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68. Amts-
und Anzeigeblatt für den Sezirk Calw. 82. Jahrgang
Drscheinungstage: Dienstag, Donnerstag. Samstag. Sonntag. Jnsertionsprets 10 Pfg. pro Zeile siir Stadt und Bezirksorte; autzer Bezirk IL Psg.
Dienstag, öen 30. April 1907.
Abonnementspr. in b. Stadtpr. Mertel!. Mt. 1. IO incl. Dritgerl. MerieljLhrl. Bostbezugsprets ohne Aestellg. f. d, Orts- u. Nachbar. Ortsverkehr l MI., f. d. sonst. Berkehr Mt. 1.10. Bestellgeld 30 Pfg.
Amtliche Bekan«tmach«ngen.
Bekanntmachung des Ministeriums des Innern, betreffend Maßregeln gegen die Manl- und Klauenseuche.
Mt Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der Maul- und Klauenseuche werden unk Wirkung vom 1. Mai ds. Js. an Stelle der bisherigen weiter- gehenden Maßnahmen folgende Anordnungen getroffen:
1. Der Handel im Umherziehen mit Wiederkäuern und Schweinen wird bis 31. Mai ds. Js. einschließlich auf Grund des 8 56b Abs. 3 Gew.- Ordg. (Reichs-Gesetzbl. 1900 S. 871), sowie unter Hinweisung auf 8 148 Ziff. 7 a dieses Gesetzes und 8 328 St.-G.-B. in einem Umkreis von 12 Um (statt bisher 20 km) um jeden Seuchenort, gemessen in der Luftlinie, untersagt. Die in Betracht kommenden Gebiete sind von den beteiligten Oberämtern im Bezirksamtsblatt bekannt zu geben und den Nach- baroberämtem mitzuteilen. Unter das Verbot fällt auch das Aufsuchen von Bestellungen seitens der Händler ohne Mitführung von Tieren außerhalb ihres Niederlassungsorts.
2. Die Abhaltung von Rindvieh- und Schweinemärkten ist, soweit nicht örtliche Verhältnisse weitergehende Verbote angezeigt erscheinen lassen, in den unter die Ziff. 1 fallenden Gebieten mit Ausnahme des Schlachtviehmarkts im Schlachthaus zu Stuttgart von den Oberämtern auch fernerhin zu verbieten.
3. Umer polizeiliche Beobachtung auf die Dauer von vierzehn Tagen sind von den Oberämtern alle von Händlern und von Landwirten aus den verseuchten württealbergischen Bezirken, aus dem Großherzogtum Baden und aus Elsaß-Lothringen, sowie aus dem bayrischen Kreis Schwaben Angeführten Transporte von Wiederkäuern und Schweinen zu stellen. Am 1. Mai haben in Württemberg als verseucht noch folgende Oberämter zu gelten: Leut- kirch, Wange«, Maulbronn, Nagold, Freudenstadt, Rottweil und LudwigSburg.
Die Oberämter haben im Benehmen mit den
Eisenbahnbehörden die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, daß solches Vieh nicht feilgeboten, insbesondere nicht auf Märkte aufgetrieben werden kann, ohne zuvor der polizeilichen Beobachtung unterstellt worden zu sein. Bezüglich der Schlachtviehtransporte wird auf den letzten Absatz im Abschnitt I Ziffer 2 des Erlasses vom 16. Juli 1906 (Amtsblatt S. 211) hingewiesen.
Die von den Oberämtern der verseuchten Bezirke getroffenen besonderen Maßnahmen werden durch vorstehende Anordnungen nichr berührt. Bei der Bildung der Beobachtungsgebiete (8 59 a der Bundesratsinstruktion zum Reichsviehseuchengesetz vom 27. Juni 1895, Reichs-Gesetzblatt S. 358) sind, wenn der Seuchenort in der Nähe der Grenze eines nichtverseuchten Oberamtsbezirks liegt, ohne Rücksicht auf die Oberamtsgrenze alle nach dem seuchefreien Gebiet hin gelegenen Ortschaften, welche mit dem Seuchenort in näheren Verkehrsbeziehungen stehen, mindestens aber die Nachbarorte einzubeziehen. Hinsichtlich der Erteilung der Ausfuhrerlaubnis, welche die Oberämter in allen Fällen sich selbst vorzubehalten haben, wird auf die Vorschriften in 8 59s Abs. 3 in Verbindung mit 8 59 Abs. 7 der Bundesratsinstruktion verwiesen.
Stuttgart, 26. April 1907.
Pischek.
An die st cm ein sch. Aemter.
Die evang. Oberschulbehörde beabsichtigt auch in diesem Jahr, falls sich die erforderliche Zahl von Teilnehmerinnen findet, in Stuttgart einen Lehrkurs für ländliche Arbeitslehrerinnen abzuhalten. Derselbe soll am 3. Juni beginnen und am 19. Juli schließen. Die Teilnehmerinnen werden im Charlottenheim (Büchsenstr. 36) Wohnung und Kost bekommen. Bei den bedeutenden Kosten, die ein solcher Lehrkurs verursacht (für eine Teilnehmerin mindestens 90 ohne Reisekosten), können in der Regel nur solche Teilnehmerinnen zugelassen werden, bei denen die betr. Gemeinden einen entsprechenden Beitrag zu den Kosten des Kurses bewilligen. Auch können nur solche Mädchen und Frauen zugelassen
werden, die schon Arbeitslehrerinnen sind oder sichere Aussicht aüf Anstellung für den Handarbeitsunterrich t haben. Denselben sollen in der Regel eigene Aufwendungen nicht zugemmet werden. Die Bewerberinen müssen durchaus gesund sein.
Bitten um Zulassung zu diesem Kurs sind bis zum 8. Mai d. I. anher einzusenden. Dieselben müssen über Namen, Alter, Familienstand, Beruf, etwaige Tätigkeit als Arbeitslehrerin, Gesundheit der Bewerberinnen Auskunft geben. Auch ist jeder Bitte eine Aeußerung über den von der Gemeinde bewilligten Kostenbeitrag, der in einer bestimmten Summe anzugeben ist, beizufügen.
Calw, 27. April 1907.
Kgl. Bezirksschulinspektorat.
Schmid.
Taaesneuigkeiten.
Calw 28. April. (Höfer'sches Prüfungskonzert). Im Saale der Bierbrauerei Dreiß veranstaltete Herr Musikdirektor Höfer von hier ein Prüfungskonzert, dar aus Calw und Umgebung gut besucht war. Das Programm enthielt Violin-, Violoncell- und Klavierstücke und war sorgfältig gewählt. Die einzelnen Schüler zeigten großen Eifer und machten durch ihr flottes und sicheres Spiel ihrem Lehrer alle Ehre. Herr Musikdirektor Höfer hat auch diesmal wieder bewiesen, daß er in verhältnismäßig kurzer Zeit mit den ihm anoertrauten Schülern viel erreicht hat. An Beifall hat deshalb auch das Publikum nicht gekargt und einzelne Schüler wurden sogar durch wiederholtes Hervorrufen ausgezeichnet. Zum Schluß erfreuten uns Herr Musikdirektor Höfer und Herr Karl Beißer unter gütiger Mitwirkung des in der Musik stets hilfsbereiten Herrn Handelslehrer Kauffmann mit zwei Sätzen aus einem im Konzertsaal leider nur selten gehörten Reißigertrio, das durch seinenungezwungenen Humor im einen Satz und die ansprechenden
Vas Kschermädchen von der Bretagne.
Von B W. Howard.
(Fortsetzung.)
Er stand noch immer auf demselben Fleck und schaute ihr zu.
„Es ist so still hier," kam es endlich abermals von seinen Lippen.
Sie lächelte fast unmerklich.
„Sie finden diese Künstler angenehm?" fragte er weiter, eine gewisse Erregung zitterte in seiner Stimme.
„Freilich, monsisur 1« roetsar. Unsere Künstler hier sind alle fleißige, liebenswürdige Menschen."
„Ja, liebenswürdig schon, — aber es sind doch Fremde," sagte er mit gerunzelter Stirn.
„Aha, jetzt kommt's," dachte Madame, mechanisch ihre Papiere glättend.
„Wissen Sie vielleicht, wo Heros Rodellec zu finden ist?"
Madame deutete schweigend hinaus auf den Quai. Sofort stieg vor seinem Geiste der kleine Branntweinladen auf, die Nacht des großen Fischfangs, der Lärm, die Menschen, und dazwischen Hamor, Rodellec und die kleine zarte Mädchengestalt, die sich hindurchdrängte. — Wie hatten doch die Fremden gesagt? „Nacht für Nacht unter den rohen Seeleuten?"
„Es läßt sich nicht viel mit ihm anfangen," bemerkte Madame milde.
„Nein
„Aber Guenn ist ein so gutes Kind."
„Wissen Sie vielleicht, wo ich Guenn suchen kann?" kam es nach langer Pause fast schüchtern von seinen Lippen.
„Vo^(M8," überlegte Madame, „heut ist Montag, also hat sie bei der Fischverpackung nichts zu tun, so wird sie wohl drunten an der dritten Bucht sein, ich sah sie vorhin mit Nannic und Jeanne zum Strande hinab gehen. Dort würden Sie sie sicher finden, mcmsisur 1s rsetsur."
„Ich danke Ihnen," sagte Thymert einfach. Die Spannung war jetzt von ihm gewichen, er war froh, daß er die Frau ausgesucht hatte, es lag etwas so Beruhigendes in ihrem Wesen, in der Sicherheit ihrer Bewegungen.
„Sehen Sie Guenn jeden Tag, Madame?"
„Beinahe; es ist hier in den Vo^^urs nicht schwer zu wissen, wo die Leute sich aufhalten, und besonders Guenn."
„Warum?"
„Weil die Kleine so hübsch ist, daß man sie nicht vergißt."
„Weil man Guenn überall hört und sieht, weil sie die geschickteste bei der Arbeit, die fröhlichste beim Spiel ist, weil sie so viel reizender ist als die andern Mädchen, und wohl ein Dutzend von ihnen aufwiegt."
In Thymerts Augen schimmerte ein dankbarer, freudiger Glanz. Zögernd fuhr er fort: „Es muß doch zu Haus sehr einsam für das Kind sein."
Madame lächelte. „Sie ist so selten daheim, monsiour I« reetsur."
Nach abermaliger Pause hob er stockend an: „Könnten Sie nicht, Madame — wenn sie gar so viel herumläuft, möchten Sie sie nicht vielleicht hier im Hause beschäftigen — es — es ist so ruhig und friedlich bei Ihnen."
„Die VOZNASM-S find kein guter Ort für junge Mädchen," lehnte sie freundlich ab, „es ist lange nicht so ruhig als Sie wohl denken. Die Fremden verderben mir die Mädchen. Giebt es etwa» Eitleres und Hohlere« als Marguerite? Vor zwei Jahren noch war sie xsutille. Ich brauche sie für das Cafö, sie ist ein tüchtiger Schenkmädchen, hat aber weder Kopf noch Herz. Meine Nichte aber, monsisnr rsotour, möchte ich nicht hier haben, und Guenn Rodellec ebensowenig. Ich könnte die Mädchen doch nicht immer bei mir behalte«, sie wären mindestens ebensoviel bei den Fremden und die sind wohl liebenswürdig, aber unsere Mädchen sind am besten bei ihresgleichen aufgehoben."