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Teil derselben traf den Unglücklichen io am Kopse, daß die Schädeldecke zertrümmert wurde und der Tod sofort eintrat.
Ulm l2. März. Der Musketier Schall aus Betzingen, eingestellt in die 7. Komp Jnf.- Regt. 127, wurde vom hiesigen Divisionsgericht wegen Selbstverstümmelung zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Er vergnügte sich mit 10 seiner Kameraden, am 31. Dezember abends mit Kartenspiel, wobei ein Faß Bier aufgelegt war. Nach Mitternacht ging Scholl in den Kasernenhof, steckte den Zeigefinger seiner rechten Hand zwischen Griff und Klinge eines Rasiermessers und ließ einen schweren Kistendeckel auf das Messer fallen. Der Finger wurde dadurch zwischen dem 1. und 2. Glüd fast ganz durchgeschnitten, das vorderste Glied, das nur noch durch einen Fetzen Haut mit dem Finger verbunden war, heilte wieder an. Schall räumte ein, der Zweck der Selbstverstümmelung sei gewesen, vom Militär wegzukommen.
München 11. März. Anläßlich seines bevorstehenden 86. Geburtstages hat der Prinzregent Luitpold eine Anzahl Begnadigungen von Militär- und Zivilpersonen verfügt. Gestern empfing der Prinzregent den Ministerpräsidenten Freiherrn von Podewils in Audienz und überreichte ihm das Großkreuz des Verdienstordens der bayrischen Krone. Dem Münchener Veteranenverein der Feldzugssoldaten schenkte der Prinzregent anläßlich seines Geburtstages neuerdings 5000 ^ zur Unterstützung hilfsbedürftiger Veteranen von 1870/71.
Dresden 11. März. In der Nacht von Sonnabend zum Sonntag hak der hier wohnhafte königliche Oberförster a. D. Wilsdorf seine Frau uuv 5 von 6 Kindern erschossen. Das 6. Kind, die älteste Tochter, ist schwer verletzt. Wilsdorf beging dann Selbstmord. Das Motiv der Tat sollen Nahrungssorgen sein.
Berlin 12. März. Reichstag. Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr. Am Bundesratstisch sind erschienen die Staatssekretäre Nieberding. v. Stengel uud Kolonialdirektor Dernburg. Auf der Tagesordnung steht die 3. Lesung des Nachtragsetats für Südwestafrika. In der Generaldebatte bemerkt Bebel (Soz.), es scheine ihm, daß die finanzielle Wirkung dieses Nachtragsetats bei der Mehrheit des Reichstags nicht diejenige Beachtung gefunden habe, die sie hätte finden müssen. Im Vorjahr haben die Regierungen 92 Millionen gefordert, die der Reichstag auf 77 Millionen herabgesetzt habe. . Als im November der Reichstag zusammenftai,. wurden aber nicht 15 Millionen, sondern 29 Millionen gefordert. Charakteristisch sei, daß die Kosten für Südwestafrika immer weit größere Summen erfordern, als voraüszusehen sei. Nachdem die Regierungen auch dem neuen Reichstag eine Forderung von 29 Mill. vorgelegt hatten, war die Lage eine total andere. Wir werden auch hier mit einer Etatsüberschreitung zu rechnen haben. Der Redner weist auf einen Artikel des früheren Gouverneurs Leutwein in der „Deutschen Revue" hin, worin er sage, daß die
geforderte Truppenzahl ihm außerordentlich hoch erscheine. Er, Bebel, habe schon früher darauf aufmerksam gemacht, in welch' überschwenglichen Darstellungen insbesondere der Kolonialdirektor bezüglich der Kolonien sich ergangen habe. Er be- daure diejenigen, die auf Grund phantastischer Schilderungen sich verleiten ließen, dorthin zu gehen. Für die heutige Beratung komme besonders zu statten die Denkschrift des Verwaltungsrais der Siedelungsgesellschaft für Südwestasrika. Sie erkläre, nichts mehr machen zu können und in Liquidation treten zu müssen. (Hört, hört! links.) Dieser Bericht genüge, um die Wertlosigkeit dieser Kolonie darzulun. Den Agitationsreden Dernburgs stehe Legationsrat Zimmermann gegenüber, der die Kolonialpolitik für eine überwundene Sache erkläre und der es für eine Täuschung ansehe, wenn das Land glaube, seine Bedürfnisse zum größeren Teil aus den eigenen Kolonien beziehen zu können. Abg. de Witt (Zentrum) kommt auf die schweren Vorwürfe zurück, welche kürzlich Paasche gegen die Zentrumspartei seines Wahlkreises gerichtet habe und erwartet, daß Paasche seine Behauptung beweise oder den Vorwurf zurücknehme. Nach Bemerkungen des Abgeordneten Semmler (natl.), der sich gegen Bebel wendet, erklärt Kolonial-Direktor Dernburg. Wenn die Rechnungen für das Schutzgebiet mit Ende März schließen, so habe auch die geforderte Summe von etwas über 29 Millionen Mark den tatsächlichen Bedürfnissen entsprochen. Er könne erklären, daß die Schutztruppe bis zum 30. Dezember ds. IS. auf 4000 Mann reduziert werde und die Polizeitruppe um 600 Mann verstärkt werden solle. Reibungsflächen mit den Owambos sollen vermieden werden. Auf die Aeußerungen des Herrn Bebel über den Wert oder Unwert der Schutzgebiete wolle er nicht eingehen. Abg. Wiemer (frs. Vp.) weist die Vorwürfe Bebels auf seine Partei zurück und betont, eine ziellose Kolonialpolitik werde auch seine Partei nicht billigen. Abg. Ledebour (Soz.) spricht unter großer Unruhe des Hauses und erhält vom Vizepräsidenten Kämpf zwei Ordnungsrufe, weil er dem Kolonial-Direktor vorwirft, daß dieser wissentlich Methoden anwende, um das deutsche Volk irre zu führen und das Wesentlichste verschweige. Nach weiteren Bemerkungen, der Abg. Paasche (natl.) und des de Witt (Zentrum) schließt die Debatte. Gegen Zentrum, Sozialdemokraten und Polen werden die Nachtrags-Etats definitiv genehmigt. Für den Eisen- bahn-Nachtrags-Etat stimmt auch das Zentrum. Es folgt die Interpellation Graf Hompesch-Schädler und Gen. (Zentrum), sowie Bassermann und Gen. (natl.), betreffend Revision der Strafprozeß-Ordnung. Staatssekretär Nieberding erklärt sich bereit, sofort zu antworten. Abg. Gröber (Zentrum) begründet die Interpellation seiner Partei, die insbesondere auch darüber ausdrücklich Auskunft verlangt, ob die Zuziehung von Schöffen zu den Strafkammern und die Zulassung der Berufung gegen die Urteile der Strafkammer. beabsichtigt ist. Abg. Heintze (ntl.) begründet ebenfalls die Interpellation seiner Partei. Staatssekretär Nieberding erklärt: In den letzten Stadien sei in der Vorbereitung der Reform eine Verzögerung eingetreten. Der Herr Reichskanzler habe aber den festen Willen, die Reform zu beschleunigen und er habe ihn, den Staatssekretär, ausdrücklich beauftragt, dies dem Reichstage zu erklären. Von größter Wichtigkeit sei die Frage, ob es möglich sei, alle
Instanzen mit Schöffen zu durchsetzen, ob dazu daS nötige Menschenmaterial vorhanden sei. Die preußische Regierung habe beschlossen, darüber noch Erhebungen zu veranstalten. An der Besprechung der Interpellation beteiligen sich die Abgg. Giese (kons.) und Stadthagen (Soz.) worauf die Weiterberatung auf morgen vertagt wird. Vorher steht auf der Tagesordnung das internattonale Eisenbahnfracht-Uebereinkommen. Präsident Graf Stolberg protestiert noch gegen eine im Abgeordnetenhause gefallene Aeußerung, die geeignet war, die Mitglieder des Hauses zu verletzen. (Lebhafter Beifall)
Berlin 12. März. Gestern wurde ein blutiges Duell in einem versteckten Teile des Grunewaldes ausgefochten. Die Bedingungen lautsten auf Pistolen in einer Entfernung von 15 Schritt. Einer der Zweikämpfer, dessen Name als Hauptmann von Berkens angegeben wird, erlitt eine gefährliche Verletzung und mußte in ein hiesiges Krankenhaus gebracht werden.
Toulon 12. März. An Bord des Panzerschiffes „Jena" explodierte heute nachmittag eine Torpille. Hierdurch erfolgte auch eine Explosion der Pulverkammer die im vorderen Teil des Schiffes untergebracht war. Das ganze Schiff flog in die Luft. Man schätzt die Zahl der Umgekommenen auf 200 bis 300. Die gesamte Besatzung des Schiffes befand sich an Bord, als die Explosion erfolgte. Alles was konnte, suchte sich in Sicherheit zu bringen, indem die Leute ins Meer sprangen, wo sie nach und nach von herbeigeeilten Dampfern und Booten gerettet wurden. Wie hoch sich in Wirklichkeit die Zahl der Opfer beläuft, konnte noch nicht festgestellt werden.
(Eingesandt.)
Von verschiedenen Seiten wird von einem Preisrückgang für Schweinefleisch berichtet. In Herrenberg haben lt. „Neues Tgbl." sämtliche Metzger den Preis.auf 68 per Pfd. herabgesetzt und von einem Gäuorte des Calwer Bezirks erfährt man, daß den Besitzern fetter Schweine nur noch 40—42 A per Pfd. lebend Gewicht, geboten werde. Angesichts dieser Tatsachen lassen sich die Preise nicht mehr länger Hochhalten und es sollten sich auch unsere Metzger, die noch 80 A per Pfd. verlangen, endlich auf eine den Einkaufspreisen entsprechende Preisermäßigung entschließen.
«eklameteil.
Lliocolylien
öei'nek'sljiei, HilekgesellsclisO.
„Ich muß jenes Papier sehen, Musgrave," sagte ich, „das Ihr Hausmeister sich verschafft hat, selbst auf die Gefahr hin, seine Stellung zu verlieren."
„Dieser sogenannte Katechismus unserer Familie ist ein höchst abgeschmacktes Schriftstück," erwiderte er, „das keinen andern Wert hat als sein hohes Alter. Ich habe eine Abschrift bei mir, wenn Sie einmal einen Blick darauf werfen wollen."
Er händigte mir dies Blatt ein, das Du hier vor Dir siehst. Wat- son; die sonderbaren Fragen und Antworten, die jeder Musgrave hersagt n mußte, sobald er volljährig war, lauteten:
„Wem gehörte sie?"
„Dem, der nicht mehr ist."
„Wer soll sie haben?"
„Der, welcher kommt."
„Wie heißt der Monat?"
„Der sechste vom ersten."
„Wo war die Sonne?"
„Ueber der Eiche."
„Wo war der Schatten?"
„Unter der Ulme."
„Wie maß man ihn aus?"
„Nach Norden zehn und zehn, nach Osten fünf und fünf, nach Süden zwei und zwei, nach Westen eins und eins und darunter."
„Was sollen wir dafür geben?"
„All unser Gut."
„Weshalb geben wir es hin?"
„Weil uns das Pfand vertraut war."
„Das Original trägt kein Datum, aber der Schreibweise nach muß
es aus der Mitte der siebzehnten Jahrhundert stammen," bemerkte Musgrave. „Ich fürchte jedoch, es wird Ihnen zur Lösung jenes Rätsels kaum behilflich sein können."
„Es enthält jedenfalls ein zweites Geheimnis," sagte ich, „das mir noch weit interessanter zu sein scheint, als das erste. Möglich, daß uns auch dieses klar wird, sobald wir jenes gelöst haben. — Nichts für ungut, Herr Musgrave, aber Ihr Hausmeister muß ein sehr kluger Mann gewesen sein, wenigstens hat er mehr Scharfsinn bewiesen, als zehn Generationen seiner Herren."
„Ich verstehe Sie nicht recht," meinte Musgrave, „das Papier scheint mir doch keinerlei praktischen Zweck zu haben."
„Das möchte ich bestreiten, mir scheint es ein Dokument von ungewöhnlicher Wichtigkeit, und Brunton war ohne Zweifel derselben Ansicht. Vermutlich hatte er es schon früher gesehen als in jener Nacht, da Sie ihn ertappten."
„Wohl möglich; wir gaben uns keine Mühe, es zu verbergen."
„Er wollte sich bei jener Gelegenheit nur noch einmal alles ins Gedächtnis zurückrufen, wie mir scheint. — Sie erwähnten ja auch eine Art Karte oder einen Plan, den er bei Ihrem Erscheinen in die Tasche steckte, nicht wahr?"
„Ganz recht, aber was ging denn Brunton unser alter Familienbrauch an, und was soll das Kauderwelsch überhaupt bedeuten?" —
„Das würde man wohl ohne allzu große Schwierigkeiten herausfinden können," sagte ich. „Wenn Sie nichts dagegen haben, fahren wir mit dem ersten Zug zusammen nach Sussex, um die Sache an Ort und Stelle etwas genauer zu untersuchen."
(Fortsetzung folgt.)