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Amtsblatt für
clas Oberamt "Neuenbürg
Nr. 287
Montag den 9. Dezember 1938
93. Jahrgang
Das erste grade sozialistische Unternehmen!
Der Sichrer spricht bei der Iadrbrmdsrlleier -er deutsche« Eisenbahn
Nürnberg, 8. Dezember.
An» Jahrhundertfeier der deutschen Eisen»
, ßchnrn tmfder F « hrer, in dessen Beglei» i»«g sich auch RrichSpropaganduminifter Dr. hloedbel» befand, am Sonntagvor» «ittaginNürnbergein. Nachdem ihm Generaldirektor Dr. Dorp Müller di« aus Auloh der Jahrhnndertseier von Annstlerhand geschaffen« Erinnerungsmedaille und Oberbür. -ermeister Liebel die aus dem Schienen» moterial der ersten dentschrn Eisenbahn ge» Priigt« Medaille der Städte Nürnberg und Fürth überreicht hatten, begrüßte der Führer mit Handschlag jeden einzelnen der 60 Ehren- zeichenträgrr aus den verschiedenen DirektionS- bezirlen.
Bei dem anschließenden Festakt im .Kultur- vereinshaus umriß der Führer
die politisch einigende Bedeutung der deulschen Reichsbahn,
die — gewollt oder ungewollt — v o ir An» fanganschoneinedentscheNeichS» bahn gewesen ist. Anknüpfend an die Darlegungen der Vorredner führte er zunächst aus, daß — ganz gleich, was auch die modernen Erfindungen an neuen Verkehrsmöglichkeiten geschaffen haben — die Bedeutung der Reichsbahn als Träger des Massentransportes sich erhallen wird. „Der Kraftwagen ist ein. individuelles Transportmittel. Das Flugzeug ist das schnellere Transportmittel. Das unbedingt sichere Massentransportmittel ist und bleibt für absehbare Zeit nach wie vor die 'Eisenbahn. Wir können uns sehr wohl das heutige Leben vorstellen ohne Flugzeug und auch ohne Kraft- Wagen. Wir können uns das heutige Leben nicht vorstellen ohne Eisenbahn! Ausgehend von dem Gesichtspunkte des Nutzens für die Gesamtheit wird es unsere Aufgabe sein, den Verkehrsmitteln im einzelnen die ihnen zukommende Betätigung zu sichern." Darüber hinaus muß man in der Eisenbahn, so wie sie sich in Deutschland entwickelt hat, das e r ste ganz große sozialistische Unter- nehmen sehen gegenüber den Gesichtspunkten der Vertretung rein kapitalistischer Ginzel- interessen.
Das erkennt man erstens in der Organisation des Eisenbahnverkehrs an sich. Das Verkehrsnetz der Bahn ist in seinem innersten Wesen sozialistisch empfunden und sozialistisch gedacht: Es ist das eigenartige dieses Unternehmens, daß an der Spitze nicht die Frage de? Gewinns, sondern die Befriedigung des Ver- kehrsdrdürfnisses steht. Dieses Unternehmen hat meyr als irgendein anderes Unternehmen vom ersten Augenblick, in dem es in den Dienst einer größeren politischen Ge- meinschaft trat, das Prinzip verfochten, nicht Linien zu bauen dort, wo die Rentabilität ab- solut sichergestellt ist, sondern Linien zu bauen überall dort, wo das Bedürfnis nach einer Verbindung besteht, und den Ausgleich zu suchen zwischen denjenigen, die an sich rentabel sind und denjenigen, die nicht rentabel sein könn > Unter stürmischer Zustimmung der Versc» .nlunq rief der Führer auS: Es würde ein unermeßkicher Rückschritt sein, wollten wir heute etwa den Gedanken vertreten, die Linien abzudauen, deren Rentabilität nicht gesichert ist. Das würde geradezu eine Rückkehr in schlimmste nur kapitalistische Austastungen be- deute».
«SS ist daher für die Zukunft unsere Aufgabe, dafür zu sorge«, datz nicht etwa die Deutsche Reichsbahn ein Opfer anderer Ver- kehrSrinrichtungen wird, die sich noch nicht diesen größeren Grundsatz einer sozialistischen Leistung für die Gesamtheit zu eigen gemacht haben und nicht zu eigen machen können, sonder» e» ist unsere Aufgabe, dafür zu sorge«, daß in der Zukunft zwischen diesem sozialistischen Unternehmen und dem vor- wärtSstiirmende« Neuen unserer individuelle« BerkehrSbesriedigung eine Ltznchese gefunden Wied. Unter keinen Umstünde« darf jedoch der Teüger unseres gewaltige« Gesamtverkehr- irgendwie zu Schade« kommen.
Und zweiten- sehen wir den
sozialistischen Eharakker der Reichsbahn
noch in etwas anderem. Sie stellt eine WaruungdargegenüberdenauS- sch lieblichen Ansprüchen der pri
vatkapitalistischen Doktrin. Sie ist der lebendige Beweis, daß man sehr wohl ein Gemeinschaftsunternehmen führen kann, ohne privatkapitalistische Tendenz und ohne privatkapitalistische Führung. Denn man darf nicht vergessen: Die Deutsche Reichsbahn ist das größte Wirtschaft? unter ne hmen, der größte Auftraggeber, den es überhaupt aufderWeltgibt. Die Deutsche Reichsbahn könnte und kann jeden Vergleich aus- halten mit den rein privatkapitalistisch aufgezogenen Eisenbahnunternehmungen.
„Wer im Frieden z. B. Gelegenheit hatte, die Preußische Staatsbahn zu vergleichen mit den privaten Bahnunternehmungen anderer Länder, der mußte denn doch feststellen, daß dieser Gemeinschastsbetrieb — imhöchsten Sinne des Wortes sozialistische Gemeinschastsbetrieb — nicht nur vergleichsmäßig war. sondern, daß er der best geleitete, der best organisierte und der auch kaufmännisch trotzdem rentabelste Betrieb gewesen ist. Dieser Betrieb hat dabei die größte Gemeinschaftslei- stung erreicht, d. h. die Rentabilität entstand nicht durch eine rücksichtslose Ausnutzung des Materials, durch die schlechte Art des Unterbaues, durch eine betriebs- nnsichere Führung, durch eine außerordentliche Gefährdung der Reisenden, im Gegenteil, ans allen diesen Gebieten stand dieses Unternehmen weit an der Spitze aller ähnlichen Unternehmungen.
Es ist sehr wichtig, sich dies zu einer Zeit vor Angen zu halten, die sich nur zu leicht dem Extremen zuneigt und auf der einen Seite meint, es bestehe überhaupt nur eine sozialistische Gemeinschaftswirtschaft, oder umgekehrt, es könne überhaupt nur eine kapitalistischen Interessen dienende Wirtschaft geben. „Wir sehen die unendlichen Erfolge der kapitalistischen Wirtschaftsentwicklung des vergangenen Jahrhunderts, aber wir haben iii der Reichsbahn zugleich einen schlagenden Beweis, daß eS genau so gut möglich ist, ein Unternehmen auf einer anderen Basis mustergültig und beispielgebend anf- zubauen. Und darin liegt ein unendlich großer Wert. Wir können daraus lernen und für die Zukunft daraus auf dem einen oder anderen Gebiet auch Folgerungen ziehen, nicht einer Doktrin wegen, sonder» einer nüchternen Erkenntnis entsprechend.
Und drittens: diese Bahn isteinunen d- lich sozialistisches Unternehmen in der ganzenArtihrer inneren Organisation. Sie ist der schlagende Beweis dafür, daß es möglich ist. eine gewaltige Gemeinschastsleistung zu erzielen ohne — und das ist wichtig — unerhörte Belohnungen durch Gewinne eiuzelnerMenschen. „Das. was wir auf der einen Seite in unserer Armee sehen, das sehen wir hier auf wirtschaftlichem Gebiet; ein gigantisches Unternehmen, das sich wesentlich auf- bant auf Pflichtbewußtsein und Dienstfreudigkeit. Das werden Sie mir wohl alle zugeben. daß — ganz gleich, welchen Platz der einzelne an der Deutschen Reichsbahn ein- nimmt — im wesentlichen wirklich keine privatkapitalistische Entlohnung für die gegebene Leistung erfolgt, sondern daß dieses ganze Nicsenunternehmen sich auch als Wirtschaftsunternehmen aufbaut auf Gedanken und Grundsätzen, die wir in unserer Verwaltung, in unserem Beamtenkörper und in der Armee kennen. Es ist
eine Organisation unerhörtester Pflichterfüllung,
angesangen vom Streckenarbeiter oder Weichensteller bis hinauf zur höchbeamteten Füh- rung dieses Unternehmens." Das ist wichtig zu misten, in einer Zeit, in der nur zu leicht unter den Einwirkungen der sonstigen Wirt, schaftsentwicklung die Meinung vertreten werden kann, die Führung eines großen WirtschaftSunternehmens ist ohne privatkapitalistische Tendenzen überhaupt nicht denkbar. Dabei ist dieses nach ethisch und moralisch höchststehenden Gedanken geleitete und organisierte Unternehmen zugleich das fortschrittlichste BerkehrSunternehmen, daS es überhaupt gibt. (Stürmischer Beifall.)
„Datz wir Nationalsozialisten gerade dies« Seite besonders begrüßen, ist selbstverständlich, wir kämtzfen für einen Staat, der auf- gebaut sei» soll auf dem Gedanken, daß Gemeinnutz vor Eigennutz stehen soll. Uns bewegt dabei ein ungeheures Matz von Idealismus. Manch« sagen sogar, von einer nicht berechtigten Phantasie, einer Ideologie. Aber wir habe« gewaltige Beispiele und begründete Unterlagen dafür in der Ge- schuhte, — dem Staat an sich, der Staatsverwaltung, dem BeamtenkSrper, der Armee und hier in einem Wirtschastsunter» nehme« di« „Deutsche Reichsbahn", — datz so eine Auffassung sicher realisierbar erscheint. Ich weiß, datz nichts auf der Welt mit einem Schlage geht, daß alles seine Ent, wicklungSzeit benötigt. Wer ich bin de« Ueberzeugung, daß eine solche Entwicklung denkbar und eS unsere Aufgabe ist, einer solchen Entwicklung überall nachzustreben. Nicht, um einer Doktrin zu dienen. Wir wissen ganz genau, daß wir an keiner Stelle die Initiative der Persönlichkeit hemmen dürfen. Das wollen wir nicht. Aberesi ft nötig.
daß alS das große Tchlutzziel immer wieder der Leitgedanke aufgestelltwird: DieLei st ungen des einzelnen habe« ln erster Linie der Gesamtheit zu dienen, und der Nutzen, der für die Gosamtheit abgeworfen wird, wird sich umsetzen in de« Teil deS Nutzens, der auf den einzelnen trifft. Das ist «in Ideal, auf einigen Gebieten verwirklicht, auf andere« Gebieten in der Entwicklung begriffen, auf anderen Gebieten überhaupt nicht reif zur Entwicklung. Aber wir wollen unS hüte« vor irgendeiner Doktrin, vor der einen wie vor der anderen.
Die Deutsche Reichsbahn ist ein Beweis dafür! Und so möchte ich am heutigen Tage den Männern danken, die an diesem großen Gemeinschaftswerk tätig sind, den leitenden Männern, an der Spitze Ihnen, Herr Generaldirektor, und den Hunderttausenden von Beamten und den Hunderttausenden von Arbeitern. Indem sie an einem solchen Gemeinschaftswerk Mitarbeiten, Helsen sie mit, die Grundlage zu schassen für einen Staat der Zukunft. Ich möchte ihnen allen bauten, die in der Deutschen Reichsbahn als tätige Männer unseres Volkes nicht kapitalistischer Gesichtspunkte wegen ihre Pflicht erfüllen, sondern ihre Pflicht erfüllen alS deutsch« Volksgenossen."
gahrhundertteier der deutsche» »eichSbahn
Die Beranstaltrmgerr i« Nürnberg
Nürnberg, 8. Dezember.
Am Samstag, dem eigentlichen Jubiläumstag der ersten Fahrt der Ludwigseisenbahn von Nürnberg nach Fürth, stand Nürnberg bereits im Zeichen der großen Jahrhundertfeier der Deutschen Reichsbahn. Alle öffentlichen Gebäude, die Dienststellen der Partei und ihrer Organisationen, Schulen, Großbetriebe usw. hatten reichen Flaggenschmuck angelegt. An den Geburtshäusern der Schöpfer der ersten deutschen Eisenbahn, Scharrer und Plat - ner, sind die Gedenktafeln durch die Stadt Nürnberg würdig geschmückt worden. Ganz besonderen Festschmuck haben der Hauptbahnhof die Gebäude der Bahnverwaltnng sowie das Verkehrsmuseum angelegt.
Um 2 Uhr nachmittags trafen der General- direktor der Deutschen Reichsbahn, Dr. Dorpmüller, und die Pressevertreter aus dem Reich in Nürnberg ein. Zur Begrüßung hatten sich der stellvertretende Generaldirektor Kleinmann und Neichsbahnpräsident Dr. Geyer- Nürnberg eingefunden. Die neuen schmucken Uniformen der Eisenbahner, die den ganzen Samstag über aus allen deutschen Gauen und Neichsbahndirektionsbezirken eingetroffen sind, geben dem Straßenbild das Gepräge. Auf Einladung der deutschen Bahnverwaltung traf eine Gruppe höherer Beamter des polnischen Verkehrsministeriums unter Leitung des VizeverkehrsministerS Bobkonwski in Nürnberg ein.
Gedenken an die Eisenbahn-Gründer
Die Veranstaltungen nahmen am Samstaa- oormittag mit einer schlichten Gedenk- , eier für die Schöpfer der ersten deutschen Eisenbahn ihren Anfang. Oberbürgermeister Willo Liebel sprach am Grabe Scharrers, des Gründers der Nürnberger Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft. An der Gruft Georg Zacharias PlatnerS, der den Gedanken Scharrers als erster begeistert ausgenommen and als Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Ludwig-Eisenbahngesellschaft den Plan in Sie Tat umzusetzen half, wurden Kränze nie- dergelegt. Oberbürgermeister Liebei wies dabei darauf hin, daß zur gleichen Zeit inStraß - bürg ein Kra..z der Stadt Nürnberg am Grabe des Erbauers der Ludwigs^Zisenbahn. Ingenieur Denis, niedergelegt worden sei Mit einem kurzen Gedenken am Grabe des Engländers William Wilson, der die erste Lokomotive der Ludwigseisenbahn führte, fanden die Ehrungen, an denen sich auch eine Abordnung englischer Eisenbahner beteiligte ihren Abschluß.
Am Abend fanden in vier großen Sälen Nürnbergs Kameradschaftsabende statt.
Die Feiern am Sonntag
Die Festlichkeiten des Sonntags leitete ein Umzug aller Lisenbabner und eine an-
Ichliegenve Gedenkstunde für alle im Welt- kriege gefallenen Eisenbahner am Ehrenmal im Berkehrsmuseum ein. Zu dieser Gedenk- feier hatten sich alle Abordnungen der aiE ländischen Eisenbahnverwaltungen sowie dit Mitglieder des Verwaltungsrates der Deutschen Reichsbahn und Vertreter des Reichs» Verkehrsministeriums sowie die leitenden Be» amten der Deutschen Reichsbahndirektionen emgefunden. Der Generaldirektor der Deut, scheu Reichsbahn. Dr. Dorp müller. hielt eine Ansprache, in der er unter anderem sagte:
„Nicht nur in Deutschlands Eisenbahner» familien trauert die Mutter um ihre Söhne die Witwe um ihren Gatten. Deutschland verlor 25 573 Eisenbahner. Aber Not und Tod kennen keine Landesgrenze. Wir alle haben uns ihnen zu beugen. Der Schmerz der Mutter und die Trauer der Frauen in den Ländern, die an unserer Seite oder gegen uns kämpften, sind nicht minder tief als in unserer Heimat. Darum wollen wir. wenn wir angesichts unserer ausländischen Berufskameraden unsere Toten ehren, auch ihre Toten in unsere Ehrung mit einschlie» ßen. Dieser Kranz gilt allen im Kriege gefallenen toten Eisenbahnern. Das Anden» ken aller sei uns heilig."
Bei diesen Worten legte Dr. Dorpmüller einen großen Lorbeerkran» nieder.
Ein Sprecher verlas sodann' diese Ansprache in englischer und französischer Sprache. Für die ausländischen Abordnungen legte der VerwaltungSprästdent der dndon-Middland und Scottish Ratlway, Sir Josias Stomp, einen Lorbeerkranz nieder.
Der Führer kommt
Kurz nach lü Uhr traf der Führer mit leinen Begleitern, unter denen sich auch Reichsminister Dr. Goebbels befand, in Nürnberg ein. Generaldirektor Dr. Dorp» müller entbot dem Führer herzlichen Willkommensgruß und iiberbrachte ihm die aus Anlaß der Hundertjahrfeier von Künstler. Hand geschaffene Erinnerungsmedaille. Aus dem Schienenmaterial der ersten deutschen Eisenbahn haben die Schwesterstädte Nürnberg und Fürth ebenfalls eine Gedenkmedaille Herstellen lasten, die Oberbürgermeister Liebe! dem Führer als Geschenk überreichte.
In der mit Tannengrün und goldenem Lorbeer geschmückten Westhalle hatten sich die 60 Ehrenjet chenträger aus den verschiedenen Direktionsbezirken versammelt. Feden einzelnen dieser alten Kämpfer für Sie Bewegung grüßte der Führer mit Handschlag und schritt dann auf dem sonnenüber- iluteten Bahnhof-Platz die Fronten der beiden Ehrenkoni"