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Die Ortsbehördeu
werden beauftragt, die GemeiudevifitattonS-Rezeß- bücher, soweit der Bericht über die Erledigung der Rezesse verfallen ist, zuverlässig binnen 8 Tagen als portopflichtige Dienstsache hieher vorzulegen.
Calw, 4. April 1907.
K. Oberamt.
Voe lter.
Bekanntmachung,
betreffen- -ie Bornahme^^öffentlicher Schutzimpfungen gegen ^Schweinerotlauf.
Die Ortsvorsteher werden unter ausdrücklichem Hinweis auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom LI^Januar 1905, betreffend die Vornahme öffentlicher Schutzimpfungen gegen Schweinerotlauf Min.-A.-Bl. S. 81 beauftragt, einen Aufruf zur Anmeldung von Schweine« zur Impfung alSbald zu erlassen, in welchem auf sie Entschädigungsleistung (Ziffer 7 und 8 des genannten Erlasses) und insbesondere darauf hingewiesen ist, daß nicht mehr bloß die Verluste durch Jmpfrotlauf, sondern auch diejenigen Verluste entschädigt werden, welche durch spätere, während der gewöhnlichen Dauer des Impfschutzes vorkommende Rotlauffälle erwachsen.
Hiebei ist hervorzuheben, daß die Ent- schSdigungsleistnng nur für die öffentliche Impfung vorgesehen ist, nicht auch für die private und daß bei einer Anzahl von 20 Impflingen die öffentliche Impfung in der Regel billiger zu stehen kommt als die private.
Als Termin für die Anmeldungen bei dem Ortsvorsteher wird der 15. April bestimmt.
Der Ortsvorsteher hat die eingekommenen Anmeldungen in ein Verzeichnis einzutragen, aus welchem die Namen der Besitzer der Tiere, sowie die Stückzahl derselben ersichtlich sein müssen.
Das Verzeichnis ist alsbald nach Ablauf der Anmeldefrist bei dem Oberamt einzureiche«.
Fehlanzeigen sind nicht erforderlich. Der Vollzug des Erlasses ist im Schultheißenamts- protokoll zu bestätigen.
Calw, 4. April 1907.
K. Oberamt.
Amtm. Ripp mann.
Bekehrung über de« Selbstschutz gege« die Hlotkauskrankheit der Schweine.
S. Min.-A.-Bl. 1897. Seite 99.
Der Rotlauf der Schweine gekört zu den ansteckenden Krankheiten und wird durch kleinste lebendige Krankheitserreger (Bazillen) verursacht, die nicht bloß von kranken auf gesunde Tiere übertragen werden, sondern unter geeigneten Verhältnissen auch außerhalb des Tierkörpers leben bezw. sich vermehren und von hier aus bei Gelegenheit auf — der Ansteckung ausgesetzte — Schweine krankmachend einwirken können. Die Ansteckung erfolgt für gewöhnlich nicht durch Vermittlung der Luft; der Ansteckungssioff wird vielmehr in der Regel an festen und flüssigen Körpern (Futter. Trinkwasser u. s. w.) haftend in den Verdauungskanal ausgenommen. Von Tier auf Tier geschieht die Uebertragung am häufigsten in der Weise, daß der Kot oder sonstige Abgänge kranker Tiere bezw. Abfalle oder Teile von an der Krankheit gefallenen oder wegen derselben geschlachteten Tieren von gesunden Schweinen verzehrt werden. In letzterer
Beziehung ist besonders zu erwähnen, daß die Krankheit durch das Fleisch wegen Rotlaufs geschlachteter Schweine sehr häufig über ganze Ortschaften, oder wenn solches Fleisch auf dem Wege des Hausierhandels vertrieben wird, gleichzeitig über mehrere Ortschaften verschleppt wird. Durch das übliche Verfüttern des zum Abwaschen derartigen Fleisches benützten Wassers und selbst durch die Verabreichung der Küchenabfälle an gesunde Schweine, wird in solchen Fällen die Uebertragung vermittelt. Ebenso werden gesunde Schweine auch nicht selten dadurch angesteckt, daß die beim Schlachten kranker Tiere verunreinigten Gefässe ohne weiteres wieder zum Tränken der gesunden Schweine benützt werden oder daß das Tränkwasser beim Spülen der beim Schlachten verwendeten Geräte verunreinigt wird. Endlich ist noch zu beachten, daß die Ratten und Mäuse für die Krankheit ebenfalls empfänglich sind und sich in verseuchten Schweineställen oder durch Anfressen von Rotlaufkadavern rc. sehr leicht anstecken können; nicht selten werden die Kadaver von an Rotlauf verendeten Ratten oder Mäusen von Schweinen aufgefressen wodurch die Krankheit dann wieder auf die letzteren übergeht. Außerhalb des Tierkörpers, in der freien Natur hat der Rotlaufbazillus ebenfalls eine weite Verbreitung gefunden; er kann in gewissen Gegenden, besonders in Tälern mit langsam fließenden Gewässern, sowie auf schwerem feuchten Lehmboden, viel weniger auf Sand- und Granitboden, sich sehr leicht dauernd ansiedeln und so einheimisch werden. Stehende faulige Gewässer und sumpfiger morastischer Boden sind seiner Ankeimung ebenfalls günstig. Große Hitze und Gewitterluft scheint die Entwicklung des AnsteckungSstoffes besonders zu fördern, weshalb auch die meisten Erkrankungen in den Sommermonaten Vorkommen, obwohl die Krankheit vereinzelt auch im Winter auftritt. Feuchte, dumpfe, morastische Stallungen, sowie die Verabreichung verdorbenen schlechten Futters scheinen den Ausbruch der Krankheit ebenfalls zu unterstützen. So viel steht aber fest, daß der Rotlaufbazillus allein die direkte veranlassende Ursache bildet und daß dieser nirgends von selbst entsteht, sondern daß er, wo er sich findet, dort erst ausgesät worden sein muß.
Aus Vorstehendem ergiebt sich für die Verhütung des Schweinerotlaufs zunächst, daß es, wo immer durchführbar, angezeigt ist, neu angekaufte Schweine mindestens 8 Tage lang getrennt zu halten, ehe sie in größere Bestände oder wertvolle Zuchten eingestellt werden. Des Weiteren ist für möglichste Trockenlegung. Reinhaltung und Lüftung der Schweinestallungen zu sorgen und auf Fernhaltung von Ratten und Mäusen aus den Stallungen tunlichst hinzuwirken. Sodann ist den Schweinen, namentlich in den Sommermonaten, nur durchaus gesundes Futter zu reichen und besonders streng darauf zu achten, daß weder das Abwaschwasser des Fleisches rotlaufkranker Tiere, noch die sonstigen von diesem Fleisch herrührenden Speise- und Kücheabfälle in die Nahrung der Schweine oder an Oertlichkeiten gelangen, wo eine Ansiedlung des Ansteckungsstoffes möglich ist. Alle Abgänge der kranken Tiere (Kot, Streu u. s. w.) und alle Abfälle der geschlachteten Tiere (Blut, Eingeweide, Wasch- und Spülwasser rc.) müssen sorgfältig gesammelt und wie die ganzen Kadaver der gefallenen Tiere in mindestens 1'/- Meter tiefe Gruben gebracht oder verscharrt oder in anderer geeigneter Weise unschädlich beseitigt werden, wie überhaupt jede Verstreuung von Trägern des Ansteckungsstoffs mit peinlichster Sorgsalt zu verhüten ist. Ferner ist es unerläßlich, alle mit kranken, geschlachteten oder gefallenen Tieren in Berührung gekommenen und von solchen oder ihren Abgängen und Abfällen besudelten Gegenstände, sowie alle mit Trägern des AnsteckungSstoffes beschmutzten Oertlichkeiten (Ställe. Dunglegen, Jauchegruben. Schlachtstätten rc.) zu desinfizieren Zu diesem Zweck werden alle Gerätschaften zunächst mit heißer Lauge gründlich gereinigt, eiserne Gegenstände sodann ausgeglüht und hölzerne mit dicker
Chlorkalkmilch angcstrichen. Wandungen, Tröge und Fußböden der Ställe müssen zuerst sauber abgekratzt, erdige Fußböden, soweit sie feucht sind, ausgehoben und die hierbei erhaltenen Abfälle wie der Dung vergraben werden. Hölzerne Wandungen und die Tröge (hölzerne, steinerne und eiserne) werden alsdann, soweit die Holzteile rissig sind, nach vorheriger Glättung, mit heißer Lauge gründlich abgewaschen; hierauf sind dieselben wie auch massive Wände mit dicker Chlorkalkmilch anzustreichen. Morsche und zerfressene Holzteile sind ganz zu entfernen und durch neue zu ersetzen. Hölzerne Fußböden sind in der Regel zu entfernen; wenn sie noch neu und nicht stark durchfeuchtet sind, können sie wie hölzerne Wände behandelt werden; steinerne und ähnliche Böden sind nach dem Abkratzen mit heißer Lauge zu waschen und dann mit dicker Chlorkalkmilch reichlich abzuschlämmen, erdige Fußböden sind nach der Entfernung der durchfeuchteten Schicht mit Chlorkalkmilch reichlich zu begießen und dann mit einer neuen Erdschicht zu bedecken. Der Inhalt der Dunglegen und Jauchegruben ist abzuführen und unschädlich zu beseitigen bezw. an Orten unterzupflügen, wo weder Schweine hingelangen noch Schweinefutter gewonnen wird; die leeren Dunglegen und Jauchegruben sind sodann reichlich mit Chlorkalkmilch zu behandeln.
Endlich ist noch besonders zu empfehlen, im Falle des Ausbruchs der Seuche in einem Bestände sofort alle noch gesunden (und nicht etwa die bereits erkrankten) Tiere aus dem verseuchten Stalle herauszunehmen und dieselben, wenn irgend möglich in anderen Räumlichkeiten unterzubringen. Zu bemerken ist hierbei daß die Saugferkel erfahrungsgemäß durch die Milch der kranken Mutter nicht angesteckt werden und daß überhaupt junge, noch nickt drei Monate alte Tiere viel widerstandsfähiger gegen das Rotlaufgift sind, als die hiefür empfänglichsten 3—12 Monate alten Schweine.
Da, wo die Krankheit einheimisch ist, oder durch öfteres Auftreten dies »u werden droht, empfiehlt sich die Schutzimpfung.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Abhaltung von Wiederholungskursen für die Besucher früherer Unterrichtskurfe über Obstbaumzncht.
Im kommenden Sommer, kurz vor bezw. nach der Heuernte, werden unter der Voraussetzung genügender Beteiligung für die Besucher früherer Unterrichtskurse über Obstbaumzucht an der K. landwirtschaftlichen Anstalt in Hohenheim und an der K. Weinbauschule in Weinsberg Wiederholungskurse abgehalten werden, in welchen die Teilnehmer Gelegenheit zur Befestigung und Erweiterung der erworbenen Kenntnisse, sowie zum Austausch ihrer Erfahrungen erhalten sollen.
Die Dauer dieser Wiederholungskurse ist auf eine Woche festgesetzt.
Der Unterricht ist unentgeltlich; dagegen sind die Teilnehmer an den Wiederholungskursen verpflichtet, den Weisungen der Kursleiter nachzukommen, auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen.
Bedingungen der Zulassung zu den Wiederholungskursen sind:
der Nachweis des Besuchs eines früheren Unterrichtskurses über Obstbaumzucht mit Angabe des betreffenden Jahres und Orts, Auskunft über die seitherige Tätigkeit als Bezirks-, Gemeindebaumwart oder dergleichen und guter Leumund.
„Wer wird es erfahren?" fragte der Vater. Nannic lächelte boshaft.
„Wo hast Du heut morgen gesteckt?" fuhr Rodellec unruhig in seinem Verhör fort.
„Am Strande unten — ich habe mit den Seelen gespielt, mit den Seelen — den Seelen —sang der Knabe in seltsamem, selbsterfundenem Rythmus. Er hatte schon bei sehr jungen Jahren entdeckt, daß seines Vaters wuchtige Hand nur zuweilen durch seinen stark ausgeprägten Aberglauben aufgehalten wurde. Was der Knabe anfangs tat, um seinen hinfälligen Körper zu schützen, war ihm nach und nach zur zweiten Natur geworden; es war wirklich schwer zu unterscheiden, bis zu welchem Punkte Nannic schlaue Verstellung übte, und wie weit er selbst glaubte mit den übernatürlichen prophetischen Gaben der alten bretonischen Sänger und Seher ausgestattet zu sein; dazu behandelte Nannic, trotz seiner Jugend und Kränklichkeit, seine Mitmenschen als lohnendes Studium, ja oftmals als belustigendes Spielzeug.
Auch diesmal hatte er sich in der Wirkung seiner rätselhaften Worte auf das Gemüt seines Vaters nicht verrechnet. Rodellec fühlte sich sichtlich befangen und sagte, wie um sich vor sich selbst zu rechtfertigen: „Nannic, Du sollst in die Schule gehen. Gehe gleich morgen und sieh zu, ob Du etwas Vernünftiges in Deinen verrückten Kopf bringen kannst."
„Ich wußte, daß ick zur Schule gehen sollte, ich will gehen, aber sie können mich dort nichts lehren — ich weiß es alles — längst — längst —."
Guenn sah ihren Bruder freundlich an und fragte dann lachend: „Nannic, was hast Du heute eigentlich gesehen?"
„Ich sah Thymert," antwortete Nannic jetzt mit natürlicher Stimme wie jedes andere Kind. „Ich möchte etwas zu essen, Guenn, ich bin so schrecklich hungrig."
„Gleich, gleich," beruhigte Guenn den Kleinen, dann hob sie das verschmähte Tuch vom Boden auf.
„Hat Dir Thymert gesagt, Du solltest es für mich kaufen?" fragte sie mutig ihren Vater, „war er heute hier?" Liebevoll streichelte sie das weiche Gewebe, das ihr auf einmal so reizend erschien.
„Trag' es nur, kleiner Zieraffe," brummte Hervö mürrisch. Es waren die letzten Worte, die er seiner Familie heute Abend gönnte. Bald darauf waren sämtliche Rodellecs in einen so friedlichen, sanften Schlummer gesunken, als ob es in ganz Plouvenec keine zweite so einige, glückliche und zufriedene Familie gebe.
4. Kapitel.
Mit der ihm eigenen Gewandtheit hatte Hamor bald in Plouvenec festen Fuß gefaßt. Nachdem er sein Atelier eingerichtet und sich mit den ortsüblichen Sitten und Gebräuchen vertraut gemacht hatte, ging er mit Feuereifer an die Arbeit. In der Umgegend hatten sich dreißig bis vierzig Künstler angesiedelt, die augenscheinlich das glücklichste Leben der Welt führten. Die kleine Gemeinde wurde von den Einheimischen im allgemeinen gleichgültig geduldet. Die Maler waren ihnen Fremde, mit denen ein rechter Bretagner keine Gemeinschaft zu haben pflegt; doch waren die Künstler dem Handel und Verkehr von Plouvenec förderlich, was ihnen in den Augen der Ladenbesitzer, die den kleinsten Verdienst zu schätzen wußten, sehr zum Vorteil gereichte.
Weil die Maler nun einmal da waren, ließ die Bevölkerung sie gelten. So lange sie sich bescheiden und zurückhaltend verhielten, so lange es ihnen nie betkam, den Seeleuten ihre Schätzchen abspenstig zu machen, oder überhaupt den Weibern die Köpfe zu verdrehen, so lange sie ihre Rechnungen pünktlich zahlten — hatten sie unbeschränkte Freiheit, in den Wäldern der Bretagne umherzustreifen, in Verzückung den Himmel anzustarren und um den ganzen Ort herum einen Gürtel von aufgeschlagenen Staffeleien und Feldstühlen zu ziehen. (Forts, folgt.)