensterscheiben. In Nürnberg und Saarbrücken, in Andermatt und in ttegensburg wurden Lampen zum Schwingen gebracht. In Brüssel wurde im fünften Stock eines Mietshauses das Beben noch eimvand- 'rei festgestellt. Sogar in Potsdam will man noch etwas bemerkt haben.
Tie Erdbebenwarten mit ihren empfind- lichen Apparaten stellten es natürlich in noch viel größerer Entfernung fest. 2650 Kilometer liegt die Erdbebenwarte Beirut in Syrien
Auftrieb: Ochsen 17, Bullen 62. Kühe 345. Färsen 46. Fresser 1, Kälber 1077. Schweine 12S0, Schafe 8.
jO ch I« n
l ») vollfleischige, ausgemästete 1. lüngcre
2- ältere.. . . i.
bl sonstige vollfleischige ,o.»
o) sleischige. . ....
ck) gering genährte iBullen
' a) jüngere, vollsieifchige d> sonstie? vollsteijchigr
o) fleischige.. ... .
ä) gering genährte Kühe
«> Mgere. vollsleischige b) sonstige vollsleischige
o, sleischige.
ä) gering genährte Färsen tKallnnneiO es vollsleischige. ausgemästete d, vollsleischige.
»»»»»»
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10, 8,
5. S.
42-44
39-40
—
42
41—42
88
—
41
39-41
34—37
34—87
28—32
-8—32
24
24
43
38-40
40-48
Fresser
mäßig genährtes Jungvieh . Kälber
a) beste Mast- und Saugkälber
b) mittlere Mast- u. Saugkälber o) geringe Saugkälber ..,, . ck) geringe Kälber,,,,,,,,
Schweine
s) Fettschweine über 366 Psd.
1. feite.»,»»»»»»»»».
2. vollsleischige..
b) 1 vollfleischige 240—306 Pfd. b) 2 vollfleischige 246—366 Pfd. e) vollsleischige 260—246 Pfd. ä) vollfleischige 166— 266 Psd. e) fleischige 126—166 Pfd.
8) Sauen 1. fette 2. andere
10 . 8 .
66—SS SO-VS SS—S9 52—SS
55.50
66.50
65.50 S4H0
52.50 LOHO
56.50
5. 8.
65-68
SS-S4
52—58
56.SÜ
56L0
55.50
54.50
52.50
50.50
56.56
.löst obigen Viehpreifen handelt es fick um Atarktpreise einfchliehitch Transportkosten. Schwund. Händlerprovision: demzufolge müssen die Stallpreise unter den Marktpreisen liegen/
Marktverlauf: Ochsen, Bullen, Färsen und Jungkühe zugetellt, daS übrige Großvieh l ruhig. Kälber mäßig belebt. Schweine zuge leckt.
Stuttgarter Meischmarkt. Bullen a) 73 bis 75, Kühe b), 70 bis 7b, c) 64 bis ktz, Kälber ib) 98 bis 105, c) 92 bis 97, Hammel b) so.. -
-_--- i, R»M»NW«MWW»»AD»»»M»»»
vom Herd entfernt. Trotzdem wurde es noch ausgezeichnet. Ebenso meldeten Leningrad und Moskau das Beben.
Kommen weitere Beben ans dies« m Herd? Diese Frag« beantwortet« Dr. Hiller kurz noch am Ende seines Vor- trages. Die Möglichkeit lehnt er durchaus "'«st ab. Zwar scheint es. als ob durch die Nachbeben, die sich bis in den Herbst hinein- d'e Kräfte etwas ausgeglichen seien. Endgültiges aber kann erst die Zukunft lek- ren. Im übrigen müssen wir in Südwest- deutichland - entsprechend der Häufigkeit der bisherigen Beben und der vielen Herde " mU Erschütterungen
der Erdoberfläche rechne«.
EMmttMIung für Radrlsimmlwlz
t. Nadelltam«b>>lz IFichten/Ta»,««,
»I SKwarzwald:
, ZMkuwaid. GLe. S. Februar irha. iss l.—V. 2 RM. 8S-7I: 6. Februar srba. 82 I.-V.-
lftaol, Stt ...
85—ISS Korchen-Weribölzer: 18. Februar 92 IV, bi» VI. SS Korchen-Schneebruch. — Neunlhauleri, Guts- Verwaltung 13. Februar frba. 266 I. -I V. 1.80 RM. 69: 15. Februar SSO I.-VI. 1.86 RM. «8,. — Wart. Gde. 14. Februar frba. 316 I.-VI. l.2v ÄM. 71: krbg. ISO I.-V. 1.20 RM. 78 Forten. —
187 ll.-V.
krbg. 156 . . _ ..
Mindersbach. Gde. 15. Februar frba
1.66 RM. 72. -. — '
1160 I ""
srlra. , . ....
306 I.-V. 2.70 RM. 85, EbSauseu, ....
21. Februar frba. 14S l.-tv. 75: frba. 36 V. bis
VI. M. — Hornberg, Gde. 22. Februar 284 I.—V. I.7Ü NM. 73-75: irbg. 95 I.-V. 1.25 RM. 98 Sor. chen. — NeubauS. Gutsvcrwaltuna 22. Februar srba. 79 I.-V. 1.5 Sm. 69. - Weiden, Gde.
22. Februar lrba. 260 l.-Vl.-- " "
Gräsl. Forstami 24. Februar Sieirbsmark 73: frba. 157 l.- . _ ,
k) Mittel, und Unterland
rr». Gde. 16 Februar krbg. 163 111. bis
Fi./Ta. - Flacht, Gde. 13 Februar frba. 471 1. bis VI.. 72,6 zum 4etl Forchen. — Kilchberg Frbrl. »ltung 14. Februar lrhg. 188 II.—VI.
Forstverwaltung
e) Noröoftland
Schw. Gmünd. Stadt 28. 1. frhg. 37 H.-V. - 72. Gaildorf, Gräfl. Pückler-Limvurg. 12. 2. frba. 424
I. -VI. 2.5V RM. KS. - Mwangeu-Jagft. Stadt 12. 2. srba. 146 I.-VI. - 62-64. - Winzeln, Gde. 19. 2. frba. 666 I.-V. - 71,5. - Galldorh'GrSfl. Pückler- Limvurg. 26. 2. frhg. 181 I.-VI. 2 RM. 76.
ä) S » w. Alb
Ilntcrdiaisbcim, Gde. 8. 2. frba. 170 1.—vi, — U. Nellingen, Gde., 8. 2. frba. 117 II.-IV. 3 RM. 86. - Nclliliaeu. Gde. 8. 2. frhg. 64 V, 3 RM. 64. - Klei«, engstingen, Gde. 16. 2. frba. 116 i.-iv. — 72-W Hl.ndwerkerhoU. — Upfingen, Gde. 11. 2. frhg. 86
II. -VI 1.20 RM. 67. - Mägerkingen. Gde. 11. S. frba. 206 II.-V. 1.56 RM. 66. - Holzelfinaen, GSe. 12. 2. frba. 182 ni-vi. 2-3 RM. 71. - Webinaen, Gde. 15. 2. frba. 586 :.-V. 2 NM. 61: 633 I.-IV. 2 NM. 67. - Hauscn/Ver.. Gde. 17. 2. frba. 526 I. bis V. 2.56 RM. 66. - Oedenwaldstelten. Gde. 22. 2. srba. 456 I.-V. 2.56 RM. 65-76: dssl. 23. 1. frhg. 556 I.-V. 2.56 RM. 67-68. -
e) Oberfchwaben
Wilflinacn. Frbrl. Rentamt 4. 2. frba. 366 I.—VI. 2 NM. 62-65,5: desgl. 6. 2. frba. 456 I.-V. 1 RM. 62—64. — Wain, Frbrl. Forstamt 16. 2. frhg. * bis VI. 1.86 SiLll. 65. - Wilfttngen. Frbrl. amt 13. 2. frba. 1166 I.-V. 1 RM. 63. - Wain, kerrl. Forstamt 13. 2. frhg. 325 II.-VI. 1.86 RM. 65. Griininaen, Gde. 14. 2. frhg. 116 H.-VI. 2.56 RM. 66—86. — Obcrkirchbcrs, Gräfl. Forstverwaltung 18. 2. frba. 836 I.-VI. 2,50 u. 3 RM. 63: desal. 19. 2. frba. 1560 r.-v. 3 RM. 63. - »cutkirch. Stad! 21.2. frba. 1566 I.-VI. 3 RM. 6S-68.
0 H o b e n z o I l e r n
Achbcrg, Fürst!. Oberförltcret 5. 2. frba. 462 I—VI.
3 RM. 65. ^ — .
bis VI.
26. 2^ frba. lM^li-Vi."-"U'''^Maen,"Forsts Forstamt 27. 2. frba. 1606 I.—VI. — 68-71: desal. frba. 366 l.-m. - 8V-S7 Forchen.
von
Mrhcberschutz durch L. Ackermann. Romanzentrale Stuttgart)
Zanqenberg sah auf die Uhr und war eilig.
„Alles bereit, Fräulein Weigel?"
„Hier liegt alles, war- Sie brauchen."
„Gut. Leider dürfen Sie bei der Gläubigerversammlung nicht zugegen sein. Wenn Sie also nachmittags wieder ins Büro kommen wollen. Ich denke ja, alles wird klappen Herr Assessor, ich glaube, wir müssen."
Kolmar hatte ein süßsaures Gesicht gemacht und griff nach der Aktentasche.
„Gnädiges Fräulein —"
„Herr Assessor!"
Aber als sie allein war, verschwand das überlegene Lächeln, mit dem sie dem Assessor gedankt hatte; sie stand verstimmt am Fenster und sah auf die Straße, wo heute eine ganze Anzahl von eleganten Privatautos parkten. Die Gläubiger ihres Vaters! Jetzt klopfte ihr Herz wieder unruhig.
„Liebste Irmintrud — bin sehr eilig — habe mich leider verspätet. Wollte nur schnell — ein kleiner Blumen- grüß! Ich denke ja, es wird gut und dann — also — immer Kopf hoch! Werner Pistor ist auch noch da!"
Der junge Auktionator war hereingetänzelt. hielt ihr einen Blumenstrauß hin, roch auf fünf Meter nach Bril- lantine und Parfüm und küßte ihr mit selbstverständlicher Vertraulichkeit die Hand. Zum Glück mußte er sofort in den Saal hinüber, und Irma, die es im Kontor nicht mehr aushielt, eilte die Treppe hinab.
Unten stand Fritze Kuhlekamp.
„Irmeken, ich Hab' die ganze Nacht nicht geschlafen.
Wird's denn gut gehen?"
„Zangenberg hofft."
„Na also, ich drücke beide Daumen."
Der hatte wenigstens in diesem Augenblick nur von der Fabrik gesprochen und vom Vater, aber sie sah seinen Augen an, oaß er am liebsten viel mehr gesagt hätte, und lief über den Hof.
Der Vater arbeitete heute nicht in der Werkstatt, sondern hatte seinen Sonntagsanzug an und stampfte mit nervösen Schritten in der Werkstatt auf und ab. Zangen- beig hatte ihm sagen lassen, daß cs möglich sei, daß sie ihn drüben in der Versammlung brauchten. Die Mutter war nicht da, und Alfred saß in seiner Stube. Als Irma bei ihm eintrnt, hatte er eben eine Adresse auf einen Um- schlag geschrieben.
„Vater tut mir so leid. Ich wünschte, der Tag wäre vorüber."
Sie sah, daß Alfreds Gesicht sehr blaß war.
„Hast du etwa Angst?"
„Wegen drüben? Eigentlich nicht. Zangenberg ist ja voll Hoffnung."
Dabei hatte er ein ganz niedergeschlagenes Gesicht, und unwillkürlich fiel ihr Blick ans den Brief.
„Du hast an Professor Prätorius geschrieben."
Alfred stand auf und sagte gequält:
„Daß uns doch die besten Menschen am meisten peinigen. Jetzt hat der prachtvolle alte Mann mich noch einmal eingeladen. Zum Abendbrot, nur mit ihm und —"
„Nun?"
„Es Hilst nichts, ich habe energisch Schluß gemacht."
„Du, Junge, mußtest du das?^
Io!"
Der Bruder, in dessen Gesicht sich wieder der harte Zug grub, tat ihr so leid.
„Wenn der Professor dir trotz deiner Ablehnung noch einmal geschrieben hat, ist es ein Zeichen, daß Hella —'
„Das ist das Schwerste."
Irma stand dicht bei ihm.
„— daß Hella dich liebt?"
„Es ist doch jetzt alles Unsinn. Glaubst du, daß Hella Prätorius jemals die Frau eines Tischlers werden könnte?"
„Warum nicht?"
„Weil das so wäre, wie wenn man eine Orchidee in einen Gemüsegarten pflanzte. Ein Gemüsegarten ist sicher etwas Wundervolles, aber — ach, Irma, du mußt doch verstehen. Das Furchtbarste wäre, wenn sie wollte und später einsähe, daß sie nicht könnte."
„Und du? Wirst d u können?"
„Ich wollte, ich wäre Fritze Kuhlekamp. Mach' kein so erstauntes Gesicht. Der geht gerade seinen Weg, der kann wasl Der versteht seine elektrischen und mechanischen Dinge und hat keine dummen Gedanken im Kops. Und was bin ich? Gar nichts! Solange ich studierte, steckte der Hand- werter vom Vater her in mir, und ich sehnte mich nach praktischer Arbeit. Jetzt, wenn ich an der Hobelbank stehe und sehe, daß ich der miserabelste Lehrling bin, den Vater jemals gehabt hat, sehne ich mich nach meinen Büchern und möchte zeichnen. Das ist eben das Dumme: wenn man selber nicht weiß, was man kann und will, und — wenn man kein richtigss Ziel vor sich hat. Siehst du, so ein Professor wie Prätorius wäre ich nie geworden, aber — sich was austüsteln und dann selber machen. Geistiges und Handwerkmäßiges zusammen. Das wäre was. Ich weiß, das sind dumme Gedanken. Darum Schlußl"
Irma sagte versonnen:
„Du kannst wenigstens arbeiten — aber ich —"
„Du arbeitest doch auch."
„Aber — ich muß mich heiraten lassen!"
Da lachte sie in ihrer selbstironischen Art auf.
„Jetzt ist drüben Glänbigeroersammlung über unseren armen Vater. Vorhin haben sich m e i n e drei Gläubi« ger versammelt. Wenn du wünscht, du wärst Fritze Kuhle» kamp, dann wünschte ich, ich wäre die olle Kuhlekampel^ dann ließen sie mich wenigstens in Ruhe." (Forts- folg»-/