^ 34. Ämts- und ÄNMgeblatt für den Bezirk Calw. 82 . Zahrgaug.

Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Donnerstag, den 28. Februar 1907.

AbonnernentSpr. in i>. Stabt pr. Viertelj. Mk. 1.ioincl.rrLgerI. Bierteljührl. PostbezugSpreiL ohn« Lestellg. f. d. Ort«. u. Nachbar- ->rt«verlehr IM.. f. b. sonst. B-ri-hr Ml. I.i°. Bestellgeld 20 Pfg.

Tagesnenigkeite«.

K Calw 25. Febr. Unter dem Vorsitze ihres Direktors Georg Wagner, Fabrikanten hier, hielt die Kreditbank für Landwirt­schaft und Gewerbe Calw e. G. m. b. H. am Sonntag, den 24. Febr., im Gasthaus z. Hirsch hier, ihre alljährliche Generalversammlung ab. Dieselbe war von lOst Genossen besucht. Der Vorsitzende begrüßte die Versammlung und schilderte sodann den Geschäftsgang und das Erwerbsleben im abgelaufenen Jahre in ku-zen Zügen. Der ge­schäftliche Aufschwung, der Wohl auch zum Teil auf die Wirkung der neuen Handelsverträge zurückzuführen sei, habe den Geldmarkt derartig in Anspruch ge­nommen, daß die Reichsbank-Zinssätze fast das ganze Jahr hindurch auf einer Höhe standen, wie selten zuvor (7 und 8°/»). Da die Bank selbst einen Teil des Jahres fremdes Gelder benötigte und nur teuer bekam, ihre Mitglieder aber dem genossen­schaftlichen Gedanken entsprechend von den Geld- Conjunkturen des Weltmarktes unabhängig stellen wollte und demgemäß ihnen keinen höhern als den bisherigen Zinsfuß von 6"/-- angerechnet habe, so sei das Ergebnis des genossenschaftl. Betriebs nicht so günstig wie im Vorjahr. Aus dem Rechenschafts­bericht ist zu entnehmen, daß der Geldverkehr in laufender Rechnung auch im Jahre 1906 wieder ein sehr bedeutender gewesen ist. Die ausstehenden Beträge am Jahresschlüsse weisen bei den einzelnen Contis gegenüber dem Vorjahre folgenden Zuwachs auS: Vorschuß-Conto I 30000 II 32000 Güterzieler 10000 ^., Sparkasse 30000 An­lehen 5000 Mitglieder-Einlagen 8700 ^.. Ob­wohl der Umsatz im Effekthandel auch wieder zu­genommen habe, so sei der Gewinn doch ein bescheidener gewesen, weil der teure Geldstand fort­während auf die Kurse gedrückt habe und die Papiere manchmal mit Verlust abgegeben werden müssen. Der Mitgliederstand habe um 54 Personen zu­genommen und betrage jetzt 928. Der erzielte Reingewinn von 16 774 36 wird nach den

Anträgen vom Vorstand und Aufsichtsrat, welche von der Generalversammlung einstimmig genehmigt worden sind, in folgender Weise verwendet: Zu­geschrieben werden dem Reservefonds 1734 dem Spezial-Reservefonds 700 der ganze Reservefonds beträgt alsdann 63500 Abge- jchrieben werden am Haus-Conto 500 Mobilien- Conto 453 61 c), als Dividende kommen zur

Verteilung 5 "/-> mit 12057 70 A der Rest

wird auf neue Rechnung vorgetragen. Bei der nach vorangegangener einstimmig beschlossener Statuten-Aeuderung erstmals erfolgten Wahl eines Bank-Kontrolleurs durch die Generalversamm­lung entspann sich eine heftige Debatte, weil es nach 8 4 des Statuts nur dem Auffichtsrat zusteht, zur Wahl für Vorstandsmitglieder, zu welchen auch der Kontrolleur gehört, Vorschläge zu machen und ein Teil der anwesenden Genossen den Vorschlag des Aufsichtsrats nicht akzeptieren wollte. Um die Wahl korrekt durchzuführen waren deshalb zwei Wahlgänge notwendig. Das Endergebnis war, daß Leopold Lutz, Kaufmann hier, mit 76 Stim­men zum Bank-Kontrolleur gewählt wurde. Beim ersten Wahlgang erhielt der vom Auffichtsrat vor­geschlagene provisorische Kontrolleur Carl Reichert, Kaufmann, 32 Stimmen. (Bemerkt sei auch an dieser Stelle, daß letzterer sein Amt zur vollen Zufriedenheit des Vorstands und AuffichtSrats aus­geübt hat.) In Bezug auf die übrigen Wahlen ist zu berichten, daß der Kassier Georg Eberhard mit Einmütigkeit wieder gewählt wurde und daß auch die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder Hugo Rau, Oberamtspfleger Fechter, Carl Herzog, Trau­gott Schiler, Hermann Marquardt mit Stim­menmehrheit aus den Wahlen hervorgegangen sind.

Als stellvertretende Aufsichtsratsmitglieder wurden neu gewählt: Wilh. Dingler, Oekonom und Franz Schoenlen, Privatier. Zum Schluß hat die Generalversammlung einen Antrag Wackenhuth Zahn, bei der nächsten Generalversammlung eine Aenderung des H 4 des Statuts in dem Sinne herbeizuführen, daß auch der General-Versammlung ein Vorschlagsrecht zur Wahl für Vorstandsmit­glieder zugestanden werden soll, mit großer Mehrheit angenommen.

Calw 25. Febr. Das Geburtsfest Sr. Majestät des Königs wurde in unserer Stadt wieder in würdiger Weise gefeiert. Tagwacht und Böllerschüsse verkündeten den Anbruch des hohen Festtag-. Um 10 Uhr fand vom Rathaus aus der übliche Festzug zur Kirche statt. Herr Dekan Roos hielt die FSstpredigt. Beim Fest, essen im Hotel Waldhorn, wozu sich etwa 60 Teilnehmer eingefunden hatten, brachte Herr Re- gierungsrat Voelter, nach einer eindrucksvollen Ansprache den Königstoast aus, worauf mit Zustimmung der Festversammlung ein in herz­lichen Worten abgefaßtes Glückwunschtelegramm an Se. Maj. den König abgesandt wurde. Bei den Klängen der Calwer Stadtkapelle, welche die Tafelmusik gestellt hatte, blieben die Festteilnehmer noch bis zum Abend in animiertester Stimmung beisammen.

Anerkennung. Dem Hilfswärter Mat­thäus Gottschalk in Monakam, welcher sich seit 25 Jahren im Dienst der Eisenbahnverwaltung befindet, ist in Anerkennung seiner treu geleisteten Dienste und seines guten Verhaltens eine Be­lohnung von 50 Mark bewilligt worden.

Ostelsheim 25. Febr. (Königs Geburts- fest.) Wessen Herz, der sein Heimatland mit seinem angestammten Fürsten liebt und ehrt, schlägt nicht höher an einem solchen frohen Tag! Ueberall im ganzen Schwabenland, wird dieser Tag festlich begangen. Auch der hiesige Krieger, verein veranstaltete am Sonntag abend im Gast­haus z. Rößle hier eine überaus zahlreich be­suchte Königs Geburtstagsfeier, deren Verlauf gewiß jeden Anwesenden hoch befriedigte. Ein- geleitet wurde die Feier mit einer zündenden Ansprache des Ausschußmitglieds Gemeinderat Schöffler, die in ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den geliebten Landesherrn ausklang. Sodann wurden neben einigen gemeinschaftlich gesungenen patriotischen Liedern auch humor­istische Stücke mit Klavierbegleitung vorgetragen: Aus dem Kasernenleben",Leutnants Emil" (Soloszene), die letzten 2 Taler", welche von mehreren Vereinsmitgliedern mit Ge­schick und Bravour aufgeführt wurden und sehr zur Unterhaltung bezw. Erheiterung der Festgäste beitrugen. Der Kriegerverein darf deshalb mit hoher Befriedigung auf diese schön verlaufene Feier zurückblicken.

Ostelsheim 26. Febr. (Egsdt.) Am letzten Samstag fand hier im Gasthaus z. Rößle eine zahlreich besuchte Ausschußsitzung desWestl. Gäu-Sängerbundes" statt. In derselben wurde der Antrag gestellt, daß behufs besserer Einübung der Gesamtchöre an ein-.l von dem Festdirigenten zu bestimmenden Ort und Tag die dem Bunde angehörigen Vereine sich zu einer Vorprobe ein­zufinden hätten und zwar eine Woche vor dem Bundesfest. Dieser Antrag wurde zwar bekämpft

mit dem Hinweis darauf, daß diese Vorprobe früher nicht bestanden habe, dann eingeführt, dann wieder abgeschafft und jetzt wieder eingeführt werden solle. Redner glaubte, wenn die Gesamt­chöre von den einzelnen Vereinen tüchtig geübt werden, eine an dem Bundesfest selbst abgehaltene Vorprobe genügen werde. Da sich aber die übrigen an der Debatte beteiligten Redner fast ohne Aus­nahme für den Antrag aussprachen, so wurde derselbe auch angenommen. Schreiber dieses ge­hört dem Bund seit dessen Bestehen, also seit 23 Jahren ohne Unterbrechung an und hat noch bei keinem, der in dieser langen Zeit abgehaltenen zahlreichen Bundesfeste früher wurde jedes Jahr ein solches abgehalten gefehlt, und glaubt deswegen auch, sich ein bescheidenes Urteil er­lauben zu dürfen. Ohne den Wert dieser nun­mehr wieder stattfindenden Vorprobe ganz be­streiten zu wollen, glauben wir doch, daß derselbe mit den von den einzelnen Mitgliedern verlangten Opfern an Zeit und Geld nicht gut in Einklang zu bringen ist. Ohne Zweifel muß doch auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Vereine und namentlich der einzelnen Mitglieder in Betracht gezogen werden, und daß diese, wenigstens teil, weise, auf einem ziemlich niederen Niveau steht, wird niemand ernstlich bestreiten wollen. Es kann nun freilich gesagt werden, daß ein solch kleiner Ausflug an einem Sonntagnachmittag einzelne Vereine werden zwar an den betreffenden Ort auch etwas weiter zu gehen haben ja nicht viel Opfer an Zeit und Geld kostet. Dieses ist nun allerdings richtig, aber wir müssen doch bedenken, daß viele Mitglieder unserer Gesang­vereine auch noch Mitglieder anderer Vereine sind, die doch auch ihre Berechtigung haben und in Bezug des Besuchs, der jeweils da und dort stattfindenden Vereinsfestlichkeiten rc. ebenfalls ihre Anforderungen stellen. In Anbetracht dieser Umstände und Verhältnisse können wir uns des­halb nicht ganz damit einverstanden erklären, wenn wir zum Besuch einer Gesamtchorvorprobe sozusagen genötigt werden, die wir nicht für ganz absolut nötig halten und deren Zweck nach unserem Da­fürhalten durch eine am Bundesfest selber abzu­haltende Hauptprobe auch erreicht werden könnte. 8.

Stuttgart 26. Febr. Bekanntlich veran­staltet Graf v. Zeppelin zu Gunsten der Fort- setzung der Luftschiffahrten im Bereich der preußischen Monarchie eine Lotterie, die 320000 Lose L 3 ^ (einschließlich der Reichs­stempelabgabe) umfaßt. DerStaatsanzeiger für Württemberg" veröffentlicht nun heute eine Be­kanntmachung des Ministeriums des Innern, nach der Graf v. Zeppelin die Erlaubnis zum Vertrieb von 40000 Losen dieser Lotterie im Königreich Württemberg erhielt. Die Ziehung findet am 16., 17. und 18. April 1907 statt. DieBesor- gung und verantwortliche Vertretung des Los­vertriebs in Württemberg ist dem Hauvtagenten Eberhard Fetzer in Stuttgart übertragen worden.

Berli.n 25. Febr. Aus der heutigen Reichs- tagssttzung sei hier die Rede des Reichskanzlers mitgeteilt.

Reichskanzler Fürst Bülow: Ich mache kein Hehl daraus, daß ich lange ehr­lich bestrebt war, die Mitwirkung des Zentrums für Aufgaben der nationalen Politik zu gewinnen.