Montag den 2. März 1SSS

Der Enzläler

91. Jahrgang Nr. 51

Auf der Kreuzung der See. und Karlstraße in LudwigSburg ereignete sich ein Zu­sammenstoß zwischen einem Personenkraft, wagen und einem Kraftrad. Der Führer des Kraftrads, ein Lljähriger Mechaniker, erlitt er. heblicheBerlehnngen im Gesicht und einen Nippenbruch, während der Beifahrer, ein 22 Jahre alter Hilfsarbeiter, sich eine schwere Nacken- Verletzung zuzog und besonders unter starkem Blutverlust zu leiden hatte.

Hcimsheim, OA. Leonbcrg, 28. Februar. (Ein Motor Pflug versinkt.) Nach einstimmigem Beschluß sollen die Felder des Wiesentales" auf der Gemarkung einem großen Umbruch unterzogen werden. Zu die­sem Zweck hatte sich eine Stuttgarter Firma mit einem schweren MotorPflug ein­gesunken. Am Mittwoch begannen die ersten Arbeiten. Dabei kam aber der etwa 150 Zent­ner schwere Traktor einem Wassergraben zu nahe und sank immer tiefer ein, so daß am Donnerstag nur noch ein kleiner Teil zu sehen war. Es bedarf anstrengender Arbeit, die versunkene Maschine wieder zu heben.

Böblingen, 28. Februar. (Tödlicher Motorradunfall.) Gestern abend, kurz nach 7 Uhr, ereignete sich auf der Straße BöblingenVaihingen auf Markung Sindel- singen ein schwerer Verkehrsunfatt, dem ein 25jähriger junger Mann zum Opfer fiel. Ein großer Personenkraftwagen vom Bezirk Balingen kam aus der Vaihiuger Straße aus Richtung Vaihingen. Am Baihinger Berg sah der Kraftwagenführer Plötzlich ein Motor­rad ohne Beleuchtung vor sich, so daß der Motorradfahrer angefahren und in den Straßengraben geschoben wurde. Hierbei kam der Lenker des Kraftrades, Karl Schnell, unter den Personenwagen und wurde töd­lich verletzt.

Verrenberg, OA. Ochringen, 28. Februar. (Vom Starkstrom getötet.) Einen tragischen Tod erlitt am Donnerstag in Aus­übung seines Berufes der beim Ueberland- werk Oehringen beschäftigte Monteur Eugen Wüst aus Asfaltrach, als er iw hie­sigen Transformatorenhaus ein Schutzgitter anbringen wollte. Er kam dem Aus­lösungsmagnet des" Oelschallers, der unter Strom stand, zu nahe und wurde augenblicklich vom Starkstrom getötet. Sofort einsetzende Wieder«, belebunasversuche mit dem Sauerstoffappa­rat hatten keinen Erfolg mehr. Der Ver­unglückte, der seit fast 10 Jahren Dienst tat im Ueberlandwerk Oehringen, stand im Alter von 29 Jahren und hinterläßt eine Frau und drei unmündige Kinder.

Konmisimger Earl Slezel t

Ein Förderer des deutschen Liedes

Ellwangcn, 28. Februar. Ein an künstleri­schen Taten und Erfolgen reiches Leben hat mit oem Heimgang des Konzertsängers Diezel seinen plötzlichen Abschluß gefunden. Tausende hat er während seiner jahrzehnte­langen Tätigkeit als Oratorientenor mit der Pracht seiner Stimme und der stets musikalisch ausgezeichneten Interpretation be­reichert und beglückt. Sein männliches Ein­treten für das deutsche Lied machte es verständ­lich, daß ihn sowohl der Sängerbund Ellwan-

gen als "auch der Ostkreis im Deutschen Sänger­bund zum Ehrenmitglied ernannten.

Carl Diezel wurde am 30. 11. IsoO in Karlsruhe i. B. geboren. Schon als Sängerknabe der dortigen Hofkapelle erregte er Aufsehen und Bewunderung infolge seiner außergewöhnlich schönen Stimme. Im sieg­reichen Feldzug 1870-71 kämpfte er in vor­derster Linie für sein deutsches Vaterland. Als Tübinger Student war er bald eines der tüch­tigsten Mitglieder der damaligen von Friedrich Silcher gegründetenAkademischen Lieder­tafel". Seine Gesangsstudien vollendete er bei dem berühmten Gesangsmeister I. Stockhau-

>en rn Frankfurt a. Ai. Dort lernte ihn Johan­nes Brahms kennen, der von Diezels Singen so begeistert war, daß er ihn etliche Male selber am Klavier begleitete.

Von hier aus begann Diezels ruhmvolles Konzertieren als Tenorsolist. In zahlreichen Städten des In- und Auslandes hat er im Verein mit namhaften Dirigenten, Chören und Orchestern deutscher Kunst zum Sieg verhol- fen. Was er für die Werke eines Bach, Händel, Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms, Hugo Wolf usf. geleistet hat, soll unvergeßlich bleiben. Nach Ellwangen kam er aastweise schon in den 90er Jahren und hatte hier von 1903 an seinen ständigen Wobnlib.

Aeligior» - Moral - Verantwortung

Ei« offenes Wort z» de« Dorgöngeu in Rofenberg Lei Ellwangen

Eine kleine Gemeinde im Oberamt Ell­wangen geht friedlich ihrer Arbeit nach. Ihre Menschen stehen abseits vom großen Getriebe des Tages, leben ihrer Arbeit, ihren Nöten und Sorgen und streben danach, als rechtliche Menschen ihren Weg zu gehen, ihren Platz im Leben auszufüllen. Ihre Kin­der wollen sie zu ordentlichen, tüchtigen und anständigen Menschen erziehen, damit auch sie einst ihren Mann im Leben stehen. So bietet Rosenberg, der kleine Ort im Kreise Ellwangen, ein Bild des Frie- dens und der Ruhe.

Wer aber ahnt, daß unter dieser so ruhi­gen Oberfläche die Verderbnis nagt, daß über der Jugend, den blühenden Buben und Mädel, riesengroß die Gefahr der seelischen und körperlichen Zerrüttung lauert? Wer wagt daran zu denken, daß viele sogar dieser Gefahr schon erlegen sind?

Gerüchte kommen auf, werden stärker, ver­dichten sich zu bestimmten Vermutungen, und schließlich kommt es an den Tag. daß der bisher allseits verehrte Pfarrer, dem die Eltern ihre Kinder anvertraut haben, bannt er sie in Sitte und Zucht erziehe und sie in den heiligen Geboten der göttlichen Lehre unterweise, die Jugend des Dorfes in scham­loser Weise sittlich verderbt, moralisch zer­rüttet und in kindlichem Alter körperlich mißbraucht habe. Wir sprechen nicht mehr von Vermutungen, sondern wir stützen uns auf die Vernehmungen der Kriminalpolizei, und wir berufen uns auf die öffentlichen Darlegun­gen des Staatsanwalts, die durch das Geständnis des verbrecherischen Pfarrers erhärtet sind, wenn wir von diesen Verfehlungen sprechen. Pfarrer Ivan» nis in Nosenberg hat gestanden, daß er sich an Hunderten von schulpflichtigen Kindern sittlich vergangen habe, nicht nur in Nosen­berg. sondern auch in seiner Pfarrstelle in Reich enbach bei Gmünd und in seinen früheren Bikarstellungen. Schamlose Ver­fehlungen des Pfarrers an sämtlichen Mäd­chen vom ersten bis K. Schuljahr während des Religionsunterrichts wurden festgestellt. In seiner Wohnung hat der Pfarrer sich dem gleichen Laster hingegeben, ja sogar an Kna­ben hat er seine widernatürlichen Triebe be­friedigt, er. dessen Aufgabe es gewesen wäre, die Kinder zu sittlicher Haltung zu erziehen, er führte seine Zöglinge auf schiefe Bahn und auf den Weg zum Abgrund.

Der Staatsanwalt mußte bei der Unter­suchung dem Pfarrer vorwerfen, daß er n o ch v erworsener sei als Seefeld,

ver 30 Kinder gemordet habe, während ei den Kindern zu Hunderten ihreSeele ge- mordet habe. War Seefeld nur ein Land­streicher, fo war Joannis, der Seelsorger und Seelenhirte fein sollte, ein Seelenmörder und Seelenverderber. Wie gewissenlos Pfarrer Joannis ist. geht daraus hervor, daß er sein Treibenharmlos" nannte und die Kinder .arglos". Wir wollen des weiteren nicht über diese Angelegenheit sprechen, da sie zu scbmubia ist, um in ihrer Scheußlichkeit vor ver wellentlichtcil breir gerieten zu werden. Es genügt, daß alten Leuten in Rosenberg, die Persönlich gar nichts damit zu tun haben wenn sie auf diese Sache zu sprechen kommen, Tränen in die Augen treten, daß viele Eltern schlaflose Nächte verbracht haben, eine Frau aus Schande über das Treiben des Pfarrers Trauer anlegte und viele dem frohen und harmlosen Treiben der Fastnacht ferngeblieben sind.

Noch ein Wort über diesen Fall: Was soll man von der moralischen Haltung mancher Eltern denken, die ihre Kinder heute züch­tigen. da sie offen be, den gerichtlichen Ver­nehmungen über die Verfehlungen des Pfarrers gesprochen haben? Verschlägt nicht dem gesund empfindenden Menschen die Sprache darüber, daß es christliche Eltern geben kann, die aus irgendwelcher Verblen­dung, aus Vorurteilen oder aus falscher Ehrfurcht vor dem Verbrecher im geistlichen Gewände diejenigen beschimpfen, die diesem schändlichen und schamlosen Treiben ein Ende gemacht haben? Ein religiöses Empfinden, das nicht aufs eng st e verbunden ist mit moralischen und sittlichen Vorstellungen, kann nicht christlich genannt werden, das sollten diese Eltern in erster Linie sich überlegen. Sie tun dem Christentum und der Kirche einen schlechten Dienst, wenn sie sich für diesen Ver­brecher einsetzen, allein deswegen, weil er das geistliche Gewand trägt. Wir kön­nen auch nicht glauben, daß es kirchliche Kreise gibt, die den Mantel der Liebe über solches Treiben decken wollen und wir können immer noch nicht glau­ben, daß es geistliche Herren gegeben haben soll, dre von die­sen Verfehlungen gewußt haben. Darüber aber wird zweifelsohne die end­gültige richterliche Entscheidung Klarheit schassen. Auch die kirchlichen Behörden wer­den unserer Meinung sein, daß gerade das geistliche Gewand die Träger zu höchster sitt­licher Verantwortung verpflichtet.

Dank'gebührt dem Kreisleüer Koelle,

dem Ortsgruppenleiter Sauerdorn and dem Bürgermeister Haas, die in voller Ver- antwortlichkeit ihres Amtes für Anstand und Sitte eingetreten sind, und die sich nicht ge­scheut haben, hineinzuleuchten in das traurig-dunkle Treiben dieses Seelenverder­bers. Eltern, Lehrer und Jugendführer aber wollen wir unserer Teilnahme versichern, wenn sie nun darangehen, die Kinder auf den rechten Weg zurückzuführen. Aller Liebe und aller Güte und einer vorbildlichen Ge­schlossenheit wird es bedürfen, um den Schaden an den zerrütteten Kinderseelen wie­der gutzumachen und das aus der Erinne­rung zu löschen, was die niedrige Trieb- hastrgkeit diesesSeelenhirten" beschmutzt und verderbt hat.

Ziehen wir daraus die Lehre, daß rechter Lebenswandel und wahre Berufung zur Jugenderziehung nicht Vorrecht eines be­stimmten Standes sein kann, sondern daß aufrechte und deutsche Haltung und das Bei­spiel eines starken und reinen Lebens jedem das Recht gibt, Führer und Erzieher der Jugend zu fein.

Die Brcnneiiel". Folge 8 vom 25^Ncbr. 1988. Das wunderliche Welttheater im Spiegel von Humor und Satire zu sehen, ist ostmals ein rechter Genus!.Die Brennessel gibt allwöchentlich ihre Glossen zu den groben Ereignissen der Politik. Wenn sie Ernsteres im heiteren Gewände zeigt, so

gibt, auf wichtige und bedeutsame Probleme anf- merksaui gemacht werden, der siebt wohl in der lebten Nummer derBrennesiel Otto von Habs- bnrg mit der Krone Eishockey Gielen, der sieht eine» Grieche» unter dem BumerangBenizelos zusammenbrechen. Ein Professor derUniversität der Revolution" besichtigt die Erfolge seiner segens­reichen Tätigkeit, eine ernste Mahnung an lene schwarzen Kreise, die meinen mit dem Kommuntv- mus liebäugeln zu müssen. Kleine Weisheiten in Form von Glossen, Witzen, Gedichten und Erzäh­lungen verfolgen die Ereignisse des Tages.

Illustrierter Beobachter" vom 27. Februar 1938. lieber letzte Bilder vom Olymvia-Schlub-Ball t« München hinweg lenkt der neueIllustrierte Be­obachter" unsere Blicke aus die Sommcr-Ol»mp:-.de. Neben einer graphischen Uebcrsichtskarte, den die ,1-ackelitasette nehmen wild, zeigt er interessante Aufnahmen von den Berührungspunkten zwischen Olympia und Berlin. Sehr eindrucksvoll ist auch der Ueberblick. der von der Strecke der Reichsauto- babn MünchenLandcsgrenze gegeben wird. Die ReportageEin Jahr Deutsche Saar" gibt Zeugnis von der Aufbauarbeit, die im Saarland im lebten Jahr geleistet ist. Der neueIllustrierte Beobach­ter beginnt mit der Lebensbarsielluna von ..Georg Ritter von Schönerer, des Vaters des politlscheu Antisemitismus", ferner wird die auüerordcntlich interessante AbhandlungRätsel dcS Mondes", ab­geschlossen. Ergänzt und bereichert wird die Num­mer durch verschiedene kulturhistorische, sprachge- schichtliche und aktuelle Abhandlungen und Bilber- solgen, die erfreuen, belehren und rum Nachdenken anregen.

DerArbeitsmann" zeigt in seiner letzten Num­mer einen großen Bildbericht vom Einsatz des Arbeitsdienstes in Garmisch-Partenkirchen. Ein ver­dienter Dank kommt damit den hilfsbereiten Arbeitsmännern in aller Oessentlichkeit zu. Ein sehr ins einzelne gehender Artikel über die Zwangs­arbeit in der Sowjetunion als Vorstufe der totalen Versklavung, läßt Einblick gewinnen in die Metho­den der Arbeitsplan»»« SowietrutzlandS, die im­mer wieder eine Warnung und eine Anklage bar­stellen. Demgegenüber zeigt ein großer Bildbericht über die Seefahrt der deutschen Arbeiter nach Madeira, wie anders wir dem Problem des arbei­tende» Menschen aeacnübcrstebeii. Ein Blick nach der deutschen Eüdostmark mit dem schlesischen Grenz­land, eine Untersuchung über die Lehren ckus dem Mordvrozeb Sceleld. eine Schilderung aus eine« MädchenarbeitSlagcr. Erzählungen. Gedichte au» dem Leben des Arbeitsdienstes zeigen, wie reich diese vorliegende Nummer ist. Ergreifend Ist die Schilderung des OberamiSwaltcrS in der Arbctts- gauleitnng Württemberg, des Pa. Weidle, der Er­lebnisse mit dem ermordeten Kameraden Wilhelm Gmtloss schildert. Keiner von nnS wird an den Schlußworten vorübergchen. die einem Brief Gust- losss vom 28. Januar 1988 entnommen find, in denen der Glaube des Ermordeten zum Ausdruck kommt, daß wir unüberwindlich kein werden, wenn wir noch härter, noch eigensinniger und trotziger den Weg des Führers gehen und bereit sind, wirk­lich freudig unser Leben einzusctzr».

(Urheberschutz durch L. Ackermann, Nomanzcntrale Stuttgart) 251

Wissen Sie noch, Weigeln, wie damals, als der Nole Querhammel Hochzeit machte. Ihnen das Mädchen die ganze Bratenfoße über das neue Gelbseidene mit de«, großen Schlappen an den Schultern kleckerte?"

Richtig! Und wie Sie mir alle Salzfässer drüber ausleerten, Kuhlekampen."

Und dann wurde der Heiner noch eifersüchtig auf Die. weil Ihr Mann immer mit mir tanzte. Na ja, da­mals war ich noch nicht so'ne olle Schreckschraube."

Du, Ernst, weißt du noch, wie das damals vor Ver­dun war? Als wir gerade im Schützengraben lagen und ausgerechnet am Weihnachtsabend der Brief kam, daß sfkr Kfapverstorch dir dm kleene Irma, das heißt, heute ist sie ja gar nicht mehr klein gebracht hatte?"

Richtig, und da bist du rausgelaufen und hast 'ne Pulle Schampus geklaut."

Aber als mir sie trinken wollten, schmissen sie uns eine Granate in den Unterstand, und wir wären beinah heidi gegangen."

So flogen dieweißt du noch" hin und her, alte Klatschgeschichten der Frauen, Kricgserinnerungen der Männer. Kuhlekamp spendierte denDamen" süße Likörs, von denen Irma allerdings nur nippte. Vater Weigel tränt eine Molle nach der anderen, und die Allen achte­rn nicht darauf, daß die dre! Jungen immer stummer und rmpldiger wurden.

Um 12 Uhr standen sie endlich auf und gingen heim. ie vier Alten untergefaßt in einer Reihe, die drei Iun- " m mnterher. ..Kuhlekamp, alter Iunae. das war der ge­

mütlichste Abend seit vier Jahren."

Kuhlekampsche, ich danke auch schön, daß Sie heute so feste geholfen haben."

Kuhlekamps verabschiedeten sich, und Fritze war eigentlich traurig, weil er Irmas Gesicht beobachtet hatte, das immer finsterer wurde.

Dann standen sie oben und knipsten das Licht an. Vater Weigel hatte regelrecht einen Kleinen sitzen und Mutter Guste vom süßen Likör vergnügte Augen.

Gute Nacht, Kinder!"

Er pfiff einen Gassenhauer vor sich hin, während er mit der Mutter im Schlafzimmer verschwand. Jetzt sah Alfred, daß Irma Dränen in den Augen hatte.

Laß nur, ist ja gut. daß wir sie über den Dag weg- gebracht haben, das war der schwerste."

Gute Nacht. Alfred."

Er wußte sehr gut. wie cs jetzt in der Schwester aus­sah und wie sie während dieses Abends gelitten hatte.

Gute Nacht. Kleine."

Cr drückte ihr fest die Hand, und das tat ihr wohl. Dann stand Alfred in seiner Stube. Aus dem Tisch brannte die grüne Tischlampe. Wie die Schwester ihm das alles zurechtgestellt und -gelegt hatte! Unwillkürlich strich er liebkosend über den Tisch und die Bücher.

Sein Blick fiel auf einen großen Umschlag, der aus der Schreibmappe gefallen war. Nun hielt er ihn sinnend in der Hand.

Plötzlich reckte sich Alfred auf. Jetzt lag ein herbes, wehmütiges Lächeln um seine Lippen.

Mit raschen Zügen schrieb er noch zwei Worte auf den Spruch, der auf dem Umschlag stand, schrieb eine Adresse und als fürchtete er sich vor sich selbst eilte er noch einmal aus die Straße und warf das Stück in den Briefkasten. Dann kehrte er zurück und das war nun wieder merkwürdig jetzt war ihm leichter ums Herz.

Dann wurde es still und ruhig in dem kleinen Haus.

S e ch st e s K a p i t e l.

An diesen drei Tagen, dem Freitag, Samstag und Sonntag, hatte die Familie Weigel in einer Art von Krampfzustand gelebt. .Es war so viel Neues auf sie ein­gestürmt. es muhte so schnell gehandelt werden, die jugend­liche Entschlossenheit der beiden jungen Menschen erledigte in Stunden den ganzen Umschwung im Leben einer Familie.

Es war ganz gewiß das beste für alle, und in kluger Berechnung hatte Alfred den drei Kuhlekamps den Wink gegeben, auch zu Aschinger zu kommen und nach der über­hasteten Arbeit den Abend in dieser weichen, aber auch ein wenig alkoholseligen Stimmung ausklingen zu lassen.

Aber auf den Sonntag folgte eben der Montagl Aus dem plötzlichen Krampf sollte ein alltäglicher Dauerzu­stand werden. Irma überwand den Morgen dieses Mon­tags am leichtesten, denn Herr Zangenberg wartete be­reits im Büro auf sie, und es gab anstrengend zu arbei­ten. Da waren Auszüge aus den Büchern hcrzustellen, Briese nach Diktat zu schreiben. Es war eine Tätigkeit, die Irma nicht nur mechanisch beschäftigte, sondern auch ihre geistigen Fähigkeiten voll beanspruchte.

Ernst Weigel stand am frühen Morgen in der leeren Werkstatt in Hemdsärmeln und Arbeits-Hose. Gestern hatte er sich darauf gefreut, an der Hobelbank seines Vaters zu arbeiten. Jetzt stand er in der halboffenen Tür und blickte in den Hof hinaus.

Die Sirene der Fabrik hatte gepfiffen. In Scharen drängten sich die Arbeiter hinein. Weigel hatte die Tür geöffnet. An das kleine, am Samstag noch unbenutzte Gartenhaus dachte niemand. Viele führten ihre Räder auf den Hof und machten sie in den Gestellen fest. Der alte Mann nickte vor sich hin. Vorgestern noch war er Direktor gewesen. Vorgestern noch war er durch die Räume gegangen und hatte als Chef, aber auch als kameradschaft­licher Führer zu ihnen gesprochen.

tForti. kolat.)