348
Themen im Rondo die dankbaren Zuhörer ganz besonders entzückte. Mit dem gestrigen Erfolg des Abend« waren sowohl der Veranstalter als die Zuhörer sichtlich sehr befriedigt.
* Calw 28. April. In Nr. 4 der Württ. Schwarzwaldvereinsblätter bringt A. Bauer, Vorstand der geologischen Abteilung des statistischen Landesamts einen orientierenden Artikel über „die neue geologische Landesaufnahme des Kgr. Württemberg". Ueber „Schloß und Herrschaft Steinegg" veröffentlicht Gerwig-Pforzheim eine geschichtliche Skizze; „der Holzschlitten" im Winterschnee beschreibt G. A. Volz.Heilbronn in anschaulicher Weise; Mitteilungen „vom Neckarursprung" geben ein prächtiges Bild von den Winterfreuden in der Baar und ebenso interessant find die Schilderungen der „Winterbilder aus der Alpirsbacher Gegend". Von besonderem Interesse ist für uns ein Artikel über „die Nagoldbrücke in Hirsau" von Rektor vr. Weizsäcker. Es dürfte allgemein bekannt sein, daß schon längere Zeit die Abficht besteht, die Hirsauer Brücke mit Rücksicht auf den Verkehr mit Langholzfuhrwerken und Automobilen zu erbreitern. Dieser Erbreitung steht hindernd im Wege, daß die westliche Zufahrt der Brücke von zwei Gebäuden, der Oelmühle und der Schlosserei, eingefaßt ist, deren Unterbau sicher mit der ursprünglichen Anlage der Brücke in engstem Zusammenhang steht. Der Abbruch der Oelmühle würde aber das Landschaftsbild sehr wesentlich beeinträchtigen, auch würde am Ostende der Brücke eine geeignete Ausmündung für die Erbreiterung schwer zu finden sein. Rektor vr. Weizsäcker geht nun auf den Notschrei in der Bauzeitung für Württemberg näher ein und beantwortet hiebei die zwei Fragen: Hat sich der Verkehr auf der Talstraße so gehoben, daß eine Erbreiterung der Brücke überhaupt notwendig ist? und: Ist ein Altertumsdenkmal gefährdet? Er kommt hiebei zu der Ansicht: Man lasse unberührt und zerstöre nicht ohne Not, was man bestehen lassen kann, ohne die Rücksicht auf den Verkehr außer acht zu lassen, denn der originelle Bau der Oelmühle gehöre zu den charakteristischen Eigentüm- lichkeiten des ganzen Landschaftsbildes und sein Abbruch würde eine störende Lücke in dieses Bild reißen. Wenn man je die Brücke erbreitern wolle, so solle es auf der südlichen Brückenseite geschehen und da die jetzige Brückenbreite für den Fährverkehr vollauf genüge, so könne es sich nur um einen Fußsteg für die Fußgänger handeln. Am einfachsten wäre es also, die Brüstung zwischen dem südlichen Brückenrand und Brückenturm zu entfernen und an die Brücke flußaufwärts von Vorsprung zu Vorsprung einen eisernen Gittersteg anzulegen, der den Anblick der Brücke von oben her in keiner Weise beeinträchtigen würde. Der Artikel ist durch zwei Bilder veranschaulicht. Verschiedene Mitteilungen aus dem Schwarzwaldgebiet, wie
Wintervergnügen in Teinach, und den Bezirksvereinen bilden den Schluß. Als Vereinsgabe erhalten die Mitglieder die 2. Auflage der Karte des Blattes Hohloh.
— Am 26. April ist von der Evangelischen Oberschnlbehörde die dritte Schulstelle in Mün- sin gen dem Schullehrer Drück in Hornberg, Bez. Calw, übertragen worden.
— Auf Grund bestandener Prüfung ist zur Erteilung des Unterrichts in weiblichen Handarbeiten an Volks-, Mittel- und höheren Mädchenschulen für befähigt erklärt worden: Söll, Anna von Calw.
Wimsheim O.A. Leonberg 28. April. Bei der gestrigen Schultheißenwahl haben von 162 Wahlberechtigten 156 «bestimmt. Stimmen haben erhalten: Polizeiasfistent Funk aus Stuttgart 109, Schultheißenamtsverweser Essig 46, Funk ist somit gewählt. Als Seltenheit sei erwähnt, daß ein Wähler, der am 12. April 94 Jahre alt war, an der Wahlurne erschienen ist und seine Wahlpflicht erfüllt hat.
Ludwigsburg 27. April. Die Schullasten der Stadt sind stark im Steigen begriffen. Während im Rechnungsjahre 1906/07 nach Abzug der Einnahmen noch 120455 ^ zu decken waren, sind es Heuer nach dem den bürgerl. Kollegien vorgelegten Etat 136701 d. h. rund 16000 mehr. Verursacht ist der Mehraufwand durch Schaffung neuer Volksschulstellen, Gehaltsaufbesserungen und Vergebung der Woh- nungsgelder der an nicht in staatlicher Unterhaltung stehenden höheren Schulen angestellten Lehrer; 3000 ^ sind weiter für Einrichtung eines Phystksaales der Realschule vorgesehen. Bürgerausschußmitglied Münzenmay brachte in der letzten Sitzung der Kollegien die Frage der Lehrmittelfreiheit zur Sprache, indem er erklärte, er könne sich aus allgemeinen, ethischen, erziehlichen und sozialen Gründen nicht für vollständige Ueber- nahme aller Kosten der Lehrmittel aussprechen, sondern halte die hier seit längerer Zeit bestehende Form, wonach allen ärmeren Schulkindern auf ihre Bitte Schulbücher und Hefte aus dem von der Stadt unterstützten Schulfond verabreicht werden, für die im allgemeinen richtige. Dieser Stellungnahme schloß sich auch Oberbürgermeister vr. Hartenstein an.
Heilbronn 29. April. (Schwurgericht.) Die Verhandlungen des II. Quartals begannen mit der Anklagesache gegen den 64 Jahre alten Mechaniker Gustav Maier von Affaltrach O.A. Weinsberg wegen Falschmünzerei. Der Ange- klagte war geständig, daß er Ende vorigen und Anfang dieses Jahres falsche 1- und 2Markstücke sowie 10 Pfennigstücke angefertigt und zum Teil in den Verkehr gebracht hat. Er wurde unter Zubilligung mildernder Umstände zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Die bei ihm gefundenen Gießwerkzeuge wurden eingezogen.
Baden-Baden 27. April. Rechtsanwalt H au, der mutmaßliche Mörder der Frau Molitor, seiner Schwiegermutter, wurde gestern im Beisein, seines Verteidigers an den Tatort geführt und vom Staatsanwalt vernommen. Abends wurde Hau nach Karlsruhe zurücktransportiert.
Berlin 27. April. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung schreibt: Im Anschluß an das Ergebnis des Disziplinarverfahren gegen den Gou- verneur von Puttkam er werden in der Presse verschiedene unzutreffende Mitteilungen verbreitet. Es ist unrichtig, daß das gegen Herrn von Putt- kamer ergangene Urteil bereits die Rechtskraft erlangt habe. Die Kolonial-Verwaltung kann sich über die Frage eventueller weiterer Schritte erst schlüssig werden, wenn das Urteil mit den Gründen zugestellt sein wird. Auch über die weitere Frage, ob Herr von Puttkamer nochmals, wenn auch nur kurze Zeit als Gouverneur nach Kamerun zurück, kehren wirb, ist eine endgültige Entscheidung an zuständiger Stelle noch nicht getroffen.
Berlin 27. April. Der Redakteur des „Vorwärts" Hans Weber wurde heute von der 4. Strafkammer des Landgerichts I wegen öffentlicher Beleidigung des Präsidenten der königlichen Eisenbahndirektion Essen zu 600 ^ Geld, strafe verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 4 Wochen Gefängnis beantragt.
Hamburg 27. April. In der Angelegen- heit des Arbeitsverhältnisses der wieder angestellten Schauerleute machen sich neue ernste Schwierigkeiten bemerkbar. Trotz der angenommenen Be- dingungen wurden die während des Streikes beschäftigten arbeitswilligen Schauerleute durch die wieder angestellten Schauerleute arg belästigt und mit Steinen und anderen Gegenständen mißhandelt. Die Rheder haben die Polizeibehörde um verstärkten Schutz gebeten.
London 27. April. Die „Tribüne" meldet aus Calcutta, daß unter den Eingeborenen in Indien, eine allgemeine Gährung sich bemerkbar mache. Die Hindus und auch die Mohamedaner in verschiedenen Orten sollen sich in aller Eile bewaffnen. In den englischen Kreisen Indiens herrscht Unruhe und die englischen Zeitungen in Indien erklären daß die Lage ernster sei, als seit vielen Jahren. Die „Indian Daily News" berichtet, daß ihr zuverlässig mitgeteilt wurde, die jetzt drohenden Unruhen würden die ernstesten werden, die man je in dieser Provinz gehabt habe.
«reklameteil.
vie Kirnten geäeiksn vorrügliek äsdei leirlen nickt an
Verästiungr Störung.
tiervorrsgenä be«skr1 bei ßreckäurcbtsll, vsrmkstsnli, visrrbos etc.
Thymert machte eine ungläubige, abweisende Bewegung; lächelnd ! beobachtete ihn die erfahrene Frau. Mit freundlicher Gönnermiene und kaum merklichem Spott — in diesem Augenblick sah sie in ihm nicht den Priester, sondern nur den jungen Mann — fuhr sie dann fort:
„Glauben Sie mir, monsi«ur I« rsoteur, eine rauhe Nacht drunten an der Bucht ist weit ungefährlicher für die Mädchen als ein Mittagsmahl in den Vo^LAsurs, wo die Fremden ihnen zulächeln, wenn sie den Suppenteller nehmen, leise flüsternd Wein bestellen und sich beim Kaffee nach dem Schnitt ihrer Häubchen und unfern verschiedenen Trachten erkundigen. Die Fremdlinge haben weiche, verführerische Stimmen, und ohne daß sie Böses beabsichtigen, schaden sie den jungen, törichten Dingern, die nicht begreifen wollen, daß solche Worte, solche Blicke nicht für sie sind, und mit Entzücken so viel wie möglich von dem Gift einsaugen. Die jungen Herren freilich streuen ihre gefährliche, abgenutzte Münze aus, ohne Reue zu empfinden. Es ist sehr unrecht, aber so ist halt dar Leben!"
Thymert stand gedrückt, unentschlossen und ängstlich vor ihr; Zweifel und Bestürzung malten sich bei ihrer Rede in seinen Zügen.
„Du armer, junger Pfarrer du," dachte Madame im Stillen, „Du hast auch ein zu großes Herz, und der Weg, den Du gehen sollst, erscheint Dir dunkel!" — ,Vo^oo8," fuhr sie ermutigend fort und sah ihm mit durchdringendem Blick in die Augen, „unsere Mädchen find gute brave Kinder und schließlich bin ich ja auch noch da. um nach dem rechten zu Hetzen. Früher oder später gehen die Fremden fort und bi« dahin halte ich die Augen offen."
Thymert fühlte ein unbegrenztes Vertrauen in ihre Macht und Stärke. Aber freilich Madame hatte ja die Fremden nicht auf den I^nnions sprechen gehört.
„Guten Morgen Madame." sagte er mit plötzlichem Entschluß, „ich danke Ihnen für Ihre Freundlichkeit; ich bin froh mit Ihnen gesprochen zu haben."
„Bitte, bitte, inousikur 1v rsotsur," versetzte sie höflich, „es ist immer eine Ehre, für die Vo^axsurs Ihren Besuch zu empfangen."
Eilenden Schrittes ging er hinab nach der dritten Bucht, wo er Guenn, Jeanne und Nannic richtig auf den Klippen kauernd fand. Sie vergnügten sich gerade mit spöttischen Bemerkungen über ein paar badelustige Engländer, die, da es Ebbezeit war, in ihren gestreiften Anzügen weit hinaus durch den nassen Sand waten mußten, um das ferne, schimmernde Wasser zu erreichen. Mit geröteten Wangen und glückselig strahlenden Augen lagerte Guenn in allen nur erdenklichen Stellungen auf ihrem Beobachterposten; aber wie nachlässig sie auch hingeworfen war» die klemm Hände arbeiteten dabei rastlos an dem unvermeidlichen Strickstrumpf, der ganz unzertrennlich schien von jedem Mädchen in Plouvenec. Guenn strickte und lachte dazu ihr herzliches, sorgloses Lachen; unter ihrem weißm Häubchen schaute ein Gesicht voll Gesundheit, Uebermut und Schalkhaftigkeit hervor. Herausfordernd blickte sie jedem sich Nahenden entgegen, als ste aber Thymert von den I-aiuüous erkannte, schwand ihr trotziger Ausdruck. Sie erhob sich eilfertig und begrüßte ihn bescheiden und anmutig, wie es sich für ein sittsames Mädchen geziemte.
„Sie will nicht — aber sie will" — rief Nannics schrille Stimme, dabei rannte er mit Jeanne zur Bucht hinab. Guenn schaute dem verkrüppelten Kinde mit der nachsichtigsten Liebe nach.
„Wer will nicht?" fragte Thymert.
„ — Sie, Guenn."
„Aber Nannic, bist du immer so weise?" fragte Thymert lachend.
„Wenn'« sich um mich handelt, immer," versetzte Guenn mit Ueber- Zeugung.
„Ich bin froh, dich hier zu finden, Guenn," begann der Pfarrer in unsicherem Ton, „ich kam eigentlich nur um mit dir zu sprechen."
„Das ist sehr gütig von Ihnen, movsisar le reetsur," versetzte Guenn und sah ihm offen und freundlich ins Gesicht. (Forts, folgt.)
«