Amis- und ÄNMgeblati für den Oezirk Calw

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Erfcheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag. Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt and Bezirk-Sorte; außer Bezirk 12 Pfg.

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31. März 1907.

LdormemerNLpr. in d. Stadt pr. Viertel). Mk. 1.10 incl.Drägerl Liecteljährl. HoftbezugSpreis ohne Bestellg. f. d. OrtS-u. Nachbar- ortSverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg

Mismarck.

Zum 1. April.

Bismarcks Geburtstag, einst ein Tag na­tionaler Freude für alle Deutschen auf dem Erd­ball, ist jetzt ein stiller, ernster Gedenktag. Dem Manne, der seit bald acht Jahren in der kleinen Gruftkapelle unter den Eichenwipfeln des Sachsen- waldes ruht, war es nicht vergönnt, das hohe Alter seines kaiserlichen Herrn zu erreichen. Sein Name aber ist so fest gegründet in unserem Ge­fühl. daß er sich fast von der Person, die ihn getragen hat, loslöst und zum Begriffe eines ge­waltigen, stolzen und teuern nationalen Besitzes wird, eines neuen Rolands, besten Schwertfläche uns vor jedem Schlage deckt.

Aus den Ostermontag fällt diesmal Bis­marcks Geburtstag, in die Zeit der Auferstehung. Und ein Held der Auferstehung war Bismarck: seinem politischem Geiste dankt die deutsche Nation ihre Wiedergeburt, ihren nationalen Lenz. Nach Jahrhunderten der Ohnmacht, der Zerrissenheit und der Abhängigkeit von fremden Mächten hat Bismarck Deutschland zur Einheit, Macht und Größe erstehen lassen; aus dem Dunkel eines vielfach schattenhaften politischen und staatlichen Daseins hat er es ans Licht der machtbewußten Selbständigkeit gebracht. Seines Volkes Kräfte, die in der Winternacht schlummerten, hat er ge­weckt, gestählt, gesammelt und zu kühnsten, herr­lichsten Frühlingstaten und blütenreichstem Früh­lingsleben emporgeführt. In der Zeit des Frühlingsanfanges ist Bismarck geboren, und sein Schaffen und Wirken gaben dem Deutschtum Ostern und Auferstehung, indem er den Neubau des Deutschen Reiches, den deutschnationalen Staat in seinen politischen und rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen errichtete.

An die Osterbotschaft eines neuen Deutschen Reiches ist auch schon vor der Vollendung durch Bismarck geglaubt worden; die Besten und Edelsten haben versucht, sie zur Tat werden zu lassen. Aber keiner fand vor Bismarck den Weg und die Mittel zur nationalen Auferstehung. Um den deutschen Völkerfrühling zur Reife zu bringen, war mehr nötig als der starke Glaube an die Einigung und Zukunft des deutschen Volke«: dazu bedurfte er der urwüchsigen nationalen Kraft, die in Bismarck verkörpert war und die durch ihn für die politische und staatliche Wiedergeburt Deutschlands dienstbar gemacht wurde.

Vor Bismarck waren wir Deutschen ein Volk der Denker und Dichter, der politischen Schwärmer und Philister, der Krämer und Klein­bürger, die sich außer vor Gott auch noch vor vielem anderen in der Welt fürchteten und beugten. Bismarck erst hat aus uns ein einige«, starkes, selbst­bewußtes Volk der Wirklichkeit, ein politisches Volk gemacht, das nur Gott und sich selber zu vertrauen braucht, da« nur die ihm von Gott verliehenen Güter und Kräfte zu benützen hat, um sein staat­liches und nationales Dasein zu erringen, zu be­haupten und zu festigen. Bismarck ist mehr als der Baumeister des Deutschen Reiches, er ist und bleibt der Schöpfer der deutschen Politik, der Lehr­meister seines Volkes zu politischem Denken und Handeln.

Am Abend der 1. April werden von zahl­losen Bergeshöhen, wo sich Bismarcksäulen erheben»

Flammen gleich flatternden Fahnen durch das schwarze Dunkel emporsteigen zum ehrenden Ge­dächtnis des unvergeßlichen Recken, dessen Name für das deutsche Volk ein Sinnbild geworden ist und der, wie mit Recht an seinem 80. Geburts­tage gesungen wurde, dastand alseine Säule, überragend das Jahrhundert".

Tagesnenigkeiten.

Calw. (Rathausberichtvom 21. Februar bis 28. März.) Die Gemeindejagd wurde für die Jahre 1907/14 dem Herrn Totengräber Raich für jährliche 600 ^ verpachtet. Für die Georgenäumsbibliothek wurde die Herstellung eines neuen Katalogs beschlossen. Am 21. März fand der erste Stammholzverkauf dieses Jahres statt, bei welchem für 1750 Stück mit 963,06 Fm. 20 657 ^ 84 (127°/° des Tax-

Preises) erlöst wurden. Dem Buchhalter beim städt. Gaswerk, Herrn Reiff, welcher als Buch­halter an die Oberamtssparkaffe Reutlingen be­rufen wurde, wurde die erbetene Entlassung aus dem städt. Dienst aus 1. April ds. Js. erteilt und an seiner Stelle der Verwaltungsasststent Braun von Effringen gewählt.

(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.) Im Vollmachtsnamen Sr. Maj. des Königs wurde dem Bauwerkmeister Ulm er in Calw die Stelle eines Staatsstraßenmeisters mit dem Sitz in Künzelsau übertragen.

Liebenzell. Die Umgebung unserer Burgruine hat einen neuen Schmuck erhalten. Zu dem herrlichen Waldpark, der dieselbe auf zwei Seiten umgibt, ist nun ein auf dem terrassen­förmigen Gang, der nach dem Nagoldtal abfällt, angelegter Naturpark gekommen. Der Platz zeigt die Burgruine in einer ganz imposanten Lage und bietet überaus malerische Ausblicke und Durchblicke nach dem tief unten liegenden Tal und Städtchen. Die Anlage wird noch mit Ruhe­bänken und Familienplätzen ausgestattet, um unseren Kurgästen und Ausflüglern einen idyllischen Auf­enthalt für die Nachmittagrstunden zu bieten. Die bevorstehenden Feiertage geben Gelegenheit, die noch nicht ganz fertigen Anlagen in Augenschein zu nehmen. Ihre volle Schönheit werden sie erst erreichen, wenn im Mai und Juni alles grünt und blüht.

-s BadTeinach 27. März. Letzten Sonntag Nachmittag von 3 Uhr an hielt der hiesige Schwarzwaldbezirksverein im Badhotel seine jährliche Generalversammlung, die ziemlich gut besucht war. Der Vorstand Schultheiß Schneider begrüßte die Versammlung und er­stattete den Geschäftsbericht. Der Verein zählt zur Zeit 150 Mitglieder. Der Rechner Buch­halter Baur gab den Kassenbericht, wonach ein namhafter Betrag für die Ausgaben des laufenden Jahres aurgesetzt werden konnte. Die Wahlen ergaben die Wiederwahl des seitherigen Ausschusses. Die Verhandlungen über die auf der Tages­ordnung stehenden Gegenstände 1. Errichtung einer Schutzhütte am Eingang zum St. Georgs- stollen; 2. Verschönerung der Wolfschlucht und der naheliegenden Wege; 3. Fortsetzung des Fuß­wegs durch den Sommenhardter Wald bis zum Bahnhof und einiges andere nahmen einen regen Verlauf. Der Vorsitzende konnte die Ver­

sammlung gegen '/»7 Uhr schließen. Der Rest des Abends verlief in gemütlicher Unterhaltung.

Herrenberg 28 März. Der Schreiner­geselle Weippert wurde unter dem Verdacht das Anwesen seines Vaters am Montag in Brand gesteckt zu haben, verhaftet.

Stuttgart 27. März. Der König ist heute Nachmittag um 2 Uhr 3 Min. von Kap Martin bei Mentone in bestem Wohlsein wieder hier eingetroffen. Die Königin war ihrem hohem Gemahl entgegengefahren. Hier empfingen den König der Generaladjutant General der Inf. Freiherr von Bilfinger und Flügeladjutant Major Freiherr von Tessin. An und vor dem Bahn- Hofsgebäude hatte sich eine zahlreiche Menschen­menge eingefunden, die den Landesherren, dessen frisches und gesundes Aussehen allgemein auffiel, freundlichst begrüßte.

Stuttgart 27. März. Die Finanz­kommission hat heute die Beratung des Post­etats fortgesetzt. Die Einstellung von 110 ge­hobenen Stellen für Postsekretäre im ersten und 30 weiteren im zweiten Etatsjahr wird genehmigt. Während der Etat nur eine nicht pensionsberechtigte Zulage von 200 für sie vorfieht, beantragt Res. Liesching, die Bereitwilligkeit auszusprechen, die Zulage als pensionsberechtigt zu schaffen; v. Kiene stellt eventuell den Antrag, der Re­gierung die Frage der Schaffung dieser Zulage als einer pensionsberechtigten zur Erwägung mit­zuteilen. Beide Anträge wurden nach längerer Debatte zurückgezogen und der Etatsentwurf an­genommen. Genehmigt werden an Postsekretär­stellen in administrativen Dienst 17 bezw. 40 weitere, ferner 3 weitere technische Postsekretär, stellen, die weitere Gehaltsstufe für Postverwalter und Postexpeditoren, Telegraphenobermechaniker, die Streichung der unteren Gehaltsstufe für Post­gehilfinnen nebst je 35 weiteren Stellen für diese Kategorie. Die auch hier einschlägige Eingabe der Vereinigung der Verkehrsbeamten vom niederen Dienst um Verbesserung der Gehaltsverhältnisse wird zurückgestellt bis zur Beratung des Eisen- bahnetats; diejenige der Telegraphenmechaniker führte nach längerer Debatte zur Annahme eines Antrag« Keil, die erste Gehaltsstufe von 1500 Mark zu streichen, mit 6 gegen 5 Stimmen und sodann zur einstimmigen Annahme des so abge- änderten Antrags Liesching dahin: 1. die Bereit­willigkeit anszusprechen, die Mittel für eine Ver- Mehrung der Telegraphenmechanikerstellen und für Gehaltssätze von 1600, 1700, 1800 und 2000 zu bewilligen und ferner 2. auszusprechen, daß bei Neuanstellungen nach Erfordernis die sofortige Einsetzung in eine höhere Gehaltsstufe erfolgen kann. Bei den Postunterbeamten wird die Vermehrung der Stellen um 50 bHw. 60 genehmigt, ferner ein Antrag v. Kiene, die Be­reitwilligkeit zur Streichung der Zwischengehalt», stufe von 1150 aurzusprechen, mit 7 gegen 2 Enthaltungen angenommen, die Tags zuvor eingekommene Denkschrift zur sozialen Lage de» unteren Postpersonalr nach einem Antrag Liesching bezüglich einer Aenderung der Gehaltsstufen der Regierung zur Erwägung mitzuteilen, wurde mit 7 Stimmen gegen 1 Stimme und 1 Ent- Haltung angenommen, nachdem zuvor ein An­trag Keil, die Bitte in der Denkschrift, die