Freilag den 7. Februar 1938
Der Enzlöler
94. Jahrgang Nr. 31
Wannweil» OA. Reutlingen, 6. Februar. (Ein Verschollener wieder gesunden.) Den Hinterbliebenen des im Kriege gefallenen Reserve-Infanteristen Hermann Kern, der seit dem Jahre >917 als Toter verschollen gilt, ging am 4. Februar von der Reichsarchivzweigstelle Stuttgart ein Schrei-
ben zu. wonach von der französischen Graber- verwaltung die Leiche des ehemaligen Ers.- Reservisten Hermann Kern. 2. Komp. Regr* ment 475. geb. am 25. Juli 1889 zu Wann- weil welcher am 29. Mai 1917 gefallen ist. aus den endgültigen deutschen Militärfried. Hof von Berrn, östlich Reims. Champagne, in das Einzelgrab Nr. 3418 umgebettet wurde. Die bei der Umbettung der Leiche Vorgefundenen Nachlabsachen wurden an die cmvsangsberechtigten Angehörigen Übersand' Geislingen, 6. Februar. (Zwei Ein- brecher verhaftet.) In der Nacht auf Montag ist in einer hiesigen Wirtschaft ein Einsteigediebstahl verübt worden. Durch Mithilfe der Bevölkerung ist es gelungen, die Täter — einen verheirateten und einen ledigen jungen Mann, beide aus Kuchen — se st z u n e h m e n. Ob die Verhafteten auch die übrigen Einbrüche in Geislingen aus dem Kerbholz haben, steht noch nicht fest; den Diebstahl eines Nundfunkapparates aus einem parkenden Auto haben sie verübt; der Apparat konnte in der Wohnung des einen sichergestellt werden. Außerdem hoben die beiden noch eine ganze Anzahl Einbrüche in Gemeinden des Kreises Geislingen und Göppingen cingestanden. Am Mittwochabend ist eine dritte Verhaftung vorgenommen worden. Weitere stehen bevor.
Warthausen, LA. Biberach. 6. Februar. (Sperrung der Kirche wieder aufgehoben.) Durch Verfügung des Oberamts wurde die Sperrung der hiesigen katholischen Kirche wieder ausgehoben. Be- kanntlich war aus Sicherheitsgründen die Sperrung der Kirche angeordnet worden. Die milde Witterung erlaubte eine sofortige Inangriffnahme der Wiederherstellungsarbeiten, so daß die Kirche für gottesdienstliche Zwecke nun wieder benützt werden darf. Die durch die Sachverständigen ermittelten Schaden sind weit größer als anfänglich anzunehmen war. Insbesondere ist auch das Gebälk des Tachstuhls sehr schadhast, ko daß noch mit umfangreichen Erneuermigsarbei- ten gerechnet werden muß.
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der Kraftfahrzeug WinterpxAung
Alle drei Etappen der Winterprüfungs- sahrt der Kraftfahrzeuge sind beendet. Die Fahrzeuge haben ihr Ziel Titisee erreicht. Auch die dritte Etappe am Mittwoch gestaltete sich zu einer Geschwindigkeits- Prüfung, die an die Fahrzeuge wie an die körperlichen Kräfte und die Nerven der -Fahrer gewaltige Anforderungen stellte. Tie Leistungen waren im Durchschnitt ganz hervorragend, wenn man sich auch kurz nach Ankunft der Fahrzeuge vom Er- gebnis der Fahrt noch kein klares Bild machen kann. Tie letzte Etappe wurde eine reine Winterfahrt. Schnee wechselte mit Vereisung ab. Der Schnee lag teilweise so hoch, daß man an Schneeketten dachte: doch konnte man sie noch vermeiden. Andere Strecken waren spiegelglatt vereist oder mit einer dünnen Schlammschicht belegt. Es gab insolgedessen einige unfreiwillige Abstecher in den Chansseegraben. Fünf Waaen
fielen auS. Den Schluß der Wmterprüfung bilden eine Wendeprüsung, eine Bergprüfung und eine Geschlcklichkeitsprüfung. An dieser Sonderprüfung werden sich insgesamt 30 Maschinen beteiligen.
Vurdau ehrt Krau Mnlr
Die verdienstvolle Frau erhält das Ehrenbürgerrecht
Buchau a. F., 6. Februar. Am 8. Februar beging, wie wir bereits berichtet haben, Frau Lina Hähnle. Giengen a. d. Brenz, die Schöpferin und bisherige Leiterin des „Bundes für Vogelschutz", der jetzt „Reichsbund für Vogelschutz" heißt, ihren 85. Geburtstag. Buchau gedenkt aus diesem Anlaß in besonderer Dankbarkeit der verdienstvollen Frau.
Dieser rührigen, unermüdlichen und opferwilligen Vorkämpferin um den Schub der heimischen Vogelwelt verdankt die Stadtgemeinde Buchau die Entstehung und Weiter- eutwicklung des Naturschutzgebietes am Federsee. Gerade in diesem Monat werden es 25 Jahre, daß die Jubilarin mit eigenen finanziellen Mitteln auf die Fürsprache des verstorbenen Oberförsters Staudach e r durch Ankauf eines im Besitz der Stadt Buchau befindlichen Areals von Streuwiesen in der Größe von 50 Morgen, des sogenannten „Riedle" bei Moosbnrg, den Grundstock legte zum jetzigen Schutzgebiet „Staudacher". Im Laufe der Jahre wurden immer weitere Teile der brachliegenden oder doch ganz wenig ertrags- sähigrn Strenslächrn vom „Bund für Vogelschutz" angekauft, so daß das heutige Geviel eine Fläche von mehr als 200 Morgen umfaßt.
In Verbindung mit dem Federsee ist das Schutzgebiet „Staudacher" heute wohl eines der interessantesten und lehrreichsten Gebiete dieser Art in ganz Deutschland geworden, gerade durch seine eigenartige Vogel- und Pflanzenwelt. Jährlich lockt es zahlreiche Wissenschaftler
uno sreunoe oer Vogelwelt und des Naturschutzes aus allen Teilen des Reiches herbei. In voller Würdigung dieser großen Verdienste um unsere Heimat hat der Gemeinderat vor fünf Jahren der Gründerin des Schutzgebietes „Staudacher" aus Anlaß ihres 80. Geburtstages das Ehrenbürgerrecht der Stadt Buchau verliehen.
Sute Schibahn lm Schwarzwald
Vom Schwarzwald, 6. Febr. Nachdem der Schwarzwald in der letzten Zeit säst völlig schneefrei geworden war. ist nunmehr nach erneuten Schneesällen und bei zurückgehenden Temperaturen im ganzen Schwarzwald wieder gute Schibahn zu finden. Besonders die Höhenlagen über 1000 Meter melden sehr gure Schisportver- hältnisse bei Pulverschnee, der im Feldberggebiet 80 Zentimeter, an anderen Orten des Südschwarzwaldes 80 Zentimeter, im Mittelschwarzwald bis zu 40 Zentimeter und im Nordschwarzwald 30—35 Zentimeter Höhe erreicht.
Eia Sude wegen tätlicher Beleidigung bestraft
Laupheim, 6. Februar. Die Justizpressestrlle Stuttgart teilt mit: Der am 6. Dezember 1935 vom Amtsgericht Laupheim wegen Verdachts eines Sittlichkeitsverbrechens in Haft genommene verheiratete jüdische Metzger Samuel (genannt Siegfried) Laupheimer von Laupheim ist durch Strafbefehl des Amtsgerichts Laupheim vom 24. Januar 1936 wegen eines fortgesetzten Vergehens der tätlichen Beleidigung eines 24jährigen Dienstmädchens, begangen in seinem Metzgerladen, zu der Gefängnisstrafe von 6 Wochen, verbüßt durch die erlittene Unter- suchungshaft, verurteilt worden. Der Strafbefehl ist rechtskräftig; Laupheimer wurde deshalb am 24. 1. 1936 aus der Haft entlassen.
Seeseld weiter schwer belastet
Nach dem gestrigen Lokaltermin im Seefeldprozeß begann das Schweriner Schwurgericht am Donnerstag, dem 15. Verhandlungstag, die Zeugenvernehmungen zum Fall Heinz Zimmermann aus Schwerin. Der damals 10jährige Junge hatte am 23. Februar vorigen Jahres die elterliche Wohnung verlassen, um sich nach dem Altengarten zu begeben, wo seine Klasse, die Wandertag hatte, antreten mußte. Dort ist Heinz Zimmermann nicht angekommen, und seit dem Zeitpunkt fehlte zunächst auch jede Spur von ihm. Mit Hilfe von besonders abgerichtetcn Hunden des Berliner Polizeipräsidiums gelang es am 31. Mai v. Js., die Leiche des Kindes in einer dichten Kiefernschonung, südwestlich des Plater Weges, in den Kresförder Tannen aufzufinden. Die Leiche des Knaben war nur wenig mit Erde bedeckt und darüber befand sich eine dichte Moosdecke. Wie in allen anderen Fällen, die in der furchtbaren Mordserie erörtert werden, lag auch diese Leiche in Schlafstellung auf dem Rücken.
Durch die Aussagen einer Zeugin wird Seefeld wiederum äußerst stark belastet. Diese Zeugin schildert eine auffällige Begegnung, die sie zu der Zeit hatte, als der kleine Zimmer- mann verschwand. In der Nähe der Schloß- brücke bemerkte sie um die Mittagsstunden
einen alten Mann mit einem Jungen. Der Mann redete fortgesetzt auf das Kind ein und die Zeugin beobachtete, daß er gewaltsam die Rechte des Jungen eingehängt halte. Es sah so aus, als ob das Kind nur widerwillig folgte. Der Mann verschwand dann mit dem Jungen durch den Laubengang. Der Zeugin fiel deshalb die Begegnung so auf, weil sie meinte, es handele sich um Großvater und Enkel, die sich erzürnt hatten. Aus diesem Grunde hat sie sich auch den alten Mann genau angesehen, ohne allerdings an etwas Arges zu denken. Ebenso wie ,n der Voruntersuchung erkennt den Angeklagten auch jetzt als wreder, der ihr damals so auf-. ALsüÜLn tvciT. „Ev es ohne jeden Awer» fe.," erklärt sie mit voller Sicherheit.'Vorsitzender: „Was sagen Sie dazu, Seefeld?" Angeklagter: ,^Jch kann nur die eine Aussage machen, daß meine Person nicht in Frage kommt."
Ein weiterer Zeuge begegnete dem Angeklagten unmittelbar danach, als die vorige Zeugin die beiden aus den Augen verloren hatte. Auch hier war Seeseld in Begleitung eines kleinen Jungen. Als die ersten Bilder Seefelds in der Zeitung erschienen, erinnerte der Zeuge sich an diese Begegnung die ihm damals besonders ausgefallen war.
Er sagt mit voller Bestimmtheit: „Ja. der Angeklagte ist der Mann, den ich damals gesehen habe." Vorsitzender: ..Das ist der zweite Zeuge heute, der Sie wiedererkennt." Angeklagter: „Meine Person kommt nicht in Frage." Vorsitzender: „Denken Sie sich doch einmal etwas anderes aus, als den dummen Schnack: Meine Person kommt nicht in Frage. Die Sache ist hier so ernst!"
Auch weitere Zeugen, di? dann gehört werden, haben den Angeklagten getroffen und erkennen ihn Henau wieder. Einem Zeugen siel das ungleiche Paar besonders aus und er musterte ddn alten Mann deshalb unge- wohnlich scharf. Der Alte grüßte daraus mit „Guten Tag". Ter Zeuge erwiderte den Gruß und fragte, wie es komme, baß der Junge nicht in der Schule oder mst der Hitlerjugend unterwegs sei: es sei wohl der Opa zu Besuch. Der Mann antwortete für den Jungen mit: Ja. „Mein Innere» sagte mir: Hier ist etwas nicht in Ordnung" br- kündete der Zeuge, „und ich wollte den bei- den schon nachgehen, dann wurde ich aber doch davon abgehalten, und der Alte verschwand mit dem Kinde." Auch dieser Zeug« erkennt Seefeld mit voller Sicherheit wreder.
Alle diese Zeugen erhärteten ihre schwer belastenden Aussagen mit ihrem Eide. Ter Angeklagte antwortete auf alle Vorhalle mit seiner ständigen, verlogen wirkenden Redensart: „Das kommt für meine Person nicht in Frage".
im Mordprozeß Seefeld hielt der Vorsitzende dem Angeklagten eindringlich die gesamten schwerwiegenden Verdachtsmomente vor, die sich wiederum gegen ihn ergeben haben. Zu. nächst sind da die Zeugen, die Seefeld mit dem kleinen Zimmermann zusammen gesehen haben und ihn alle bestimmt wiedererkennen. Hinzu kommt der außerordentlich belastende Umstand, daß Seeseld früher stets überhaupt bestritt, am 23. Februar 1935 in Schwerin gewesen zu sein. Damals wollte er auch den Schüler K. nicht kennen. Als dann K. bekundet hatte, daß er den Angeklagten bestimmt getroffen habe, gab Seeseld schließ- lich, in die Enge getrieben, der Wahrheit die Ehre und gestand ein, in der fraglichen Zeit in Schwerin gewesen zu sein. Weiter hält der Vorsitzende dem Angeklagten in diesem Zusammenhang die bezeichnende Tatsach« vor, daß Seefeld in der Schonung, in der Zimmermann gesunden wurde, bereits früher mit anderen Knaben Sitttichkeitsver- brechen begangen hatte.
„Schließlich", sagt der Vorsitzende zum Angeklagten gewandt, „sind Sie am 23. Fe- bruar gegen 17 Uhr gesehen worden, dies- mal war aber der kleine Zimmermann nicht mehr bei Ihnen. Auch einige Tage später haben Sie sich noch in der Gegend dort Herumgetrieben und sind mehrfach beobachtet worden. Nun sagen Sie. Seeseldt". erklärt der Vorsitzende mit erhobener Stimme, „wo sind Sie mit dem Jungen geblieben?- Ange- Nagter^ Meine Person kommt nicht in Frage. Borfitzender: „Wenn das Gericht den Zeugenaussagen Glauben schenkt, und ich nehme das an, dann ist die Sache sehr schlimm für Sie. Es gibt nur eine Erklärung: Sie haben ein schlechtes Gewissen.
Meli Sie den jungen umgebracht haben. Tiefer erne Schluh IF nur mögrzch.- Auge. Nagler: „Ich komme nichl In Frage. Tie Kinder, mit denen ich zusammen war. leben alle noch." Auch auf weitere Vorhalte bleibt Seefeld bei seiner alten Berteidigunastaktik. Am Freitag soll der Mord an dem Schüler Neumann erörtert werden.
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(Urheberschutz durch L. Ackermann, Romanzentrale Stuttgart)
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Aber auch Irma, die sich sofort in ihr Zimmer zurückgezogen, schon um etwaigen Fragen und Tadelworten der Mutter wegen der verpaßten Verlobung zu entgehen, hatte keine Ahnung von dem, was zwischen den Eltern vorging. Im Gegenteil, sie war höchst vergnügt, hatte das „Grünseidene" abgestreift, saß halb entkleidet aus dem Vettrand und lachte noch immer, wenn sie an das ver- dutzte Gesicht des Herrn Generaldirektors dachte. Naiür- lich wußte sie gar nichts Pestimmtes. aber alles, was Unnatur und Gehabe war. konnte sie nun einmal nicht leiden, und an diesem jungen Menschen mit seinen lächer- lichen Phrasen und Großtuereien war überhaupt nichts echt oder natürlich. Dann wurde sie ernster und zündete sich kine Zigarette an. War denn etwa diese Gesellschaft „natürlich" gewesen? Höchstens der alte Sägewerlbesitzer Hahnemaun, der zum Entsetzen ihrer Mutter nach dem soundsovielten Glas Sekt laut und selbstgefällig erzählt hatte, daß er als Junge barfuß und dreckig in irgendeiner kleinen Stadt für seinen Vater, einen Flickschuster, die Stiefel ausgetragen habe und daß seine Frau, die jetzt drei Dienstboten hielt, in ihrer Jugend Kuhmagd gewe- sen sei. Das war wenigstens ein Kerl, der sich seiner' Her- kunft nicht schämte und ehrlich gestand, daß er ist' der Nachkriegszeit viel verdient hatte. Aber die anderen, die jetzt Gott weiß wie fein und gebildet taten und doch das Messer in den Mund schoben? Oder etwa gar der Hofrat, der nur kam, um wieder einmal gut zu füttern, und gar kein Gefühl dafür hatte, wie er sich selbst erniedrigte? Ja, wenn das hier so etwas wie Kameradschaft, wie ein Aus
gleich der Stünde gewesen wäre. Aber sol Wo sie nur als vornehmes Aushängeschild, als Neklamegäste geladen waren!
Irma wurde immer ärgerlicher. Ekelhast war das Ganze! Herrgott, was konnte es der Mutter für einen Spaß machen, diese Bande zu füttern! Und der Vater? Nein, dem machte es ganz gewiß kein Vergnügen; der hatte den ganzen Abend über ein Gesicht gemacht, als wollte er am liebsten wegrennen. Ueberhaupt! Früher, als sie noch in der kleinen Wohnung in der Invaliden- slraße wohnten, war es gemütlicher gewesen.
Irma stand auf und warf die Zigarette fort. Jetzt war sie wieder verrückt! Da hing ihr ganzer Schrank voll schöner Kleider! Unten in der Garage stand ihr schnittiger kleiner Wagen. Anstatt in den dumpfen Hof heruntcrzugucken, hatte sie den schönen Park und konnte tun. was sie wollte. Eigentlich war sie wirklich dumm, daß sie überhaupt nachdachte.
Mit schnellem Nuck öffnete Irma dag Fenster und begann ihre abendlichen Trainingsübungen vor dem Spiegel. Das tat wohl! Sechsmal Kniebeuge, dann Numpf- walzen. Donnerwetter! Jetzt war ihr die Kerze gleich beim erstenmal geglückt!
Eie sprang auf. denn ganz deutlich hatte es an die Tür geklopft. Jetzt mitten in de- N : V! Mitten in ihrer Uebung!
„Hallo?"
„Ich bin's, Irma."
„Herrgott, Alfred, du? Was ist denn iosk"
„Ich muß dich sprechen."
„Geht nicht. Ich stehe hier und trainiere."
„Dann zieh' dir was an. Es muß sein, es ist etwas sehr Ernstes."
Was war denn das? So erregt hatte Alfred noch nie gesprochen.
„Warte einen Augenblick, ich ziehe den Bademantel über."
Sie öffnete und ließ den Prüder ein.
„Mensch, wie siehst du denn aus? Hast du Malheur gehabt? Etwa jemand umgefahren?"
„Unsinn, aber —" ^ ^
„Dann raus mit der Sprache! ich bin hundemüde.
„Setz' dich einmal vernünftig hin. Irma, du bist doch ein tapferer Kerl — wir beide müssen zusammenstehen."
Das verstand sie erst recht nicht, saß auf der Bett- kante und ließ die nackten Füße auf den Teppich baumeln. Dann grjff sie ganz unwillkürlich wieder nach der Zigarettendose und sah Alfred fragend an.
Sie sah, wie schwer es ihm wurde, zu reden. Er hatte sich rücklings, die Lehne zwischen den Beinen, auf einen Stuhl gesetzt: dann seufzte er auf:
„Ho', keinen Zweck, bist ja ein Mädel, das einen Puff verträgt, also will ich nicht lange Worte machen — Vater ist pleite."
„Was ist?"
Im ersten Augenblick kam ihr der gleiche Gedanke, den die Mutter beim Vater gehabt: war Alfred betrunken? Aber der stand jetzt auf.
„Jawohl! Pater ist pleite! Vater muß morgen den Konkurs ansagen! Er hat's heute dem alten Kuhlekamp gesagt. Alles ist beim Teufel. Die Möbel am laufenden Band unmodern, das Geld alle."
„Du. Alfred, machst du einen Scherz?"
„Ich glaubet so sehe ich nicht aus. Vater bat sich eben immer nur um die Arbeit gekümmert. Hat olles Onkel Wilhelm überlassen. Hat geglaubt, was einmal Mode war, wird es auch bleiben, und immerzu nur fabriziert und jetzt ist der ganze Kitt wertlos."
Irma war blaß geworden.
„Und Onkel Wilhelm?"
„Ist heut nacht um zehn Uhr nach Paris gefahren und läßt Vater den ganzen Brei allein ausiöiseln."^
„Das ist ja nicht möglich! Und heute abend —
(Forts, folgt.)