I.virmn ktztroleum
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üiliüka^Si's im Kampf um öiv politiaoltt Visltmaoklalöliung. von ekr. u. öLus
Oel — der Götze d:s Kapitalismus
Drei Dinge sind es, unter der Erdrinde unseres Planeten verborgen, Politik und Richtung unserer Zivilisation bestimmen: Gold. Kohlen und Petroleum. Gold und Kohle haben ihre führende Machtstellung teilweise eingeüüßt zu Gunsten jener schwarzen, dickflüssigen, stinkenden Flüssigkeit, mit der noch vor hundert Jahren kein Mensch etwas anzufangen Wichte: Petroleum. In kaum einem halben Jahrhundert hat es eine Machtstellung eingenommen, die jedermann für unmöglich hielt und rechtfertigte bald die prophetischen Worte von Coo-lidge, dem ehemaligen Präsidenten der USA:
„Es ist nur zu wahrscheinlich, das; die kommende politische Uebcrmacht und Führung derjenigen Station zufällt, die über einen bestimmten Stoff führend herrschen darf: Petroleum!"
Auch andere Staatenführer erkannten die Bedeutung des Petroleums. Unt»r ihnen George Clemenceau, der während einer Zusammenkunft französischer Wirtschaftsführer in Paris ansrief: „Ein Tropfen Petroleum ist wohl ein Tropfen Blut ivert!" Leider vergas; er hinznzufügen, das; er es auch gewöhnlich kostet, wie wir später sehen werden.
Lord Cnrzon in England schließlich sprach — als einer der wenigen, die wirklich um die wahre» Gründe des Weltkrieges wußten — nach dem ersten Waffenstillstandfeiertag:
.. die Alliierten sind auf einem Strom von Petroleum zum Sieg geschwemmt worden." (The Allies were carried to victory on a flood of oil.)
Das tägliche Leben in einem modernen Staat käme, zu Plötzlichem schrecklichen Stillstand, fiele die ungeheure Zufuhr von Petroleum aus. Kaum ein Wagen würde rollen ohne Oel, kein Auto sich bewegen, kein Flugzeug aufsteigen. kein Krankenwagen die Leidenden b «fördern, und im kriegerischen Ernstfall ist eine Armee ohne Petroleumvorräte undenkbar, kaum eine Flotte iväre imstande, in See zu stechen. Zwei Drittel der amerikanischen Marine benutzen Oel als Brennstoff, und in der ganzen britischen Kriegsflotte finden wir heute nicht ein einziges bedeutendes Schiff, das noch Kohle feuert.
Petrolenmvorräte sind jedoch nicht uirer- schöpflich, und so begann, als die Nationen dies erkannten, jener mehr oder minder geheime Kampf um das flüssige Gold, ein Kampf, der von großen Siegen und Niederlagen erzählt, — ein Kampf, der heimlich und still begann. Zu ivelchem Ende er eines Tages führen wird, wissen wir alle nicht...
Der geheime Kampf um die Qelquellen
Dieser Kampf spielt sich nicht im Scheinwerferlicht ab, die Generale der „Oelarmee" arbeiten hinter Kulissen und lieben es nicht, bei ihren Plänen beobachtet zu werden. Sie lieben auch keine Reporter und Sonderberichterstatter, Menschen, die versuchen, die Wirklichen Gründe des plötzlichen Todes von König Feisal zu erkunden und großes Interesse für die Vorgänge der letzten Wochen in Südrnßland beweisen. Sie tvehren sich standhaft, diese modernen Heerführer, etwas über George Rcilly, alias Rosenblum, auszusagen, über den Mann, der, als Priester verkleidet, im Auftrag hes britischen Intelligence Service vor einigen Wochen eine wichtige Konzession für England im imhen Osten kanste. Gewisse Chefredakteure und Verleger Pariser Zeitungen fallen buchstäblich „aus allen Wolken", wenn ein Berichterstatter nach Paris fährt, und sie eindringlich nach dem Zusammenhang zwischen Oelinteressen, europäischen Waffenfabriken und einigen interessanten Wirtschaftsartikeln in ihren Blättern fragt.
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Wir müssen mehr als ein halbes Jahr- himdert znrückblicken, wenn wir den Kampf um Petroleum in seinen allerersten Anfängen erkennen wollen und ein Ereignis schildern, das inzwischen längst vergessen wurde:
ES war Hassan Kuli Chan, der letzte Herrscher von Baku, eln Vasall des Schahs voll Persien, der monatlich, wie seine Primitiven Kassenbücher bewiesen, 2000 mit Petroleum gefüllte Schaffelle nach Persien versandte, um den Inhalt als Arzneimittel vertreiben zu lasten. Der Handel verlief ungestört für einige Zeit, bis eines Tages im Jahre 1805 der russische General Fürst Zi- zianow mit einer Abteilung Reiter vor dem Palast des Herrschers von Baku erschien und die Souveränität des Ehanats im Namen seiiles obersten Herrn, des Herrschers aller Reußen, beanspruchte. Der Palastherr bat den Ankömmling, in sein Hans zu kommen, um die Angelegenheit in Ruhe besprechen zu können. Die Krieger warteten vor der Türe des Hauses, während der Beherrscher Bakus innen nach seinem Säbel griff und seinem Gast den Kopf hernnterschlug. Den Kopf sandte er seinem Herrn, dem Kaiser von Persien. Ein Jahr später jedoch stand das
Heer des Zaren vor den Toren des Palastes Hassan Kulis, um den Tod des Generals zir rächen. Während des Sturmangriffs der Russen flüchtete Hassan Kuli Chan lisch Persien. Baku, mit ihm die Oelquellen, wurde von den Russen in Besitz genommell. Aber niemand kümmerte sich um die Oelschätze, die dieses Gebiet barg. Zwar wurde vom Zaren eine wissenschaftliche Kommission dorthin beordert, die das Land nach Schätzen durchforschen sollte. Die primitiven Oelbohrungs- anlagen wurden kaum beachtet. Der Bericht der Kommission über die Entdeckung des Oels ist für uns moderne Menschen einzigartig:
„Es ist eine Flüssigkeit, die von keinem Nutzen ist. Sie ist zähe und riecht sehr schlecht."
Der große Protokollführer Geschichte jedoch gab ein anderes Urteil — und tausende von Männern, Kindern, Frauen haben seitdem ihr Leben im Kaukasus eingebüßt — im Interesse einiger weniger Petroleumkontzerne..
Der Pelroleuurwahnsirm flammt auf
Man kann den Kampf lim Oel gut als eine der gefährlichsten ansteckenden Krankheiten beschreiben, denn der Mann, der von diesem Kampf ergriffen wird, ist für die Zeit seines Lebens von der Gier gepackt, und seine Nation, .wenn auch sie in den Strudel gerissen wird, geht eher zugrunde, als daß sie die Spekulation anfgäbe. An dieser tödlichen Krankheit leiden die Vereinigten Staaten seit dem Tage, an dem Petroleum in großen Lagern gestruden wurde. In Pennsylvania erzählen noch heute die Männer von ihren Vätern, die das erste große Aufflammen des „Petroleumwahnsinns" mitangesehen und es erlebten, wie aus Einöden fast über Nacht Städte entstanden, Städte, in denen das Gebrüll und Geschrei betrunkener Männer, Vevivahrloster Frauen und mißhandelter Kinder bald nicht mehr endete, Plätze, in denen der schwerkaliürige Revolver besser und schneller Recht sprach als der Sheriff. Sie sahen die Bohrtürme errichtet, die Hochaltäre des neuen Gottes und alles Lebendige lind Tote stank im Umkreis voll tausend Meilen nach Petroleum...
Petroleum Jonnh war der passende Name eines der berüchtigsten Glückssäger in der Schar der zahllosen Abenteurer, ein Mann, der, vor Wochen noch ein Bettler, in zwei Monaten eineinhalb Millionen Dollar „verdiente", um sie in einer einzigen Nacht zu verspielen und zu seinem alten Bettlerstand an einer Straßenecke zurückkehrte — das Leben war sicherer dort... Es !var der typische Vertreter jener Burschen, deren Spekulationen sich schließlich im Jahre 1860' zu Tode rasten, iveil das Wichtigste fehlte: Transportmittel. Es war das größte Problem — aber der Mann, der es lösen sollte und konnte, kam: John D. Rockefeller. Er besaß jene Fähigkeit des modernen Großkanfinan- nes, die zu unerhörten Erfolgen führen kann: Organisationstalent.
Rockefeller
gründet die „Standard Oil Co."
Am 10. Januar 1870 gründete Rockefeller mit einer Million Dollar die „Standard Oil Company" und nun begann der geheime Kampf mit den jeweiligen Präsidenten der USA um die Frage: soll die Regierung in Washington sein, oder sind die wirklichen Leiter der Staaten in gewissen Büroräumen auf dem Newyorker Broadway zu finden? Als 1901 Theodor Roosevelt, ein alter Feind des Trustes, zmn Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, war das Schicksal der „Standard Oil Eo." scheinbar entschieden. Im Geheimen aber entspann sich ein erbitterter Kampf um die Macht.
Kurz nach der Gründung der ersten Petroleumgesellschaft setzte sich Rockefeller mit den Direktoren der großen amerikanischen Privateisenbahnen zusammen, um ein riesiges Netz neuer Linien legen zu lassen. Me Tatsache, daß inzwischen andere Gesellschaften gegründet wurden, schreckte ihn nicht. Wenige Jahre später fühlte er sich ganz sicher im Sattel. Seine Gegner erhielten kurze Mitteilungen der Standard Oil Co. mit der lakonischen Aufforderung, ihren Betrieb zu verkaufen oder aber „aus dem Geschäft zu gehen". Die meisten Direktoren verkauften daraufhin ihre Gesellschaften; die es nicht taten, bereuten bald, denn Rockefeller bewies nur zu deutlich, daß er der Stärkere war. Er scheirte sich nicht, Monate hindurch in die Bezirke, die Abnehmer seiner Konkurrenten waren, Petroleum umsonst zu liefern. Als seine Gegner dann bettelarm waren, Amerika also erobert schien, wandte sich Rockefeller nach China, um den Söhnen des Reiches der Mitte die westliche Zivilisafion in Gestalt übelriechender kleiner Petroleumlampen zu senden. Er verkaufte Millionen Lampen zu Spottpreisen, gab sie auch in großen Mengen umsonst ab, und bald brann
ten die Funzeln in den chinesischen Bauernhäusern mit dem Petroleum der Standard Oil Company. Rockefeller kontrollierte, als erster Mann in der Geschichte der Wirtschaft, eine Milliarde Dollar.
Dreißig Jahre Gewaslherrschafl
Ernste Kämpfe blieben seiner Gesellschaft, die inzwischen — um Steuerhinterziehungen leichter durchführen zu können — in mehr als hundert mittlere Gesellschaften aufgelöst worden war, nicht erspart. Zuerst versuchte die Pennsylvania Railway Company die Uebcrmacht und Preisbestimmung der Gesellschaft zu brechen, dann trat der Kn Kux Klan auf den Plan, um Standard aus patriotischen Gründen den Garaus zu machen. Als beide den Kampf verloren hatten, erschien das Sherman Anti Trust Gesetz, das speziell gegen die Standard Oil Company gerichtet war, mit dem Erfolg, daß Rockefeller seine morgendlichen Konferenzen mit den zwölf Führern der größten Trusts nicht mehr Konferenzen. sondern „Frühstück unter Freunden" nannte!
Die Lage wurde wesentlich ernster, als Rockefeller züoei Prozesse, die gegen ihn geführt wurden, verlor. Im ersten Prozeß im Jahre 1905 wurde ihm in 1462 Fällen Betrug, Bestechung und Korruption nachgetvivsen, die Firma verlor viel von ihrer äirgstlich nach außen hin bewahrten moralischen Würde. Jeder Fall wurde mit der Höchststrafe von 20 000 Dollar belegt — aber die Gesamtsumme von rund 30 Millionen Dollar ist heute noch nicht beglichen.
Die zweite Anklageschrift einige Jahre später, deren Urheber Frank B. Kellogg war, umfaßte 11 Millionen Worte. Fünf Jahre dauerte der Prozeß, Rockefeller Verlar wieder und damit Millionen Dollar. Aber der Mensch Rockefeller war fast zum Mythos ge- ivvrden. Der Erzpriester des modernen Gottes ivar unverwundbar und seine Helfer, die Standard Oil Co., ebenso.
Wird die Standard Oil Company auch in der Zukunft ihre überragende Stellung erhalten können? Viele bezweifeln es — mit gutem Recht, denn in Europa scheint eine der Standard tödliche Gefahr erwachsen zu .sein. Zwei Männer verkörpern diese Gefahr. Einer van ihnen ist der Holländer Henry Deterding, der andere der Georgier Jose; V-issarionowitsch Dschugahswilly, bekannt durch seinen kürzeren Namen: Stalin...
Mehr als in jeder anderen modernen Industrie sind die Grundsätze der Fusion, Rationalisierung und Spezialisierung in der Petroleumindnstrie verünrklicht worden. Der besondere Ausbau dieser drei hervorstechenden Charaktereigenschaften des modernen Kapitalismus hat dadurch diese Industrie zum eigentlichen Spiegelbild - unseres modernen Produkttonswesens gemacht. Zwei riesige Konzerne sind es. die heute erbittert miteinander um die Macht kämpfen, und beide sind bereits etwas beängstigt durch die Tatsache, daß im Osten ein drittes Gebiet erschlossen wurde, in dem di« besten Petroleumlager der Welt liegen, und dessen politische Leiter diese Schätze sorgsam hüten und bewachen, um ihre Macht zu befestigen. Diese dritte Partei ist — Sowjetrußland.
Es mag paradox klingen, aber die Gefahr, daß das Petroleum in kurzer Zeit der eigentliche Beherrscher der modernen Welt werden wird, ist heutzutage größer als vor 45 Jahren. lim 1890 herum beherrschte die Standard Oil Company allein das Feld; rund 90 Prozent der gesamten Weltpetroleumproduktion lag in ihren Händen. Die Standard Oil Co. aber hat bereits seit langem die Weltkontrolle verloren. Me zwei Gegner sind gut vorbereitet, und der Kampf.zwischen den dreien geht deswegen umso erbitterter und zieht naturgemäß weitere Kreise, als es die Politik der Standard Oil Co. vor rund einem halben Jahrhundert zu tun vermochte. Mn zweiten der drei Petroleumtrnsts wollen wir nun betrachten.
Der gefährliche Konkurrent:
Royal Dulch Shell
Wir entsinnen uns, daß man in den letzten Vorkriegsjahren plötzlich in politischen und Handelskreiscn von einem europäischen Oel- irust zu sprechen begann, der unter dem Namen Royal-Dutch-Shell im Handelsregister eingetragen war. Die Geschichte dieser Gesellschaft mit ihrer heute kaum abzuschätzenden Kraft und Stärke ist es wert, der Vergessenheit entrissen zu werden.
Es war vor rund 35 Jahren, als der „Managing-Direktor" Keßler der unscheinbaren und kaum ernst genommenen „Royal Dutch-Companh Ltd." aus dem Osten zurück- kehrte, um einen längeren Ferienaufenthalt im Haag zu verbringen. Wie viele andere Europäer es erfuhren und noch stets erfahren, tvar das Klima im Osten unserer Erde nicht geeignet, eine schwächliche Gesundheit
zu stärken. In Neapel stieg er an Land, um wenige Stunden später in seinem Hotel tot aufgcfunden zu werden. In seiner Jackentasche fand der Arzt, der den Tod bestätigte, einen Brief, der an die Direktoren feinet Firma in Haag gerichtet ivar. In wenigen Zeilen bat er seine Vorgesetzten darum, einen jungen Mann, der als Sübalternbeainter ln der Gesellschaft im Osten tätig ivar, zu seinem Nachfolger zu machen. Der junge Mann hieß Henry August Wilhelm Deterding. Es gab viele ältere Männer mit großer Erfahrung im Petrolenmgeschäft, die Keßlers Posten durchaus ansgefüllt hätten — aber glücklicherweise wußten die Direktoren die „Spürnase" ihres -Maiiaging-Direktors zu schätzen und respektierten seinen letzten Willen, der dem Geschäft gegolten hatte. Deterding wurde Keßlers Nachfolger. Die Lebensgeschichte des damals 34Jährigen ivar nicht romantisch. In Rotterdam geboren, wuchs er als einziges Kind einer ärmlichen Matrosenfamilie ans. Es war nicht verwunderlich, daß die schwierige wirtschaftliche Lage zu Hause ihn bald auf den Gedanken brachte, dieser Misere so schnell wie möglich zu entrinnen. Bald, nachdem er die Schule verlassen hatte, trat er in die Tweensche Bank in Amsterdam ein, um hier einige Jahre zu verbringen und sich wertvolle Kenntnisse vor allem im Geldgeschäft anzneignein Dann ging er, wie jeder ehrgeizige junge Holländer es noch heute tut, nach den holländischen Kolonien im Osten, um hier sein Glück — auf Kosten der Eingeborenen — zu versuchen. Seine Kaltblütigkeit im „Geschäftemachen und seine erstaunliche Rechenbsgabnng, zusammen mit einem ungewöhnlichen Organisationstalent, für das er jedoch in seiner untergeordneten Stellung kaum Verwertung hatte, erregten bald die Aufmerksamkeit Keßlers, der ihn durch einen Zufall kcimengelernt hatte, und wenig später sehen wir Deterding als Sübalternbeainter der Rohal- Dutch. Nicht selten geschah es, daß der Direktor zu seinem Angestellten ging, um sich in verzwickten Angelegenheiten Rat zu holen. Und immer wieder beglückwünschte er sich, Deterding in die Firma ausgenommen zu haben.
(Fortsetzung folgt.)
Fürst Mcnschikoff war zu einer der Festtafeln geladen, welche im Jahre 1855 zur Feier der Thronbesteigung Alexanders l!. von Rußland gehalten wurden. Der junge Zar kam auch mit dem alten Günstling seines VaterS ins Gespräch.
„Nun, was gibts Neues?" fragte er den Fürsten.
„Majestät, ich hörte, daß ich zum Finanz- minister vorgeschlagen sei?"
^,Ei, und warum nicht?"
„Majestät, mich Würde es ja auch nicht vielter wundern!" antwortete Menschikosf, der vom schlechten Stande der Finanzen wußte. „Ich wurde zum Marineminister ernannt, als es keine Flotte gab, zum Oberbefehlshaber in der Krim, als wir keine Krimarmee hatten. Warum sollte ich nicht auch heute zum N- nauzminister ernannt werden? . Zn meiner früheren Laufbahn würde es Passen!"
Der Forscher Gervinus schätzte Händel unter allen ^ Musikern am meisten. Sein Freund David Friedrich Strauß gab jedoch Mozart den Vorzug. Einmal stritten die beiden Freunde sich wieder über dieses Thema. Gervinus wurde ärgerlich, er erregte sich immer mehr, bis schließlich Strauß ihn mit den lachenden Worten beruhigte: „Sei doch still, Gervinus, du bist ja händelsüchtig!"
Der Tenor X. teilt seine Garderobe mit zwei anderen Sängern, von denen der eine eines Tages recht unangenehm berührt bemerkte, das; er soeben ans Versehen einen Brief gelesen hatte, der nicht an ihn, sondern an X. adressiert ivar. Es handelte sich übrigens um eine Schneiderrechnung, die allerdings in sehr dringlichem Tone gehalten ivar. Nur gut. das; der Brief vorher so ungeschickt geschlossen war, daß man ihn leicht öffnen und jetzt wieder gut schließen konnte. Der Sänger legte also die Rechnung, nachdem er sich mit dem dritten Bewohner der Garderobe darüber verständigt hatte, in das Fach von X.
L- erscheint, nimmt den Brief heraus und liest ihn. Heimlich beobachten ihn die Kollegen. Zn ihrem Erstaunen wird L. nicht ärgerlich, im Gegenteil, seine Miene hellt sich ans, gütig und wohlwollend blickt er in das Schreiben hinein, zerreißt es dann mit betonter Pose und murmelt lächelnd und kopfschüttelnd: „Wann werden die klcuven Mädchen endlich merken, daß ich nicht für jede da sein kann? Ja, ja, die Sorgen eines großen Sängers...!"