48. Amts-
und Änzejgeblatt für den Bezirk Calw. 82. Jahrgang.
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Sonntag, de« 24. März 1SV7.
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die Redaktion.
Amtliche Bekarrnt«rrach«rigen. Bekanntmachung
Petr. -ie Maul- und Klauenseuche im Ober- amlsvezirk Calw.
Die Seuche ist im Bezirk Calw auf das Gehöft des Farrenhalters Waidelich in Zwerenberg bis jetzt beschränkt geblieben.
Unter teilweiser Aufhebung der unterm 5. ds. Mts. (Calwer Wochenbl Nr. 38) angeordneten Schutzmaßregeln wird folgendes verfügt:
1) Die Gehöftsperre des Farrenhalters Waidelich in Zwerenberg bleibt bestehen.
2) bezüglich der Gemeinde Zwerenberg verbleibt es bei den angeordneten Bestimmungen des § 59 u der Bundesratsinstruktion zum Viehseuchengesetz derart, daß
u) alle Wiederkäuer und Schweine mit der Wirkung unter polizeilicher Beobachtung stehen, daß Tiere der genannten Gattungen nur mit oberamtlicher Erlaubnis aus der Gemeinde entfernt werden dürfen, b) Das Durchtreibeu von Wiederkäuern und Schweinen durch den Ort und die Feldmarke Zwerenberg verboten ist. e) Die gemeinschaftliche Benützung von Brunnen und Tränken für Wiederkäuer und Schweine untersagt ist.
3) Die Schutzmatzregeln, welche über die in den Beobachtungsbezirk einbezogenen Gemeinden: Aichhalden, Aichelberg, Hornberg, Martinsmoos, Gangenwald Oberamts Nagold und Neuweiler verhängt worden sind, werden aufgehoben.
Die Ortspolizeibehörden der oben ge- nannten Gemeinden werden die ergangene Verfügung in ortsüblicher Weise bekannt geben und den Vollzug hieher anzeigen.
Da in den angrenzenden Oberamtsbezirken Kreudenstadt und Nagold die Seuche eine weitere Verbreitung gefunden hat, ist die Gefahr der Verschleppung der Seuche immer noch eine große und wird die strenge Einhaltung der ergangenen Vorschriften von neuem eingeschärft.
Die seitens des K. Ministeriums d. I. ergangenen Vorschriften bezüglich des Handels im Umherziehen mit Wiederkäuern und Schweinen und des Marktverbots bleiben nach wie vor in Kraft.
Calw 22. März 1907.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann.
Tagesueuigkeiteu.
* Calw 22. März. Auf Einladung des Gewerbevereins sprach gestern Abend im „Badischen Hof" der Sekretär des Württ. Bundes für Handel und Gewerbe, Landtagsabgeordneter Hill er« Stuttgart über „Die Rabattsparvereine als Mittel der Selbsthilfe gegen die Konkurrenz der Warenhäuser, Versandtge
schäfte, Konsumvereine und Hausierer." Die Versammlung erfreute sich eines sehr guten Besuches aus allen Branchen der Geschäfts, und Kaufleute und es zeigte sich reges Interesse für die überaus wichtige Tagesordnung. Der-Vor- stand des Gewerbevereins, Uhrmacher Zahn, gab in seiner Begrüßungsansprache einen Hinweis auf den Zweck der Versammlung und hob dabei her- vor, daß ein einmütiges Zusammenstehen aller Gewerbetreibenden und Kaufleute durchaus notwendig sei, um der immer mehr drohenden Konkurrenz der Warenhäuser und Konsumvereine die Spitze bieten zu können. Landtagsabgeordneter Hiller verbreitete sich sodann in freier, sachkundiger Rede eingehend über das Entstehen und das Wesen der Konsumvereine und legte hiebei die schädigenden Wirkungen dieser Vereine für den ansässigen Geschäftsmann im einzelnen dar, zu tadeln sei namentlich auch der Umstand, daß bei Gründung derartiger Vereine sich Gewerbetreibende dazu hergeben, die Lieferungen für Konsumvereine zu übernehmen, später mußten aber alle diese Geschäftsleute die Erfahrung machen, daß sie bei Erstarkung der Vereine zur Seite gesetzt werden; dies Schicksal haben be- sonders die Bäcker, Schuhmacher u. s. w. zu erleiden gehabt. Die Wirkungen der Konsumvereine seien aber nicht bloß für die Lebensmittelbranchen schädigend, auch alle andern Geschäftsberufsarten hätten darunter zu leiden, besonders alle Haushaltungsgeschäfte. Der einzige richtige Weg zur Abhilfe bestehe in der Gründung der Rabattsparvereine, die als Mittel zur Selbsthilfe sich überall vorzüglich bewährt hätten. Der Redner gab nun nähere Aufschlüffe über die Organisation der Rabattvereine und bemerkte sodann, daß die Konsumenten bei einem Rabattverein am besten fahren, denn sie wären nicht bloß an einen Verkaufsladen gebunden, sondem hätten die Wahl unter den Gewerbetreibenden. An der sich an den Vortrag anschließenden Debatte beteiligten sich Kaufmann Eugen Dreiß, Stadtschultheiß Conz, Malermeister Jäger und der Referent. Gemeinderat Dreiß, der wiederholt zur Tagesordnung sprach, erklärte, daß er anfangs der Sache kühl gegenüber gestanden und mehr abgeneigt gewesen sei, durch den Vortrag sei er aber eines andern belehrt worden, er werde die Bewegung gerne unterstützen und hoffe, daß der Rabattverein möglichst bald ins Leben trete. Stadtschultheiß Conz ging zunächst näher auf das Wesen der Konsumvereine ein und beleuchtete deren Vorzüge und Schattenseiten, erörterte sodann die Zwecke der Rabattvereine und stellte folgende Fragen an den Referenten: „Ob die Konsumenten überzeugt sein könnten nur gute Ware von den Mtgliedern der Rabattvereine zu erhalten; ob der Vorstand die Einkäufe seiner Mitglieder überwache"; empfahl aber nach Abwägen aller Für und Wider unter gleichzeitiger Hervorhebung der Vorzüge der Einkaufsgenossenschaften, wie die Vorredner ebenfalls, die Gründung eines Rabattvereins für die hiesige Stadt und Umgebung. Der Referent ging wiederholt auf die aufgeworfenen Fragen ein und suchte alle etwaigen Bedenken zu zerstreuen, indem er auf die immer größere Ausdehnung der Rabattvereine hinwier, was gewiß ein Zeichen davon sei, daß die Geschäftsleute sich bei dieser Einrichtung wohl
befinden. Nach der ausgedehnten Debatte, die Gelegenheit zu voller, gegenseitiger Aussprache gegeben und auch Klarheit geschaffen hatte, stellte der Vorsitzende die Frage an die Versammlung, ob für die hiesigen Verhältnisse die Gründung eines Rabattvereins angezeigt und anzustreben sei. Mt Einstimmigkeit sprach sich die Versammlung iür die Gründung eines solchen Vereins aus und beauftragte zugleich den Ausschuß des Gewerbe- Vereins die Sache in die Hand zu nehmen und in möglichster Bälde zum Austrag zu bringen. Der Gewerbeverein wird deshalb in Verfolg dieses Auftrages in den nächsten Tagen bei sämtlichen Kaufleuten und Gewerbetreibenden einen Fragebogen betreffs Geneigtheit zum Beitritt in den neu zu gründenden Rabattverein zirkulieren lassen und hierauf eine weitere Versammlung der Interessenten anberaumen, in der über die Einrichtung und Ausführung der Organisation näherer Ausschuß gegeben und ein endgültiger Beschluß gefaßt werden soll.
T Calw. Bei dem dieser Tage in Stuttgart stattgefundenen Einjährigen-Examen vor der Prüfungskommission haben von 8 Schülern der Höheren Handelsschule hier 7 das Examen bestanden.
Neuenbürg 22. März. Unter den Rekruten in Gräfenhausen kam es zu einer Schlägerei, wobei der 20jährige Emil Sckempf den Albert Roth niederstach. Der Verletzte starb nach wenigen Minuten. Der Täter wurde noch in der Nacht verhaftet.
Böblingen 22. März. Nachdem die hiesige Zuckerfabrik gerade 50 Jahre bestanden hat, wird sie aufgelöst und mit der Zuckerfabrik Münster vereinigt. Dorthin wird auch der hiesige Betrieb verlegt. Infolgedessen werden zu dm sonst vorhandenen noch zahlreiche männliche Arbeitskräfte verfügbar. Um die Gründung eines Fabriketablissements zu ermöglichen, bietet die Stadtverwaltung Freiheit von Kommunalsteuern für die ersten fünf Jahre an.
Stuttgart 22. März. (Strafkammer.) Zwei freche Diebstähle verübte der erst 17 Jahre alte Mechaniker Heinrich An de von Riedisheim auf dem hiesigen Hauptbahnhof. Er öffnete zweimal nachts gegen 12 Uhr mit einem falschen Schlüssel die Zeitungsbude von Buchhändler Witt- wer und entwendete daraus Briefmarken, Ansichtskarten, Bücher und kleine Geldbeträge. Die Strafkammer verurteilte den jugendlichen Dieb zu 4 Monaten Gefängnis.
Heilbronn21. März. (Ledermarkt.) Die Zufuhren zum Markt betrugen etwa 30 000 k§. Geschäftsgang flau. Von den Gerbern wurden mehr als V» der beigeführten Ware zurückgezogen. Die Preise für rohe Ware stehen eben gegenüber den für fertige Ware gestellten Angeboten immer noch zu hoch, sodaß die Klagen der Gerber in diesem Punkt berechtigt find. Am meisten begehrt waren deutsche Rindoberleder und Wildoberleder, ebenso schöne Sohlleder. Es wurden verkauft und amtlich vermögen: 1. Sohlleder 5033 KZ, 2. Schmal- und Wildoberleder 10887 lrx, 3. Zeugleder 203 kx, 4. Kalbleder 1131 kx, zusammen 17 254 kx mit einem Gesamtumsatz, einschließlich Schafleder. Rehfelle und roher Ware, von 70 000