94. Jahrgang Nr. 18
Montag den 20. Januar 1936
Der EnzMer
Auf der vereisten Staatsstraße von Ulm ins Donautal kam ein mit Flaschenbier beladener Lastkraftwagen der Goldochsenbrauerei Ulm beim Ueberholen ins Rutschen und geriet tu den tiefen Graben. Der Kraftwagen wurde stark beschädigt und das köstliche Naß ergoß sich zu zwei Drittel in den Graben.
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Am Donnerstag fuhr ein Radfahrer in Urach >en Ochsenbuckel hinunter. Gleichzeitig kam aber oon Dettingen ein Auto, das nicht abblen - sete. Der Radfahrer wurde dadurch verwirrt und fuhr mit voller Wucht auf einen vor ihm fahrenden Handwagen auf. Mit einer schweren Kopfverletzung wurde er ins Uracher Krankenhaus eingeliefert.
Am Donnerstag mittag zwischen 4 und 5 Uhr ereignete sich in der B e f i gh e i in e r Farbsabrik ein schwerer Unfall. Der Schlosser Emil S p a h r. der eine Süureleitung reparieren wollte, erlitt im Gesicht schwere Verbrennungen durch Salpetersäure. Er mußte ins hiesige Krankenhaus gebracht werden.
Stcrnenfels, OA. Maulbronn, 17. Jan. (Leiche eines W e l t k r i e g s v e r m i ß- ten a u f g e f n n d e n.) Dieser Tage k-nn die Nachricht in daS Tors, daß der französische Grüberdienst die Leiche des bisher vermißten Unteroffiziers Heinrich Wag. ner ans Sternensels am 27. März 1935 ausgegraben habe. Der tapfere Kriegsfreiwillige, der an seinen, 17. Geburtstag an die Westfront kam, hat viele große Schlachten mitgemacht. Zuletzt gehörte er der 1. M.- Gew.-Kvmpanie des Inf.-Reg. 476 an. Gefallen ist er in den Kämpfen um den Mont Cornillet in der Champagne. Tie Gebeine des Gefundenen wurden aus dein deutschen Militärfriedhof Berrn, östlich Reims, in einem Einzelgrab beigesetzt. Die Angehörigen bekamen als Beweisstücke seine Erkennungsmarke, ans der Name und Regiment noch zu entziffern war.
Hausen a. N., OA. Gaildorf, 15. Januar. (Von einen, Baumstamm erdr ü ck t.) Der 33 Jahre alte Landwirt und Holzhauer Anton Abele von Schenerhalden ist am Montag beim Holzräppeln im Staatswald bei Westheim tödlich verunglückt. Aus dem dort abfallenden Gelände kam ein schwerer Stamm ins Nöllen. Abele wurde erfaßt und an eine Tanne gedrückt. Der Tod trat alsbald ein. Ter tödlich Verunglückte hintcrläßt eine Witwe und drei kleine, noch nicht schulpflichtige Kinder.
Stuttgart, 16. Jan. (Wieder einWohl- f a h r t s a m t b e t r ü g e r.) Ter noch nicht vorbestrafte 58 Jahre alte verheiratete Eugen Wörn von Stuttgart wurde wegen eines fortgesetzten Betrugs gegenüber dem Wohlfahrtsamt vom Schöffengericht zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Ter Angeklagte, der seit Oktober 1930 öffentliche Familienunterstützung bezog, hatte in der Zeit vom Dezember 1933 bis Juni 1934 für die gewerbsmäßige Vermitt- lung des Verkaufs dreier Wirtschaftsanwefen insgesamt 2670 Mark Provision bezogen, diesen Verdienst jedoch dem Wohlfahrtsamt verschwiegen, wodurch er sich in den unberechtigten Bezug von ruud 1320 M. Wohlfahrts» Unterstützung setzte.
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Oehringr«, 15. Januar. (Zwei Betrüger fe st genommen.) In den letzten Tagen wurden zwei Betrüger festgenommen, die im Laufe des vergangenen Sommers und Herb- stes auch im hiesigen Bezirk ihr Unwesen trieben. Der eine der Beirüger bezeichnete sich in den meisten Fällen als Mechaniker bekannter Mhmaschinenfabrike» und gab vor, er sei von der Fabrik geschickt und müsse die Nähmaschinen Nachsehen. In allen Fallen war es ihm darum zu tun, auf betrügerische Weise in den Besitz von Geld zu gelangen. Der andere Be- tiüger gab sich unter wechselnd falschem Namen als reicher Schafhalter au, der mit einer Schafherde auf der Durchreise sei. Er brachte den Geschädigten gegenüber meistens vor, sein Schäfer sei mit der Herde vorausgefahren und habe seinen Mantel mitgenommen, in dem er aus Versehen sein Geld habe stecken lassen. Unter dem Vorwand, er wolle seinem vorausgefahrenen Schäfer mit dem Zug nachfahren, erschwindelte er Beträge von 2—5 Mark. In allen Fällen waren die GeldgeN: aber die Geschädigten, denn in Wirklichkeit handelt es sich bei dem Betrüger um einen mittellosen, erheblich vorbestraften Menschen.
Ellwanger „Kalter Markt". Viehmarkt am 15. Januar: Angeführt wurden 28 Far- ren, 256 Ochsen und Stiere, 468 Kühe und Kalbinnen, 230 Stück Jungvieh und 68 Käl- ber, zusammen 1050 Stück. Handel durchweg lebhaft. Nachfrage in Zuchtvieh gut. Bezahlt wurde: für Farren 38 bis 42, Ochsen 37 bis 42. Rinder 40 bis 43. Kühe 36 bis 40, Käl- ber 57 bis 62 NM. für einen Zentner Lebend, gewicht. Im übrigen bewegten sich die Preise für Zuchtvieh, und zwar 1 Paar Zugochsen 1100 bis 1600 NM., für Stiere 700 bis 1100 NM. das Paar, trächtige Kalbeln koste- ten 400 bis 560, jüngere Milchkühe teilweise mit Kalb 420 bis 680, ältere Kühe 230 bis 420, Jungvieh V- bis IV- Jahre alt 170 bis 280 NM. je Stück. Ueberhauvt verkauft wur-
Stuttgart, 17. Januar.
Im Sommer dieses Jahres sind es zwanzig Jahre, seit die großen, mit ungeheurem Au^ wand an Material eingeleiteten Angriffe der vereinten Engländer und Franzosen an der Somme von unserer feldgrauen Wacht blutig zurückgeschlagen worden sind. An dieser gewaltigen Waffenkat. die in der Kriegsge- ^chle aller Zeiten und Völker einzig da- negt. hatten die Regimenter der kampferprobten 2 6. Neservedivision rühm- reichen Anteil, linier der Führung ihres unerschrockenen Kommandeurs, des Generals der Infanterie Freiherrn v. Soden, hat die e i n e Division bereits am ersten Tag der Sommeschlacht acht englische Angrifis- divisionen zurückgeschlagen! Tie stolze Er- iniierung an diese herrlichen Taten vor zwanzig Jahren wird die ehemaligen Angehörigen der Division in den Tagen vom 4. bis 6. Juli in Stuttqar t zusammensühren.
Tie Bevölkerung der Stadt Stuttgart wird alles tun. um unseren Helden von der Somme einen herzlichen Empfang zu bereiten. Gemeinsam mit der Bürgerschaft werden alle Angehörigen der Division in Treue der vie-
den u. a. 1 Paäb Ochsen mit 84 Zentner Tm 1600 NM., 1 Paar mit 27 Zentner 1810 RM., 2 trächtige Kalbeln zu 530 und 550 NM., eine trächtige Kuh zu 542 RM. Nächster Vieh-, Krämer- und Taubenmarkt am 17. Februar, am 10. Februar Rauchwaren- markt. Schweine markt: Zufuhr 250 Milchschweine, 8 Läufer. Preis: 1 Paar Mich- schweine 36 bis 48, 1 Paar Läufer 60 bis 85 RM. Handel gut. Taubenmarkt: Zu. fuhr etwa 700 Stück. Preis für rauhe Tau- ben 50 bis 65 Pfg. das Paar, für Raffetauben 2 bis 6 RM. Handel gut. Hundemarkt: Zufuhr 30 Stück. Gehandelt wurde zwischen 3 bis 25 RM. Verkauft wurden 23 Stück.
Höchstpreise für Sveisekartesseln
Anfragen bei den zuständigen Stellen aus verschiedenen Teilen des Landes lasten erkennen. daß über die derzeitig geltenden Höchstpreise für Speisekartoffeln noch Unklarheit herrscht. Der Württ. Wirtschaftsminister — Preisüberwachungsstelle — hat bereits durch Verordnung vom 29. November 1935, veröffentlicht im Regierungsanzeiger für Württemberg vom 3. Dezember 1935. für die Abgabe von Speisekartoffeln an Verbraucher für die Monate Dezember 1935, Januar und Februar 1936 neue Höchstpreise festgesetzt. Um Jrrtümer zu vermeiden. werden die Preise für Januar und Februar 1936 anschließend nochmals be- kanntgegeben:
Weiße, rote und blaue Sorten kosten in Stuttgart bei zentnerweiser Abgabe 3.55 lJanuar). 3.65 (Februar), bei Abgabe von 10 Pfund 42 (Januar), 43 (Februar), bei Abgabe von einem Pfund 5 (Jan.), 5.5 (Febr.). Die entsprechenden Preise für gelbe Sorten sind 3.85 (8.95). 45 (46). 6.0 (6.5).
In Gemeinden über 2000 Einwohnern, ferner in Gemeinden bis zu 2000 Einwoh- nern. in denen die Verbraucher nicht direkt vom Erzeuger beliefert werden, kosten weiße, rote und blaue Sorten: Bei zentnerweiser
len Tausenden von Gefallenen der tapferen Division gedenken; das Gefallenendenkmal der Division auf dem Waldfriedhof wird am Nachmittag des 4. Juli mit den Lorbeer- kränzen des Sieges geschmückt werden.
Der Haupttag des Tivisionstrefiens wird' der Sonntag, 5. Juli, sein. An diesem Tage stehen um 10 Uhr vormittags die Regimenter zum Feldgottesdienst im Hofe der großen Jnfanterickaserne bereit. Am Neuen Schloß wird der Vorbeimarsch der gesamten Division abgenommen werden, und am Nach, mittag wird ein großer Festakt mit lebenden Bildern, großem Zapfenstreich u. a. die Kameraden in froher Geselligkeit in der Stadt- Halle Vereinen. Die Wehrmacht hat sich bereit erklärt, am Montag, den 6. Juli, vormittags den Angehörigen der Division neuzeitliche Gesechtsbilder auf dem Exerzierplatz Burg Holzhof und anschließend die neuen Kafernenanlagen ans dem Burgholzhof zu zeigen.
Anfragen möge jeder ehemalige Angehörige der 26. Neservedivision entweder an leine Regimentsvereinigung oder an den Festausschuß des Tivisionstrefiens Stuttgart, Alexander st raße 7b, richten.
Abgabe 3.45 (Januar). 3.55 (Februar), bei Abgabe von 10 Pfund 41 (Jan.), 42 (Febr.), bei Abgabe von einem Pfund 5.0 (Januar), 5.5 (Februar). Die entsprechenden Preise für gelbe Sorten sind 3.75 (3.85). 44 (45). 6.0 (6.5).
In Gemeinden bis zu 2000 Einwohnern, in denen die Verbraucher direkt vom Erzeuger beliefert werden, kosten weiße, rote und blaue Sorten bei zentnerweiser Abgabe 2.95 lJanuar). 3.05 (Februar), bei Abgabe von 10 Pfund 80 (Januar). 31 (Februar). Die entsprechenden Preise für gelbe Sorten sind 3.25 (3.351. 33 (34).
^ie Zentnerpreise gelten bei Lieferung frei Keut-r 1»- Verbrauchers, die Pfundpreise sind Ladenpreis.
Der Höchstpreis für die Sorte „Kuppinger" erhöht sich um 60 Rpfg., für die Sorte „Juli, niere' um 1 RM.. für die Sorten „Frühe Hörnchen", „Tannenzapfen", „Note Mäuse" um 2 RM. den Zentner gegenüber dem Preis für gelbe Sorten. Für Abgabe nach Pfunden wurde für diese besonderen Sorten ein Höchstpreis nicht festgesetzt.
Buntes MS aller Welt
Rosen mit vergifteten Dornen. In Neapel erhielt eine Tänzerin nach der Aufführung einen Rosenstrauß auf die Bühne geschickt, den sie im Glauben, er stamme von einem Verehrer, mit nach Hause nahm. Noch in derselben Nacht starb sie aber unter verdächtigen Umständen und die polizeiliche Untersuchung ergab auch eine Vergiftung. Es konnte festgestellt werden, daß eine neidische Kollegin die Dornen der Rosen entfernt und durch vergiftete Metalldornen ersetzt hatte.
Saubere Kinder zahle« weniger Schulgeld.
Die Regierung von Guatemala hat eine Verfügung erlasten, die einer hygienischen Maßnahme gleichkommt. Saubere Kinder sollen weniger Schulgeld zahlen. Die Lehrer haben jeden Morgen die Schüler zu Prüfen, sich ihre Fingernägel anzusehen und zu beobachten, ob auch Hals und Ohren sauber sind. Jeden Tag sollen besondere Sauberkeitsnoten eingetragen werden, und die Schüler, die am Jahresende die besten Noten haben, brauchen am wenigsten Schulgeld zu zahlen. Es ist klar ersichtlich, daß sich diese Verfügung in erster Linie an die Eltern, dann eist an die Kinder richtet.
Elektrisches Geländer für die „Selbstmörderbrücke". In London wird gegenwärtig erwogen, eine Eisenbahnüberführung an der Viktoria-Station mit einem elektrisch geladenen Geländer zu versehen. Die Ueberführnng übt eine geradezu unheimliche Anziehungskraft auf Lebensmüde auf, denn es vergeht fast kein TM, an dem nicht eine Person versucht, sich über das Geländer in die Tiefe zu schwingen. Trotz erhöhter Wachsamkeit der Polizeibeam- tcn lassen sich Todesfälle nicht immer verhindern. Das sicherste Mittel zu ihrer Verhütung scheint eins Schivachstrumleitung zu sein, mit der die Selbstmörder in Berührung komme» muffen, wenn sie das Geländer anfaffen.
Humor
Die schöne Lilo schürzte verächtlich ihre viel zu roten Lippen: „Die Männer sind Luft für mich."
Besorgt meinte ihre Freundin Brigitte: „Glaubst du nicht, daß dir die ewige Luftveränderung auf die Dauer schaden könnte?"
Die Helden von der Somme
Eine ganze Kriegsdivlston trifft fich in Stuttgart
4ßss-eiee
KOI^N VON O6MUN
ropyrighk br promekhcuS-Vcriaz De, Eichacker, Dröbenzell bei München
„Wie fühlen Sie sich eigentlich, Fräulein Kersting?" fragte er dann und sah forschend in Jo's etwas blasses Gesichtchen.
„Ausgezeichnet, Herr Professor . .
„Das freut mich, wirklich. Und heute abend werden Sie mit Rubce noch ein wenig herausfahren, nicht wahr?"
„Herr Professor. Sie brauchen mich doch sicher, ich möchte nicht . . ."
„Ich brauche Sie gar nicht. Aber ich verlange, daß Sie heute abend mal nicht arbeiten, Fräulein Kersting. Sonst werden Sie uns am Ende noch krank. Es ist ja unglaublich, was wir gemeinsam geschafft haben in diesen paar Wochen! Und nun: keinen Widerspruch! Unser guter Rubee wird sich wie ein Schneekönig freuen, wenn Sie kommen . .
„Ich danke Ihnen sehr, Herr Professor . .
Leise verließ Jo den Raum. Behaglich vertiefte sich Bernburg in ein Werk über indische Architektur. Dann beugte er sich vor und winkte den beiden schlanken Gestalten nach, die gemeinsam das Hotel verließen.
Jo sah ihren Begleiter nachdenklich an. 1
„Ich finde, Sie sind sehr still heute, was ist los?" (
Nubee schwieg einen Augenblick. Er führte Jo zum Wagen, half ihr beim Einsteigen. „Wir wollen noch einmal in die Ruinenstadt fahren, ja? Und nachher ins Maidenhotel zum --Abendessen . .
„Ja, gern, aber nicht zu lange."
„Ja, oder erst umgekehrt, was? Erst li,Z Maidenüotel, dann bei Mondlicht in die Ruinenstadt . .
„Ich bin mit allem einverstanden."
In der luftigen Säulenhalle des Maidenhoteis faß es sich behaglich. Rubee goß Io einen schwarzen Tee ein und lehnte sich dann zurück. „Morgen muß ich fort. Ich fahre so schnell Wie möglich nach Kalkutta."
Jo stand auf. Aufrichtiges Bedauern stand auf ihrem Gesicht. „Ach, das tut mir leid! Sie werden uns nicht nach Udaipur und Bombay begleiten?"
„Ich täte es furchtbar gern, aber wichtige geschäftliche Verpflichtungen rufen mich so schnell wie möglich dahin..."
„Schade", sagte Jo herzlich. „Bernburg und ich werden Sie sehr vermissen . . ."
Sie sprach die Wahrheit. Man hatte sich an die frohe, sonnige Art des jungen Engländers so gewöhnt, daß es schwer fiel, sich die weitere Reise ohne ihn vorzustellen.
„Werden Sie mich wirklich vermissen, Jo?"
Zum erstenmal gebrauchte James den Vornamen. Jo merkte es mit einer leichten Verwirrung.-
„Warum fragen Sie? Sie wissen eS doch." ^
„Und wann werden Sie in Kalkutta sein?"
„Das läßt sich nicht auf den Tag bestimmen, aber nach unserem Programm in etwa zehn bis zwölf Wochen."
„Ich warte auf Sie in Kalkutta", sagte Rubee ernst. „Ich warte, bis Sie kommen, Jo . . ., vergessen Sie das nicht!"
„Aber lieber Rubee, Sie können doch nicht unserestoegen Ihre Reise nach England noch weiter hinausschieben."
„Warum nicht? Ist es Ihnen unangenehm, wenn ich Ihnen Kalkutta zeige? Oder glauben Sie, ich falle Bernburg zur Last . . .?"
„Aber, wie können Sie das sagen, lieber Freund, ich bitte Sie doch!" Jo war ehrlich entrüstet. „Aber haben Sie nicht Wichtigeres zu tun, als mit zwei Forschern durch das Ihnen doch schon gut bekannte Indien zu ziehen?"
„Ich habe nichts Wichtigeres und Bedeutenderes vor", sagte Rubee sehr nachdrücklich. „Verstehen Sie mich, Jo?"
Jo sah ihn einen Augenblick an. Der Blick seiner Hellen Augen war nicht wie sonst froh und unbekümmert, es war tief geworden darin, ernst und dunkel.
Jo erschrak. „Aber . . murmelte sie verwirrt. <
Rubee legte seine große, weiße Hand auf die ihre.
„Sprechen Sie nicht, Jo. Ich will warten, bis Etc in Kalkutta zu mir sprechen. Sagen Sie nicht ja, sagen Sie
nicht nein... ich weiß, ich muß Geduld haben, es drückt Sie etwas, von dem ich nichts weiß . . . aber lassen Sie mir die Hoffnung, später mit Ihnen einmal ganz offen sprechen zu können?"
Jo murmelte ein mattes „Ja". Ihre Gedanken über- kreuzten sich in wirbelnder Folge. Was sollte das heißen? Doch nicht etwa ein — Antrag?
„Kommen Sie", sagte sie dann gefaßt und ruhig. „Wir wollen ja noch einmal in die Ruinenstadt, nicht wahr?"
Rubee erhob sich bereitwillig.
„Sie versprechen mir Ihre Antwort in Kalkutta, nicht wahr?" fragte er später noch einmal, als sic von den mond-- beglänzten Moscheeruinen zurückkehrten.
Jo horchte auf den Schrei der fern klagenden Schakal« und schwieg einen Augenblick. „Gut", sagte sie nach einer Weile. „Ich weiß zwar nicht, was Sie alles von mir erfahren wollen . . Sie versuchte einen Scherz. „Aber ich werde Ihnen gern Antwort geben."
Rubee war sehr still. Sichtlich quälte ihn etwas Unausgesprochenes. Vor dem Hotel hielt er lange Jo's Hand.
„Werden Sie mir morgen noch auf Wiedersehen sagen?"
„Sicher, gern . . . wann reisen Sie?"
Rubee nannte eine Zeit. Jo nickte. „Ich komme bestimmt", sagte sie herzlich.
Lange hielt Rubee die Hand. Jo wurde eS seltsam weich ums Herz.
„Kommen Sie", sagte sie leise. „Sie müssen nun gehen.. nicht wahr?"
„Ja", sagte Rubee heiser. „Leben Sie wohl, Jo , , . ich hoffe auf meine Antwort."
Er verbeugte sich sehr rasch und tief, küßte Jo's Hand und schritt, ohne sich umzuschen, davon.
Langsam, in schweren Gedanken, schleppte sich Jo Kersting die Treppe hinauf. Sie fühlte sich auf einmal unsäglich müde... "
(Fortsetzung folgst)