6 b
UKW W
luZM
^ LHLM
MW^
,0 '
MLL
MM
MM
nE
..M^-EA-r
Ä.'
KLM
^§ 52
Amts- und ÄnMgeblatt für den Sezirk Calw.
82. Jahrgang
Srscheinungstage.' Dienstag, Donnerstag, Sams- rag. Sonntag. Jnseriionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stad 1 und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, de« 2. April 1907.
Sbonnemürn-pr. in d. Ltodt pr. Mcrtelj. Mk. 1.10 tncl.rriigeri. LierleljLhrl. Lost-ezuzSpreiS ohne Beftellg. f, d. Orts- u. Nachbar. ortSvertehr 1 Wi., s. d. sonst. Verkehr Mk. 1.1V. Bestellgeld 20 Pfg
Amtliche Bekanrrtmachrmaer»
Den Ortsbehörden,
bezw. den Herrn Verwaltungs-Aktuaren
gehen die Katasternachweisungen für die landw. Berufsgenossenschaft für das Jahr 1906 nebst Anlagen mit dem Aufträge zu, für die Umlage der Beiträge und Ablieferung des auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Umlagebetrags an den Genosfenschaftsvorstand binnen spätestens zwei Monaten Sorge zu tragen.
Hilfstafeln zur Unterausteilung der Beiträge, sowie Formulare zu Lieferungsberichten sind für jede Gemeinde angeschlosfen.
Calw, 30. März 1907.
K. Oberamt.
I. V.: Amtm. Rippmann.
Die Ortsbehördeu
derjenigen Gemeinden, welche um einen Staatsbeitrag zu den Kosten des Schneebahnens auf Staatsstraßen und Nachbarschaftsstraßen mit Postwagenverkehr vom vergangenen Winter 1906—07 nachsuchen wollen, haben die nach dem Min.-Erlaß vom 10. Mai 1901, Amtsblatt S. 141 anzulegenden Verzeichnisse, wozu Formulare vom Oberamt bezogen werden können, bis zum 25. April d. I. hieher als portopflichtige Dienstsache einzusenden. Von Gemeinden, welche bis zu diesem Termin kein Gesuch eingereicht haben, wird angenommen, daß sie auf einen Staatsbeitrag verzichten.
Calw, 30. März 1907.
K. Oberamt.
Amtmann Ripp mann.
An sämtliche Ortsbehördeu des Oberamtsbezirks Calw.
Behufs der Verhütung von Waldbründen werden die Ortsbehörden veranlaßt, ihre Gemeindeangehörigen auf die Bestimmungen der
308, 309 und 368 Nr. 6 des Reichsstrafgesetzbuches, sowie der Artikel 30 und 32 des Forstpolizeigesetzes durch eine öffentliche Bekanntmachung in Kürze zu verweisen und für entsprechende Belehrung und Ermahnung der Schuljugend Sorge zu tragen.
Hirsau, 1. April 1907.
Namens der sämtlichen beteiligten Forstämter:
K. Forstamt. Harsch.
Tagesuerügkeite».
* Calw 30. März. Die Aufführung der Matthäuspassion von S. Bach durch den ev. Kirchengesangverein hatte am gestrigen Karfreitag eine sehr große Zahl von Besuchern in die Stadtkirche angelockt. Es läßt sich ja auch nichts Ergreifenderes an diesem heiligen und stillen Tage dem Worte der Evangelien an die Seite stellen als die erhabene Passionsmusik, die geeignet ist, alle Saiten des menschlichen Herzens zu rühren und die welterschütternden Ereignisse in Jerusalem dem Ge- müte vor Augen zu führen. Ein geheimnisvolles Wallen durchzieht die Geschichte auf Golgatha und diesem Empfinden, diesen seelenvollen, markdurch- dringendcn Vorgängen leiht die Musik den beredtesten Ausdruck. Kein Zuhörer wird die Passionsmusik anhören, ohne aufs Innerste ergriffen zu werden von dem gekreuzigten Jesus, der alle Martern und Qualen auf sich nimmt, um der sündigenden Menschheit, den höchsten Dienst, die Errettung aus dem sicheren Verderben, zu leisten. Eine stimmungsvolle Weihe ohnegleichen liegt in den der Passionsmustk eingestreuten Chorälen, sie geben so recht das richtige Bild zwischen dem allerbarmenden Gottessohn und der tief gefallenen Menschheit. Ebenso treffend find die einzelnen Rezitative, von denen einige wie z. B. Ach Golgatha, unseliges Golgatha von geradezu überwältigender Wirkung sind. Auch dem Chor fällt in der Passionsmusik eine überaus dankbare Rolle zu. Er verkörpert im allgemeinen das verhetzte, wilde Judenvolk, das gar nicht mehr seiner
mächtig ist und nicht mehr weiß, was es tut. In blinder Wut verfolgt es seinen Wohltäter und läßt sich auch nicht durch die richtige Ansicht des Pilatus von seinem Haß abbringen. Alles ist charakteristisch an dieser Passionsmusik und einzig großartig sind die Gestalten und Vorgänge, die dem geistigen Auge vorübergeführt werden; alles atmet Leben und höchste Natürlichkeit. Ueber der Aufführung selbst waltete ein glücklicher Stern. Die Soli, die zum Teil große Anforderungen an die Sänger stellen, hatten gute Vertreter gefunden. Die Sopransoli wurden von Frl Kausler-Reutlingen, die Altsoli von Frl. Blattmacher-Stuttgart, die Tenorsoli von Hrn. Sirodtbeck-Heilbronn und die Baßsoli von den Herren Rümelin-Nagold und Rechtsanwalt Rheinwald-Calw übernommen. Strodtbeck sang die Worte des Evangelisten, Rümelin die Worte Christi und Rheinwald die kleineren Partien wie des Judas und Kaiphas. Das Orchester wurde von einem Teil der Kapelle des Jnf.-Reg. Nr. 121 in Ludwigsburg und von hiesigen Musikfreunden gestellt, wobei Hr. Musikdirektor Höfer die Vtolinsoli spielte; die Orgelbegleitung chatte wie bei allen Aufführungen des Kirchengesangvereins Hr. Organist Vin?on übernommen. Ohne Einzelnes Herauszugreisen bemerken wir, daß sämtliche Solisten ihr Möglichstes taten, um die ganze Aufführung harmonisch zu gestalten und das großartige Werk zur herrlichen Darstellung zu bringen. Der Chor hat sich sehr gut gehalten und gebührt ihm daher uneingeschränktes Lob, schon der Doppelchor beim Eingang bewies, daß der Chor tüchtig gearbeitet und nichts versäumt hatte, damit die gewaltigen Chöre zu voller Geltung kämen. Besonderer Dank sei aber dem vorzüglichen Dirigenten des Kirchengesangvereins, Hrn. Fr. Gun - dert, ausgesprochen, der mit vollster Hingabe das schwere Werk einstudiert und mit sicherster Hand zur ausgezeichneten Wiedergabe geführt hat.
Stuttgart 30. März. Gestern Vormittag ist Obermedizinalrat Dr. v. Burckha r dt seinen Leiden erlegen. Scheinbar noch in der Vollkraft seiner Gesundheit hatte Obermedizinalrat Dr. v. Burckhardt als Vorstand des geschäfts-
Var Kschermädchen von der Bretagne.
Von B. W. Howard.
(Fortsetzung.)
Aber auch auf diesen Angriff hatte Guenn eine Erwiderung. „Antwortet mir alle, die ihr hier seid: Wer ist der beste Seemann in ganz Plouvenec? Monsieur Louis. Wer ist so freigebig und so gütig wie er? wie Viele Menschen hat er schon mit eigener Lebensgefahr dem sichern Tode entrissen! wer hat für Low Nives gesorgt, als er sein Bein gebrochen hatte? Monsieur Louis. Ich würde doch nichts schlechtes hinter seinem Rücken sagen, selbst wenn ich Madame Nives wäre."
„Das ist wahr, Guenn," rief der Chor der Weiber, „sie darf gerade gar nichts über Monsieur Louis sagen."
„Und was tut er jetzt?" fuhr Guenn mit steigendem Eifer fort, „jetzt bringt er uns den reotsur äss I-nimions herüber. Ich sehe ihn wohl, der gute Monsieur Louis! was könnte er wohl mehr für uns tun als uns einen Engel vom Himmel bringen, denn wohin der roeteur kommt, folgt ihm Segen und Freude, das weiß jeder, der kein Schurke oder Dummkopf ist, Schande über Euch, wenn ihr'» wagt, etwas gegen Monsieur Louis zu sagen. Guenn Rodellec wird's mit Euch allen aufnehmen!"
„Und ich sage trotzdem, daß er ein Tagedieb ist," rief Madame Nives aufs äußerste gereizt, „wenn er eines schönen Tages ertrinken sollte, würde ich lachend dabei stehen. Ich hasse ihn, wie seinen Vater. Was aber deinen vielgerühmten Priester anbelangt — bah, es gibt so viele Priester, viel zu viele. Hohoh! Du wirst mir mit deinen großen Augen nicht bange machen, Guenn Rodellec — sieh mich nur wütend an! Bildest Du Dir denn wirklich ein, daß ihm außer Dir irgend jemand im geringsten Dank wüßte, weil er Deinen Nannic vom Fieber geheilt hat? Tas häßliche kleine Ungetüm, das allen nur im Wege ist!"
„O seid still, seid still!" suchten die Weiber zu begütigen' Sogar die Roheit von Plouvenec hatte ihre Grenzen.
Aus Guenns Gesicht war jeder Schimmer von Frohsinn gewichen. Geisterbleich, von Leidenschaft förmlich verzerrt, starrte sie auf da» böse alte Weib.
„Ihr alter Satan!" stieß sie wutbebend hervor; häßliche Linien legten sich um den jungen Mund, als er so böse Worte sprach. „Sage noch ein einziges Wort über Tymert oder über meinen Bruder Nannic," die Worte kamen nur mühsam, mit sichtlicher Anstrengung über ihre Lippen, „noch ein Wort und —"
„Bo—o—o!" rief hier eine schrille Stimme. „Da bin ich!" und das bleiche Gesicht des buckligen Nannic, dessen große Augen denen seiner Schwester glichen, schaute mit unheimlichem, schlauem Lächeln aus den Büschen an der Mauer hervor.
Die Frauen bekreuzigten sich hastig. Neben manchem andern alten Aberglauben aus der Druidenzeit, hatte sich bei den Frauen in Plouvenec die feste Ueberzeugung erhalten, daß Zwerge und Kobolde in der Nähe von Eichen und fließendem Wasser jederzeit erscheinen können.
Der Knabe setzte sich, das bleiche Gesicht auf die Hände gestützt, regungslos, mit stierem Blick, den Frauen gegenüber.
„Wer hat Nannic gerufen? ich war viele Meilen entfernt und hier bin ich." Er gab diese Erklärung in einem feierlichen, fast singenden Tone, der seinen Eindruck nicht verfehlte. — Madame Nives fuhr mit schuldbewußter Miene fort eifrigst zu waschen. Es war ihr unter diesen durchdringenden Augen entschieden unbehaglich zu Mute. Die andern Frauen starrten wie gebannt auf die plötzliche Erscheinung. „Madame Nives," ries der Krüppel, „Ihr wäret es, die Nannic gerufen hat. Ich kam. Ich werde auch wieder zu Euch kommen, um Mitternacht, wenn alle Toten auferstehen."