Donnerstag den v. Februar 1988
Der Enztäler
94. Jahrgang Nr. 30
LckttiMl'scke (Avo-tU
Horb, 4. Febr. (Vorlesungen der Derwaltungsakademre.) Am letzten Samstag und Sonntag fand in Horb die zweite Vorlesungsreihe der Württ. Verwaltungsakademie für die Kreise Horb, Calw, Freudenstadt, Haigerloch, Herrenberg, Nagold, Neuenbürg, Oberndorf, Rottenburg und Sulz statt, die mit einer Zahl von 500 Hörern einen außerordentlich guten Besuch aufwies. Gauschulungsleiter Dr. Klett sprach über: „Unser Kampf um die nationalsozialistische Weltanschauung". Glücklich fügten sich die übrigen Vorträge in diesen Gedankenkreis em. Professor G i e s e l e r-Tübingen machte in einem Lichtbildervortrag über die Grundfragen der Nassenkunde interes- saute Ausführungen auch über die württem- bergischen Nassenverhältnissc. Gauamtsleiter Schummgab den Beamten für ihre Dienst- sührung richtungweisende Gedanken in einem Vortrag über das Führertum im nationalsozialistischen Staat. Im letzten Vortrag zeigte Prof, von Mango l d t-Tübingen den Weg vom ^deutschen Bundesstaat zum Einheitsstaat. ^
Spaichingen, 3. Februar. Kreisleiter Thur- ner, der Bürgermeister von Spaichingen, ist, wie das der NS.-Presse angeschlossene „S pai- chinger Tagblatt" meldet, zur Bearbeitung besonderer Aufgaben indenStabdes StellvertretersdesFührersnach München berufen worden. Die Gau- leitung hat ihn für ein Vierteljahr von sei- nem Amt als Kreisleiter und das Innenministerium für den gleichen Zeitraum von seinem Amt als Bürgermeister von Spaichin- yen beurlaubt.
SudetenbeutMe im Kampf
Stuttgart, 4. Februar.
Der sudetendeutsche Heimatbund, die Vereinigung aller außerhalb der tschechoslowa- kischen Republik lebenden Sudetendeutschen veranstaltet in der Zeit vom 2. bis zum 9. Februar d. I. im ganzen Reichsgebiete eine sudetendeutsche Werbewoche. Zweck dieser Werbewoche ist es, aufzu- klären über die sudetendeutsche Frage und deren Bedeutung für das Gesamt» deutschtum.
Dreieinhalb Millionen deutschblütiger Menschen leben heute innerhalb der tschechoslowakischen Grenzen und zwar in geschlossenem Siedelungsgebiete, das sich, von einigen Sprachinseln abgesehen, überall an deutsche Nachbargebiete (Deutsches Reich und Oesterreich) anschließt. Diese dreieinhalb Millionen deutscher Menschen verteidigen alten deutschen Kulturboden, den ihnen ein über- steigerter Nationalismus rauben will. Ihr Kamps um die Selbstbehauptung wird siegreich sein, wenn sie wissen, daß das Gesamtdeutschtum hinter, ihnen steht.
Den Höhepunkt der Werbewoche bildet für Stuttgart eine öffentliche Kundgebung unter dem Leitwort „Sudetendeutsche im Kampf" am Freitag, dem 7. Februar, 20 Uhr, im Saalbau Dinkelacker. Eine weitere Kundgebung unter dem gleichen Leitwort findet in Reutlingen (Samstag, dem 8. Februar, 20 Uhr, im Lindachsaal) statt.
Stuttgart, 4. Februar. Der „S o l d a t e n b u n d" des neuen
Heeres hat seine Tätigkeitaufgenom- men. Aufrechtcrhaltung soldatischen Geistes und der Kameradschaft, Wege der Erinnerung an die gemeinsam verbrachte Dienstzeit und der Ueberlieserungen des Heeres in lebendiger Verbindung mit der aktive» Truppe sind seine Aufgaben. Der Eintritt in den Bund ist freiwillig.
Anspruch auf Zugehörigkeit haben alle Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, die seit dem 1. Januar 192l im neuen Heere gedient oder geübt haben und in Ehren ausgeschiedcn sind. Aktive Offiziere sowie nach Beendigung deS elften Dienstjahres die länger dienenden Unter- offiziere und Mannschaften des Heeres können außerordentliche Mitglieder werden. Tie Mitgliedschaft kann u»r aus schriftlichen Antrag des Bewerbers erlangt werden. Vor- drucke des Ausnahmeantrages sind bei den Kameradschaften des „Reichstreuebundes" und den Wehrbezirkskommandos, in der ent- militarisierten Zone bei den unteren Ersatzbehörden bzw. deren Zweigstellen erhältlich. Diese Stellen nehmen auch die Beitrittserklärungen zum Bund entgegen.
Versorgungsberechtigte ehemalige Heeresangehörige sollen neben der Mitgliedschaft des Bundes auch die des „Reichstreuebundes" erwerben, der als Zweigverein für Versorgungsaufgaben dem Soldatenbunde eingegliedert ist. Der Mitgliedsbeitrag beträgt monatlich 50 Pfennig. Den Mitgliedern wird die Halbmonats-Zeitschrift des „Soldatenbundes" unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Versorgungsberechtigte Mitglieder, die daneben dem „Rerchstreuebund" angehören, entrichten dafür einen monatlichen Sonderbeitrag von 50 Psg. Die Mitglieder des „Soldatenbundes" erhalten demnächst ein besonderes Abzeichen. Mitglieder des Bundes, die sich politisch oder weltanschaulich be- tätigen wollen, können, da im Bunde keine Politik getrieben wird, außerdem den Gliederungen der Partei, z. B. SA. oder SS., angehören. Mitglieder des Soldatenbundes, die bereits der alten Wehrmacht oder einem ihrer Bünde (z. B. Kyfshäuser) angehört haben, können diese Mitgliedschaft beibehalten.
Wie bereits mitgeteilt, ist zum Führer der Bundesgruppe Stuttgart Generalleutnant a. D. von Greifs, zum Führer der Bundesgruppe Karlsruhe Generalmajor a. D. Freiherr von Rotberg, Heidelberg, bestimmt worden.
Tugend ln Erholung
„Forsthaus" und „Kuchberg" öffnen ihre Pforten
Am 5. Februar öffnen unsere Jugend- erholungsheime „Forsthaus" und „Kuchberg" ihre Pforten für rund 250 Kin- der aus 11 württembergischen Kreisen und dem Gau Köln-Aachen. Die kurze Zeitspanne, während der die Heime für die Erholung?- arbeit geschlossen waren, wurde dazu ausgenützt. die Ausstattung der Heime zu vervollkommnen. So. wird die geräumige Turnhalle aus dem Kuchberg in Zukunft die verschiedensten Sportgeräte aufweisen. Tie nötigen Einrichtungen für das so wichtige Bodenturnen werden beschafft. Im „Forst- Haus" ist ein nahe gelegener Backsteinbav zum ..Werkhaus" umgewandelt worden. Bald werden an den Hobelbänken die Laubsägen knirschen, die Bohrer sausen und lustig? Figuren für Schattenspiele usw. werden entstehen.
In beiden Heimen werden für die Mädelbelegungen die Geräte für Web- und Knüpfarbeiten bereitgestellt. Unsere Gruppenleiterinnen werden an je einem großen Web- ltuhl Proben ihrer Geschicklichkeit ablegen können und so in eigenem Schaffen und Wirken manch praktisches Stück für die Ausgestaltung der Heime selbst entstehen lasten.
Bald werden wieder die Werber sür Landpflegestellen an die Opserbereitschast unserer schwäbischen Volksgenosten appellieren. Stuttgart. die Stadt des Auslandsdeutschtums, wird ihre Tore den Kindern deutscher Volks, genosten öffnen, die im Ausland die Fahnen des Deutschtums Hochhalten. Das Jahr 1936 wird, wie die Vorjahre, sür die NSÄ. wieder ein Jahr des vollen Erfolges werden. Wir sind der Mitarbeit aller Volksgenossen sicher; denn auch sie misten:
Unsere Jugend ist Deutschlands Zukunft!
Sie Ausstellung..Deutschland
Staatskomnriffar Dr. Lippert und Ob.-Reg.-Rat Dr. Ziegler vor der Presse
Auf einem Presseempfang am Dienstagnachmittag im Berliner Rathaus sprachen Staatskommissar Dr. Lippert und Oberregierungsrat Dr. Ziegler vom Reichspropagandaministerium über Bedeutung und Umfang der während der Olympischen Spiele 1936 in Berlin stattfindenden großen A u s- stellung „Deutschland" am Kaiserdamm, die unter der Schirmherrschaft deS Reichsministers Dr. Goebbels steht.
Staatskommissar Dr. Lippert teilte zunächst mit, daß Berlin im Olympia-Jahr mit zwei Kulturschauen vor die Oeffentlichkeil treten werde: Im Juni mit der Ausstellung „Die deutsche Gemeinde", in der aus Anlatz des Internationalen Gemeindekongresses das Gesamtleben unserer mehr als 50 000 deutschen Gemeinden gezeigt werden soll; und vom Juli bis August mit einer um- fassenden Gesamtschau. Im Rahmen der Ausstellung „Deutschland" werden entsprechend der Bedeutung der Reichshauptstadt. so führte der Staatskommifsar dann wei
ter aus, eine Sonderschau i,Berit«— das Schaufenster des Reiches" gezeigt werden.
Der Vertreter des Reichspropagandaministeriums, Oberregierungsrat Dr. Ziegler, gab sodann nähere Einzelheiten über die geplante Ausstellung „Deutschland" bekannt. Die Ausstellung werde sich in drei große Abteilungen gliedern. In der ersten Abteilung werde in der Eh reu Halle die Aufbauarbeit des Dritten Rei- ches zur Darstellung gelangen. Die Arbeitsschlacht und die Erzeugungsschlacht, die Beseitigunader Parteienwirtschaft und des Partikularismus, die Vollendung des Reiches durch den Ausbau des Einheitsstaates, die beherrschende Stellung der Partei als politischer Willensträger der Nation, der Arbeitsdienst, die Deutsche Arbeitsfront mit „Kraft durch Freude" und „Schönheit der Arbeit", der Neuaufbau der Kultur, die
Autobahnen, die wissenschaftliche Forschungsarbeit, die NSV. und das Winterhilfswerk, die HI. als Trägerin eines neuen Lebenswillens, ihre Lager und die Jugendherbergen.
In der zweiten Abteilung „Deutsches Volk und Deutsches Land" werde die deutsche Geschichte eine vielfältige Darstellung finden. Es werde dann auf der Schwelle zwischen Ehrenhalle und dieser Abteilung ein besonders monumentaler und feierlicher Ehrenraum stehen, d»r dem „Deutschen Genius" geweiht sein werde. Von hier aus sei nur ein Schritt in den großen Raum des deutschen Volkes und der deutschen Landwirtschaft, der die ganze Vielseitigkeit des deutschen Landes und des deutschen Menschen vor Augen führen werde. Die großen deutschen Landschasts- und Stammesgaue würden hier in ihren charakteristischen Erscheinungsformen gezeigt werden.
Legier icymg ven dorren: „Wir sind überzeugt, daß diese Ausstellung in ihrer Geschlossenheit und ihrem modernen Rhythmus eine deutsche Kulturschau sein wird, die sich sehen lassen kann. Dem Ausländer, der seine Schritte Hierher lenkt, wird sie über die Olympischen Spiele hinaus einen Begriff von dem neuen Deutschland geben. Dies aber wird Sie mit neuem Stolz auf das Vaterland erfüllen gemäß dem Spruch, der unsichtbar über der Ausstellung steht: .Gedenke, daß du ein Deutscher bist!'."
WntepsMswei'k clss Osutsclisn Volke!
Denk bitte daran,
wenn Lu dich zum Fahrkartenschalter drängst, dir dort auch eine Spendekarte zu lösen. Obs nun zum Wintersport oder sonst zu frohem Wochenende, ob es auf Gelegenheits- oder Geschäftsreise geht: die 10 Pfennige für die Spendekarte kannst du dir sicherlich noch ab- knapsen, auch wenn deine Reisekasse klamm ist.
Glaube ja nicht, auf dich komme es nicht an! Wieder kann viele Not gelindert werden, wenn keiner, der so eine Reise tut, sich darum drückt. Und du hast dich so wieder als guter Mitarbeiter am Winterhilfswerk des deutschen Volkes erwiesen. Hast gezeigt, daß, wie Adolf Hitler sagt, dir das Wort Volksgemeinschaft nicht leere Phrase ist, sondern daß es für dich wirklich eine innere Verpflichtung enthält.
virrä ssins Kin.cZ.si7
(Urheberschutz durch C. Ackermann, Romanzentrale Stuttgart)
5j
„Du hast es vom einfachen Tischler bis zum Besitzer einer großen Möbelfabrik gebracht."
„Wieder richtig. Vierhundert Arbeiter, jährlich dreitausend hochbeinige Bettstellen am laufenden Band. Jährlich zweitausend vier Meter lange Kredenzen und Büfetts, auch am laufenden Band."
„Das alles hast du meinem geschäftstüchtigen Bruder zu verdanken. Schon der Inhalt deiner großen Lager ist ein Vermögen."
„Das kommt ganz darauf an, wie teuer das Brennholz wird und was der Lohn für das Zerhacken kostet."
„Du bist wirklich betrunken."
„Leider sehr nüchtern Ganz recht, der ganze vierstöckige Fabritbau steht voll. Weißt du, was das Zeug wert ist? Nichts! Gar nichts! Die Mode ist anders geworden. Hohe Betten kauft keiner, in die neuen Kleinwohnungen gehen unsere Kredenzen und Schränke höchstens durch das Dach rein. Von dem ganzen Zeug, das wir in den letzten Jahren am laufenden Band fabriziert haben, ist nicht ein Stück mehr verkäuflich."
Auguste war ernst geworden.
„Du, ist das wahr?"
, „Selbstverständlich!"
„Ist mein Bruder Wilhelm schon fort?"
„Schon lange. Hat sogar einen Brief hinterlassen, den mir das Mädchen vorhin gegeben hat. Ist mit dem Nachtzug weg. Will nach Paris und kommt nicht wieder. Leider hat er die letzten zehntausend Mark, die noch in der Kasse waren, mitgenommen. Sehr schade — über die
Grenze kriegt er sie doch nicht, und jetzt schluckt sie das Zollamt."
„Aber dann —"
„Sehr richtig, liebe Auguste, dann sind wir pleite, und morgen früh werde ich auf das Gericht gehen und Konkurs anmelden."
„Nein
„Guste, ich habe das seit Wochen kommen sehen, aber es war schon zu spät."
„Und mir — mir hast du nichts gesagt?*
„Was sollte ich dir diesen Abend stören? Warum solltest du nicht noch einmal vergnügt sein?"
„Ich — wir — wir sind pleite?"
Sie hatte weit aufgerissene Augen.
„Vollkommen pleite, und deshalb ist es ganz gleich, ob das Silber in dieser Nacht geklaut wird oder nicht."
„Und der Generaldirektor von Zehdenick wollte doch heute um Irmintrud anhalten!"
„Kannst jetzt ganz ruhig wieder Irma sagen. Nota- bene sahen mir die beiden Herren, die den Herrn Generaldirektor, als er eben gehen wallte, in Empfang nahmen, verflucht nach Kriminalvolizel aus, und der eine zeigte mir seine Marke. Ich möchte wetten, daß dieser tüchtige Herr nicht von Zehdenick heißt, sondern aus Zehdenick stammt und ein ganz gemeiner Hochstapler ist."
Noch immer starrte Frau Auguste ihn an.
„Ernst — ich hoffe — du bist nur betrunken."
Jetzt faßte er ihre Hand.
„Es ist wahrhaftig das erstemal in meinem Leben, daß es mir leid tut, daß ich es nicht bin. Ja. das hilft nun nichts, Alte! Siehst du, wäre ich ein einfacher Tischlermeister geblieben wie Vater, dann hätten wir jetzt vielleicht ein kleines, nettes Siedlungshäuschen irgendwo bei Oranienburg oder so. Jetzt sitzen wir durch deines Bruders Großmannssucht und meine erbärmliche Dummheit im Wurschtkessel und sind berühmte Leute dazu!"
Er redete sich immer mehr in Erregung.
„Iawolll Berühmte Leutei Denn alle Zeitungen werden davon voll stehen: Möbelfabrikant Weigel pleite! Vierhundert Arbeiter brotlos! Der eine Teilhaber durchgebrannt und der andere —"
Er lachte grimmig auf.
„Nee, das mit dem andern, das geht ja nicht mall Jetzt siehst du es vielleicht ein, warum ich vorhin bedauerte, daß wir im Schlafzimmer keinen Gasanschluß haben. Hole der Deibel deinen Bruder und unser ganzes, verpfuschtes Leben!"
Damit nahm er eine kostbare Kristallvase und schmetterte sie auf den Boden, daß die Scherben nur so herumflogen. Unwillkürlich schrie Frau Auguste:
„Die teure Basel"
„Bringt auf der Auktion eins fünfzigl ^ommt auch nicht drauf an."
Er seufzte tief auf, denn er fühlte, daß es mit seinen Nerven zu Ende ging.
„Geh' schlafen, GusteI Leg' dich zum letztenmal in dein Daunenbett mit der seidenen Steppdecke. Kannst mir leid tun, daß du so einen alten Hornochsen geheiratet hast. Bring's morgen dem Mädel und dem Jungen bei, wenn sie mich vielleicht einsperren. Wenn ich mich nur nich^so furchtbar vor Vater schämen müßte !"
Er setzte sich in seinen Stuhl und starrte vor sich hin, während Frau Auguste mit unsicheren Blicken zu ihm hinsah.
ZweitesKapitel.
Von dem tragischen Abschluß, den das Fest in den „Privaträumen" des Ehepaars Weigel genommen, hatten die Mitbewohner der Villa nichts gemerkt. Höchst fidel ging es im Untergeschoß zu, wo die Dienerschaft sich über die reichlichen Reste des Mahls, die Frau Weigel in ihrer Müdigkeit nicht verschlossen hatte, wie das sonst ihre Gewohnheit war, und über die halbgeleerten Wein-, Sek^ und Likörflaschen hermachte und dabei selbstverständlich die Gäste nach Kräften durchhechelte. (Forts, folgt.),