82. Jchrzimg.
.-N 36.
Amts- und Än^eigeblatt für den Bezirk Calw.
Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams- rag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stad 1 und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Tagesire,chMterr.
Stammheim 28. Febr. (Eingsdt.) Auf ras Eingesandt von Ostelsheim betreffend einen >ei der dort abgehaltenen Ausschußsitzung des Westl. Gausängerbundes gestellten Antrags ruf Beibehaltung der seither üblichen Vor- rroben für die Gesamtchöre zum Bundesfest uöge folgende Erwiderung gestattet sein: Nach ren Ausführungen des Hrn Einsenders liegt die Vermutung nahe als ob durch diesen Antrag von reu Bundesvereinen etwas Ungeheuerliches verengt wäre. Tatsächlich liegt die Sache so: Der 9und hatte bis vor wenigen Jahren in dieser Lache die Gepflogenheit wie andere Sängerbünde auch, daß, abgesehen von einer Hauptprobe der Gesamtchöre am Bundesfest selbst mit sämtlichen Bundesvereinen, jedem einzelnen Verein ;ine dahingehende Probe durch einen vom Bunde aufgestellten Sachverständigen abgenommen wurde, stm nun die Sache zu vereinfachen und sie dem Zweck ersprießlicher zu gestalten und weil dies >er geographischen Lage der einzelnen Bundes- wreine nach auch leicht durchführbar erschien, inigte man sich dahin, daß die Vorproben mit nehreren Vereinen zugleich abgehalten werden ollten, sodaß die Vereine südlich der Bahnlinie md diejenigen nördlich derselben mit einander iroben sollten. Auf diese Weise hoffte man die Hauptprobe zu vereinfachen und fruchtbringender u gestalten. Und diese Hffnungen haben sich, vas allgemein anerkannt wird, auch erfüllt. Bei lusicheiden des Bundesdirigenten aus dem Bund vollte man versuchsweise diese seitherigen Vor- rroben fallen und nur die Hauptprobe am Fest selbst bestehen lassen. Die Sache kam aber dann lei der letzten Ausfchußsitzung in Ostelsheim zu- junsten der seitherigen Praxis wieder in Fluß ind fand auch seitens der meisten HH. Dirigenten er Bundesvereine Unterstützung, als sich Hr- Lehrer
ormtag, de» 3. März 1907.
Günther von Gechingen, dessen Verein das nächste Bundesfest zufiel, zur Abhaltung der Vorproben in seitheriger Weise bereit erklärte. Nun hat der Hr Einsender von Ostelsheim bei den Verhandlungen durch sein persönlicher Eintreten seinen Standpunkt, den er auch in seinem „Eingesandt" vertrilt, zur Genüge begründet, auch wäre dort noch weiter Gelegenheit geboten gewesen, sich darüber auszusprechen. Umsomehr befremdet es uns, daß Hr. 8. den Weg der Oeffent- lichkert benützt um seine Ansicht auch außerhalb der Bundervereine weiter kund zu geben. Nach unserem Dafürhalten haben solche interne Bundesangelegenheiten keinen Anspruch auf allgemeines Interesse und gehören deswegen auch nicht in Tagesblättern zur 'Diskussion gestellt. — Und wie steht es denn mit der Begründung des Antrags durch Hrn. 8. aus? Er legt zuerst sehr viel Wert auf die Behauptung, daß derartige Vorproben die einzelnen Vereinsmitglieder i^pfer an Zeit und Geld kosten. Das glauben wir bis zu einem gewissen Grade auch. Aber Hr. 8. läßt sich gleich nachher vernehmen: „Es kann nun freilich gesagt werden, daß ein solch kleiner Ausflug an einem Sonntagnachmittag ja nicht viel Opfer an Zeit und Geld kostet. Dieses ist nun allerdings richtig, rc." Was wollen wir weiter! Die HH. Dirigenten, die für den Antrag stimmten, taten dies gewiß nur im wohlerwogenen Interesse für die Sache des Bundes und des Männergesangs. Und diesen Zweck verfolgen auch diese Ausführungen. 8.
Leonberg 1. März. Nach fünfstündiger Verhandlung wurde gestern der Eisenbahnassistent Kröttinger, der den Heimerdinger Eisenbahnunfall dadurch verschuldet hatte, daß er den Zug in Weiffach zu früh abgelassen hat, vom hiesigen Schöffengericht zu 80 ^ Geldstrafe und zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt.
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Stuttgart 27. Febr. Ein raffinierte: Fall von Unterschlagung ist durch Ausschreiber der Staatsanwaltschaft zur allgemeinen Kenntni- gelangt. Auf 28. August v. Js. war ein Konzer des blinden Tonkünstlers Rud. Thies im Bürger museum ausgeschrieben. Der Konzertagent Arthur Dittmann von Kassel hatte in Stuttgart un! Cannstatt durch zwei Verkäuferinnen, welch, Hunderte von Häuser aufsuchten, zahlreiche Ein trittskarten verkauft. Das Konzert fand jedoä nicht statt. Dittmann wurde wegen Unter schlagung verfolgt und ist sodann gegen Hinter legung von 600 ^ zu Gunsten der geschädigter Kartenabnehmer auf freien Fuß gesetzt worden An sämtliche Abnehmer von Eintrittskarten zr dem genannten Konzert erläßt nun die Staats anwaltschaft die Aufforderung, sich schriftlich oder mündlich beim Stadtpolizeiamt zu melden, weichet nach Abschluß der Erhebungen die bezahlten Ein trittrgelder zurückerstatten wird.
Stuttgart 28. Febr. Um den beim Flaschenbierhandel hinsichtlich der Abfüllum und der Aufbewahrung des Biers sowohl bei der Händlern als auch in den Brauereien vielfack zutage tretenden Mißständen zu begegnen uni die polizeiliche Regelung des Betriebs möglichst einheitlich zu gestalten, hat das Ministerium det Innern einen Entwurf betr. den Flaschenbier Handel ausgearbeitet, an den sich die orts- bezw bezirkspolizeilichen Vorschriften möglichst anschließer sollen. Der Entwurf enthält die Vorschrift, daß das Abfüllen von Bier zum Verkauf in Flaschen nur in einem besonderen, zu dieser Verrichtung bestimmten Raum geschehen darf, ferner dar Nähere über die Beschaffenheit des Raums über das Vorhandensein von Wasser in unmittelbarer Nähe und über die Abfüllgefässe. Untersag! ist insbesondere das Abfüllen mittelst Gummiröhren, die von den Abfüllenden in den Mund
Silberstrahl.
(Abenteuer ves Sherlock Holmes.)
Von Conan Doyle.
(Fortsetzung.)
„Warum nicht? Er steht immer zeitig auf und ist zuerst um der: Weg. Aber fragen Sie den Herrn selbst, da kommt er eben. — Nein, nein, jetzt kann ich nichts nehmen; sobald er sieht, daß Sie mir Geld geben wollen, verliere ich meine Stelle. — Nachher, wenn's Ihnen beliebt." —
Gerade als Sherlock Holmes die halbe Krone, die er aus der Tasche geholt, wieder einfieckte, kam ein grimmig dreinschauender älterer Mann, die Reitpeitsche schwingend, aus dem Tor.
„Was soll das heißen, Dawson?" schrie er. „Ich dulde kein Geschwätz! Geh an deine Arbeit! Und Sie — was zum Henker wollen Sie hier?"
„Eine Unterredung von zehn Minuten mit Ihnen, mein werter Herr," sagte Holmes in verbindlichstem Ton.
„Ich habe keine Zeit, mich mit jedem Pflastertreter einzulassen. Fremde haben hier nichts zu suchen. Packen Sie sich fort, sonst sollen die Hunde Ihnen Beine machen."
Holmes beugte sich nieder und flüsterte dem Stallmeister etwas ins Ohr. Dieser schrak heftig zusammen und wurde rot bis an die Schläfen.
„Das ist nicht wahr," schrie er. „Es ist eine verdammte Lüge."
Sehr wohl. Sollen wir hier draußen öffentlich darüber verhandeln oder drinnen in Ihrem Wohnzimmer?"
„Kommen Sie meinetwegen herein, wenn Sie wollen."
Holmes lächelte. „Ich bin gleich wieder hier, du brauchst nur ein paar Minuten zu warten. Watson," sagte er. „Nun stehe ich ganz zu Ihrer Verfügung, Herr Brown."
Es vergingen wohl zwanzig Minuten; das Abendrot hatte bereits einer grauen Dämmerung Platz gemacht, als Holmes und der Stallmeister wieder erschienen. In der kurzen Zeit war mit Silas Brown eine Veränderung vorgegangen, wie ich das nie zuvor gesehen hatte. Sein Gesicht war aschbleich, Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn, und er zitterte so heftig, daß die Reitpeitsche in seiner Hand hin und herschwankte, wie ein Zweig, den der Wind bewegt. Das herrische, unverschämte Wesen, das er zur Schau getragen, war völlig verschwunden; er begleitete meinen Gefährten mit kriechender Höflichkeit, wie ein Hund, der neben seinem Herren herläuft.
„Ihre Anweisungen sollen befolgt werden; ich will alles pünktlich ausrichten." sagte er.
„Es darf keinerlei Mißverständnis Vorkommen, beherzigen Sie das wohl/ erwiderte Holmes, und der andere erschrak, als er seinem drohenden Blicke begegnete.
„O nein, jeder Irrtum ist ausgeschlossen. Es wird zur Stelle sein. Soll ich erst die Veränderung vornehmen oder nicht?"
Holmes überlegte ein wenig und lachte dann hell auf. „Nein, tun Sie's nicht," sagte er. „Ich schreibe Ihnen noch darüber. Aber, spielen Sie mir keinen Streich, sonst —"
„O, Sie können mir trauen; verlassen Sie sich fest auf mich."
„Sie müssen an dem Tage dafür sorgen, als ob es Ihr eigenes wäre."
„Das versteht sich."
„Ich glaube, Sie werden Wort halten. Morgen sollen sie noch von mir hören." Er wandte sich ab, ohne zu beachten, daß der andere ihm zitternd die Hand bot, und wir machten uns wieder nach Kings Pyland aus den Weg
„Ein solches Gemisch von Unverschämtheit, Feigheit und Hinterlist